Ella Silberstein war die Tochter von Louis und Auguste Silberstein, geb. Sommerfeld. Sie wurde am 26. Oktober 1875 in Posen geboren. Ihr Vater war Weinhändler in Posen, wo die Familie damals am Neustädter Markt 10 wohnte und zeitweise auch eine Weinstube betrieb. 1890 lebte sie am Königsplatz 10. Ella hatte eine ältere Schwester, Selma, drei jüngere Schwestern, Margarethe, Gertrud und Martha, sowie zwei jüngere Brüder: Siegbert und Rudolf. Louis Silberstein ließ allen seinen Kindern, auch den Töchtern, eine Berufsausbildung zukommen – außer Selma, die 20-jährig 1895 Hugo Hoppe aus Allenberg (bei Königsberg) heiratete und dorthin zog. Ella und Margarethe wurden Lehrerinnen, Gertrud und Martha vermutlich auch.<br />
Als Volksschullehrerin wurde Ella Silberstein zunächst vielerorts jeweils kurz eingesetzt. Als erstes kam sie im Januar 1895 in das Dorf Kocanowo bei Pudewitz, nicht weit von Posen. Im November war sie wieder zurück bei den Eltern, um im nächsten Jahr in Liegnitz eingesetzt zu werden, im Jahr darauf in Gumbinnen. Es folgten weitere Orte, darunter auch entferntere wie Halle/Saale oder Herford/Westfalen. Zwischendurch kehrte sie immer wieder für ein paar Monate nach Posen zu den Eltern zurück. Im Februar 1908 starb der Vater – die Mutter war schon 1899 gestorben – und Ella kam wieder nach Posen, um dort die nächsten Jahre als Lehrerin zu arbeiten. Noch 1917 ist sie mit einem eigenen Eintrag in der Ritterstraße 9 im Posener Adressbuch vertreten. Auch die Schwestern wurden in verschiedenen Orten eingesetzt, bevor Gertrud Julius Keidanski und Martha einen Herrn Levy heiratete. Margarethe blieb ledig, wie Ella auch.<br />
Nach dem Ersten Weltkrieg und infolge des Großpolnischen Aufstandes im Dezember 1918 wurden die Stadt Posen und Teile der Posener Provinz an Polen angegliedert. Sehr viele Deutsche verließen daraufhin die Stadt, so auch Margarethe Silberstein, die zwar schon seit 1907 im Hamburger Schuldienst stand, aber wohl ihren Posener Wohnsitz beibehalten hatte. Am 21. Juni 1920 meldete sie sich zunächst nach Berlin ab, wo schon seit vor dem Krieg ihre Schwester Gertrud mit ihrem Mann Julius Keidanski lebte. Gut möglich, dass Ella mit ihr zusammen wegzog, mit einer eigenen Wohnung ist sie im Berliner Adressbuch ab 1924 in der Zehdenicker Straße 12 zu finden.<br />
Ella lehrte an der 24. Volksschule in Berlin-Mitte. 1929 ist sie nicht mehr im Adressbuch zu finden, vermutlich wohnte sie dann zur Untermiete. Erst 1934 wird sie wieder geführt, nun in der Mommsenstraße 47. Da war Ella schon als Beamtin entlassen, die Nationalsozialisten hatten gleich nach ihrem Regierungsantritt 1933 allen jüdischen Beamten gekündigt aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933. Dies war möglicherweise auch der Anlass für den erneuten Wohnungswechsel in die Mommsenstraße. Offiziell wurde Ella erst am 31. Oktober 1935 in den Ruhestand versetzt. Ihre Pension für 31 Dienstjahre und 15 Tage betrug 73 Prozent des Grundgehaltes, das wiederum für weibliche Lehrkräfte um 10 Prozent reduziert war. Später wurden die Bezüge allerdings für „Zwangspensionierte“ wie sie durch die „Siebente Verordnung zum Reichsbürgergesetzt“ vom 5. Dezember 1938 um 20 Prozent reduziert.<br />
Ella blieb zwei Jahre lang Hauptmieterin in der Mommsenstraße, dann übernahm ihr Schwager Julius Keidanski die Wohnung – oder mietete eine andere im Haus – und Ella wohnte bei ihm und ihrer Schwester zur Untermiete. Keidanskis hatten davor jahrzehntelang in der Niebuhrstraße 56 gewohnt. Ihnen gelang die Flucht nach England und Ella war daher Anfang 1942 gezwungen, abermals umzuziehen. Sie war nun Untermieterin von Maria Frankfurther in der Küstriner Straße 4 (heute Damaschkestraße). Lange konnte sie jedoch nicht dort bleiben. Durch die antisemitischen Gesetze verarmt, entrechtet, gedemütigt und praktisch von der Gesellschaft ausgeschlossen, musste sie Anfang Juli 1942 die obligate „Vermögenserklärung“ ausfüllen, der Vorbote der Deportation. Gewissenhaft zählte sie ihre Haushaltsgegenstände, Kleidungs- und Wäschestücke auf, es waren sowieso nicht mehr viele. Über ihre Ersparnisse durfte sie als Jüdin schon seit geraumer Zeit nicht mehr selbst verfügen.<br />
