Wolf Segal

Verlegeort
Große Hamburger Str. 30
Bezirk/Ortsteil
Mitte
Verlegedatum
Mai 2006
Geboren
28. März 1873 in Berlin
Beruf
Fabrikant
Deportation
am 02. März 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Wolf Segal, genannt Willy, wurde am 28. März 1873 in Berlin geboren. Er war das älteste Kind des jüdischen Ehepaares Charlotte (geb. Italiener) und Israel Segal. Seine Mutter starb im Juni 1880, als Willy sieben Jahre alt war. Er hatte zwei jüngere Geschwister – Paul und Jenny – sowie drei Halbschwestern aus der zweiten Ehe seines Vaters mit Hitzka Hannchen (geb. Broh) – Lucie, Meta und Hedwig –, die zwischen 1885 und 1887 geboren wurden.<br />
<br />
Willy Segal besuchte die höhere Schule, die er mit der Reife für die Obersekunda verließ. Er wurde zum Kaufmann und Schildermaler ausgebildet und trat später in den Betrieb seines Vaters ein. Israel Segal hatte Anfang der 1870er Jahre die Schilderfabrik Segal gegründet, die elektrische Lichtreklamen und Ladenfronten herstellte. Willy Segal heiratete Gertrud Cohn (*18. Oktober 1875), mit der er zwei Töchter bekam, Charlotte (*26. Juli 1902) und Alice (*3. August 1905). Mit seiner Familie wohnte er in Berlin-Mitte, anfangs in der Kaiser-Wilhelm-Straße 17 (heute Karl-Liebknecht-Straße), anschließend jeweils für einige Jahre in der Großen Hamburger Straße 30 und in der Linienstraße 72. Etwa im Jahr 1913 zog die Familie in eine 5½-Zimmer-Wohnung in der Rungestraße 18. <br />
<br />
Im Jahr 1903 übernahm Willy Segal zusammen mit seinem Bruder Paul die Fabrik seines Vaters, die sich in der Neuen Schönhauser Straße 14 befand. Der Firmensitz wurde 1913 in die Alexanderstraße 27 (später 39) verlegt und die Produktion Ende der 1920er Jahre erheblich erweitert. Anfang der 1930er Jahre beschäftigten Willy und Paul Segal etwa 20 Arbeiter und Angestellte und besaßen mehrere Patente für die Herstellung von Lichtreklamen. <br />
<br />
Willy Segals Töchter heirateten und in den 1930er Jahren kamen seine Enkelkinder Renate (*6. Juli 1930) und Joachim (*30. Juni 1935) zur Welt. Am 11. Januar 1932 starb seine Frau Gertrud mit 56 Jahren. Sie wurde auf dem Jüdischen Friedhof in der Lothringenstraße (heute Herbert-Baum-Straße) beigesetzt. In zweiter Ehe heiratete er die ebenfalls verwitwete Frieda Königsberger (geb. Bialostotzki, *19. Juni 1891). <br />
<br />
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten trafen antisemitische Boykotte den Betrieb der Brüder Segal schwer. Paul Segals Sohn Hans, der in der Firma tätig war, bis er 1936 nach London emigrierte, beschreibt die Verfolgung in seinem Rückerstattungsantrag: „Von 1934 an setzte gegen das Unternehmen ein durch die nationalsozialistische Partei verursachter schwerer Boykott ein. Schließlich kam es zu einer Behandlung des Unternehmens im ‚Stürmer‘, der Fotografien unserer Kunden brachte mit der Überschrift dem Sinne nach ‚Deutsche, die mit Juden handeln‘. Das Unternehmen wurde noch in einer weiteren Nummer des ‚Stürmer‘ behandelt, in der Kunden angegriffen wurden, die angesehene Posten bekleideten, aber bei dem ‚Juden Segal‘ arbeiten lassen. Bereits 1934 wurde das Unternehmen erheblich eingeschränkt und 1935 schwer getroffen. Keiner der großen Kunden wagte von 1935 ab, an uns Aufträge zu erteilen.“ Im Jahr 1936 hatte sich die Belegschaft um die Hälfte verringert, 1937 gab es nur noch einige wenige Angestellte und Arbeiter. Im März 1939 wurde der Betrieb aufgrund der antisemitischen Gesetzgebung zwangsweise geschlossen.<br />
<br />
Bereits Ende November 1938 war Willy Segals Bruder Paul nach England und von dort weiter in die USA emigriert. Er starb am 13. September 1941 in Philadelphia an einer Nierenerkrankung. Auch seine Schwestern Jenny (verheiratete Finsterbusch, später geändert zu Busch), Meta (verheiratete Wolf) und Hedwig (verheiratete Rund) gingen in die USA. Sie alle ließen sich in New York nieder, wie auch fünf der sieben Neffen und Nichten von Willy Segal, die alle rechtzeitig emigrieren konnten. <br />
<br />
Willy Segals Wohnung in der Rungestraße wurde in zwei Einzelwohnungen aufgeteilt und Max Rosenberg zog mit seiner Familie dort ein. Er wurde im Januar 1942 deportiert und ermordet. Im gleichen Jahr wurden auch Willy Segals Töchter mit ihren Familien verschleppt: Alice, ihr Mann Albert Goss und ihr siebenjähriger Sohn Joachim am 26. Oktober 1942 nach Riga und Charlotte mit ihrem Mann Louis Loeffler und der zwölfjährigen Tochter Renate am 14. Dezember 1942 nach Auschwitz. Sie alle wurden ermordet.<br />
<br />
Am 2. März 1943 wurde Willy Segal mit dem „32. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert. Sein Todesdatum ist nicht bekannt, da er aber bereits knapp siebzig Jahre alt war, ist er vermutlich unmittelbar nach seiner Ankunft am 3. März ermordet worden.<br />
<br />
Auch seine Halbschwester Lucie (verheiratete Stern), die einen Tag nach ihm deportiert wurde, starb in Auschwitz. Seine Frau Frieda wurde zwei Wochen später, am 17. März 1943, nach Theresienstadt deportiert. Sie wurde am 11. März 1944 in Auschwitz ermordet. Ihr Sohn aus erster Ehe, Günter Königsberger, überlebte seine KZ-Haft in Auschwitz. Er lebte später unter dem Namen Ted Kenig in Kalifornien. Ein einstündiges Videointerview, das er 1992 einem Vertreter der Anti-Defamation League gab, kann auf der Website des United States Holocaust Memorial Museum abgerufen werden.<br />
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Wolf Segal, genannt Willy, wurde am 28. März 1873 in Berlin geboren. Er war das älteste Kind des jüdischen Ehepaares Charlotte (geb. Italiener) und Israel Segal. Seine Mutter starb im Juni 1880, als Willy sieben Jahre alt war. Er hatte zwei jüngere Geschwister – Paul und Jenny – sowie drei Halbschwestern aus der zweiten Ehe seines Vaters mit Hitzka Hannchen (geb. Broh) – Lucie, Meta und Hedwig –, die zwischen 1885 und 1887 geboren wurden.

