John Goldschmidt

Verlegeort
Schützenstr. 53
Bezirk/Ortsteil
Steglitz
Verlegedatum
12. November 2016
Geboren
26. Juni 1893 in Neu-Bogdahnen (Ostpreußen)
Beruf
Tabakwarenhändler
Deportation
am 10. Januar 1944 nach Theresienstadt
Später deportiert
am 28. September 1944 nach Auschwitz
Ermordet
28. September 1944 in Auschwitz

John Josef Goldschmidt wurde am 26.6.1893 in Neu Bogdahnen (ehem. Ostpreußen und heutiges Nordwestrussland) geboren.<br />
<br />
Er hat Abitur an einem Gymnasium in Ostpreußen gemacht, kam nach Berlin und hatte vor zu studieren. Er war dann aber gezwungen, die kaufmännische Laufbahn einzuschlagen. Von ca. 1925 bis 1930 betrieb John ein Tabakwarengeschäft und danach war er selbstständiger Vertreter für Zigarren, Zigaretten und Tabak, was er etwa 1934 aufgeben musste. John hatte als gutsituierter Mann ein gesundes Geschäft. <br />
<br />
In erster Ehe war John mit Emma Elise Elsbeth Schmohl, geb. Rohde, verheiratet. Ihr gemeinsamer Sohn Herbert Heinz Willi wurde am 1.3.1926 geboren. Die Ehe wurde 1933 geschieden, da John bereits mit seiner späteren zweiten Ehefrau Verbindungen unterhielt. Herbert lebte nach dem Krieg in Burg und später in Bremen und war Bankangestellter.<br />
<br />
Am 20.12.1933 heiratete John seine zweite Ehefrau Charlotte Ida (geb. Geschonneck, geb. am 19.5.1905 in Saalfeld) in Berlin. Zusammen hatten sie zwei Töchter, Inge Erika wurde am 11.4.1930 geboren und Lieselotte Eva wurde am 14.2.1933 geboren. Die Familie lebte in Schöneberg (mutmaßlich in der Kufsteiner Straße). Das Paar trennte sich Ende der 30er Jahre. John zog in die Schützenstraße 53 und lebte bei Betty Singer (der Mutter von Clara Zwillenberg, die auch mit ihrer Familie in der Schützenstraße lebte) mutmaßlich zur Untermiete mindestens in den Jahren 1938 und 1939.<br />
<br />
Die Ehe wurde am 13.2.1942 wegen „beiderseitigen Verschuldens“ geschieden. 1958 wurde die Ehe mit Wirkung zum 19.5.1942 neuerlich geschlossen.<br />
<br />
Der Sohn Herbert war selbst Verfolgter und hatte sich daher 1942 den Namen „Schmohl“ seines Stiefvaters illegal als Tarnung zugelegt. Den Namen hat er aber auch 1945 beibehalten und ließ ihn 1949 legalisieren. Er hat seit der Scheidung seiner Eltern im Jahr 1933 nichts mehr von seinem Vater gehört, der sich durch die Verfolgungen nicht um seinen Sohn kümmern konnte, da er selber in Berlin illegal leben musste, um seine Familie nicht zu gefährden.<br />
<br />
Tochter Inge besuchte von 1936 bis 1944 die 13. Volksschule. In der Schule wurde sie von Schülerinnen schikaniert. Lehrer haben gedroht, sie von der Volksschule zu verweisen. Die Eltern beabsichtigten, dass Inge zu ihrem Vater zieht, wenn er eine Wohnung bzw. ein Zimmer gefunden hat. Doch dazu kam es nicht, da John im Februar 1943 (aus der Potsdamer Straße bei Alfons Hopp) von der Gestapo verhaftet wurde.<br />
<br />
Die jüngere Tochter Lieselotte besuchte von 1939 bis 1948 die Volksschule in Berlin. Als „Mischling 1. Grades“ konnte sie keine hohe Schule besuchen. Da sie bis zu ihrem 9. Lebensjahr noch nicht getauft war, galt sie als Jüdin. Auch sie wurde in der Schule von Mitschülerinnen und Lehrkräften schikaniert.<br />
<br />
Beide Töchter sollten auch von der Gestapo abgeholt werden, aber blieben durch einen Zufall davon verschont. Da die Mutter in einer Fabrik gearbeitet hat, waren die Mädchen nicht zu Hause und die Mieter haben der Gestapo verschwiegen, wo sie sich aufhielten. Kurz darauf, am 17.8.1941, wurde auch Lieselotte evangelisch getauft.<br />