Sie wurde anschließend in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 verbracht, ein von den Nazis umfunktioniertes jüdisches Altersheim. Am 10. Juli 1942 musste sie in aller Frühe am Anhalter Bahnhof auf Gleis 1 einen von zwei Waggons 3. Klasse besteigen, die später verplombt an den fahrplanmäßigen Zug nach Prag um 6.07 Uhr angehängt wurden. Mit 99 weiteren Leidensgenossen wurde Ella Silberstein mit diesem Zug nach Theresienstadt deportiert. Angeblich war dieses „Altersghetto“ eine Stätte für einen ruhigen Lebensabend, tatsächlich handelte es sich aber um ein Durchgangslager, in dem die Menschen auf den Tod warteten, herbeigeführt entweder durch die dortigen unmenschlichen Lebensbedingungen oder durch die Ermordung in einem weiteren Vernichtungslager. Letzteres war Ella Silbersteins Schicksal: Schon am 19. September 1942 wurde sie weiterverschleppt nach Treblinka und dort ermordet.<br />
Ellas Schwester Margarethe, in Hamburg 1934 zwangspensioniert, war schon am 6. Dezember 1941 nach Riga-Jungfernhof, einem Außenlager des Rigaer Ghettos, deportiert und dort ermordet worden. Gertrud mit ihrem Mann Julius Keidanski sowie ihre Kinder Alice und Alfred konnten rechtzeitig flüchten, auch Martha Levy und Selma mit Hugo Hoppe konnten sich ins Ausland retten. Der Bruder Rudolf Silberstein gelangte nach Südafrika, Ellas Neffe Kurt Hoppe jedoch wurde mit seiner Frau Edith geb. Rubinstein und seiner zweijährigen Tochter Tana am 12. März 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Unklar bleibt das Schicksal von Ellas Bruder Siegbert – da er in keinem Gedenkbuch aufgelistet ist, kann man hoffen, dass er den Nazischergen entgangen ist.<br />
Als Volksschullehrerin wurde Ella Silberstein zunächst vielerorts jeweils kurz eingesetzt. Als erstes kam sie im Januar 1895 in das Dorf Kocanowo bei Pudewitz, nicht weit von Posen. Im November war sie wieder zurück bei den Eltern, um im nächsten Jahr in Liegnitz eingesetzt zu werden, im Jahr darauf in Gumbinnen. Es folgten weitere Orte, darunter auch entferntere wie Halle/Saale oder Herford/Westfalen. Zwischendurch kehrte sie immer wieder für ein paar Monate nach Posen zu den Eltern zurück. Im Februar 1908 starb der Vater – die Mutter war schon 1899 gestorben – und Ella kam wieder nach Posen, um dort die nächsten Jahre als Lehrerin zu arbeiten. Noch 1917 ist sie mit einem eigenen Eintrag in der Ritterstraße 9 im Posener Adressbuch vertreten. Auch die Schwestern wurden in verschiedenen Orten eingesetzt, bevor Gertrud Julius Keidanski und Martha einen Herrn Levy heiratete. Margarethe blieb ledig, wie Ella auch.
Nach dem Ersten Weltkrieg und infolge des Großpolnischen Aufstandes im Dezember 1918 wurden die Stadt Posen und Teile der Posener Provinz an Polen angegliedert. Sehr viele Deutsche verließen daraufhin die Stadt, so auch Margarethe Silberstein, die zwar schon seit 1907 im Hamburger Schuldienst stand, aber wohl ihren Posener Wohnsitz beibehalten hatte. Am 21. Juni 1920 meldete sie sich zunächst nach Berlin ab, wo schon seit vor dem Krieg ihre Schwester Gertrud mit ihrem Mann Julius Keidanski lebte. Gut möglich, dass Ella mit ihr zusammen wegzog, mit einer eigenen Wohnung ist sie im Berliner Adressbuch ab 1924 in der Zehdenicker Straße 12 zu finden.
