Verlegeort
Krausnickstraße 8
Bezirk/Ortsteil
Mitte
Geboren
16. Dezember 1942 in Berlin
Deportation
am 18. Mai 1943
nach
Theresienstadt
Ermordet
in Auschwitz
Berl (Peter) Hirschfeld wurde am 16. Dezember 1942 in Berlin geboren. Der fünf Monate alte Säugling wurde am 18. Mai 1943 mit dem „88. Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert und von dort am 6. Oktober 1944 nach Auschwitz gebracht. Wer war dieses Kind, das ohne seine Eltern deportiert wurde und sein kurzes Leben fast ausschließlich im Ghetto Theresienstadt verbracht hat?
Auf der Transportliste ist Berl Hirschfeld unter der „lfd. Nr.“ 10 erfasst, als Geburtsort ist Berlin angegeben und als Adresse Krausnickstr. 8. In diesem Transport waren keine weiteren Personen mit dem Namen Hirschfeld, doch bei zwei Frauen in diesem Transport, Ida und Alice Wielzynski, ist als Adresse Krausnickstr. 8 vermerkt. Höchstwahrscheinlich wurde der Säugling also zusammen mit den beiden Frauen ins Sammellager gebracht.
Ida und Alice Wielzynski werden im Berliner Gedenkbuch 1995 als Opfer aufgeführt, sie sind jedoch weder in der neuen Ausgabe noch im Gedenkbuch online verzeichnet. Auch in anderen einschlägigen Quellen sind keine Personen dieses Namens aufgeführt. Fest steht jedenfalls, dass alle 100 Personen, die mit dem Transport vom 18. Mai 1943 aus Berlin deportiert wurden, in Theresienstadt ankamen. 14 von ihnen überlebten das Lager. Sollten Ida und Alice Wielzynski zu ihnen gehört haben?
Alle Versuche, etwas über Ida oder Alice Wielzynski in Erfahrung zu bringen, laufen ins Leere. Fest steht jedoch, dass Berl Hirschfeld von einer Frau namens Hirschfeld geboren wurde. Eine Suche unter den aus Berlin deportierten Frauen mit Namen Hirschfeld, die 1942 im gebärfähigen Alter waren, führt schließlich zu einer Spur: im Gedenkbuch online aufgeführt ist eine Dorothea Hirschfeld, geb. Mielzynski, die am 4. August 1943 mit dem „95. Alterstransport“ ins Ghetto Theresienstadt deportiert wurde und am 6. Oktober 1944 weiter nach Auschwitz – also am selben Tag wie Berl Hirschfeld. Kann es sein, dass der Name auf der Transportliste einfach falsch geschrieben wurde?
Eine Überprüfung der Transportliste ergibt Folgendes: Mit dem „95. Alterstransport“ vom 4. August 1943 wurden 70 Menschen nach Theresienstadt deportiert, vorwiegend Mitarbeiter der Jüdischen Gemeinde und des Jüdischen Krankenhauses in der Iranischen Straße sowie sogenannte Geltungsjuden. Auf der Transportliste sind verzeichnet: Martin Hirschfeld, geboren am 12. Juni 1908, wohnhaft in Berlin, Krausnickstr. 8 mit dem Zusatz: „Langj. Angestellter der JKV [Jüdischen Kultusvereinigung] und Stammordner i. Sammellager“ sowie Dorothea Hirschfeld, geb. Mielzynski, geboren am 2. Januar 1907, wohnhaft Berlin, Krausnickstr. 8 mit dem Zusatz: „Frau zu Nr. 13 u. Mitarbeiterin im Sammellager“ – sie sind vermutlich die Eltern von Berl Hirschfeld. Diese Annahme wird bestätigt durch die Gedenkblätter für Martin und Dorothea Hirschfeld sowie ihren (nicht namentlich genannten) kleinen Sohn in Yad Vashem, die ein entfernter Verwandter hinterlegt hat.
