Olga Lilienthal geb. Schneider

Verlegeort
Giesebrechtstr. 08
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
08. Mai 2011
Geboren
11. Dezember 1866 in Greiz
Deportation
am 24. Oktober 1941 nach Łódź / Litzmannstadt
Ermordet
04. Mai 1942 in Chełmno / Kulmhof

Olga Lilienthal wurde am 11. Dezember 1866 in Greiz, Thüringen, als Olga Schneider geboren. Ihr Vater, Jakob Schneider, betrieb die Firma Salomo Schneider, nach seinem Vater benannt, von der wir allerdings nicht wissen, zu welcher Branche sie gehörte. 1847 heiratete Jakob Eva Rosa Freund und hatte mit ihr vier Kinder, unter ihnen Sidonie und Sigismund, alle Halbgeschwister Olgas. Denn 1865 heiratete Jakob Schneider, vermutlich verwitwet, abermals. Die zweite Ehefrau war Anna Schwarz, die 1866 Olga zur Welt brachte. Anna starb jedoch noch im gleichen Jahr, sehr wahrscheinlich im Kindbett. Von einer weitern Heirat wissen wir nicht, Olga wuchs also mutterlos in Greiz auf. Als Olga 17 Jahre alt war, starb auch der Vater. Zwei Jahre später heiratete Olga den elf Jahre älteren Kaufmann Albert Lilienthal. Laut Heiratsurkunde wohnte die Braut zu der Zeit in Pilsen. Albert Lilienthal lebte mit seiner verwitweten Mutter und den Brüdern Isidor und Leopold in Leipzig, in der Humboldtstraße 12. Unklar bleibt, weshalb die Hochzeit in Dresden stattfand.<br />
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Olga zog nun mit in die Leipziger Humboldtstraße. Albert wird im Adressbuch als „Bürger, Kaufmann und Agent“ bezeichnet. Seine Brüder betrieben die Firma „Gebrüder Lilienthal“, ein Geschäft für Schneidereiartikel en gros, an der ab etwa 1888 auch Albert beteiligt war. Zu dem Zeitpunkt wohnte das Paar in der Humboldtstraße 21. Dort kam am 24. Mai 1889 die Tochter Gertrud zur Welt, vielleicht der Anlass, in eine größere Wohnung in der Thomasiusstraße 2 zu ziehen. Soweit bekannt, blieb das ihr einziges Kind.<br />
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1905 bezeichnet das Leipziger Adressbuch Albert Lilienthal als „Privatmann“ und als solcher siedelte er im nächsten Jahr mit seiner Familie nach Berlin um. Zunächst in die Giesebrechtsraße 13, 1913 ein paar Häuser weiter in die Nr. 8. Dort lebten Lilienthals noch 1931, das Jahr, in dem Albert starb. Olga blieb in der Wohnung wohnen, Gertrud, die bereits 1910 Erich Schwalbe geheiratet hatte, zog mit Mann und Olgas Enkel Wolfgang auch in die Giesebrechtstraße 8. Da Olga bis 1941 einen eigenen Eintrag im Adressbuch hatte, bleibt unklar, ob sie getrennte Wohnungen hatten.<br />
<br />
Albert Lilienthal war erspart geblieben, was nach 1933 mit der Machübernahme der Nationalsozialisten kam. Die Drangsalierung der Juden durch Verordnungen, die ihren Berufs- und Lebensalltag einschränkten nahm nach und nach zu. Ein vorläufiger Höhepunkt waren die Pogrome im November 1938, nach denen sich die antijüdischen Verordnungen noch einmal häuften. Sie betrafen alle Bereiche des Alltagslebens und schlossen Juden praktisch ganz aus der Gesellschaft aus. Eine weitere Steigerung der verbrecherischen Judenpolitik Hitlers war der Beginn der Deportationen im Oktober 1941. Olga Lilienthal wurde gleich am Anfang, am 24. Oktober 1941 – es war der 2. „Transport“ dieser Art von Berlin aus – zusammen mit ihren Kindern nach Lodz deportiert. Auf den entsprechenden Listen sind sowohl sie wie Familie Schwalbe mit der Adresse Giesebechtstraße 15 registriert – möglicherweise mussten sie noch kurz vor der Deportation ihre Wohnung aufgeben und einige Häuser weiter in Untermiete ziehen. Das Adressbuch verortet sie allerdings noch 1942 in der Nr. 8.<br />
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Das Ghetto Lodz wurde 1940 durch die deutschen Besatzer von der polnischen Industriestadt Lodz – von den Nationalsozialisten Litzmannstadt genannt - abgetrennt und mit Stacheldraht umzäunt. Etwa 160000 Lodzer Juden wurden in die bereits heruntergekommenen und vor allem im Sanitärbereich äußerst ärmlich ausgestatteten Häuser gepfercht. Im Oktober 1941 deportierten die Nationalsozialisten dann weitere 20000 Juden aus dem „Altreich“ in das völlig überfüllte Ghetto. Der erste „Transport“ aus Berlin ging am 18. Oktober von Gleis 17 im Grunewald ab, auch der zweite Deportationszug verließ Berlin von diesem Gleis aus.<br />
<br />
Die Lebensbedingungen im Ghetto waren katastrophal. Keine Heizung, keine Toiletten, keine Betten, weitgehend mussten die Menschen auf Strohsäcken oder dem nackten Boden in Massenunterkünften schlafen, die Ernährung war völlig unzureichend. Hunger, Kälte, Erschöpfung und Krankheiten rafften viele Leute dahin. Olgas Schwiegersohn Erich Schwalbe überstand zwar den Winter, starb aber an diesen Umständen im April 1942. <br />
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Olga Lilienthal und ihre Tochter Gertrud, die auch bis dahin überlebt hatten, wurden am 4. Mai 1942 in das Vernichtungslager Kulmhof weiterdeportiert und dort auf Ankunft ermordet.<br />
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Olga Lilienthal wurde am 11. Dezember 1866 in Greiz, Thüringen, als Olga Schneider geboren. Ihr Vater, Jakob Schneider, betrieb die Firma Salomo Schneider, nach seinem Vater benannt, von der wir allerdings nicht wissen, zu welcher Branche sie gehörte. 1847 heiratete Jakob Eva Rosa Freund und hatte mit ihr vier Kinder, unter ihnen Sidonie und Sigismund, alle Halbgeschwister Olgas. Denn 1865 heiratete Jakob Schneider, vermutlich verwitwet, abermals. Die zweite Ehefrau war Anna Schwarz, die 1866 Olga zur Welt brachte. Anna starb jedoch noch im gleichen Jahr, sehr wahrscheinlich im Kindbett. Von einer weitern Heirat wissen wir nicht, Olga wuchs also mutterlos in Greiz auf. Als Olga 17 Jahre alt war, starb auch der Vater. Zwei Jahre später heiratete Olga den elf Jahre älteren Kaufmann Albert Lilienthal. Laut Heiratsurkunde wohnte die Braut zu der Zeit in Pilsen. Albert Lilienthal lebte mit seiner verwitweten Mutter und den Brüdern Isidor und Leopold in Leipzig, in der Humboldtstraße 12. Unklar bleibt, weshalb die Hochzeit in Dresden stattfand.