Ella lehrte an der 24. Volksschule in Berlin-Mitte. 1929 ist sie nicht mehr im Adressbuch zu finden, vermutlich wohnte sie dann zur Untermiete. Erst 1934 wird sie wieder geführt, nun in der Mommsenstraße 47. Da war Ella schon als Beamtin entlassen, die Nationalsozialisten hatten gleich nach ihrem Regierungsantritt 1933 allen jüdischen Beamten gekündigt aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933. Dies war möglicherweise auch der Anlass für den erneuten Wohnungswechsel in die Mommsenstraße. Offiziell wurde Ella erst am 31. Oktober 1935 in den Ruhestand versetzt. Ihre Pension für 31 Dienstjahre und 15 Tage betrug 73 Prozent des Grundgehaltes, das wiederum für weibliche Lehrkräfte um 10 Prozent reduziert war. Später wurden die Bezüge allerdings für „Zwangspensionierte“ wie sie durch die „Siebente Verordnung zum Reichsbürgergesetzt“ vom 5. Dezember 1938 um 20 Prozent reduziert.
Ella blieb zwei Jahre lang Hauptmieterin in der Mommsenstraße, dann übernahm ihr Schwager Julius Keidanski die Wohnung – oder mietete eine andere im Haus – und Ella wohnte bei ihm und ihrer Schwester zur Untermiete. Keidanskis hatten davor jahrzehntelang in der Niebuhrstraße 56 gewohnt. Ihnen gelang die Flucht nach England und Ella war daher Anfang 1942 gezwungen, abermals umzuziehen. Sie war nun Untermieterin von Maria Frankfurther in der Küstriner Straße 4 (heute Damaschkestraße). Lange konnte sie jedoch nicht dort bleiben. Durch die antisemitischen Gesetze verarmt, entrechtet, gedemütigt und praktisch von der Gesellschaft ausgeschlossen, musste sie Anfang Juli 1942 die obligate „Vermögenserklärung“ ausfüllen, der Vorbote der Deportation. Gewissenhaft zählte sie ihre Haushaltsgegenstände, Kleidungs- und Wäschestücke auf, es waren sowieso nicht mehr viele. Über ihre Ersparnisse durfte sie als Jüdin schon seit geraumer Zeit nicht mehr selbst verfügen.
Sie wurde anschließend in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 verbracht, ein von den Nazis umfunktioniertes jüdisches Altersheim. Am 10. Juli 1942 musste sie in aller Frühe am Anhalter Bahnhof auf Gleis 1 einen von zwei Waggons 3. Klasse besteigen, die später verplombt an den fahrplanmäßigen Zug nach Prag um 6.07 Uhr angehängt wurden. Mit 99 weiteren Leidensgenossen wurde Ella Silberstein mit diesem Zug nach Theresienstadt deportiert. Angeblich war dieses „Altersghetto“ eine Stätte für einen ruhigen Lebensabend, tatsächlich handelte es sich aber um ein Durchgangslager, in dem die Menschen auf den Tod warteten, herbeigeführt entweder durch die dortigen unmenschlichen Lebensbedingungen oder durch die Ermordung in einem weiteren Vernichtungslager. Letzteres war Ella Silbersteins Schicksal: Schon am 19. September 1942 wurde sie weiterverschleppt nach Treblinka und dort ermordet.
Ellas Schwester Margarethe, in Hamburg 1934 zwangspensioniert, war schon am 6. Dezember 1941 nach Riga-Jungfernhof, einem Außenlager des Rigaer Ghettos, deportiert und dort ermordet worden. Gertrud mit ihrem Mann Julius Keidanski sowie ihre Kinder Alice und Alfred konnten rechtzeitig flüchten, auch Martha Levy und Selma mit Hugo Hoppe konnten sich ins Ausland retten. Der Bruder Rudolf Silberstein gelangte nach Südafrika, Ellas Neffe Kurt Hoppe jedoch wurde mit seiner Frau Edith geb. Rubinstein und seiner zweijährigen Tochter Tana am 12. März 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Unklar bleibt das Schicksal von Ellas Bruder Siegbert – da er in keinem Gedenkbuch aufgelistet ist, kann man hoffen, dass er den Nazischergen entgangen ist.