Friedrich Weiler

Verlegeort
Lynarstr. 11
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg-Wilmersdorf
Verlegedatum
17. Mai 2019
Geboren
11. April 1875 in Brakel (Westfalen)
Beruf
Kaufmann
Deportation
am 08. Juli 1942 nach Theresienstadt
Später deportiert
am 19. September 1942 nach Treblinka
Ermordet
1942 in Treblinka

Friedrich Weiler kam am 11. April 1875 in Brakel/Höxter/Westfalen als Sohn des Kaufmanns Moses Weiler und seiner Frau Mathilde (geborene Kalmann) zur Welt. Seine Geschwister waren Clementine (*1864), Luise (*1867) und Hermann (*1870).

Friedrich wurde Kaufmann, zog nach Frankfurt am Main und heiratete am 15. Mai 1903 Ella Ederheimer. Die Kinder wurden geboren: Carl am 31. Juli 1904 und Mathilde am 29. Dezember 1908. Friedrich Weiler handelte mit Lederwaren.

1914 zog die Familie auf Bitten des Vaters von Friedrich, Moses Weiler, dann nach Brakel, Kreis Höxter, wo Friedrich Weiler in die teilweise seiner Familie gehörende Firma Weiler, Heineberg & Flechtheim A.G. eintrat, eine in der Region führende Firma im Landhandel. Besondere Spezialität war der Handel mit Kleesaaten, die aus Ländern wie Ungarn, Italien und Österreich importiert wurden. Friedrichs Bruder Hermann war ebenfalls in dieser Firma tätig. Friedrich Weiler wurde Vorstandsmitglied der A.G. und bezog ein Monatsgehalt von 2000 RM. Ihm gehörte 1/5 des Aktienkapitals von 200.000,– RM.

1916 wurde Friedrich Weiler zum Militär eingezogen; er kämpfte an der Ostfront gegen Russland. Hierfür erhielt er das Eiserne Kreuz.
Um 1920 baute er eine Villa in Brakel, Am Gänseanger 5. Das großzügige Haus besaß zwölf Zimmer sowie Küche, zwei Badezimmer, einen Weinkeller und Nebengelass. Zudem befand sich im Haus ein Lastenaufzug für Speisen und Getränke. Die Familie beschäftigte eine Köchin und ein Hausmädchen.

1936 musste die Villa verkauft werden. Die Einrichtung wurde teils nach Berlin verschickt, zum Teil auch veräußert. 1936 wurde die Firma Weiler, Heineberg & Flechtheim A.G. arisiert.
Der Sohn Carl hatte Jura in Freiburg und Breslau studiert und war promoviert worden. Nach seiner Ernennung zum Hilfsrichter in Berlin 1933 wurde er wegen der diskriminierenden Gesetzgebungen der Nationalsozialisten alsbald wieder entlassen. Fortan arbeitete er als Rechtsberater der elterlichen Firma in Brakel. Er übernahm 1936 teilweise die Auflösung des elterlichen Haushalts.

Die Tochter Mathilde hatte den Elektrotechniker Joszef Fodor geheiratet und lebte mit ihm in Budapest.

Nach dem Verlust der Firma zogen Friedrich und Ella Weiler 1936 nach Berlin, wo Friedrich ein Geschäft für Sämereien in der Lietzenburger Straße 5 betrieb. Privat lebte das Paar in der Lynarstraße 11 in Grunewald in einer Fünfzimmerwohnung.

Carl, der seinen Eltern 1936 nach Berlin gefolgt war, lebte bis zu seiner Emigration Ende 1937 in der Lietzenburger Straße 5. Von dort aus betrieb er die Liquidation der Firma Weiler, Heineberg & Flechtheim A.G.

Friedrich und Ella versuchten über die Schweiz auszuwandern; zu diesem Zweck packten sie 2 große Koffer und übergaben diese der Spedition Charles Brändli AG in Basel. Die Auswanderung scheiterte jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit an der für Jüdinnen und Juden spätestens ab 1938 nahezu undurchlässigen Schweizer Grenze. Zum Zeitpunkt der versuchten Auswanderung nannte Friedrich Weiler immer noch ein Vermögen von ca. 30.000,– RM sein eigen.

Über den Zeitraum zwischen der versuchten Emigration und ihrer Deportation ist nichts über das Leben der Weilers in Berlin bekannt. Sicher aber ist: am 8. Juli 1942 wurden Friedrich und Ella Weiler aus der Lynarstraße 11 über den Anhalter Bahnhof mit dem 17. Alterstransport nach Theresienstadt deportiert. Von dort brachte sie am 19. September 1942 ein Zug in das Vernichtungslager Treblinka, wo sie sofort ermordet wurden.

Ihr Sohn Carl emigrierte im Herbst 1937 in die USA. Hierbei führte er Schuhcreme der Marke Collonil mit sich. Die Büchse wurde von seinen Töchtern neben anderen Gegenständen dem USHMM gestiftet. Carl arbeitete als Buchhalter in einer Weinhandlung und heiratete die 1938 emigrierte Dr. Mina Kaufmann. Carl und Mina hatten zwei Töchter: Judy, verheiratete Gartner, und Susan, verheiratete Oberfeld. 1988 starb Carl in Baltimore.

Mathilde hatte am 14. Juli 1936 mit ihrem Mann Jozsef Fodor den Sohn Alexander Karl (Charles) bekommen. 1944 wurde Mathilde aus Budapest deportiert. In Österreich wurde sie im KZ Lichtenwörth bei Schanzarbeiten eingesetzt, wo sie Ende 1944/Anfang 1945 an Typhus und Unterernährung starb. Ihr Sohn und ihr Mann konnten den Verfolgungen in Ungarn entkommen.
Friedrichs Schwester Clementine hatte Ferdinand Lebrecht geheiratet. Ihr Sohn Edgar wurde geboren. Ihnen gelang 1941 die Flucht in die USA, wo Clementine im Jahr 1946 in New York starb.

Friedrichs Schwester Luise hatte Max Fulda geheiratet. Ihr Sohn Hans (John) Karl Ludwig kam 1894 zur Welt. Luise starb bereits 1943, John 1967 in Dallas.

Der Bruder Hermann hatte Margarete Fränkel geheiratet. Deren Sohn Kurt wurde 1901 geboren. Hermann starb 1936 in Brakel. Kurt emigrierte in die USA, wo er 1971 starb.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs machten Friedrichs Sohn Carl und sein Enkel Alexander Karl Wiedergutmachungsansprüche geltend. Es ging um die ehemalige Einrichtung des Hauses in Brakel. Ferner um eine wertvolle Briefmarkensammlung, deren Schicksal nicht geklärt werden konnte sowie um ein Grundstück in Berlin, Kameruner Straße, das Friedrich Weiler 1937/8 gekauft hatte und 1939 wieder verkaufen musste. Des Weiteren um eine ca. 800 Bände umfassende Bibliothek, einen Flügel und andere Wertgegenstände.

Friedrich und Ella Weiler hatten bereits die Auswandererabgabe gezahlt, die  trotz gescheiterter Emigration, nie zurückgezahlt wurde. Auch das beim Ausreiseversuch aufgegebene Gepäck blieb verschollen. Inwiefern die materiellen Entschädigungsansprüche der Nachkommen von Friedrich und Ella durch die Behörden der Bundesrepublik später Berücksichtigung erfahren haben, ist weiter nicht bekannt.