Die Informationen aus den Gedenkblättern sowie die Akten der Entschädigungsbehörde Berlin erlauben nun die Rekonstruktion der Familienverhältnisse:
Berls Vater, Martin Hirschfeld, war als jüngstes Kind von Adolf Hirschfeld (1876–1952) und seiner Frau Johanna Hedwig, geb. Rosenberg (1873–1945), im westpreußischen Osche, Kreis Schwetz (heute: Osie/Polen) zur Welt gekommen. Um 1920 zog seine Familie nach Berlin. Martin Hirschfeld hatte noch drei Geschwister: die Schwester Else (geb. 1900), die später Arthur Israel heiratete, und die Brüder Herbert (geb. 1902) und Leopold (geb. 1904). Martin Hirschfeld trat ca. 1931 in den Dienst der Jüdischen Gemeinde Berlin. Er war als Angestellter beim Jugendpflegedezernat zunächst Heimleiter auf dem Landgut Winkel, später begleitete er Kindertransporte nach England. Als in Berlin die Sammellager für die Deportationen errichtet wurden, wurde er als Lagerleiter in der Großen Hamburger Straße eingesetzt.
Berls Mutter, Dorothea Mielzynski, war die Tochter des Schneiders Robert Mielzynski und seiner Frau Ida, geb. Budzuslawski (siehe Ida Wielzynski). Ihre Schwester Alice (siehe Alice Wielzynski) war zwei Jahre älter als sie, die jüngere Schwester Babette wurde 1912 geboren. Wann Dorothea Mielzynski und Martin Hirschfeld geheiratet haben, ist bisher nicht gesichert, vermutlich jedoch erst Ende der 1930er Jahre. Zum Zeitpunkt der Volkszählung, im Mai 1939, wohnten Martin und Dorothea Hirschfeld in der Linienstr. 239, ebenso wie Ida und Alice Mielzynski. Im Adressbuch 1938 bis 1940 ist Martin Hirschfeld mit der Berufsbezeichnung „Platzwart“ im Einwohnerverzeichnis eingetragen. Vermutlich haben Dorothea und Martin Hirschfeld um 1937 geheiratet, hatten im Haus Linienstr. 239 erst eine eigene Wohnung, zogen ab 1941 jedoch in die Wohnung von Ida und Alice Mielzynski. Ihre letzte Wohnung hatten sie dann in der Krausnickstr. 8, ebenfalls mit Ida und Alice Mielzynski zusammen. Dort wohnten sie wohl zur Untermiete, einen eigenen Eintrag als Mieter haben sie nicht mehr.
Ihrem Sohn, der am 16. Dezember 1942 geboren wurde, gaben die Eheleute den Namen Peter. Ab 1939 war jedoch die freie Wahl von Vornamen für jüdische Kinder stark eingeschränkt. Sofern sie nicht einen als „typisch jüdisch“ definierten Namen trugen, mussten sie zusätzlich den Zwangsnamen Sara bzw. Israel führen. Wahrscheinlich aus diesem Grund ist als offizieller Name des Sohnes Berl Hirschfeld eingetragen.
Martin und Dorothea Hirschfeld waren beide als Hilfskräfte im Sammellager – wahrscheinlich in der Großen Hamburger Straße – eingesetzt. Ihr neugeborenes Kind betreute die Großmutter Ida Mielzynski, die zusammen mit ihrer Tochter Alice ebenfalls in der Krausnickstr. 8 wohnte. Als die beiden Frauen am 10. Mai 1943 ins Sammellager Große Hamburger Straße gebracht wurden, kam der kleine Peter mit ihnen dorthin. Seine Mutter lag zu diesem Zeitpunkt mit Diphterie im Krankenhaus und konnte sich nicht um ihn kümmern. Vermutlich musste sogar der Vater Martin Hirschfeld die Unterlagen für die Deportation ausfüllen, vielleicht erklärt sich daraus die Tatsache, dass in den Unterlagen einige falsche Angaben vorkommen – als Versuch, die Identität zu verschleiern.
Am 18. Mai wurde Berl Hirschfeld zusammen mit seiner Großmutter und Tante nach Theresienstadt deportiert. Zweieinhalb Monate lebte er unter der Obhut von Ida Mielzynski in Theresienstadt, im Säuglingsheim, wo Ida Mielzynski ihn und andere Kinder betreute und versorgte. Am 4. August 1943 trafen seine Eltern Martin und Dorothea Hirschfeld in Theresienstadt ein. Über ein Jahr überlebte die kleine Familie im Ghetto. Am 29. September 1944 wurde Martin Hirschfeld nach Auschwitz deportiert, am 6. Oktober seine Frau Dorothea und der noch keine zwei Jahre alte Peter. Sie alle wurden vermutlich gleich nach ihrer Ankunft ermordet.