Olga zog nun mit in die Leipziger Humboldtstraße. Albert wird im Adressbuch als „Bürger, Kaufmann und Agent“ bezeichnet. Seine Brüder betrieben die Firma „Gebrüder Lilienthal“, ein Geschäft für Schneidereiartikel en gros, an der ab etwa 1888 auch Albert beteiligt war. Zu dem Zeitpunkt wohnte das Paar in der Humboldtstraße 21. Dort kam am 24. Mai 1889 die Tochter Gertrud zur Welt, vielleicht der Anlass, in eine größere Wohnung in der Thomasiusstraße 2 zu ziehen. Soweit bekannt, blieb das ihr einziges Kind.

1905 bezeichnet das Leipziger Adressbuch Albert Lilienthal als „Privatmann“ und als solcher siedelte er im nächsten Jahr mit seiner Familie nach Berlin um. Zunächst in die Giesebrechtsraße 13, 1913 ein paar Häuser weiter in die Nr. 8. Dort lebten Lilienthals noch 1931, das Jahr, in dem Albert starb. Olga blieb in der Wohnung wohnen, Gertrud, die bereits 1910 Erich Schwalbe geheiratet hatte, zog mit Mann und Olgas Enkel Wolfgang auch in die Giesebrechtstraße 8. Da Olga bis 1941 einen eigenen Eintrag im Adressbuch hatte, bleibt unklar, ob sie getrennte Wohnungen hatten.

Albert Lilienthal war erspart geblieben, was nach 1933 mit der Machübernahme der Nationalsozialisten kam. Die Drangsalierung der Juden durch Verordnungen, die ihren Berufs- und Lebensalltag einschränkten nahm nach und nach zu. Ein vorläufiger Höhepunkt waren die Pogrome im November 1938, nach denen sich die antijüdischen Verordnungen noch einmal häuften. Sie betrafen alle Bereiche des Alltagslebens und schlossen Juden praktisch ganz aus der Gesellschaft aus. Eine weitere Steigerung der verbrecherischen Judenpolitik Hitlers war der Beginn der Deportationen im Oktober 1941. Olga Lilienthal wurde gleich am Anfang, am 24. Oktober 1941 – es war der 2. „Transport“ dieser Art von Berlin aus – zusammen mit ihren Kindern nach Lodz deportiert. Auf den entsprechenden Listen sind sowohl sie wie Familie Schwalbe mit der Adresse Giesebechtstraße 15 registriert – möglicherweise mussten sie noch kurz vor der Deportation ihre Wohnung aufgeben und einige Häuser weiter in Untermiete ziehen. Das Adressbuch verortet sie allerdings noch 1942 in der Nr. 8.

Das Ghetto Lodz wurde 1940 durch die deutschen Besatzer von der polnischen Industriestadt Lodz – von den Nationalsozialisten Litzmannstadt genannt - abgetrennt und mit Stacheldraht umzäunt. Etwa 160000 Lodzer Juden wurden in die bereits heruntergekommenen und vor allem im Sanitärbereich äußerst ärmlich ausgestatteten Häuser gepfercht. Im Oktober 1941 deportierten die Nationalsozialisten dann weitere 20000 Juden aus dem „Altreich“ in das völlig überfüllte Ghetto. Der erste „Transport“ aus Berlin ging am 18. Oktober von Gleis 17 im Grunewald ab, auch der zweite Deportationszug verließ Berlin von diesem Gleis aus.

Die Lebensbedingungen im Ghetto waren katastrophal. Keine Heizung, keine Toiletten, keine Betten, weitgehend mussten die Menschen auf Strohsäcken oder dem nackten Boden in Massenunterkünften schlafen, die Ernährung war völlig unzureichend. Hunger, Kälte, Erschöpfung und Krankheiten rafften viele Leute dahin. Olgas Schwiegersohn Erich Schwalbe überstand zwar den Winter, starb aber an diesen Umständen im April 1942.

Olga Lilienthal und ihre Tochter Gertrud, die auch bis dahin überlebt hatten, wurden am 4. Mai 1942 in das Vernichtungslager Kulmhof weiterdeportiert und dort auf Ankunft ermordet.