<br />
Nach Aufgabe seiner Tätigkeit als Tabakwarenhändler folgten unselbständige Arbeitsverhältnisse, u. a. bei der Erwege Grosseinkaufsgenossenschaft eGmbH im Einkauf. In der Zeit von 1940 bis 1944 musste John Zwangsarbeit bei der Berliner S-Bahn leisten.<br />
<br />
Der damalige Hauswirt, ein Generalmajor, kündigte John die Wohnung, da er keine Juden in seinem Hause duldete. So lebte John zunächst bei Alfons Hopp in der Potsdamer Straße bis Februar 1943.<br />
<br />
Am 13. Februar 1943 wurde John zum ersten Mal von der Gestapo abgeholt und in das Sammellager Gerlachstraße gebracht. Nach vielen Bemühungen und Gesprächen mit Oberscharführer Tuberke, dem damaligen Leiter des Lagers, bekam Charlotte ihn nach ungefähr vier Wochen frei.<br />
<br />
Angezeigt wurde John von dem Ortsgruppenleiter Höhne mit dem Grund der Jüdischen Abstammung.<br />
<br />
Von Oktober 1943 bis zu seiner Deportation – also ca. drei Monate - lebte er bei Herrn Löwenthal in der Neuen Königstraße 89 (die heutige Otto-Braun-Straße). Eine Zeitlang war es still und die Familie besuchte John und an manchen Abenden, wenn es dunkel war, kam er auch zu ihnen.<br />
<br />
Auch pflegte er freundschaftlichen Kontakt zu einer Bekannten von sich und seiner geschiedenen Frau - Frau Hildegard Pfitzner. Eine Frau Gertrud Schilling wusch ihm regelmäßig die Wäsche.<br />
<br />
Als die Familie wieder auf Johns Besuch wartete, kam nicht er, sondern der Wirt mit der Nachricht, dass John in der vergangenen Nacht (am 10.1.1944) wiederholt von der Gestapo abgeholt wurde. Per Runderlass vom 18.12.1943 war beschlossen worden, dass auch Juden aus Mischehen nach Theresienstadt deportiert werden sollten. Am 11.1.1944 betraf dies 350 Menschen, 138 sind umgekommen, 213 haben überlebt (vgl. Theresienstädter Gedenkbuch).<br />
<br />
John wurde zum Sammellager in der Großen Hamburger Straße gebracht. Dort konnten seine Kinder ihn noch einmal sehen und sie sahen auch, wie er mit einem Lastwagen weggebracht wurde. Er wurde nach Theresienstadt deportiert und kam dort am 11.1.1944 an.<br />
<br />
Durch einen SS-Soldaten erfuhr die Familie später, dass John in Wulkow, einem Außenlager des KZs Theresienstadt, zur Arbeit eingesetzt war. Die Familie konnte sogar ein Päckchen durch einen Aufseher mitschicken. Etwa im September erfuhr die Familie, dass John sich in sehr schlechtem Gesundheitszustand befand, das Lager Wulkow wieder verlassen habe und sich auf einem „Vergasungstransport“ befand.<br />
<br />
Im September 1944 bekam die Familie auch eine Karte von John aus Theresienstadt. Danach haben sie nichts mehr von ihm gehört. Von Theresienstadt wurden im Mai 1944 drei große Transporte mit jeweils über 2000 Menschen nach Auschwitz gesandt. Am 28.9.1944 gab es erneut einen Transport mit 2500 Menschen, danach weitere neun Transporte mit 1500 Menschen nach Auschwitz, direkt in die Gaskammern, darunter John Goldschmidt (vgl. Gottwald/Schulle: Die Judendeportationen 1941-45, S. 365, 430, 435 ff.).<br />
<br />
John wurde am 12.5.1952 zum 29.9.1944 für tot erklärt.<br />
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John Josef Goldschmidt wurde am 26.6.1893 in Neu Bogdahnen (ehem. Ostpreußen und heutiges Nordwestrussland) geboren.

