Verlegeort
Thomasiusstraße 14
Bezirk/Ortsteil
Moabit
Verlegedatum
25. März 2015
Geboren
14. Juli 1887 in Altona
Deportation
am 03. Oktober 1942
in das
KZ Theresienstadt
Später deportiert
am 09. Oktober 1944
in das
Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau
Ermordet
in Auschwitz
Flora Goldschmidt, genannt Lola, kam 1887 in Altona als Tochter des Metzgers Samuel Koppel und seiner Frau Jette, geborene Leipheimer, zur Welt. Der Stammbaum ihrer Familie reicht 250 Jahre zurück, als Altona noch dänisch regiert wurde.
Lola heiratet am 28. Mai 1920 mit 32 Jahren den ebenfalls aus Altona stammenden und 15 Jahre älteren Kaufmann Joseph Goldschmidt. Lola und Joseph haben keine eigenen Kinder. Es geht ihnen wirtschaftlich gut. Lola ist sehr kinderlieb und nimmt ihren kleinen Neffen Alfred, den zweiten Sohn ihres Bruders Carl, als Vierjährigen bei sich auf, währenddessen seine Eltern mit seinen Brüdern Günther und Walter 1931 von Altona nach München ziehen, um dort nach der Wirtschaftskrise neu zu beginnen. Der kleine Alfred bleibt zwei Jahre bei Tante Lola, dann ruft die Schulpflicht und er kommt zurück zu seinen Eltern nach München.
Ab November 1938 leben Alfred und sein Bruder Walter Koppel wieder bei ihrer Tante Lola in der Thomasiusstraße. Die beiden entkommen der Judenverfolgung nur deshalb, weil Tante Lola Goldschmidt sich an eine Kinderhilfsorganisation in den USA wendet, die den Jungen die Emigration nach New York zu ihrem Vater, Carl Koppel, noch Mitte 1941 ermöglicht.
Er, Lolas Bruder, war Mitte 1940 gezwungenermaßen nach KZ- und Gefängnishaft über Russland und Japan in die USA emigriert. Dort versucht er alles – letztlich vergeblich – um die Familie mit inzwischen sechs Kindern nachzuholen.
Von Lola Goldschmidt sind einige Briefe an ihren Bruder Carl erhalten. Daraus wissen wir, dass Lola eine mit Witz und Charme ausgestattete Frau ist, die in diesen schweren Zeiten viel „wegzulachen“ und ihre Sorgen möglichst zu verbergen versucht. Sie und ihr Mann Joseph versuchen ebenfalls, noch außer Landes zu kommen, egal wohin. Lola ist eine mutige Frau, die selbst in dieser bedrückenden Situation und in Furcht vor der Deportation ihre positive Wesensart beibehält.
Lola und Joseph sind gläubige, sich der orthodoxen Lehre zugehörig fühlende Leute – aber – so seltsam das auch klingen mag, gleichzeitig weltaufgeschlossen, großzügig sowieso. Besonders Lola ist humorvoll und tolerant; sie führt ein gastfreundliches Haus. Die Familie, die ja weit auseinander wohnt - in Berlin, in Frankfurt, in München, in Hamburg - hält engen Kontakt. Auch mit vielen der Nachbarn ist Lola Goldschmidt in gutem Kontakt. Der Haushalt von Lola und Joseph wird streng orthodox geführt, deswegen gibt es beispielsweise kein Fleisch mehr, als man kein koscheres mehr bekommt – und ab 1939 sind die Lebensmittelzuteilungen für Juden ohnehin höchst kärglich. Sie sind der orthodoxen Synagogengemeinde am Siegmundshof zugehörig, dann, als diese im Sommer 1941 geschlossen wird, gehen sie in die große liberale an der Levetzowstraße; dort wird der Gottesdienst in Schichten durchgeführt, und ab Oktober 1941 wird diese Synagoge als Sammellager missbraucht. Am Schluss bleibt ihnen nur noch die Betstube in der Wilsnacker Straße 3, im 4. Stock.
Lolas Ehemann Joseph Goldschmidt ist 15 Jahre älter, eher zurückhaltend und ein bisschen wortkarg, aber mit den beiden Jungs Alfred und Walter Koppel, die sie bei sich aufgenommen haben, geduldig und väterlich. Er scheint, einigermaßen wohlhabend zu sein, und unterstützt ganz selbstverständlich nach 1939 die Geschwister seiner Frau, nachdem alle Gewerbe jüdischer Bürger verboten werden und damit der Lebensunterhalt fehlt. Unglücklicherweise hat er das meiste „in Papieren“ angelegt, die man ihm nicht mehr herausgibt bzw. die er nicht flüssig machen kann.
