Rosalie Marcus, genannt Rose, wurde am 11. März 1880 als dritte Tochter des Kaufmanns Wilhelm Marcus und seiner Ehefrau Thekla, geb. Warschauer, in Frankfurt /Oder geboren. Über ihre Kindheit und Jugend ist uns nichts bekannt.
Wann die Familie nach Berlin umzog, wissen wir nicht. Ab 1907 lebte sie im Bezirk Mitte in der Schützenstraße 42, anschließend in der Lützowstraße 20.
1914 zog die Familie Marcus nach Charlottenburg in die Augsburger Straße, die in den „goldenen Zwanzigern“ für ihre prominenten Lokalitäten berühmt war und eine kurze Blütezeit von Kunst und Kultur erlebte, bevor der Naziterror begann. Im Haus Nr. 34 (heute die Nr.42) an der Ecke zum Kurfürstendamm, führte die Schwester Helene bis Oktober 1933 einen Modesalon. Rose arbeitete als Buchhalterin und Fremdsprachen – Stenotypistin bei einem Rechtsanwalt, zeitweise bei ihrem Schwager Isidor Tenenbaum.
Während eines Kuraufenthaltes der Eltern im Riesengebirge starb die Mutter Thekla im Alter von 76 Jahren am 26. Juli 1929 im eleganten Kurhotel „Berliner Hof“ in Bad Flinsberg (Swieradow Zdroj).
In den folgenden Jahren belastete zunehmender Antisemitismus das Leben der jüdischen Bürger. Die „Kurfürstendamm-Krawalle“ am 12. September 1931, bei denen Nazi- Schlägertrupps brutal gegen jüdische oder nach ihrer Meinung jüdisch aussehende Passanten vorgingen, fanden in unmittelbarer Nähe der Augsburger Straße 34 statt. Der Aufruf zum Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933 entzog jüdischen Geschäftsleuten ihre Lebensgrundlage.
Einiges spricht dafür, dass der Vater Wilhelm Marcus 1933 starb. Man kann davon ausgehen, dass die beiden Schwestern in wirtschaftliche Not gerieten und die geräumige Wohnung in der Augsburger Straße 34 nach 20 Jahren verlassen mussten. Helene zog zu ihrer Schwester Hedwig und ihrem Schwager Isidor Tenenbaum, die in der Prinzregentenstraße 2 die Beletage bewohnten. Auch Rose wurde von den Tenenbaums aufgenommen.
Am 6. Februar 1940 heiratete sie den Witwer Walter Martin Herz, einen Kaufmann. Das Paar lebte zur Untermiete in der Trautenaustraße 20. Rose und ihr Mann sollten am 26.November 1941 deportiert werden, wurden jedoch kurzfristig verschont, da der Ehemann einen Herzinfarkt erlitt. Am Vorabend der Deportation hatte das Paar eine Nachricht hinterlassen:
„25. XI. 41
Liebe Martha,morgen geht es los, laß es Dir gut gehen, vergiß uns nicht,
Deine Freundin soll W’s oder T’s besuchen.
In Liebe Rose u. W.“
Walter Martin Herz starb am 30. November 1941. 10 Tage nach seinem Tod zog Rose mit wenigen Habseligkeiten wieder zu ihren Schwestern und ihrem Schwager in die Prinzregentenstraße 2. Aus der von ihr vor der Deportation zwangsweise angefertigten „Vermögenserklärung“ geht hervor, dass sie als „Buchhalterin und Stenotypistin, auch fremde Sprachen“ tätig war und einen monatlichen Verdienst von 298 RM erhielt. Außer wenigen Kleidungsstücken besaß sie nichts mehr.
Am 13. Januar 1942 wurde Rose Herz, geb. Marcus, mit dem sog. „VIII. Osttransport" (Transport 8 Zug DA44) zusammen mit ihrem Schwager Isidor Tenenbaum, ihren Schwestern und weiteren über 1000 jüdischen Berlinerinnen und Berlinern nach Riga deportiert und ermordet. Das eheliche Konto mit einem Vermögen von 1800 RM fiel nach ihrer Deportation an die „Vermögensverwertungsstelle“ Berlin-Brandenburg.
Im Nachlass ihrer Schwägerin Elsa Oestreicher-Herz, die das Ghetto Theresienstadt überlebte, befindet sich ein Gedicht, in dem Elsa ihres Bruders und ihrer Schwägerin Rose gedenkt.
30.November 42
Heute ist ein Trauertag
Tot mein lieber Bruder lag.
Und ein Jahr ist schon vergangen,
Dass er von mir ist gegangen.
Auch die Rose ist verschwunden,
Weiss nicht, wo sie Ruh gefunden,
Sehnsuchtsvoll ich denk an sie,
Werd‘ vergessen Beide nie!