Margarete Mendel geb. Gabriel

Verlegeort
Schaffhausener Straße 57
Historischer Name
Germaniastraße 102
Bezirk/Ortsteil
Tempelhof
Verlegedatum
10. Juni 2022
Geboren
31. August 1882 in Berlin
Beruf
Sekretärin
Deportation
am 24. Oktober 1941 von Motzstraße 34, Berlin-Schöneberg nach Łódź / Litzmannstadt
Ermordet
25. Februar 1942 in Łódź / Litzmannstadt
Biografie

Margarete Mendel geb. Gabriel ist am 31. August 1882 in Berlin geboren. Ihre Mutter Jenny Gabriel starb zwei Wochen nach ihrer Geburt im Alter von nur 22 Jahren. Margarete wuchs bis zu ihrem 6. Lebensjahr – bis zur zweiten Eheschließung ihres Vaters Hermann Gabriel – bei ihrer Großmutter auf. Sie bekam noch drei Halbschwestern. 

Nach ihrem Schulabschluss hätte sie gerne studiert, was aber wegen der wirtschaftlichen Situation der Familie nicht möglich war. 1903 erlitt ihr Vater während einer zionistischen Konferenz einen Herzinfarkt und starb. In der Familie wird erzählt, dass Theodor Herzl zu seiner Beerdigung kam. Nach dem Tod ihres Vaters änderte sich Margaretes Leben, sie musste hart arbeiten, um ihren Teil zur Miete beizutragen und auf Wunsch ihres Vaters dafür sorgen, dass ihre Schwestern die Schule beendeten. Sie fand Arbeit beim Elektrokonzern AEG. Gründer des Unternehmens war der jüdisch-deutsche Unternehmer Emil Rathenau. Margarete wurde schließlich Sekretärin bei seinem Sohn, Walter Rathenau, der später der einzige jüdische Außenminister in der deutschen Geschichte wurde, bis er 1922 ermordet wurde.

Im Juni 1913 heiratete sie als 31jährige den sieben Jahre älteren Getreidehändler Benno Mendel. Auf Bennos Wunsch hörte Margarete 1914 auf zu arbeiten. Kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs wurde ihre gemeinsame Tochter Gabriele Jenny (genannt Yella) am 11. April 1914 in der Charlottenburger Niebuhrstraße 9 geboren. Kurz danach musste ihr Mann in den Krieg ziehen und sie blieb mit Yella allein.

Sie wohnten zwischen 1914 und 1931 in verschiedenen Wohnungen in Charlottenburg: zunächst in der Niebuhrstraße 9, ab 1917 in der Georg-Wilhelm-Straße 24a und ab 1927 in der Fasanenstraße 58. In der Fasanenstraße bewohnten sie eine repräsentative 6-Zimmer-Wohnung. Im Oktober 1931 gaben sie die Wohnung in der Fasanenstr. auf. Offenbar lief das Getreidegeschäft in Folge der Wirtschaftskrise nicht mehr gut. Die kleine Familie zog in eine kleinere Wohnung in der neu erbauten sog. Bärensiedlung nach Tempelhof in die Germaniastraße 102 – heute Schaffhausener Straße 57.

Ihre Tochter Yella konnte aber weiterhin das Hohenzollern-Lyzeums in Halensee besuchen, wo sie 1933 das Abitur machte. Danach trug sie notgedrungen – an ein Studium war nicht zu denken – zum Familienunterhalt bei durch eine Beschäftigung als Stenotypistin bei Fa. Flörsheim und Co, Metalle, Potsdamer Str. Dort wurde sie ein Jahr später entlassen, weil sie Jüdin war. Sie ging mit Einverständnis ihrer Eltern in das Hachschara-Lager Gut Winkel bei Fürstenwalde, um sich auf eine Auswanderung nach Palästina vorzubereiten. 1939 verließ Yella Deutschland in Richtung Palästina.

Seit 1939 musste Margarete Mendel – wie alle Jüdinnen– den Zwangsvornamen „Sara“ tragen. Ihre letzte Adresse im Jahre 1941 war eine sogenannte „Judenwohnung“, in Schöneberg, Motzstraße 34, in die sie mit ihrem Mann Benno einzuziehen gezwungen wurde. Dort mussten sie in einem Zimmer leben und warteten offenbar immer noch auf eine Fluchtmöglichkeit nach Palästina zu ihrer Tochter. Und auch das entwürdigende Tragen des sog. „Judensterns“ blieb ihr nicht erspart.

Am 24. Oktober 1941 wurde Margarete Mendel zusammen mit ihrem Mann mit einem der ersten Berliner Transporte ins Ghetto nach Łódź/Litzmannstadt deportiert. Dort fand sie kurze Zeit später am 25. Februar 1942 – einen Monat vor ihrem Mann – im Alter von nur 60 Jahren den Tod: ermordet durch die unsäglichen hygienischen Verhältnisse und die ebenso katastrophale Ernährungssituation.