Lola Goldschmidt wird zusammen mit ihrem Mann am 3. Oktober 1942 nach Theresienstadt deportiert; auf der Deportationsliste ist die Adresse Alt-Moabit 86 angegeben. Ein Jahr nach der Deportation kommt Joseph Goldschmidt am 8. Dezember 1943 im Alter von 70 Jahren um. Lola wird am 9. Oktober 1944 im Alter von 55 Jahren in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und ermordet.
Lola hatte sieben Geschwister: Siete (Siegmund), Lene (Helene), Bernhard, Carl, Hanna, Leo, Edi (Eduard). Nur drei von ihnen überleben: Carl und Hanna in Brooklyn, New York, Siete in Hamburg; er lebt in so genannter privilegierter Mischehe.
Auch Josephs verwitwete Schwester Recha und der alleinstehende Bruder Mendel sind in Theresienstadt; sie waren bereits im Juli 1942 von Hamburg aus zusammen deportiert worden. Recha stirbt schon vier Monate später am 8.11.1942; zwei Tage darauf nimmt sich Josephs Bruder Mendel das Leben.
Die Briefe von Lola Goldschmidt finden sich in folgender Buchpublikation: „Dies ist mein letzter Brief …“, Autor: Alfred Koppel. Herausgeber: Ilse Macek, Friedbert Mühldorfer. Verlag: Volk.Verlag
ISBN: 978-3-86222-111-0
Lola heiratet am 28. Mai 1920 mit 32 Jahren den ebenfalls aus Altona stammenden und 15 Jahre älteren Kaufmann Joseph Goldschmidt. Lola und Joseph haben keine eigenen Kinder. Es geht ihnen wirtschaftlich gut. Lola ist sehr kinderlieb und nimmt ihren kleinen Neffen Alfred, den zweiten Sohn ihres Bruders Carl, als Vierjährigen bei sich auf, währenddessen seine Eltern mit seinen Brüdern Günther und Walter 1931 von Altona nach München ziehen, um dort nach der Wirtschaftskrise neu zu beginnen. Der kleine Alfred bleibt zwei Jahre bei Tante Lola, dann ruft die Schulpflicht und er kommt zurück zu seinen Eltern nach München.
Ab November 1938 leben Alfred und sein Bruder Walter Koppel wieder bei ihrer Tante Lola in der Thomasiusstraße. Die beiden entkommen der Judenverfolgung nur deshalb, weil Tante Lola Goldschmidt sich an eine Kinderhilfsorganisation in den USA wendet, die den Jungen die Emigration nach New York zu ihrem Vater, Carl Koppel, noch Mitte 1941 ermöglicht.
Er, Lolas Bruder, war Mitte 1940 gezwungenermaßen nach KZ- und Gefängnishaft über Russland und Japan in die USA emigriert. Dort versucht er alles – letztlich vergeblich – um die Familie mit inzwischen sechs Kindern nachzuholen.
Von Lola Goldschmidt sind einige Briefe an ihren Bruder Carl erhalten. Daraus wissen wir, dass Lola eine mit Witz und Charme ausgestattete Frau ist, die in diesen schweren Zeiten viel „wegzulachen“ und ihre Sorgen möglichst zu verbergen versucht. Sie und ihr Mann Joseph versuchen ebenfalls, noch außer Landes zu kommen, egal wohin. Lola ist eine mutige Frau, die selbst in dieser bedrückenden Situation und in Furcht vor der Deportation ihre positive Wesensart beibehält.
Lola und Joseph sind gläubige, sich der orthodoxen Lehre zugehörig fühlende Leute – aber – so seltsam das auch klingen mag, gleichzeitig weltaufgeschlossen, großzügig sowieso. Besonders Lola ist humorvoll und tolerant; sie führt ein gastfreundliches Haus. Die Familie, die ja weit auseinander wohnt - in Berlin, in Frankfurt, in München, in Hamburg - hält engen Kontakt. Auch mit vielen der Nachbarn ist Lola Goldschmidt in gutem Kontakt. Der Haushalt von Lola und Joseph wird streng orthodox geführt, deswegen gibt es beispielsweise kein Fleisch mehr, als man kein koscheres mehr bekommt – und ab 1939 sind die Lebensmittelzuteilungen für Juden ohnehin höchst kärglich. Sie sind der orthodoxen Synagogengemeinde am Siegmundshof zugehörig, dann, als diese im Sommer 1941 geschlossen wird, gehen sie in die große liberale an der Levetzowstraße; dort wird der Gottesdienst in Schichten durchgeführt, und ab Oktober 1941 wird diese Synagoge als Sammellager missbraucht. Am Schluss bleibt ihnen nur noch die Betstube in der Wilsnacker Straße 3, im 4. Stock.