Willy Segal besuchte die höhere Schule, die er mit der Reife für die Obersekunda verließ. Er wurde zum Kaufmann und Schildermaler ausgebildet und trat später in den Betrieb seines Vaters ein. Israel Segal hatte Anfang der 1870er Jahre die Schilderfabrik Segal gegründet, die elektrische Lichtreklamen und Ladenfronten herstellte. Willy Segal heiratete Gertrud Cohn (*18. Oktober 1875), mit der er zwei Töchter bekam, Charlotte (*26. Juli 1902) und Alice (*3. August 1905). Mit seiner Familie wohnte er in Berlin-Mitte, anfangs in der Kaiser-Wilhelm-Straße 17 (heute Karl-Liebknecht-Straße), anschließend jeweils für einige Jahre in der Großen Hamburger Straße 30 und in der Linienstraße 72. Etwa im Jahr 1913 zog die Familie in eine 5½-Zimmer-Wohnung in der Rungestraße 18.

Im Jahr 1903 übernahm Willy Segal zusammen mit seinem Bruder Paul die Fabrik seines Vaters, die sich in der Neuen Schönhauser Straße 14 befand. Der Firmensitz wurde 1913 in die Alexanderstraße 27 (später 39) verlegt und die Produktion Ende der 1920er Jahre erheblich erweitert. Anfang der 1930er Jahre beschäftigten Willy und Paul Segal etwa 20 Arbeiter und Angestellte und besaßen mehrere Patente für die Herstellung von Lichtreklamen.