Die Großeltern Hirschfeld, Johanna und Adolf, waren am 3. September 1942 ebenfalls nach Theresienstadt deportiert worden, möglicherweise sahen sie ihren Enkelsohn dort noch. Johanna Hirschfeld starb kurz vor Kriegsende im Lager, Adolf Hirschfeld überlebte, er starb 1952 im Jüdischen Krankenhaus in Berlin. Von den Tanten und Onkeln väterlicherseits überlebte nur Herbert Hirschfeld, der nach Palästina emigrieren konnte. Auch Babette Mielzynski, verheiratete Hoier, war 1939 mit Mann und Kind die Emigration noch gelungen.
Auf der Transportliste ist Berl Hirschfeld unter der „lfd. Nr.“ 10 erfasst, als Geburtsort ist Berlin angegeben und als Adresse Krausnickstr. 8. In diesem Transport waren keine weiteren Personen mit dem Namen Hirschfeld, doch bei zwei Frauen in diesem Transport, Ida und Alice Wielzynski, ist als Adresse Krausnickstr. 8 vermerkt. Höchstwahrscheinlich wurde der Säugling also zusammen mit den beiden Frauen ins Sammellager gebracht.
Ida und Alice Wielzynski werden im Berliner Gedenkbuch 1995 als Opfer aufgeführt, sie sind jedoch weder in der neuen Ausgabe noch im Gedenkbuch online verzeichnet. Auch in anderen einschlägigen Quellen sind keine Personen dieses Namens aufgeführt. Fest steht jedenfalls, dass alle 100 Personen, die mit dem Transport vom 18. Mai 1943 aus Berlin deportiert wurden, in Theresienstadt ankamen. 14 von ihnen überlebten das Lager. Sollten Ida und Alice Wielzynski zu ihnen gehört haben?
Alle Versuche, etwas über Ida oder Alice Wielzynski in Erfahrung zu bringen, laufen ins Leere. Fest steht jedoch, dass Berl Hirschfeld von einer Frau namens Hirschfeld geboren wurde. Eine Suche unter den aus Berlin deportierten Frauen mit Namen Hirschfeld, die 1942 im gebärfähigen Alter waren, führt schließlich zu einer Spur: im Gedenkbuch online aufgeführt ist eine Dorothea Hirschfeld, geb. Mielzynski, die am 4. August 1943 mit dem „95. Alterstransport“ ins Ghetto Theresienstadt deportiert wurde und am 6. Oktober 1944 weiter nach Auschwitz – also am selben Tag wie Berl Hirschfeld. Kann es sein, dass der Name auf der Transportliste einfach falsch geschrieben wurde?
Eine Überprüfung der Transportliste ergibt Folgendes: Mit dem „95. Alterstransport“ vom 4. August 1943 wurden 70 Menschen nach Theresienstadt deportiert, vorwiegend Mitarbeiter der Jüdischen Gemeinde und des Jüdischen Krankenhauses in der Iranischen Straße sowie sogenannte Geltungsjuden. Auf der Transportliste sind verzeichnet: Martin Hirschfeld, geboren am 12. Juni 1908, wohnhaft in Berlin, Krausnickstr. 8 mit dem Zusatz: „Langj. Angestellter der JKV [Jüdischen Kultusvereinigung] und Stammordner i. Sammellager“ sowie Dorothea Hirschfeld, geb. Mielzynski, geboren am 2. Januar 1907, wohnhaft Berlin, Krausnickstr. 8 mit dem Zusatz: „Frau zu Nr. 13 u. Mitarbeiterin im Sammellager“ – sie sind vermutlich die Eltern von Berl Hirschfeld. Diese Annahme wird bestätigt durch die Gedenkblätter für Martin und Dorothea Hirschfeld sowie ihren (nicht namentlich genannten) kleinen Sohn in Yad Vashem, die ein entfernter Verwandter hinterlegt hat.
Die Informationen aus den Gedenkblättern sowie die Akten der Entschädigungsbehörde Berlin erlauben nun die Rekonstruktion der Familienverhältnisse:
Berls Vater, Martin Hirschfeld, war als jüngstes Kind von Adolf Hirschfeld (1876–1952) und seiner Frau Johanna Hedwig, geb. Rosenberg (1873–1945), im westpreußischen Osche, Kreis Schwetz (heute: Osie/Polen) zur Welt gekommen. Um 1920 zog seine Familie nach Berlin. Martin Hirschfeld hatte noch drei Geschwister: die Schwester Else (geb. 1900), die später Arthur Israel heiratete, und die Brüder Herbert (geb. 1902) und Leopold (geb. 1904). Martin Hirschfeld trat ca. 1931 in den Dienst der Jüdischen Gemeinde Berlin. Er war als Angestellter beim Jugendpflegedezernat zunächst Heimleiter auf dem Landgut Winkel, später begleitete er Kindertransporte nach England. Als in Berlin die Sammellager für die Deportationen errichtet wurden, wurde er als Lagerleiter in der Großen Hamburger Straße eingesetzt.
