Gertrud Isaacsohn geb. Koh

Verlegeort
Thomasiusstraße 15
Bezirk/Ortsteil
Moabit
Verlegedatum
24. Juni 2015
Geboren
03. Juni 1901 in Grätz / Grodzisk Wielkopolski
Beruf
Schneidermeisterin
Überlebt
Gertrud Isaacsohn kam als Tochter der Eheleute Koh 1901 in Grätz zur Welt. Dort in der Nähe von Posen lernte sie als junge Frau Schneiderin und machte später an einer Akademie ihren Meister. Nachdem ihre Heimat Ende des ersten Weltkriegs an Polen fiel, zog Gertrud Koh nach Berlin und heiratete dort 1932 Julius Isaacsohn.

Gertruds Mann war gebürtiger Berliner und arbeitete als Konfektionär bei der Firma Schreiber und Caspary. Im Juli 1933 wurde die Tochter Dorothea geboren, die Dorit genannt wurde. Zu dieser lebte die Familie im 2. Stock des Gartenhauses der Thomasiusstraße 15. Dort in der Wohnung schneiderte Gertrud Modelle für Konfektionsfirmen. In der Saison beschäftigte sie bis zu fünf Angestellte.

Durch zunehmende Repressalien gegen Juden war es Gertrud Isaacsohn jedoch bald nicht mehr erlaubt, für so genannte Arier zu schneidern, was die Familiezunehmend in wirtschaftliche Bedrängnis brachte. Bis die Behörden den Betrieb 1938 endgültig schließen ließen, weil Gertrud Isaacsohn Jüdin war. Im selben Jahr verlor auch Julius Isaacsohn seine Arbeit, da auch sein Betrieb „arisiert“ wurde. Gertrud und Julius Isaacsohns wollten ihre kleine Tochter Dorit vor den drohenden Anfeindungen schützen und schickten die 6-jährige 1939 auf einen Kindertransport nach England. Dieser Transport kam aber nur bis Belgien. Und wenig später drohten dort durch den Einmarsch der Deutschen die gleichen Gefahren – so kam die kleine Tochter Dorit wieder zurück zu ihren Eltern nach Berlin.

Inzwischen leistete das Ehepaar schwere Zwangsarbeit: Gertrud in der Fabrik Kurt Seidel für Militärausrüstungen. Eine chronische Arthritis war die Folge. Julius leistete Zwangsarbeit auf einem Zimmereiplatz der Firma Müller in Lichterfelde Ost.

Um einer Verhaftung durch die Gestapo und der daraus folgenden Deportation zu entgehen, tauchte die kleine Familie 1943 plötzlich unter. Zunächst versuchten man, unter dem Namen Schultz eine Kellerwohnung zu mieten. Doch dies wurde durch fehlende Papiere in letzter Minute vereitelt. Daraufhin tauchten Vater, Mutter und die Tochter einzeln als sogenannte „U-Boote“ unter. Nur so schien es möglich, die Verstecke zu wechseln.

Dorit, mittlerweile 9 Jahre alt, kam zunächst bei Lucie Gardner unter - einer Bekannten, deren Bruder als Kommunist in Haft war. Kurze Zeit später lebte Dorit mit neun anderen Kindern bei ihrem Cousin Rolf Isaacsohn. Er war Opernsänger und lebte unter einem italienischen Künstlernamen mit seiner Frau, Stella Goldschlag, in der Lietzenburger Straße. Rolf besorgte für Dorit und ihre Mutter gefälschte Papiere.

Doch schon kurze Zeit später wurden Rolf Isaacsohn und Stella Goldschlag denunziert und von der Gestapo gefasst. Um dem Tod zu entgehen, entschieden sich die Beiden in der Haft, als sogenannte „Greifer“ andere Juden an die Gestapo zu überführen. Gertrud Isaacsohns Mann Julius wurde das erste von vielen Opfern dieses Verrats. Er wurde im Oktober 1943 auf offener Straße von der Gestapo festgenommen, kurz darauf nach Auschwitz verbracht und dort ermordet.

Für Gertrud und ihre Tochter begannen nun 1 ½ Jahre, in denen sie von Versteck zu Versteck flüchteten. Die Beiden verbrachten diese Zeit ohne Lebensmittelkarten, oft in Kellern und feuchten Verschlägen, teils in Berlin, teils außerhalb in der Warthe-Gegend im heutigen Polen. Dabei entzogen sie sich wiederholt unter Lebensgefahr der Entdeckung und Verhaftung durch Polizei und Gestapo. Zwischenzeitlich lebten sie auch unter falschem Namen im Landhaus eines Gestapo-Oberen in Wilkersdorf bei Küstrin.

