Heinrich Buchsbaum

Verlegeort
Kaiserdamm 105
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
07. Oktober 2022
Geboren
29. März 1878 in Naumburg an der Saale
Beruf
Herrenschneider
Deportation
am 14. Dezember 1942 nach Auschwitz
Ermordet
1942 in Auschwitz

Heinrich Buchsbaum wurde am 29. März 1878 in Naumburg an der Saale geboren. Seine Eltern waren Salomon Buchsbaum und Ida, geb. Rosenthal.

Aus dem Erbschein seiner Schwägerin Elfriede Buchsbaum, geborene Weirauch geht hervor, dass er drei Brüder hatte, die alle in Naumburg an der Saale geboren wurden:

  • Albert   * 01. 07.1876     + 18. 03.1948 in Berlin
  • Bruno   * 04. 12.1880     -  1939 Emigration in die USA
  • Max      * 1874                -  ? Emigration in die USA

Vermutlich 1884 /1895 zog die Familie von Salomon und Ida Buchsbaum nach Berlin. 1886 stand Salomon Buchsbaum erstmals in der Flensburgerstr. 15 im Berliner Adressbuch. Im Jahr 1905 wohnte die Familie in der Neuen Königstr. 76.
1911 standen die Witwe Ida mit ihren Söhnen Heinrich und Albert gemeinsam im Berliner Adressbuch in der Neue Königstr. 76.

Als Heinrichs Bruder Albert 1911 die Ehe mit Elfriede Weirauch schloss, zog das junge Paar in die Allensteiner Str. 39 ein. Die Wohngemeinschaft mit der Mutter löste sich auf: Heinrich wohnte fortan in der Esmarchstr. 22 . Hier war er bis 1915 gemeldet.

Am Ersten Weltkrieg nahm Heinrich als Soldat teil.
1916 stand er unter der Anschrift Hufelandstr. 28 im Berliner Adressbuch.
Ab 1917 wohnte Heinrich wieder nah bei seinem Bruder Albert, nämlich in der Allensteiner Str. 39, im Gartenhaus, 1. Stock. Albert und Elfriede lebten im 2. Stock. 1919 zog Heinrich ins Vorderhaus in den 4. Stock um. Heinrich blieb zeitlebens ledig und hatte immer mit seinem Bruder Albert und dessen Ehefrau Elfriede ein enges Verhältnis. Bis 1926 war die Allensteiner Str. 39 der gemeinsame Lebensmittelpunkt.

Beruflich machte Heinrich sich 1919 selbständig. Er gründete mit Georg Leyser eine Herrenkonfektionsfabrikation mit Firmensitz am Werderschen Markt 10.

Seine Schwägerin Elfriede hielt sich häufiger in der Firma auf und beobachtete ein reges Treiben. Sie beschrieb in ihrem Entschädigungsantrag die Räumlichkeiten und Arbeitsabläufe in der Firma:

.....Die Firma hatte vier große Räume mit Nebengelass:

  • Zuschneideraum
  • Privatkontor
  • Abnahmeraum
  • Verkaufsraum

Die Firma stellte in der Herrenkonfektion Anzüge, Paletots und Lederwesten her und beschäftigte im Hause zwei Zuschneider und zwei kaufmännische Angestellte neben den beiden Chefs, und außer Haus eine ganze Anzahl von Zwischenmeistern.....
Die Firma belieferte...Leineweber...und Firmen außerhalb Berlins..“

Ab 1927 mieteten Heinrich, Albert und Elfriede gemeinsam in der Wittelsbacher Str. 27 eine 5-Zimmer-Wohnung im vierten Stock.

Kurz darauf - ab dem Jahr 1929 - vollzogen sich jedoch einige Umbrüche:
So wurde offenbar der Standort der Herrenbekleidungsfabrikation am Werderschen Markt 10 aufgegeben.
1930 befand sich laut Adressbuch der Firmensitz von Buchsbaum & Leyser in der Kommandantenstr. 71 – es bleibt unklar, ob es sich um eine Zweigstelle handelte oder tatsächlich um eine Verlagerung der Geschäftsräume nach Berlin-Lichterfelde.
1931 befand sich der Sitz der Herrenbekleidungsfabrikation von Buchsbaum & Leyser wieder in Mitte, in der Leipziger Str. 78.

Auch die Wohnung in der Wittelsbacher Str. 25 musste aufgegeben werden, nachdem der Vermieter die Miete um 33 Prozent angehoben hatte. 1933 lebten Heinrich, Albert und seine Ehefrau Emilie bereits am Kaiserdamm 105 in einer 5 ½ Zimmer-Wohnung.