Er hat Abitur an einem Gymnasium in Ostpreußen gemacht, kam nach Berlin und hatte vor zu studieren. Er war dann aber gezwungen, die kaufmännische Laufbahn einzuschlagen. Von ca. 1925 bis 1930 betrieb John ein Tabakwarengeschäft und danach war er selbstständiger Vertreter für Zigarren, Zigaretten und Tabak, was er etwa 1934 aufgeben musste. John hatte als gutsituierter Mann ein gesundes Geschäft.

In erster Ehe war John mit Emma Elise Elsbeth Schmohl, geb. Rohde, verheiratet. Ihr gemeinsamer Sohn Herbert Heinz Willi wurde am 1.3.1926 geboren. Die Ehe wurde 1933 geschieden, da John bereits mit seiner späteren zweiten Ehefrau Verbindungen unterhielt. Herbert lebte nach dem Krieg in Burg und später in Bremen und war Bankangestellter.

Am 20.12.1933 heiratete John seine zweite Ehefrau Charlotte Ida (geb. Geschonneck, geb. am 19.5.1905 in Saalfeld) in Berlin. Zusammen hatten sie zwei Töchter, Inge Erika wurde am 11.4.1930 geboren und Lieselotte Eva wurde am 14.2.1933 geboren. Die Familie lebte in Schöneberg (mutmaßlich in der Kufsteiner Straße). Das Paar trennte sich Ende der 30er Jahre. John zog in die Schützenstraße 53 und lebte bei Betty Singer (der Mutter von Clara Zwillenberg, die auch mit ihrer Familie in der Schützenstraße lebte) mutmaßlich zur Untermiete mindestens in den Jahren 1938 und 1939.

Die Ehe wurde am 13.2.1942 wegen „beiderseitigen Verschuldens“ geschieden. 1958 wurde die Ehe mit Wirkung zum 19.5.1942 neuerlich geschlossen.

Der Sohn Herbert war selbst Verfolgter und hatte sich daher 1942 den Namen „Schmohl“ seines Stiefvaters illegal als Tarnung zugelegt. Den Namen hat er aber auch 1945 beibehalten und ließ ihn 1949 legalisieren. Er hat seit der Scheidung seiner Eltern im Jahr 1933 nichts mehr von seinem Vater gehört, der sich durch die Verfolgungen nicht um seinen Sohn kümmern konnte, da er selber in Berlin illegal leben musste, um seine Familie nicht zu gefährden.

Tochter Inge besuchte von 1936 bis 1944 die 13. Volksschule. In der Schule wurde sie von Schülerinnen schikaniert. Lehrer haben gedroht, sie von der Volksschule zu verweisen. Die Eltern beabsichtigten, dass Inge zu ihrem Vater zieht, wenn er eine Wohnung bzw. ein Zimmer gefunden hat. Doch dazu kam es nicht, da John im Februar 1943 (aus der Potsdamer Straße bei Alfons Hopp) von der Gestapo verhaftet wurde.

Die jüngere Tochter Lieselotte besuchte von 1939 bis 1948 die Volksschule in Berlin. Als „Mischling 1. Grades“ konnte sie keine hohe Schule besuchen. Da sie bis zu ihrem 9. Lebensjahr noch nicht getauft war, galt sie als Jüdin. Auch sie wurde in der Schule von Mitschülerinnen und Lehrkräften schikaniert.

