Elias Hirsch

Verlegeort
Jagowstraße 20
Bezirk/Ortsteil
Moabit
Verlegedatum
04. Dezember 2017
Geboren
1888 in Ottorowo bei Posen
Beruf
Bäcker
Flucht
August 1938 nach Kolumbien
Deportation
1938 nach Buchenwald
Überlebt

Aus dem Englischen übersetzte Rede von Prof. Benjamin Gidron anlässlich der Stolpersteinverlegung für seine Tante Therese und ihren Mann Elias Hirsch am 4. Dezember 2017 - vorgetragen von seiner Frau Dr. Ariela Gidron<br />
<br />
Elias Hirsch wurde 1888 in Ottorowo, einer kleinen Stadt in der Region um Posen geboren. Er erlernte das Bäckerhandwerk. Während des Ersten Weltkriegs war er Soldat in der kaiserlichen Armee.<br />
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Therese Lewin wurde 1893 als älteste Tochter von Isidor und Jenny Lewin in New York geboren. Die jung vermählten Lewins waren 1891 von Bromberg in die Vereinigten Staaten gegangen, um ihr Glück in dem Land zu machen, wo die „Dollars auf den Bäumen wachsen“. Sie begriffen schnell, dass die Realität anders aussah und kamen 1894 mit ihrem Baby nach Bromberg zurück, das einen Schatz sein eigen nannte: einen amerikanischen Pass.<br />
<br />
Elias und Therese heirateten während des Ersten Weltkriegs in Mogilno, wo Thereses Eltern lebten und gingen nach ihrer Hochzeit nach Berlin.Sie lebten in Moabit in der Jagowstraße 20, wo Elias eine Bäckerei eröffnete. Er spezialisierte sich auf die Herstellung von Doughnuts. Sie hatten keine Kinder. Er war fromm und engagierte sich in der Synagoge in der Levetzowstraße.<br />
<br />
1938 wurde Elias von den Nazis verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. Während dieser Zeit - vielleicht aber auch schon davor - versuchte Therese, die einen amerikanischen Pass hatte, für Elias ein Visum für die Vereinigten Staaten zu bekommen, hatte aber keinen Erfolg. Schließlich gelang es ihr, für sie beide Visa für Kolumbien zu erhalten. Mit deren Hilfe und vermutlich einem erheblichen Geldbetrag konnte Therese Elias am 29. Juli 1938 aus Buchenwald befreien. Einen Monat später verließen sie Deutschland und ließen sich in Cali in Kolumbien nieder, wo sie mehr als 10 Jahre blieben. Damit entkamen sie dem Schicksal, das den Rest ihrer Familien ereilte.<br />
<br />
Elias und Therese immigrierten 1949 nach Israel und fanden dort Thereses Schwester Emma - meine Großmutter - wieder. Elias eröffnete in Haifa eine kleine Bäckerei. 1955 starb er an einem Herzinfarkt. Therese, oder Tessy, wie wir sie nannten, war eine sehr warmherzige Person. Da sie keine eigenen Kinder hatte, kümmerte sie sich sehr um die Kinder und Enkel ihrer Schwester und nahm an allen Familientreffen und -ferien teil. Sie arbeitete als Kindermädchen bei einer prominenten Familie in Haifa, die eine behinderte Tochter hatte. Dieses Kind liebte sie sehr. Es betrachtete sie als seine Großmutter. Tessy starb 1979 in Haifa. Sie nahm viele Informationen über unsere Familie mit ins Grab, die ich bedauerlicher Weise nicht von ihr erfragt habe, als sie noch lebte. <br />
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Das Gedenken an Elias und Therese an diesem Ort, von dem aus sie 1938 fliehen mussten und wohin sie - auch nicht für einen Besuch - nie mehr zurückgekommen sind, schließt einen Kreis. Wir danken dem Verein „Sie waren Nachbarn“ für sein Engagement, das der Erinnerung an alle unsere Familienmitglieder, die hier in Moabit lebten, dient. <br />

Aus dem Englischen übersetzte Rede von Prof. Benjamin Gidron anlässlich der Stolpersteinverlegung für seine Tante Therese und ihren Mann Elias Hirsch am 4. Dezember 2017 - vorgetragen von seiner Frau Dr. Ariela Gidron

Elias Hirsch wurde 1888 in Ottorowo, einer kleinen Stadt in der Region um Posen geboren. Er erlernte das Bäckerhandwerk. Während des Ersten Weltkriegs war er Soldat in der kaiserlichen Armee.

Therese Lewin wurde 1893 als älteste Tochter von Isidor und Jenny Lewin in New York geboren. Die jung vermählten Lewins waren 1891 von Bromberg in die Vereinigten Staaten gegangen, um ihr Glück in dem Land zu machen, wo die „Dollars auf den Bäumen wachsen“. Sie begriffen schnell, dass die Realität anders aussah und kamen 1894 mit ihrem Baby nach Bromberg zurück, das einen Schatz sein eigen nannte: einen amerikanischen Pass.

Elias und Therese heirateten während des Ersten Weltkriegs in Mogilno, wo Thereses Eltern lebten und gingen nach ihrer Hochzeit nach Berlin.Sie lebten in Moabit in der Jagowstraße 20, wo Elias eine Bäckerei eröffnete. Er spezialisierte sich auf die Herstellung von Doughnuts. Sie hatten keine Kinder. Er war fromm und engagierte sich in der Synagoge in der Levetzowstraße.

1938 wurde Elias von den Nazis verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. Während dieser Zeit - vielleicht aber auch schon davor - versuchte Therese, die einen amerikanischen Pass hatte, für Elias ein Visum für die Vereinigten Staaten zu bekommen, hatte aber keinen Erfolg. Schließlich gelang es ihr, für sie beide Visa für Kolumbien zu erhalten. Mit deren Hilfe und vermutlich einem erheblichen Geldbetrag konnte Therese Elias am 29. Juli 1938 aus Buchenwald befreien. Einen Monat später verließen sie Deutschland und ließen sich in Cali in Kolumbien nieder, wo sie mehr als 10 Jahre blieben. Damit entkamen sie dem Schicksal, das den Rest ihrer Familien ereilte.

Elias und Therese immigrierten 1949 nach Israel und fanden dort Thereses Schwester Emma - meine Großmutter - wieder. Elias eröffnete in Haifa eine kleine Bäckerei. 1955 starb er an einem Herzinfarkt. Therese, oder Tessy, wie wir sie nannten, war eine sehr warmherzige Person. Da sie keine eigenen Kinder hatte, kümmerte sie sich sehr um die Kinder und Enkel ihrer Schwester und nahm an allen Familientreffen und -ferien teil. Sie arbeitete als Kindermädchen bei einer prominenten Familie in Haifa, die eine behinderte Tochter hatte. Dieses Kind liebte sie sehr. Es betrachtete sie als seine Großmutter. Tessy starb 1979 in Haifa. Sie nahm viele Informationen über unsere Familie mit ins Grab, die ich bedauerlicher Weise nicht von ihr erfragt habe, als sie noch lebte.

Das Gedenken an Elias und Therese an diesem Ort, von dem aus sie 1938 fliehen mussten und wohin sie - auch nicht für einen Besuch - nie mehr zurückgekommen sind, schließt einen Kreis. Wir danken dem Verein „Sie waren Nachbarn“ für sein Engagement, das der Erinnerung an alle unsere Familienmitglieder, die hier in Moabit lebten, dient.