Die Herrenbekleidungsfabrikation Buchsbaum & Leyser stand bis 1933 mit der Leipziger Str. 78 im Berliner Adressbuch. Heinrichs Geschäftsparter Georg Leyser war 1933/34 emigriert. Heinrich führte nun die Firma von der Wohnung im Kaiserdamm allein weiter.
Seine Schwägerin Elfriede beschrieb die Situation folgendermaßen:

...Ich weiß, dass sein Betrieb immer kleiner geworden ist, weil die meisten der früheren Besteller keine Aufträge mehr an Juden erteilten. Unsere Wohnung bestand aus 5 ½ großen Räumen, wovon er einen Raum für sich hatte. Dorthin kam jeweils auf Abruf einer seiner früheren Zuschneider und schnitt zu. Die Zwischenmeister holten sich die zugeschnittene Ware ab und lieferten sie nach Bearbeitung wieder aus...

...Heinrich hat mir und meinem Mann öfters erklärt, dass er vor der Verfolgung sehr viel verdient hatte, und dass sein jetziger Betrieb überhaupt nicht mehr mit dem früheren Betrieb zu vergleichen sei. Der Betrieb ging auch immer mehr zurück, so dass Heinrich seine Ersparnisse von früher für seinen Lebensunterhalt benutzen musste....“

Am 23.10.1941 verfasste Heinrich sein Testament. Er setzte seinen Bruder Albert zum Alleinerben ein. Für eine Emigration war es zu spät.
Im November 1941 erlebten Heinrich, sein Bruder Albert und seine Schwägerin Emilie die Deportation ihrer Untermieterin Jenny Janower: Jenny musste sich im Sammellager Levetzowstr. einfinden. Von dort wurde Jenny Janower am 14. November nach Minsk deportiert.

1942 mussten die Buchsbaums ihre Wohnung am Kaiserdamm 105 gezwungenermaßen räumen, da ein Obersturmbannführer sie für sich beanspruchte.  Emilie, Albert und Heinrich wurde eine kleine Wohnung in der Grolmannstr. 51 zugewiesen.

Am 11. Dezember 1942 musste Heinrich die Vermögenserklärung ausfüllen. Darin gab er an, nichts mehr zu besitzen.
Am 14. Dezember 1942 wurde Heinrich Buchsbaum mit dem 25. Osttransport mit der laufenden Nummer 812 auf der Transportliste nach Auschwitz deportiert und ermordet. Laut der „Sterbebücher von Auschwitz“ lebte Anfang Februar 1943 keiner der 835 Insassen dieses Transportes mehr. (Quelle: Gottwald/Schulle S. 399 f.)
Mit Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 6. April 1950 wurde Heinrich zum 31. Dezember 1942 für tot erklärt.

Sein Bruder Albert überlebte aufgrund der Heirat mit der evangelischen Emilie. Jedoch waren Bruder und Schwägerin Einschüchterungen und Demütgungen ausgesetzt. Albert starb 1948.

Schicksal der Brüder von Heinrich Buchsbaum:

Dass Max Buchsbaum zur Familie von Heinrich Buchsbaum gehörte ist lediglich den Entschädigungsakten von Emilie Buchsbaum von 1953 zu entnehmen. Darin geht es um ihren Anspruch als Alleinerbin nach dem Tod ihres Ehemannes Albert. In diesem Zusammenhang hatte sie angegeben, dass Max
„...lange vor dem Erblasser (Albert) gestorben war. Er war verheiratet und hat einen Sohn hinterlassen. Dieser Sohn heißt Forster Buchsbaum und lebt seit Jahrzehnten in Amerika, wo er auch geboren ist. Die Anschrift von ihm ist mir nicht bekannt.“

In der Datenbank Myheritage finden sich folgende Angaben:
Max Buchsbaum wurde 1874 geboren und wandererte schon früh in die USA aus. 1903 heiratete er in New York seine Verlobte Antonie. In der Volkszählung der USA von 1920 wurde erfasst, dass das Ehepaar in New York wohnte und ein Kind mit Namen Forster (Buckner) Buchsbaum hatte. Bei der Volkszählung 1930 lebte Max in Kalifornien.

Albert (* 01.07.1876) war Kaufmann, zuletzt als Abteilungsleiter , bis er 1933 oder 1934 aus dem Betrieb gedrängt wurde. Zwar blieb Albert durch seine Ehe mit der Protestantin Elfriede Weirauch vor Deportation und Vernichtung geschützt – aber er musste den Judenstern tragen, bekam reduzierte Lebensmittelmarken, wurde mehrfach von der Gestapo abgeholt, eingeschüchtert und gedemütigt. Er überlebte den Faschismus und starb am 18. März 1948 in Berlin. Das Ehepaar hatte keine Kinder (siehe auch ausführliche Biografie)

Bruno (*  04.12.1880) war der jüngste Bruder. Auch er war Kaufmann und führte in der Pasteurstr. 38 im Prenzlauer Berg ein Wäschegeschäft. Er heiratete Martha Schulze (* 16.01.1886 in Berlin), die nicht jüdisch war. Der Sohn Heinz wurde am 22.07.1920 in Berlin geboren. Die Familie lebte nachweislich ab 1920 in der Pasteurstr. 38, bis sie 1939 in die USA emigrierten.