Gerhard Neumann

Verlegeort
Jagowstr. 16
Bezirk/Ortsteil
Moabit
Verlegedatum
August 2010
Geboren
01. Oktober 1910 in Berlin
Deportation
am 02. März 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Gerhard Neumann wurde am 1. Oktober 1910 in Berlin geboren. Er war der Sohn des Kaufmanns Alfons (auch Alphons) Neumann und dessen Frau Käthe (auch Käthchen), geb. Liepmann. Seine Eltern hatten sich in den 1900er-Jahren in Berlin kennengelernt und am 23. Dezember 1909 geheiratet. Die Wohnung der Familie lag in der Stromstraße 67 in Moabit. An dieser Adresse führte Alfons Neumann in den 1920er- und 1930er-Jahren einen Großhandel für Schmuckwaren. Am 4. Mai 1915 wurde Gerhards jüngere Schwester Irene Neumann geboren.<br />
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Nach seinem Schulabschluss studierte Gerhard Neumann an der „Höheren Fachschule für Textil- und Bekleidungsindustrie Berlin“ am Warschauer Platz. Die Studierenden erhielten hier eine fundierte Ausbildung in Theorie und Praxis in den verschiedenen Bereichen moderner Textilherstellung. Es ist nicht bekannt, in welchem Studienzweig sich Gerhard Neumann vertiefte. An der Fachschule wurden sowohl Chemotechniker für die Färberei, Entwerfer und Musterzeichner als auch Fachkräfte in der Maschinenweberei, Handweberei und anderen Disziplinen der Textilfabrikation ausgebildet. Sein Großvater mütterlicherseits, Gustav Liepmann (1858–1934), und seine Großonkel, Julius und Oskar Liepmann, hatten in Berlin allerdings Textilgeschäfte für Posamente (schmückende Geflechte wie Zierbänder, Borten und dergleichen) geführt und möglicherweise hatte sich auch Gerhard in diesem Bereich spezialisiert. Sein späterer Einsatz als Zwangsarbeiter für die „I.G. Farben“ könnte wiederum für eine Spezialisierung im Bereich der Chemotechnik und Materialkunde sprechen. Gerhard Neumann blieb kinderlos und unverheiratet. Leider haben sich keine weiteren Quellen erhalten, die ein Einblick in das Leben von Gerhard Neumann im Berlin der Weimarer Republik geben könnten.<br />
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Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Gerhard Neumann und seine Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mit Hilfe staatlicher Autorität; Erlasse und Sondergesetze drängten Gerhard Neumann und seine Angehörigen zunehmend in die Position von Rechtlosen. 1935 verzogen seine Eltern in eine neue Wohnung in der Jagowstraße 16 und sein Vater gab seinen Großhandel für Schmuckwaren auf. In den folgenden Jahren wird er in den Berliner Adressbüchern als Kaufmann und zuletzt 1940 als Vertreter geführt. In der Wohnung Jagowstraße lebte zum Zeitpunkt der Volkszählung im Mai 1939 neben Gerhard, seinen Eltern und seiner Schwester Irene Neumann auch seine verwitwete Tante Else Nelken. 1940 heiratete Gerhards Schwester Theobald Löwenthal und zog mit ihm in die Wilhelm-Stolze-Straße 39 in Friedrichshain. Anfang der 1940er-Jahre mussten sowohl Gerhard Neumann als auch seine Schwester Zwangsarbeit leisten: Gerhard Neumann im AcetA-Werk der IG Farben AG, Berlin-Lichtenberg; Irene Löwenthal im Werk der Metall- und Elektrofirma „Ehrich & Graetz“ im Bezirk Treptow. Das Leben war für die Familienmitglieder zum Existenzkampf geworden: Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.<br />
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Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 hatte die Gestapo die Jüdische Gemeinde Berlin informiert, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Gerhard Neumann wurde zusammen mit seinen Eltern im Zuge der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, Ende Februar 1943 in Berlin verhaftet und im Sammellager in der ehemaligen Synagoge Levetzowstraße 7-8 interniert. Von dort wurde er zusammen mit seiner Mutter am 2. März 1943 mit dem „32. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert; beide wurden dort ermordet. Sein Vater wurde einen Tag später ebenfalls nach Auschwitz deportiert und nach der Ankunft ermordet. Zum Zeitpunkt der Deportation war Gerhard Neumann 32 Jahre alt. Seine Schwester Irene Löwenthal war mit ihrem Ehemann Theobald bereits im November 1941 aus ihrer Berliner Wohnung in das Ghetto Riga deportiert und dort ermordet worden. Gerhards Tante Else Nelken hatte sich am 18. November 1941 in Berlin das Leben genommen.