Berls Mutter, Dorothea Mielzynski, war die Tochter des Schneiders Robert Mielzynski und seiner Frau Ida, geb. Budzuslawski (siehe Ida Wielzynski). Ihre Schwester Alice (siehe Alice Wielzynski) war zwei Jahre älter als sie, die jüngere Schwester Babette wurde 1912 geboren. Wann Dorothea Mielzynski und Martin Hirschfeld geheiratet haben, ist bisher nicht gesichert, vermutlich jedoch erst Ende der 1930er Jahre. Zum Zeitpunkt der Volkszählung, im Mai 1939, wohnten Martin und Dorothea Hirschfeld in der Linienstr. 239, ebenso wie Ida und Alice Mielzynski. Im Adressbuch 1938 bis 1940 ist Martin Hirschfeld mit der Berufsbezeichnung „Platzwart“ im Einwohnerverzeichnis eingetragen. Vermutlich haben Dorothea und Martin Hirschfeld um 1937 geheiratet, hatten im Haus Linienstr. 239 erst eine eigene Wohnung, zogen ab 1941 jedoch in die Wohnung von Ida und Alice Mielzynski. Ihre letzte Wohnung hatten sie dann in der Krausnickstr. 8, ebenfalls mit Ida und Alice Mielzynski zusammen. Dort wohnten sie wohl zur Untermiete, einen eigenen Eintrag als Mieter haben sie nicht mehr.
Ihrem Sohn, der am 16. Dezember 1942 geboren wurde, gaben die Eheleute den Namen Peter. Ab 1939 war jedoch die freie Wahl von Vornamen für jüdische Kinder stark eingeschränkt. Sofern sie nicht einen als „typisch jüdisch“ definierten Namen trugen, mussten sie zusätzlich den Zwangsnamen Sara bzw. Israel führen. Wahrscheinlich aus diesem Grund ist als offizieller Name des Sohnes Berl Hirschfeld eingetragen.
Martin und Dorothea Hirschfeld waren beide als Hilfskräfte im Sammellager – wahrscheinlich in der Großen Hamburger Straße – eingesetzt. Ihr neugeborenes Kind betreute die Großmutter Ida Mielzynski, die zusammen mit ihrer Tochter Alice ebenfalls in der Krausnickstr. 8 wohnte. Als die beiden Frauen am 10. Mai 1943 ins Sammellager Große Hamburger Straße gebracht wurden, kam der kleine Peter mit ihnen dorthin. Seine Mutter lag zu diesem Zeitpunkt mit Diphterie im Krankenhaus und konnte sich nicht um ihn kümmern. Vermutlich musste sogar der Vater Martin Hirschfeld die Unterlagen für die Deportation ausfüllen, vielleicht erklärt sich daraus die Tatsache, dass in den Unterlagen einige falsche Angaben vorkommen – als Versuch, die Identität zu verschleiern.
Am 18. Mai wurde Berl Hirschfeld zusammen mit seiner Großmutter und Tante nach Theresienstadt deportiert. Zweieinhalb Monate lebte er unter der Obhut von Ida Mielzynski in Theresienstadt, im Säuglingsheim, wo Ida Mielzynski ihn und andere Kinder betreute und versorgte. Am 4. August 1943 trafen seine Eltern Martin und Dorothea Hirschfeld in Theresienstadt ein. Über ein Jahr überlebte die kleine Familie im Ghetto. Am 29. September 1944 wurde Martin Hirschfeld nach Auschwitz deportiert, am 6. Oktober seine Frau Dorothea und der noch keine zwei Jahre alte Peter. Sie alle wurden vermutlich gleich nach ihrer Ankunft ermordet.
Die Großeltern Hirschfeld, Johanna und Adolf, waren am 3. September 1942 ebenfalls nach Theresienstadt deportiert worden, möglicherweise sahen sie ihren Enkelsohn dort noch. Johanna Hirschfeld starb kurz vor Kriegsende im Lager, Adolf Hirschfeld überlebte, er starb 1952 im Jüdischen Krankenhaus in Berlin. Von den Tanten und Onkeln väterlicherseits überlebte nur Herbert Hirschfeld, der nach Palästina emigrieren konnte. Auch Babette Mielzynski, verheiratete Hoier, war 1939 mit Mann und Kind die Emigration noch gelungen.