Gertrud arbeitete zu dieser Zeit häufig als Schneiderin auf dem Land bei wohlhabenderen Familien. Aufgrund Ihrer blonden Haare und einer falschen Identität konnten sich Gertrud und Dorit als ausgebombt ausgeben. Der in Auschwitz ermordete Ehemann und Vater wurde als Frontsoldat angegeben.

1944 erreichte die Rote Armee die Gegend ihres Verstecks, was besonders für Gertrud zunächst keine unmittelbare Befreiung bedeutete, da sie nicht nur Hunger litt, sondern auch von einem russischen Soldaten vergewaltigt wurde.

Erst nach Kriegsende kehrte Gertrud mit Dorit nach Berlin zurück. Hier kam die Tochter zuerst in ein Krankenhaus und anschließend für einige Monate in ein Kinderheim, da Gertrud Isaacsohn gesundheitlich von den Schäden der Zwangsarbeit und den Jahren der Flucht noch stark angeschlagen war. Erst als es der Mutter wieder besser ging, konnte sie die Tochter zu sich nehmen. Inzwischen arbeitete Gertrud in der Schneider-Schule Ort.

1949 emigrierten Mutter und Tochter in die USA. Von Gertrud Isaacsohn ist Weiteres nicht bekannt. Sie starb 1978 im Alte von 77 Jahren in Philadelphia. Ihre Tochter Dorit arbeitete als Frisörin und hatte später einen eigenen Frisiersalon. Dorit starb 2008 wie ihre Mutter in Philadelphia und hinterließ keine Nachkommen.

Aus Unterlagen geht hervor, dass sich Dorit, die inzwischen Dorothy Isaacsohn hieß, für ein Kinderheim in Israel engagiert hat – im Gedenken und in Erinnerung an ihre eigene schwere und zerrissene Kindheit während des Holocaust. Sie wollte damit dafür sorgen, dass die heutige Generation von Kindern einen Platz hat, an dem Hilfe, Schutz, Sicherheit und Liebe gewährleistet sind.

Ein Foto von Gertrud und Dorit Isaacsohn findet sich hier: http://www.jwi.org/page.aspx?pid=49...
Gertrud Isaacsohn kam als Tochter der Eheleute Koh 1901 in Grätz zur Welt. Dort in der Nähe von Posen lernte sie als junge Frau Schneiderin und machte später an einer Akademie ihren Meister. Nachdem ihre Heimat Ende des ersten Weltkriegs an Polen fiel, zog Gertrud Koh nach Berlin und heiratete dort 1932 Julius Isaacsohn.

Gertruds Mann war gebürtiger Berliner und arbeitete als Konfektionär bei der Firma Schreiber und Caspary. Im Juli 1933 wurde die Tochter Dorothea geboren, die Dorit genannt wurde. Zu dieser lebte die Familie im 2. Stock des Gartenhauses der Thomasiusstraße 15. Dort in der Wohnung schneiderte Gertrud Modelle für Konfektionsfirmen. In der Saison beschäftigte sie bis zu fünf Angestellte.

Durch zunehmende Repressalien gegen Juden war es Gertrud Isaacsohn jedoch bald nicht mehr erlaubt, für so genannte Arier zu schneidern, was die Familiezunehmend in wirtschaftliche Bedrängnis brachte. Bis die Behörden den Betrieb 1938 endgültig schließen ließen, weil Gertrud Isaacsohn Jüdin war. Im selben Jahr verlor auch Julius Isaacsohn seine Arbeit, da auch sein Betrieb „arisiert“ wurde. Gertrud und Julius Isaacsohns wollten ihre kleine Tochter Dorit vor den drohenden Anfeindungen schützen und schickten die 6-jährige 1939 auf einen Kindertransport nach England. Dieser Transport kam aber nur bis Belgien. Und wenig später drohten dort durch den Einmarsch der Deutschen die gleichen Gefahren – so kam die kleine Tochter Dorit wieder zurück zu ihren Eltern nach Berlin.

Inzwischen leistete das Ehepaar schwere Zwangsarbeit: Gertrud in der Fabrik Kurt Seidel für Militärausrüstungen. Eine chronische Arthritis war die Folge. Julius leistete Zwangsarbeit auf einem Zimmereiplatz der Firma Müller in Lichterfelde Ost.