Lolas Ehemann Joseph Goldschmidt ist 15 Jahre älter, eher zurückhaltend und ein bisschen wortkarg, aber mit den beiden Jungs Alfred und Walter Koppel, die sie bei sich aufgenommen haben, geduldig und väterlich. Er scheint, einigermaßen wohlhabend zu sein, und unterstützt ganz selbstverständlich nach 1939 die Geschwister seiner Frau, nachdem alle Gewerbe jüdischer Bürger verboten werden und damit der Lebensunterhalt fehlt. Unglücklicherweise hat er das meiste „in Papieren“ angelegt, die man ihm nicht mehr herausgibt bzw. die er nicht flüssig machen kann.
Lola Goldschmidt wird zusammen mit ihrem Mann am 3. Oktober 1942 nach Theresienstadt deportiert; auf der Deportationsliste ist die Adresse Alt-Moabit 86 angegeben. Ein Jahr nach der Deportation kommt Joseph Goldschmidt am 8. Dezember 1943 im Alter von 70 Jahren um. Lola wird am 9. Oktober 1944 im Alter von 55 Jahren in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und ermordet.
Lola hatte sieben Geschwister: Siete (Siegmund), Lene (Helene), Bernhard, Carl, Hanna, Leo, Edi (Eduard). Nur drei von ihnen überleben: Carl und Hanna in Brooklyn, New York, Siete in Hamburg; er lebt in so genannter privilegierter Mischehe.
Auch Josephs verwitwete Schwester Recha und der alleinstehende Bruder Mendel sind in Theresienstadt; sie waren bereits im Juli 1942 von Hamburg aus zusammen deportiert worden. Recha stirbt schon vier Monate später am 8.11.1942; zwei Tage darauf nimmt sich Josephs Bruder Mendel das Leben.
Die Briefe von Lola Goldschmidt finden sich in folgender Buchpublikation: „Dies ist mein letzter Brief …“, Autor: Alfred Koppel. Herausgeber: Ilse Macek, Friedbert Mühldorfer. Verlag: Volk.Verlag
ISBN: 978-3-86222-111-0
Flora Goldschmidt, genannt Lola, kam 1887 in Altona als Tochter des Metzgers Samuel Koppel und seiner Frau Jette, geborene Leipheimer, zur Welt. Der Stammbaum ihrer Familie reicht 250 Jahre zurück, als Altona noch dänisch regiert wurde.
Lola heiratet am 28. Mai 1920 mit 32 Jahren den ebenfalls aus Altona stammenden und 15 Jahre älteren Kaufmann Joseph Goldschmidt. Lola und Joseph haben keine eigenen Kinder. Es geht ihnen wirtschaftlich gut. Lola ist sehr kinderlieb und nimmt ihren kleinen Neffen Alfred, den zweiten Sohn ihres Bruders Carl, als Vierjährigen bei sich auf, währenddessen seine Eltern mit seinen Brüdern Günther und Walter 1931 von Altona nach München ziehen, um dort nach der Wirtschaftskrise neu zu beginnen. Der kleine Alfred bleibt zwei Jahre bei Tante Lola, dann ruft die Schulpflicht und er kommt zurück zu seinen Eltern nach München.
Ab November 1938 leben Alfred und sein Bruder Walter Koppel wieder bei ihrer Tante Lola in der Thomasiusstraße. Die beiden entkommen der Judenverfolgung nur deshalb, weil Tante Lola Goldschmidt sich an eine Kinderhilfsorganisation in den USA wendet, die den Jungen die Emigration nach New York zu ihrem Vater, Carl Koppel, noch Mitte 1941 ermöglicht.
Er, Lolas Bruder, war Mitte 1940 gezwungenermaßen nach KZ- und Gefängnishaft über Russland und Japan in die USA emigriert. Dort versucht er alles – letztlich vergeblich – um die Familie mit inzwischen sechs Kindern nachzuholen.
Von Lola Goldschmidt sind einige Briefe an ihren Bruder Carl erhalten. Daraus wissen wir, dass Lola eine mit Witz und Charme ausgestattete Frau ist, die in diesen schweren Zeiten viel „wegzulachen“ und ihre Sorgen möglichst zu verbergen versucht. Sie und ihr Mann Joseph versuchen ebenfalls, noch außer Landes zu kommen, egal wohin. Lola ist eine mutige Frau, die selbst in dieser bedrückenden Situation und in Furcht vor der Deportation ihre positive Wesensart beibehält.