Beide Töchter sollten auch von der Gestapo abgeholt werden, aber blieben durch einen Zufall davon verschont. Da die Mutter in einer Fabrik gearbeitet hat, waren die Mädchen nicht zu Hause und die Mieter haben der Gestapo verschwiegen, wo sie sich aufhielten. Kurz darauf, am 17.8.1941, wurde auch Lieselotte evangelisch getauft.

Nach Aufgabe seiner Tätigkeit als Tabakwarenhändler folgten unselbständige Arbeitsverhältnisse, u. a. bei der Erwege Grosseinkaufsgenossenschaft eGmbH im Einkauf. In der Zeit von 1940 bis 1944 musste John Zwangsarbeit bei der Berliner S-Bahn leisten.

Der damalige Hauswirt, ein Generalmajor, kündigte John die Wohnung, da er keine Juden in seinem Hause duldete. So lebte John zunächst bei Alfons Hopp in der Potsdamer Straße bis Februar 1943.

Am 13. Februar 1943 wurde John zum ersten Mal von der Gestapo abgeholt und in das Sammellager Gerlachstraße gebracht. Nach vielen Bemühungen und Gesprächen mit Oberscharführer Tuberke, dem damaligen Leiter des Lagers, bekam Charlotte ihn nach ungefähr vier Wochen frei.

Angezeigt wurde John von dem Ortsgruppenleiter Höhne mit dem Grund der Jüdischen Abstammung.

Von Oktober 1943 bis zu seiner Deportation – also ca. drei Monate - lebte er bei Herrn Löwenthal in der Neuen Königstraße 89 (die heutige Otto-Braun-Straße). Eine Zeitlang war es still und die Familie besuchte John und an manchen Abenden, wenn es dunkel war, kam er auch zu ihnen.

Auch pflegte er freundschaftlichen Kontakt zu einer Bekannten von sich und seiner geschiedenen Frau - Frau Hildegard Pfitzner. Eine Frau Gertrud Schilling wusch ihm regelmäßig die Wäsche.

Als die Familie wieder auf Johns Besuch wartete, kam nicht er, sondern der Wirt mit der Nachricht, dass John in der vergangenen Nacht (am 10.1.1944) wiederholt von der Gestapo abgeholt wurde. Per Runderlass vom 18.12.1943 war beschlossen worden, dass auch Juden aus Mischehen nach Theresienstadt deportiert werden sollten. Am 11.1.1944 betraf dies 350 Menschen, 138 sind umgekommen, 213 haben überlebt (vgl. Theresienstädter Gedenkbuch).

John wurde zum Sammellager in der Großen Hamburger Straße gebracht. Dort konnten seine Kinder ihn noch einmal sehen und sie sahen auch, wie er mit einem Lastwagen weggebracht wurde. Er wurde nach Theresienstadt deportiert und kam dort am 11.1.1944 an.

Durch einen SS-Soldaten erfuhr die Familie später, dass John in Wulkow, einem Außenlager des KZs Theresienstadt, zur Arbeit eingesetzt war. Die Familie konnte sogar ein Päckchen durch einen Aufseher mitschicken. Etwa im September erfuhr die Familie, dass John sich in sehr schlechtem Gesundheitszustand befand, das Lager Wulkow wieder verlassen habe und sich auf einem „Vergasungstransport“ befand.

Im September 1944 bekam die Familie auch eine Karte von John aus Theresienstadt. Danach haben sie nichts mehr von ihm gehört. Von Theresienstadt wurden im Mai 1944 drei große Transporte mit jeweils über 2000 Menschen nach Auschwitz gesandt. Am 28.9.1944 gab es erneut einen Transport mit 2500 Menschen, danach weitere neun Transporte mit 1500 Menschen nach Auschwitz, direkt in die Gaskammern, darunter John Goldschmidt (vgl. Gottwald/Schulle: Die Judendeportationen 1941-45, S. 365, 430, 435 ff.).

John wurde am 12.5.1952 zum 29.9.1944 für tot erklärt.