Hedwig Holschauer geb. Moses

Verlegeort
Pestalozzistr. 15
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
26. April 2012
Geboren
12. Januar 1898 in Zwiniarz
Deportation
am 13. Januar 1942 nach Riga
Ermordet
Januar 1943 in Riga

Hedwig Holschauer wurde als Hedwig Moses am 12. Januar 1889 in Zwiniarz, Kreis Löbau (Westpreußen) geboren. Wir wissen nicht, wann sie nach Berlin kam, möglicherweise aber erst nach ihrer Heirat 1911 mit dem Architekten Alfons Holschauer. Sie wohnten zunächst in der Zorndorfer Straße in Friedrichshain (seit 1951 Mühsamstraße) und dort wurde auch am 3. Juni 1912 ihr Sohn Heinz geboren. Alfons Holschauer zog bald mit seiner Familie um, in die Kniprodestraße 119 (Prenzlauer Berg). Im März 1924, sein Sohn war noch keine 12 Jahre alt, starb Alfons Holschauer und seine Witwe zog in eine vermutlich kleinere Wohnung in der Blankenfelder Straße 12 (Pankow). Nach Charlottenburg kam sie erst um 1928, als sie eine Wohnung bezog, die ihr Schwager Sally Silbermann, Ehemann ihrer Schwester Rosa, in der Sybelstraße 46 gemietet hatte. Silbermann selber wohnte entweder selber zur Untermiete oder außerhalb Berlins.<br />
<br />
Hedwigs Sohn Heinz machte eine Ausbildung als Maschinenschlosser bei der Aufzugfirma Flohr und begann ein Ingenieurstudium an der Beuthschule. Als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wurde er bei Flohr entlassen und musste auch sein Studium abbrechen. Heinz arbeitete nun in der Sperrholzfirma J. Hoffmann & Co, die seinem Onkel Sally Silbermann gehörte. 1936 heiratete er Margarete Halpert und das junge Paar wohnte mit Hedwig zusammen in der 2-Zimmer-Wohnung in der Sybelstraße. 1938 emigrierten Heinz und Margarete in die USA und Hedwig wurde genötigt in die Pestalozzistraße 15 zu ziehen, zur Untermiete bei Davidson. Dem Umzug war wahrscheinlich die Auswanderung Silbermanns nach England vorausgegangen. Auch Hedwig versuchte noch, zu ihrem Sohn in die USA zu kommen. Vergeblich. Auf einer Bescheinigung des US-Generalkonsulats vom 2. Februar 1939, die im Jüdischen Museum aufbewahrt wird, wurde ihr mitgeteilt, dass sie auf der polnischen Warteliste mit der Nr. 6275 eingetragen sei. „Es kann zur Zeit noch nicht angegeben werden, wann Sie mit einer Berücksichtigung Ihrer Angelegenheit rechnen können“... <br />
<br />
Falls sie je „berücksichtigt“ wurde, war es zu spät: Hedwig Holschauer wurde noch einmal gezwungen in eine noch bescheidenere Unterkunft in der Zehdenicker Straße 15 umzuziehen. Von dort wurde sie im Januar 1942 von der Gestapo abgeholt und in die zum Sammellager umfunktionierte Synagoge in der Levetzowstraße 7/8 gebracht. Anschließend musste sie mit weiteren rund tausend Leidensgenossen am 13. Januar 1942 – einen Tag nach ihrem 53. Geburtstag – zu Fuß bis zum Bahnhof Grunewald laufen, von wo aus sie in das Ghetto Riga deportiert wurden.<br />
<br />
Das Ghetto Riga war von den Deutschen nach der Einnahme der Stadt im Juli 1941 eingerichtet worden. Fast 30 000 lettische Juden waren dort auf engstem Raum und unter erbärmlichen Bedingungen eingepfercht. Ende November und Anfang Dezember des Jahres ließ die SS über 90 Prozent von ihnen ermorden – um Platz für die zu deportierenden „Reichsjuden“ zu schaffen. Die Menschen in dem ersten Zug aus Berlin, der am 30. November ankam, wurden alle ebenfalls sofort erschossen, eine „Eigenmächtigkeit“ des SS-Führers Friedrich Jeckeln, die ihm eine Rüge von Himmler einbrachte. Himmler hatte dieses Schicksal nur „Arbeitsunfähigen“ zugedacht. <br />
<br />
Hedwig Holschauers Zug erreichte Riga am 16. Januar 1942, und einer neueren Quelle zufolge, gehörte sie nicht zu den sofort ermordeten. Das Leben im Ghetto muss aber für die 53-jährige sehr hart gewesen sein: Zu sechst hatten sie sich zwei Zimmer zu teilen, überall sah man noch Spuren der Massenermordung der lettischen Juden, Ernährung und Hygiene waren katastrophal, im Winter gab es kein Wasser, da die Rohre eingefroren waren. Zudem wurden die Insassen zu harter Zwangsarbeit herangezogen. Einen zweiten Winter überlebte Hedwig Holschauer höchstwahrscheinlich nicht, im Januar 1943 soll es noch ein letztes Lebenszeichen von ihr gegeben haben. Ihr Todesdatum ist nicht bekannt.<br />
<br />
Hedwigs Schwester Rosa konnte rechtzeitig nach England fliehen mit ihrem Mann Sally Silbermann – oder Szoel Zylberman, wie er sich auch schrieb. Erwin und Nanny Davidsohn sowie ihre Tochter Hilde, Hedwigs Vermieter, tauchen glücklicherweise auf keiner Deportationsliste auf. Hedwigs Sohn Heinz starb 1966 in Miami.<br />
<br />