Um einer Verhaftung durch die Gestapo und der daraus folgenden Deportation zu entgehen, tauchte die kleine Familie 1943 plötzlich unter. Zunächst versuchten man, unter dem Namen Schultz eine Kellerwohnung zu mieten. Doch dies wurde durch fehlende Papiere in letzter Minute vereitelt. Daraufhin tauchten Vater, Mutter und die Tochter einzeln als sogenannte „U-Boote“ unter. Nur so schien es möglich, die Verstecke zu wechseln.

Dorit, mittlerweile 9 Jahre alt, kam zunächst bei Lucie Gardner unter - einer Bekannten, deren Bruder als Kommunist in Haft war. Kurze Zeit später lebte Dorit mit neun anderen Kindern bei ihrem Cousin Rolf Isaacsohn. Er war Opernsänger und lebte unter einem italienischen Künstlernamen mit seiner Frau, Stella Goldschlag, in der Lietzenburger Straße. Rolf besorgte für Dorit und ihre Mutter gefälschte Papiere.

Doch schon kurze Zeit später wurden Rolf Isaacsohn und Stella Goldschlag denunziert und von der Gestapo gefasst. Um dem Tod zu entgehen, entschieden sich die Beiden in der Haft, als sogenannte „Greifer“ andere Juden an die Gestapo zu überführen. Gertrud Isaacsohns Mann Julius wurde das erste von vielen Opfern dieses Verrats. Er wurde im Oktober 1943 auf offener Straße von der Gestapo festgenommen, kurz darauf nach Auschwitz verbracht und dort ermordet.

Für Gertrud und ihre Tochter begannen nun 1 ½ Jahre, in denen sie von Versteck zu Versteck flüchteten. Die Beiden verbrachten diese Zeit ohne Lebensmittelkarten, oft in Kellern und feuchten Verschlägen, teils in Berlin, teils außerhalb in der Warthe-Gegend im heutigen Polen. Dabei entzogen sie sich wiederholt unter Lebensgefahr der Entdeckung und Verhaftung durch Polizei und Gestapo. Zwischenzeitlich lebten sie auch unter falschem Namen im Landhaus eines Gestapo-Oberen in Wilkersdorf bei Küstrin.

Gertrud arbeitete zu dieser Zeit häufig als Schneiderin auf dem Land bei wohlhabenderen Familien. Aufgrund Ihrer blonden Haare und einer falschen Identität konnten sich Gertrud und Dorit als ausgebombt ausgeben. Der in Auschwitz ermordete Ehemann und Vater wurde als Frontsoldat angegeben.

1944 erreichte die Rote Armee die Gegend ihres Verstecks, was besonders für Gertrud zunächst keine unmittelbare Befreiung bedeutete, da sie nicht nur Hunger litt, sondern auch von einem russischen Soldaten vergewaltigt wurde.

Erst nach Kriegsende kehrte Gertrud mit Dorit nach Berlin zurück. Hier kam die Tochter zuerst in ein Krankenhaus und anschließend für einige Monate in ein Kinderheim, da Gertrud Isaacsohn gesundheitlich von den Schäden der Zwangsarbeit und den Jahren der Flucht noch stark angeschlagen war. Erst als es der Mutter wieder besser ging, konnte sie die Tochter zu sich nehmen. Inzwischen arbeitete Gertrud in der Schneider-Schule Ort.

1949 emigrierten Mutter und Tochter in die USA. Von Gertrud Isaacsohn ist Weiteres nicht bekannt. Sie starb 1978 im Alte von 77 Jahren in Philadelphia. Ihre Tochter Dorit arbeitete als Frisörin und hatte später einen eigenen Frisiersalon. Dorit starb 2008 wie ihre Mutter in Philadelphia und hinterließ keine Nachkommen.

Aus Unterlagen geht hervor, dass sich Dorit, die inzwischen Dorothy Isaacsohn hieß, für ein Kinderheim in Israel engagiert hat – im Gedenken und in Erinnerung an ihre eigene schwere und zerrissene Kindheit während des Holocaust. Sie wollte damit dafür sorgen, dass die heutige Generation von Kindern einen Platz hat, an dem Hilfe, Schutz, Sicherheit und Liebe gewährleistet sind.

Ein Foto von Gertrud und Dorit Isaacsohn findet sich hier: http://www.jwi.org/page.aspx?pid=49...