Willy Segals Töchter heirateten und in den 1930er Jahren kamen seine Enkelkinder Renate (*6. Juli 1930) und Joachim (*30. Juni 1935) zur Welt. Am 11. Januar 1932 starb seine Frau Gertrud mit 56 Jahren. Sie wurde auf dem Jüdischen Friedhof in der Lothringenstraße (heute Herbert-Baum-Straße) beigesetzt. In zweiter Ehe heiratete er die ebenfalls verwitwete Frieda Königsberger (geb. Bialostotzki, *19. Juni 1891).

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten trafen antisemitische Boykotte den Betrieb der Brüder Segal schwer. Paul Segals Sohn Hans, der in der Firma tätig war, bis er 1936 nach London emigrierte, beschreibt die Verfolgung in seinem Rückerstattungsantrag: „Von 1934 an setzte gegen das Unternehmen ein durch die nationalsozialistische Partei verursachter schwerer Boykott ein. Schließlich kam es zu einer Behandlung des Unternehmens im ‚Stürmer‘, der Fotografien unserer Kunden brachte mit der Überschrift dem Sinne nach ‚Deutsche, die mit Juden handeln‘. Das Unternehmen wurde noch in einer weiteren Nummer des ‚Stürmer‘ behandelt, in der Kunden angegriffen wurden, die angesehene Posten bekleideten, aber bei dem ‚Juden Segal‘ arbeiten lassen. Bereits 1934 wurde das Unternehmen erheblich eingeschränkt und 1935 schwer getroffen. Keiner der großen Kunden wagte von 1935 ab, an uns Aufträge zu erteilen.“ Im Jahr 1936 hatte sich die Belegschaft um die Hälfte verringert, 1937 gab es nur noch einige wenige Angestellte und Arbeiter. Im März 1939 wurde der Betrieb aufgrund der antisemitischen Gesetzgebung zwangsweise geschlossen.

Bereits Ende November 1938 war Willy Segals Bruder Paul nach England und von dort weiter in die USA emigriert. Er starb am 13. September 1941 in Philadelphia an einer Nierenerkrankung. Auch seine Schwestern Jenny (verheiratete Finsterbusch, später geändert zu Busch), Meta (verheiratete Wolf) und Hedwig (verheiratete Rund) gingen in die USA. Sie alle ließen sich in New York nieder, wie auch fünf der sieben Neffen und Nichten von Willy Segal, die alle rechtzeitig emigrieren konnten.

Willy Segals Wohnung in der Rungestraße wurde in zwei Einzelwohnungen aufgeteilt und Max Rosenberg zog mit seiner Familie dort ein. Er wurde im Januar 1942 deportiert und ermordet. Im gleichen Jahr wurden auch Willy Segals Töchter mit ihren Familien verschleppt: Alice, ihr Mann Albert Goss und ihr siebenjähriger Sohn Joachim am 26. Oktober 1942 nach Riga und Charlotte mit ihrem Mann Louis Loeffler und der zwölfjährigen Tochter Renate am 14. Dezember 1942 nach Auschwitz. Sie alle wurden ermordet.

Am 2. März 1943 wurde Willy Segal mit dem „32. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert. Sein Todesdatum ist nicht bekannt, da er aber bereits knapp siebzig Jahre alt war, ist er vermutlich unmittelbar nach seiner Ankunft am 3. März ermordet worden.

Auch seine Halbschwester Lucie (verheiratete Stern), die einen Tag nach ihm deportiert wurde, starb in Auschwitz. Seine Frau Frieda wurde zwei Wochen später, am 17. März 1943, nach Theresienstadt deportiert. Sie wurde am 11. März 1944 in Auschwitz ermordet. Ihr Sohn aus erster Ehe, Günter Königsberger, überlebte seine KZ-Haft in Auschwitz. Er lebte später unter dem Namen Ted Kenig in Kalifornien. Ein einstündiges Videointerview, das er 1992 einem Vertreter der Anti-Defamation League gab, kann auf der Website des United States Holocaust Memorial Museum abgerufen werden.