Gertrud Süßkind

Verlegeort
Wilhelmsaue 134
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
29. November 2005
Geboren
13. Januar 1898 in Posen / Poznań
Deportation
am 05. September 1942 nach Riga
Ermordet
08. September 1942 in Riga
Biografie

Gertrud Süßkind kam am 13. Januar 1898 als Tochter der Eheleute Alexander (genannt Alex) und Dagmar Süßkind, geb. Glückmann, in Posen (Poznan/Polen) auf die Welt. Ihr 1865 in Czempin (Czempiń/Polen) geborener Vater ist 1899 im  Adressbuch von Posen als Besitzer eines Restaurants und eines Cafés notiert. Ihre 1870 ebenfalls in der Provinz Posen geborene Mutter stammte aus einer Kaufmannsfamilie mit sieben Kindern. Sie wird im Betrieb ihres Mannes mitgearbeitet haben. Die Eltern hatten bereits einen Sohn, den am 6. Juni 1893 in Posen (Poznan/Polen) geborenen Georg Süßkind.
Die junge Familie kam schon vor dem Ersten Weltkrieg ins Berliner Umland. In Berlin wohnte ihre Tante Regina Süßkind, verheiratete Lippmann, mit Ehemann und drei Kindern. Sie starb 1915. 
In den Berliner Adress- und Telefonbüchern findet man den Vater Alex Süßkind seit dem Ersten Weltkrieg in der Goethestraße 70 in Charlottenburg bei Berlin, welches mit der Eingemeindung 1920 dann Teil des „schicken“ Berliner Westens wurde. Die Familie lebte in der zweiten Etage des Hauses. Der Vater betrieb einen Großhandel mit Rauchwaren. 
1924 heiratete Gertruds Bruder Georg die 1896 in Berlin geborene Paula Singer, Tochter eines Arztes. Er gründete 1925 eine eigene Firma, „Bankkommission, Banken und Versicherungen“, die bis 1938 in der Uhlandstraße 76 in Berlin-Wilmersdorf bestand. Dort, wo Bruder und Schwägerin auch wohnten, wurde 1925 Gertruds Nichte Eva geboren. 
Gertrud scheint weiter bei den Eltern gelebt zu haben. Es muss eine gute Zeit für die Familie gewesen sein: Ihr Vater war bis 1938 Geschäftsführer der Firma des Juweliers Abraham Schönholz. Er bezog ein hohes Gehalt und zusätzlich Schmuck und Silberwaren als Gratifikation. Die Familie hatte vermutlich eine Hausangestellte.
Um 1933 zogen die Eltern in die Pariser Straße 21 und wohnten dort bis 1938. Dann verlor Alexander Süßkind aufgrund der antijüdischen Politik in Deutschland seine Anstellung als Geschäftsführer. Auch Sohn Georg geriet unter Druck und musste seine Firma aufgeben. Die Familie rückte zusammen. Alex Süßkind mietete eine Fünfzimmerwohnung im dritten Stock des Hauses Wilhelmsaue 134/135 in Berlin-Wilmersdorf. Georg zog im Oktober 1938 mit Ehefrau und Tochter in ein Zimmer zu seinen Eltern. Es wurde eng, aber die Familie war noch immer wohlsituiert. Gertruds Eltern planten die Emigration. Doch diese scheiterte. Am Ende verloren sie ihren gutbürgerlichen Besitz, den wertvollen Schmuck und Kultgegenstände an die nationalsozialistische Raubpolitik und deren vielzähligen Nutznießer. Die letzte Habe, zwei Koffer mit Kleidung, nahm man ihnen im Berliner Sammellager ab.
Gertrud Süßkind wurde am 31. August 1942 mit dem „19. Osttransport“ nach Riga verschleppt und dort gleich nach ihrer Ankunft erschossen. 
Ihre Eltern wurden am 1. September 1942 mit dem „24. Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert. Von dort aus wurde das Ehepaar am 29. September 1942 weiter in das Vernichtungslager Treblinka verschleppt und ermordet. 
Gertruds Bruder Georg musste als „Helfer“ im Sammellager Levetzowstraße arbeiten. Er, seine Ehefrau Paula und die Tochter Eva überlebten. 1978 erinnerte Georg Süßkind mit einem Gedenkblatt im Archiv von Yad Vashem an seine ermordete Schwester. 

Dr. Dietlinde Peters, Vorrecherchen: Wolfgang Knoll