Berl (Peter) Hirschfeld wurde am 16. Dezember 1942 in Berlin geboren. Der fünf Monate alte Säugling wurde am 18. Mai 1943 mit dem „88. Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert und von dort am 6. Oktober 1944 nach Auschwitz gebracht. Wer war dieses Kind, das ohne seine Eltern deportiert wurde und sein kurzes Leben fast ausschließlich im Ghetto Theresienstadt verbracht hat?
Auf der Transportliste ist Berl Hirschfeld unter der „lfd. Nr.“ 10 erfasst, als Geburtsort ist Berlin angegeben und als Adresse Krausnickstr. 8. In diesem Transport waren keine weiteren Personen mit dem Namen Hirschfeld, doch bei zwei Frauen in diesem Transport, Ida und Alice Wielzynski, ist als Adresse Krausnickstr. 8 vermerkt. Höchstwahrscheinlich wurde der Säugling also zusammen mit den beiden Frauen ins Sammellager gebracht.
Ida und Alice Wielzynski werden im Berliner Gedenkbuch 1995 als Opfer aufgeführt, sie sind jedoch weder in der neuen Ausgabe noch im Gedenkbuch online verzeichnet. Auch in anderen einschlägigen Quellen sind keine Personen dieses Namens aufgeführt. Fest steht jedenfalls, dass alle 100 Personen, die mit dem Transport vom 18. Mai 1943 aus Berlin deportiert wurden, in Theresienstadt ankamen. 14 von ihnen überlebten das Lager. Sollten Ida und Alice Wielzynski zu ihnen gehört haben?
Alle Versuche, etwas über Ida oder Alice Wielzynski in Erfahrung zu bringen, laufen ins Leere. Fest steht jedoch, dass Berl Hirschfeld von einer Frau namens Hirschfeld geboren wurde. Eine Suche unter den aus Berlin deportierten Frauen mit Namen Hirschfeld, die 1942 im gebärfähigen Alter waren, führt schließlich zu einer Spur: im Gedenkbuch online aufgeführt ist eine Dorothea Hirschfeld, geb. Mielzynski, die am 4. August 1943 mit dem „95. Alterstransport“ ins Ghetto Theresienstadt deportiert wurde und am 6. Oktober 1944 weiter nach Auschwitz – also am selben Tag wie Berl Hirschfeld. Kann es sein, dass der Name auf der Transportliste einfach falsch geschrieben wurde?
Eine Überprüfung der Transportliste ergibt Folgendes: Mit dem „95. Alterstransport“ vom 4. August 1943 wurden 70 Menschen nach Theresienstadt deportiert, vorwiegend Mitarbeiter der Jüdischen Gemeinde und des Jüdischen Krankenhauses in der Iranischen Straße sowie sogenannte Geltungsjuden. Auf der Transportliste sind verzeichnet: Martin Hirschfeld, geboren am 12. Juni 1908, wohnhaft in Berlin, Krausnickstr. 8 mit dem Zusatz: „Langj. Angestellter der JKV [Jüdischen Kultusvereinigung] und Stammordner i. Sammellager“ sowie Dorothea Hirschfeld, geb. Mielzynski, geboren am 2. Januar 1907, wohnhaft Berlin, Krausnickstr. 8 mit dem Zusatz: „Frau zu Nr. 13 u. Mitarbeiterin im Sammellager“ – sie sind vermutlich die Eltern von Berl Hirschfeld. Diese Annahme wird bestätigt durch die Gedenkblätter für Martin und Dorothea Hirschfeld sowie ihren (nicht namentlich genannten) kleinen Sohn in Yad Vashem, die ein entfernter Verwandter hinterlegt hat.
Die Informationen aus den Gedenkblättern sowie die Akten der Entschädigungsbehörde Berlin erlauben nun die Rekonstruktion der Familienverhältnisse:
Berls Vater, Martin Hirschfeld, war als jüngstes Kind von Adolf Hirschfeld (1876–1952) und seiner Frau Johanna Hedwig, geb. Rosenberg (1873–1945), im westpreußischen Osche, Kreis Schwetz (heute: Osie/Polen) zur Welt gekommen. Um 1920 zog seine Familie nach Berlin. Martin Hirschfeld hatte noch drei Geschwister: die Schwester Else (geb. 1900), die später Arthur Israel heiratete, und die Brüder Herbert (geb. 1902) und Leopold (geb. 1904). Martin Hirschfeld trat ca. 1931 in den Dienst der Jüdischen Gemeinde Berlin. Er war als Angestellter beim Jugendpflegedezernat zunächst Heimleiter auf dem Landgut Winkel, später begleitete er Kindertransporte nach England. Als in Berlin die Sammellager für die Deportationen errichtet wurden, wurde er als Lagerleiter in der Großen Hamburger Straße eingesetzt.