Lola und Joseph sind gläubige, sich der orthodoxen Lehre zugehörig fühlende Leute – aber – so seltsam das auch klingen mag, gleichzeitig weltaufgeschlossen, großzügig sowieso. Besonders Lola ist humorvoll und tolerant; sie führt ein gastfreundliches Haus. Die Familie, die ja weit auseinander wohnt - in Berlin, in Frankfurt, in München, in Hamburg - hält engen Kontakt. Auch mit vielen der Nachbarn ist Lola Goldschmidt in gutem Kontakt. Der Haushalt von Lola und Joseph wird streng orthodox geführt, deswegen gibt es beispielsweise kein Fleisch mehr, als man kein koscheres mehr bekommt – und ab 1939 sind die Lebensmittelzuteilungen für Juden ohnehin höchst kärglich. Sie sind der orthodoxen Synagogengemeinde am Siegmundshof zugehörig, dann, als diese im Sommer 1941 geschlossen wird, gehen sie in die große liberale an der Levetzowstraße; dort wird der Gottesdienst in Schichten durchgeführt, und ab Oktober 1941 wird diese Synagoge als Sammellager missbraucht. Am Schluss bleibt ihnen nur noch die Betstube in der Wilsnacker Straße 3, im 4. Stock.
Lolas Ehemann Joseph Goldschmidt ist 15 Jahre älter, eher zurückhaltend und ein bisschen wortkarg, aber mit den beiden Jungs Alfred und Walter Koppel, die sie bei sich aufgenommen haben, geduldig und väterlich. Er scheint, einigermaßen wohlhabend zu sein, und unterstützt ganz selbstverständlich nach 1939 die Geschwister seiner Frau, nachdem alle Gewerbe jüdischer Bürger verboten werden und damit der Lebensunterhalt fehlt. Unglücklicherweise hat er das meiste „in Papieren“ angelegt, die man ihm nicht mehr herausgibt bzw. die er nicht flüssig machen kann.
Lola Goldschmidt wird zusammen mit ihrem Mann am 3. Oktober 1942 nach Theresienstadt deportiert; auf der Deportationsliste ist die Adresse Alt-Moabit 86 angegeben. Ein Jahr nach der Deportation kommt Joseph Goldschmidt am 8. Dezember 1943 im Alter von 70 Jahren um. Lola wird am 9. Oktober 1944 im Alter von 55 Jahren in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und ermordet.
Lola hatte sieben Geschwister: Siete (Siegmund), Lene (Helene), Bernhard, Carl, Hanna, Leo, Edi (Eduard). Nur drei von ihnen überleben: Carl und Hanna in Brooklyn, New York, Siete in Hamburg; er lebt in so genannter privilegierter Mischehe.
Auch Josephs verwitwete Schwester Recha und der alleinstehende Bruder Mendel sind in Theresienstadt; sie waren bereits im Juli 1942 von Hamburg aus zusammen deportiert worden. Recha stirbt schon vier Monate später am 8.11.1942; zwei Tage darauf nimmt sich Josephs Bruder Mendel das Leben.
Die Briefe von Lola Goldschmidt finden sich in folgender Buchpublikation: „Dies ist mein letzter Brief …“, Autor: Alfred Koppel. Herausgeber: Ilse Macek, Friedbert Mühldorfer. Verlag: Volk.Verlag
ISBN: 978-3-86222-111-0
Lola heiratet am 28. Mai 1920 mit 32 Jahren den ebenfalls aus Altona stammenden und 15 Jahre älteren Kaufmann Joseph Goldschmidt. Lola und Joseph haben keine eigenen Kinder. Es geht ihnen wirtschaftlich gut. Lola ist sehr kinderlieb und nimmt ihren kleinen Neffen Alfred, den zweiten Sohn ihres Bruders Carl, als Vierjährigen bei sich auf, währenddessen seine Eltern mit seinen Brüdern Günther und Walter 1931 von Altona nach München ziehen, um dort nach der Wirtschaftskrise neu zu beginnen. Der kleine Alfred bleibt zwei Jahre bei Tante Lola, dann ruft die Schulpflicht und er kommt zurück zu seinen Eltern nach München.