Hedwig Holschauer wurde als Hedwig Moses am 12. Januar 1889 in Zwiniarz, Kreis Löbau (Westpreußen) geboren. Wir wissen nicht, wann sie nach Berlin kam, möglicherweise aber erst nach ihrer Heirat 1911 mit dem Architekten Alfons Holschauer. Sie wohnten zunächst in der Zorndorfer Straße in Friedrichshain (seit 1951 Mühsamstraße) und dort wurde auch am 3. Juni 1912 ihr Sohn Heinz geboren. Alfons Holschauer zog bald mit seiner Familie um, in die Kniprodestraße 119 (Prenzlauer Berg). Im März 1924, sein Sohn war noch keine 12 Jahre alt, starb Alfons Holschauer und seine Witwe zog in eine vermutlich kleinere Wohnung in der Blankenfelder Straße 12 (Pankow). Nach Charlottenburg kam sie erst um 1928, als sie eine Wohnung bezog, die ihr Schwager Sally Silbermann, Ehemann ihrer Schwester Rosa, in der Sybelstraße 46 gemietet hatte. Silbermann selber wohnte entweder selber zur Untermiete oder außerhalb Berlins.

Hedwigs Sohn Heinz machte eine Ausbildung als Maschinenschlosser bei der Aufzugfirma Flohr und begann ein Ingenieurstudium an der Beuthschule. Als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wurde er bei Flohr entlassen und musste auch sein Studium abbrechen. Heinz arbeitete nun in der Sperrholzfirma J. Hoffmann & Co, die seinem Onkel Sally Silbermann gehörte. 1936 heiratete er Margarete Halpert und das junge Paar wohnte mit Hedwig zusammen in der 2-Zimmer-Wohnung in der Sybelstraße. 1938 emigrierten Heinz und Margarete in die USA und Hedwig wurde genötigt in die Pestalozzistraße 15 zu ziehen, zur Untermiete bei Davidson. Dem Umzug war wahrscheinlich die Auswanderung Silbermanns nach England vorausgegangen. Auch Hedwig versuchte noch, zu ihrem Sohn in die USA zu kommen. Vergeblich. Auf einer Bescheinigung des US-Generalkonsulats vom 2. Februar 1939, die im Jüdischen Museum aufbewahrt wird, wurde ihr mitgeteilt, dass sie auf der polnischen Warteliste mit der Nr. 6275 eingetragen sei. „Es kann zur Zeit noch nicht angegeben werden, wann Sie mit einer Berücksichtigung Ihrer Angelegenheit rechnen können“...

Falls sie je „berücksichtigt“ wurde, war es zu spät: Hedwig Holschauer wurde noch einmal gezwungen in eine noch bescheidenere Unterkunft in der Zehdenicker Straße 15 umzuziehen. Von dort wurde sie im Januar 1942 von der Gestapo abgeholt und in die zum Sammellager umfunktionierte Synagoge in der Levetzowstraße 7/8 gebracht. Anschließend musste sie mit weiteren rund tausend Leidensgenossen am 13. Januar 1942 – einen Tag nach ihrem 53. Geburtstag – zu Fuß bis zum Bahnhof Grunewald laufen, von wo aus sie in das Ghetto Riga deportiert wurden.

Das Ghetto Riga war von den Deutschen nach der Einnahme der Stadt im Juli 1941 eingerichtet worden. Fast 30 000 lettische Juden waren dort auf engstem Raum und unter erbärmlichen Bedingungen eingepfercht. Ende November und Anfang Dezember des Jahres ließ die SS über 90 Prozent von ihnen ermorden – um Platz für die zu deportierenden „Reichsjuden“ zu schaffen. Die Menschen in dem ersten Zug aus Berlin, der am 30. November ankam, wurden alle ebenfalls sofort erschossen, eine „Eigenmächtigkeit“ des SS-Führers Friedrich Jeckeln, die ihm eine Rüge von Himmler einbrachte. Himmler hatte dieses Schicksal nur „Arbeitsunfähigen“ zugedacht.

Hedwig Holschauers Zug erreichte Riga am 16. Januar 1942, und einer neueren Quelle zufolge, gehörte sie nicht zu den sofort ermordeten. Das Leben im Ghetto muss aber für die 53-jährige sehr hart gewesen sein: Zu sechst hatten sie sich zwei Zimmer zu teilen, überall sah man noch Spuren der Massenermordung der lettischen Juden, Ernährung und Hygiene waren katastrophal, im Winter gab es kein Wasser, da die Rohre eingefroren waren. Zudem wurden die Insassen zu harter Zwangsarbeit herangezogen. Einen zweiten Winter überlebte Hedwig Holschauer höchstwahrscheinlich nicht, im Januar 1943 soll es noch ein letztes Lebenszeichen von ihr gegeben haben. Ihr Todesdatum ist nicht bekannt.

Hedwigs Schwester Rosa konnte rechtzeitig nach England fliehen mit ihrem Mann Sally Silbermann – oder Szoel Zylberman, wie er sich auch schrieb. Erwin und Nanny Davidsohn sowie ihre Tochter Hilde, Hedwigs Vermieter, tauchen glücklicherweise auf keiner Deportationsliste auf. Hedwigs Sohn Heinz starb 1966 in Miami.