Berls Mutter, Dorothea Mielzynski, war die Tochter des Schneiders Robert Mielzynski und seiner Frau Ida, geb. Budzuslawski (siehe Ida Wielzynski). Ihre Schwester Alice (siehe Alice Wielzynski) war zwei Jahre älter als sie, die jüngere Schwester Babette wurde 1912 geboren. Wann Dorothea Mielzynski und Martin Hirschfeld geheiratet haben, ist bisher nicht gesichert, vermutlich jedoch erst Ende der 1930er Jahre. Zum Zeitpunkt der Volkszählung, im Mai 1939, wohnten Martin und Dorothea Hirschfeld in der Linienstr. 239, ebenso wie Ida und Alice Mielzynski. Im Adressbuch 1938 bis 1940 ist Martin Hirschfeld mit der Berufsbezeichnung „Platzwart“ im Einwohnerverzeichnis eingetragen. Vermutlich haben Dorothea und Martin Hirschfeld um 1937 geheiratet, hatten im Haus Linienstr. 239 erst eine eigene Wohnung, zogen ab 1941 jedoch in die Wohnung von Ida und Alice Mielzynski. Ihre letzte Wohnung hatten sie dann in der Krausnickstr. 8, ebenfalls mit Ida und Alice Mielzynski zusammen. Dort wohnten sie wohl zur Untermiete, einen eigenen Eintrag als Mieter haben sie nicht mehr.
Ihrem Sohn, der am 16. Dezember 1942 geboren wurde, gaben die Eheleute den Namen Peter. Ab 1939 war jedoch die freie Wahl von Vornamen für jüdische Kinder stark eingeschränkt. Sofern sie nicht einen als „typisch jüdisch“ definierten Namen trugen, mussten sie zusätzlich den Zwangsnamen Sara bzw. Israel führen. Wahrscheinlich aus diesem Grund ist als offizieller Name des Sohnes Berl Hirschfeld eingetragen.
Martin und Dorothea Hirschfeld waren beide als Hilfskräfte im Sammellager – wahrscheinlich in der Großen Hamburger Straße – eingesetzt. Ihr neugeborenes Kind betreute die Großmutter Ida Mielzynski, die zusammen mit ihrer Tochter Alice ebenfalls in der Krausnickstr. 8 wohnte. Als die beiden Frauen am 10. Mai 1943 ins Sammellager Große Hamburger Straße gebracht wurden, kam der kleine Peter mit ihnen dorthin. Seine Mutter lag zu diesem Zeitpunkt mit Diphterie im Krankenhaus und konnte sich nicht um ihn kümmern. Vermutlich musste sogar der Vater Martin Hirschfeld die Unterlagen für die Deportation ausfüllen, vielleicht erklärt sich daraus die Tatsache, dass in den Unterlagen einige falsche Angaben vorkommen – als Versuch, die Identität zu verschleiern.
Am 18. Mai wurde Berl Hirschfeld zusammen mit seiner Großmutter und Tante nach Theresienstadt deportiert. Zweieinhalb Monate lebte er unter der Obhut von Ida Mielzynski in Theresienstadt, im Säuglingsheim, wo Ida Mielzynski ihn und andere Kinder betreute und versorgte. Am 4. August 1943 trafen seine Eltern Martin und Dorothea Hirschfeld in Theresienstadt ein. Über ein Jahr überlebte die kleine Familie im Ghetto. Am 29. September 1944 wurde Martin Hirschfeld nach Auschwitz deportiert, am 6. Oktober seine Frau Dorothea und der noch keine zwei Jahre alte Peter. Sie alle wurden vermutlich gleich nach ihrer Ankunft ermordet.
Die Großeltern Hirschfeld, Johanna und Adolf, waren am 3. September 1942 ebenfalls nach Theresienstadt deportiert worden, möglicherweise sahen sie ihren Enkelsohn dort noch. Johanna Hirschfeld starb kurz vor Kriegsende im Lager, Adolf Hirschfeld überlebte, er starb 1952 im Jüdischen Krankenhaus in Berlin. Von den Tanten und Onkeln väterlicherseits überlebte nur Herbert Hirschfeld, der nach Palästina emigrieren konnte. Auch Babette Mielzynski, verheiratete Hoier, war 1939 mit Mann und Kind die Emigration noch gelungen.
