Rosalie Borchardt geb. Bernstein

Verlegeort
Passauer Str. 2
Bezirk/Ortsteil
Schöneberg
Verlegedatum
28. März 2013
Geboren
20. April 1854 in Königsberg / Kaliningrad
Flucht in den Tod
06. März 1943

Rosalie Bernstein wurde am 20. April 1854 im damals preußischen Königsberg (heute: Kaliningrad / Russland) als Tochter von Jakob und Therese Bernstein geboren. Sie stammte aus einer zum Christentum konvertierten jüdischen Kaufmannsfamilie. Am 5. März 1874 heiratete sie den ebenfalls in Königsberg geborenen Kaufmann Robert Borchardt. Die Borchardts waren seit Generationen im Teehandel tätig und sehr wohlhabend. <br />
Rosalie und Robert Borchardt bekamen sieben Kinder – eines von ihnen war der Schriftsteller Rudolf Borchardt. Bis 1882 lebte die Familie in Moskau, dann zogen sie nach Berlin, wo Robert Borchardt die Berliner Dependance des von seinem Großvater gegründeten Teehandelsunternehmens leitete. Bald darauf wurde Robert Borchardt Gesellschafter des Bankhauses Breest & Gelpcke in der Behrenstraße 47. <br />
Die Familie lebte zunächst am Kronprinzenufer 5 in Tiergarten (heute Spreebogenpark) und ab 1905 in der Hardenbergstraße 10. 1905 ging Robert Borchardt in Rente und starb drei Jahre später. Vermutlich durch den Tod des Mannes und die Weltwirtschaftskrise verschlechterte sich die finanzielle Situation von Rosalie Borchardt offenbar dramatisch. Ab 1920 lebte sie bei ihrer Tochter Else, nach deren Emigration 1936 zog sie zu einer anderen Tochter. Nach und nach verließen alle Kinder Berlin. Einigen gelang die Emigration, zwei weitere kamen in ein Konzentrationslager. Der Schriftsteller Rudolf Borchardt ging nach Italien und starb später in Innsbruck auf der Flucht vor den Nazis an Herzversagen. <br />
Rosalie Borchardt blieb allein in Berlin zurück. Zuletzt lebte sie in der Passauer Straße 2 in Schöneberg zur Untermiete. Zeitweise erhielt Rosalie Borchardt eine monatliche Unterstützung aus einem Sperrkonto der nach Istanbul emigrierten Tochter Verena. Als Verenas Mann 1940 starb, schrieb Rosalie Borchardt in ihrer Verzweiflung an die Gestapo, und bat darum, die weitere Auszahlung dieser Unterstützung zu genehmigen. Es ist davon auszugehen, dass ihr dies verweigert wurde. <br />
Zwei Jahre später, am 6. März 1943, beging Rosalie Borchardt in ihrer Wohnung Selbstmord. Sie schluckte eine Überdosis Schlaftabletten. Vermutlich wollte die fast 89-Jährige damit einer drohenden Deportation entgehen. Rosalie Borchardt wurde am 12. März 1943 auf dem St. Matthäus Kirchhof in der Großgörschenstraße 12 bestattet.

Rosalie Bernstein wurde am 20. April 1854 im damals preußischen Königsberg (heute: Kaliningrad / Russland) als Tochter von Jakob und Therese Bernstein geboren. Sie stammte aus einer zum Christentum konvertierten jüdischen Kaufmannsfamilie. Am 5. März 1874 heiratete sie den ebenfalls in Königsberg geborenen Kaufmann Robert Borchardt. Die Borchardts waren seit Generationen im Teehandel tätig und sehr wohlhabend.
Rosalie und Robert Borchardt bekamen sieben Kinder – eines von ihnen war der Schriftsteller Rudolf Borchardt. Bis 1882 lebte die Familie in Moskau, dann zogen sie nach Berlin, wo Robert Borchardt die Berliner Dependance des von seinem Großvater gegründeten Teehandelsunternehmens leitete. Bald darauf wurde Robert Borchardt Gesellschafter des Bankhauses Breest & Gelpcke in der Behrenstraße 47.
Die Familie lebte zunächst am Kronprinzenufer 5 in Tiergarten (heute Spreebogenpark) und ab 1905 in der Hardenbergstraße 10. 1905 ging Robert Borchardt in Rente und starb drei Jahre später. Vermutlich durch den Tod des Mannes und die Weltwirtschaftskrise verschlechterte sich die finanzielle Situation von Rosalie Borchardt offenbar dramatisch. Ab 1920 lebte sie bei ihrer Tochter Else, nach deren Emigration 1936 zog sie zu einer anderen Tochter. Nach und nach verließen alle Kinder Berlin. Einigen gelang die Emigration, zwei weitere kamen in ein Konzentrationslager. Der Schriftsteller Rudolf Borchardt ging nach Italien und starb später in Innsbruck auf der Flucht vor den Nazis an Herzversagen.
Rosalie Borchardt blieb allein in Berlin zurück. Zuletzt lebte sie in der Passauer Straße 2 in Schöneberg zur Untermiete. Zeitweise erhielt Rosalie Borchardt eine monatliche Unterstützung aus einem Sperrkonto der nach Istanbul emigrierten Tochter Verena. Als Verenas Mann 1940 starb, schrieb Rosalie Borchardt in ihrer Verzweiflung an die Gestapo, und bat darum, die weitere Auszahlung dieser Unterstützung zu genehmigen. Es ist davon auszugehen, dass ihr dies verweigert wurde.
Zwei Jahre später, am 6. März 1943, beging Rosalie Borchardt in ihrer Wohnung Selbstmord. Sie schluckte eine Überdosis Schlaftabletten. Vermutlich wollte die fast 89-Jährige damit einer drohenden Deportation entgehen. Rosalie Borchardt wurde am 12. März 1943 auf dem St. Matthäus Kirchhof in der Großgörschenstraße 12 bestattet.