Ab November 1938 leben Alfred und sein Bruder Walter Koppel wieder bei ihrer Tante Lola in der Thomasiusstraße. Die beiden entkommen der Judenverfolgung nur deshalb, weil Tante Lola Goldschmidt sich an eine Kinderhilfsorganisation in den USA wendet, die den Jungen die Emigration nach New York zu ihrem Vater, Carl Koppel, noch Mitte 1941 ermöglicht.
Er, Lolas Bruder, war Mitte 1940 gezwungenermaßen nach KZ- und Gefängnishaft über Russland und Japan in die USA emigriert. Dort versucht er alles – letztlich vergeblich – um die Familie mit inzwischen sechs Kindern nachzuholen.
Von Lola Goldschmidt sind einige Briefe an ihren Bruder Carl erhalten. Daraus wissen wir, dass Lola eine mit Witz und Charme ausgestattete Frau ist, die in diesen schweren Zeiten viel „wegzulachen“ und ihre Sorgen möglichst zu verbergen versucht. Sie und ihr Mann Joseph versuchen ebenfalls, noch außer Landes zu kommen, egal wohin. Lola ist eine mutige Frau, die selbst in dieser bedrückenden Situation und in Furcht vor der Deportation ihre positive Wesensart beibehält.
Lola und Joseph sind gläubige, sich der orthodoxen Lehre zugehörig fühlende Leute – aber – so seltsam das auch klingen mag, gleichzeitig weltaufgeschlossen, großzügig sowieso. Besonders Lola ist humorvoll und tolerant; sie führt ein gastfreundliches Haus. Die Familie, die ja weit auseinander wohnt - in Berlin, in Frankfurt, in München, in Hamburg - hält engen Kontakt. Auch mit vielen der Nachbarn ist Lola Goldschmidt in gutem Kontakt. Der Haushalt von Lola und Joseph wird streng orthodox geführt, deswegen gibt es beispielsweise kein Fleisch mehr, als man kein koscheres mehr bekommt – und ab 1939 sind die Lebensmittelzuteilungen für Juden ohnehin höchst kärglich. Sie sind der orthodoxen Synagogengemeinde am Siegmundshof zugehörig, dann, als diese im Sommer 1941 geschlossen wird, gehen sie in die große liberale an der Levetzowstraße; dort wird der Gottesdienst in Schichten durchgeführt, und ab Oktober 1941 wird diese Synagoge als Sammellager missbraucht. Am Schluss bleibt ihnen nur noch die Betstube in der Wilsnacker Straße 3, im 4. Stock.
Lolas Ehemann Joseph Goldschmidt ist 15 Jahre älter, eher zurückhaltend und ein bisschen wortkarg, aber mit den beiden Jungs Alfred und Walter Koppel, die sie bei sich aufgenommen haben, geduldig und väterlich. Er scheint, einigermaßen wohlhabend zu sein, und unterstützt ganz selbstverständlich nach 1939 die Geschwister seiner Frau, nachdem alle Gewerbe jüdischer Bürger verboten werden und damit der Lebensunterhalt fehlt. Unglücklicherweise hat er das meiste „in Papieren“ angelegt, die man ihm nicht mehr herausgibt bzw. die er nicht flüssig machen kann.
Lola Goldschmidt wird zusammen mit ihrem Mann am 3. Oktober 1942 nach Theresienstadt deportiert; auf der Deportationsliste ist die Adresse Alt-Moabit 86 angegeben. Ein Jahr nach der Deportation kommt Joseph Goldschmidt am 8. Dezember 1943 im Alter von 70 Jahren um. Lola wird am 9. Oktober 1944 im Alter von 55 Jahren in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und ermordet.
Lola hatte sieben Geschwister: Siete (Siegmund), Lene (Helene), Bernhard, Carl, Hanna, Leo, Edi (Eduard). Nur drei von ihnen überleben: Carl und Hanna in Brooklyn, New York, Siete in Hamburg; er lebt in so genannter privilegierter Mischehe.
Auch Josephs verwitwete Schwester Recha und der alleinstehende Bruder Mendel sind in Theresienstadt; sie waren bereits im Juli 1942 von Hamburg aus zusammen deportiert worden. Recha stirbt schon vier Monate später am 8.11.1942; zwei Tage darauf nimmt sich Josephs Bruder Mendel das Leben.
Die Briefe von Lola Goldschmidt finden sich in folgender Buchpublikation: „Dies ist mein letzter Brief …“, Autor: Alfred Koppel. Herausgeber: Ilse Macek, Friedbert Mühldorfer. Verlag: Volk.Verlag
ISBN: 978-3-86222-111-0