Auf der Transportliste ist Berl Hirschfeld unter der „lfd. Nr.“ 10 erfasst, als Geburtsort ist Berlin angegeben und als Adresse Krausnickstr. 8. In diesem Transport waren keine weiteren Personen mit dem Namen Hirschfeld, doch bei zwei Frauen in diesem Transport, Ida und Alice Wielzynski, ist als Adresse Krausnickstr. 8 vermerkt. Höchstwahrscheinlich wurde der Säugling also zusammen mit den beiden Frauen ins Sammellager gebracht.
Ida und Alice Wielzynski werden im Berliner Gedenkbuch 1995 als Opfer aufgeführt, sie sind jedoch weder in der neuen Ausgabe noch im Gedenkbuch online verzeichnet. Auch in anderen einschlägigen Quellen sind keine Personen dieses Namens aufgeführt. Fest steht jedenfalls, dass alle 100 Personen, die mit dem Transport vom 18. Mai 1943 aus Berlin deportiert wurden, in Theresienstadt ankamen. 14 von ihnen überlebten das Lager. Sollten Ida und Alice Wielzynski zu ihnen gehört haben?
Alle Versuche, etwas über Ida oder Alice Wielzynski in Erfahrung zu bringen, laufen ins Leere. Fest steht jedoch, dass Berl Hirschfeld von einer Frau namens Hirschfeld geboren wurde. Eine Suche unter den aus Berlin deportierten Frauen mit Namen Hirschfeld, die 1942 im gebärfähigen Alter waren, führt schließlich zu einer Spur: im Gedenkbuch online aufgeführt ist eine Dorothea Hirschfeld, geb. Mielzynski, die am 4. August 1943 mit dem „95. Alterstransport“ ins Ghetto Theresienstadt deportiert wurde und am 6. Oktober 1944 weiter nach Auschwitz – also am selben Tag wie Berl Hirschfeld. Kann es sein, dass der Name auf der Transportliste einfach falsch geschrieben wurde?
Eine Überprüfung der Transportliste ergibt Folgendes: Mit dem „95. Alterstransport“ vom 4. August 1943 wurden 70 Menschen nach Theresienstadt deportiert, vorwiegend Mitarbeiter der Jüdischen Gemeinde und des Jüdischen Krankenhauses in der Iranischen Straße sowie sogenannte Geltungsjuden. Auf der Transportliste sind verzeichnet: Martin Hirschfeld, geboren am 12. Juni 1908, wohnhaft in Berlin, Krausnickstr. 8 mit dem Zusatz: „Langj. Angestellter der JKV [Jüdischen Kultusvereinigung] und Stammordner i. Sammellager“ sowie Dorothea Hirschfeld, geb. Mielzynski, geboren am 2. Januar 1907, wohnhaft Berlin, Krausnickstr. 8 mit dem Zusatz: „Frau zu Nr. 13 u. Mitarbeiterin im Sammellager“ – sie sind vermutlich die Eltern von Berl Hirschfeld. Diese Annahme wird bestätigt durch die Gedenkblätter für Martin und Dorothea Hirschfeld sowie ihren (nicht namentlich genannten) kleinen Sohn in Yad Vashem, die ein entfernter Verwandter hinterlegt hat.
Die Informationen aus den Gedenkblättern sowie die Akten der Entschädigungsbehörde Berlin erlauben nun die Rekonstruktion der Familienverhältnisse:
Berls Vater, Martin Hirschfeld, war als jüngstes Kind von Adolf Hirschfeld (1876–1952) und seiner Frau Johanna Hedwig, geb. Rosenberg (1873–1945), im westpreußischen Osche, Kreis Schwetz (heute: Osie/Polen) zur Welt gekommen. Um 1920 zog seine Familie nach Berlin. Martin Hirschfeld hatte noch drei Geschwister: die Schwester Else (geb. 1900), die später Arthur Israel heiratete, und die Brüder Herbert (geb. 1902) und Leopold (geb. 1904). Martin Hirschfeld trat ca. 1931 in den Dienst der Jüdischen Gemeinde Berlin. Er war als Angestellter beim Jugendpflegedezernat zunächst Heimleiter auf dem Landgut Winkel, später begleitete er Kindertransporte nach England. Als in Berlin die Sammellager für die Deportationen errichtet wurden, wurde er als Lagerleiter in der Großen Hamburger Straße eingesetzt.