Gerhard Neumann wurde am 1. Oktober 1910 in Berlin geboren. Er war der Sohn des Kaufmanns Alfons (auch Alphons) Neumann und dessen Frau Käthe (auch Käthchen), geb. Liepmann. Seine Eltern hatten sich in den 1900er-Jahren in Berlin kennengelernt und am 23. Dezember 1909 geheiratet. Die Wohnung der Familie lag in der Stromstraße 67 in Moabit. An dieser Adresse führte Alfons Neumann in den 1920er- und 1930er-Jahren einen Großhandel für Schmuckwaren. Am 4. Mai 1915 wurde Gerhards jüngere Schwester Irene Neumann geboren.

Nach seinem Schulabschluss studierte Gerhard Neumann an der „Höheren Fachschule für Textil- und Bekleidungsindustrie Berlin“ am Warschauer Platz. Die Studierenden erhielten hier eine fundierte Ausbildung in Theorie und Praxis in den verschiedenen Bereichen moderner Textilherstellung. Es ist nicht bekannt, in welchem Studienzweig sich Gerhard Neumann vertiefte. An der Fachschule wurden sowohl Chemotechniker für die Färberei, Entwerfer und Musterzeichner als auch Fachkräfte in der Maschinenweberei, Handweberei und anderen Disziplinen der Textilfabrikation ausgebildet. Sein Großvater mütterlicherseits, Gustav Liepmann (1858–1934), und seine Großonkel, Julius und Oskar Liepmann, hatten in Berlin allerdings Textilgeschäfte für Posamente (schmückende Geflechte wie Zierbänder, Borten und dergleichen) geführt und möglicherweise hatte sich auch Gerhard in diesem Bereich spezialisiert. Sein späterer Einsatz als Zwangsarbeiter für die „I.G. Farben“ könnte wiederum für eine Spezialisierung im Bereich der Chemotechnik und Materialkunde sprechen. Gerhard Neumann blieb kinderlos und unverheiratet. Leider haben sich keine weiteren Quellen erhalten, die ein Einblick in das Leben von Gerhard Neumann im Berlin der Weimarer Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Gerhard Neumann und seine Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mit Hilfe staatlicher Autorität; Erlasse und Sondergesetze drängten Gerhard Neumann und seine Angehörigen zunehmend in die Position von Rechtlosen. 1935 verzogen seine Eltern in eine neue Wohnung in der Jagowstraße 16 und sein Vater gab seinen Großhandel für Schmuckwaren auf. In den folgenden Jahren wird er in den Berliner Adressbüchern als Kaufmann und zuletzt 1940 als Vertreter geführt. In der Wohnung Jagowstraße lebte zum Zeitpunkt der Volkszählung im Mai 1939 neben Gerhard, seinen Eltern und seiner Schwester Irene Neumann auch seine verwitwete Tante Else Nelken. 1940 heiratete Gerhards Schwester Theobald Löwenthal und zog mit ihm in die Wilhelm-Stolze-Straße 39 in Friedrichshain. Anfang der 1940er-Jahre mussten sowohl Gerhard Neumann als auch seine Schwester Zwangsarbeit leisten: Gerhard Neumann im AcetA-Werk der IG Farben AG, Berlin-Lichtenberg; Irene Löwenthal im Werk der Metall- und Elektrofirma „Ehrich & Graetz“ im Bezirk Treptow. Das Leben war für die Familienmitglieder zum Existenzkampf geworden: Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 hatte die Gestapo die Jüdische Gemeinde Berlin informiert, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Gerhard Neumann wurde zusammen mit seinen Eltern im Zuge der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, Ende Februar 1943 in Berlin verhaftet und im Sammellager in der ehemaligen Synagoge Levetzowstraße 7-8 interniert. Von dort wurde er zusammen mit seiner Mutter am 2. März 1943 mit dem „32. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert; beide wurden dort ermordet. Sein Vater wurde einen Tag später ebenfalls nach Auschwitz deportiert und nach der Ankunft ermordet. Zum Zeitpunkt der Deportation war Gerhard Neumann 32 Jahre alt. Seine Schwester Irene Löwenthal war mit ihrem Ehemann Theobald bereits im November 1941 aus ihrer Berliner Wohnung in das Ghetto Riga deportiert und dort ermordet worden. Gerhards Tante Else Nelken hatte sich am 18. November 1941 in Berlin das Leben genommen.