Berls Mutter, Dorothea Mielzynski, war die Tochter des Schneiders Robert Mielzynski und seiner Frau Ida, geb. Budzuslawski (siehe Ida Wielzynski). Ihre Schwester Alice (siehe Alice Wielzynski) war zwei Jahre älter als sie, die jüngere Schwester Babette wurde 1912 geboren. Wann Dorothea Mielzynski und Martin Hirschfeld geheiratet haben, ist bisher nicht gesichert, vermutlich jedoch erst Ende der 1930er Jahre. Zum Zeitpunkt der Volkszählung, im Mai 1939, wohnten Martin und Dorothea Hirschfeld in der Linienstr. 239, ebenso wie Ida und Alice Mielzynski. Im Adressbuch 1938 bis 1940 ist Martin Hirschfeld mit der Berufsbezeichnung „Platzwart“ im Einwohnerverzeichnis eingetragen. Vermutlich haben Dorothea und Martin Hirschfeld um 1937 geheiratet, hatten im Haus Linienstr. 239 erst eine eigene Wohnung, zogen ab 1941 jedoch in die Wohnung von Ida und Alice Mielzynski. Ihre letzte Wohnung hatten sie dann in der Krausnickstr. 8, ebenfalls mit Ida und Alice Mielzynski zusammen. Dort wohnten sie wohl zur Untermiete, einen eigenen Eintrag als Mieter haben sie nicht mehr.
Ihrem Sohn, der am 16. Dezember 1942 geboren wurde, gaben die Eheleute den Namen Peter. Ab 1939 war jedoch die freie Wahl von Vornamen für jüdische Kinder stark eingeschränkt. Sofern sie nicht einen als „typisch jüdisch“ definierten Namen trugen, mussten sie zusätzlich den Zwangsnamen Sara bzw. Israel führen. Wahrscheinlich aus diesem Grund ist als offizieller Name des Sohnes Berl Hirschfeld eingetragen.
Martin und Dorothea Hirschfeld waren beide als Hilfskräfte im Sammellager – wahrscheinlich in der Großen Hamburger Straße – eingesetzt. Ihr neugeborenes Kind betreute die Großmutter Ida Mielzynski, die zusammen mit ihrer Tochter Alice ebenfalls in der Krausnickstr. 8 wohnte. Als die beiden Frauen am 10. Mai 1943 ins Sammellager Große Hamburger Straße gebracht wurden, kam der kleine Peter mit ihnen dorthin. Seine Mutter lag zu diesem Zeitpunkt mit Diphterie im Krankenhaus und konnte sich nicht um ihn kümmern. Vermutlich musste sogar der Vater Martin Hirschfeld die Unterlagen für die Deportation ausfüllen, vielleicht erklärt sich daraus die Tatsache, dass in den Unterlagen einige falsche Angaben vorkommen – als Versuch, die Identität zu verschleiern.
Am 18. Mai wurde Berl Hirschfeld zusammen mit seiner Großmutter und Tante nach Theresienstadt deportiert. Zweieinhalb Monate lebte er unter der Obhut von Ida Mielzynski in Theresienstadt, im Säuglingsheim, wo Ida Mielzynski ihn und andere Kinder betreute und versorgte. Am 4. August 1943 trafen seine Eltern Martin und Dorothea Hirschfeld in Theresienstadt ein. Über ein Jahr überlebte die kleine Familie im Ghetto. Am 29. September 1944 wurde Martin Hirschfeld nach Auschwitz deportiert, am 6. Oktober seine Frau Dorothea und der noch keine zwei Jahre alte Peter. Sie alle wurden vermutlich gleich nach ihrer Ankunft ermordet.
Die Großeltern Hirschfeld, Johanna und Adolf, waren am 3. September 1942 ebenfalls nach Theresienstadt deportiert worden, möglicherweise sahen sie ihren Enkelsohn dort noch. Johanna Hirschfeld starb kurz vor Kriegsende im Lager, Adolf Hirschfeld überlebte, er starb 1952 im Jüdischen Krankenhaus in Berlin. Von den Tanten und Onkeln väterlicherseits überlebte nur Herbert Hirschfeld, der nach Palästina emigrieren konnte. Auch Babette Mielzynski, verheiratete Hoier, war 1939 mit Mann und Kind die Emigration noch gelungen.