Elsbeth Pasch kam am 1. Juni 1886 als Tochter des Kaufmanns David Pasch (1842–1938) und seiner Ehefrau Fanny, geb. Wollmann (1857–1917) in Rawitsch am Südrand der Provinz Posen (Rawicz/Polen) auf die Welt . Sie verließ den Ort erst als Erwachsene. Rawitsch war die Heimatstadt ihres Vaters, und auch ihre Mutter stammte aus einem Ort in der Umgebung. David Pasch war in der Kommunalpolitik und in der Jüdischen Gemeinde ein engagierter und einflussreicher Mann: Er war jahrelang Stadtverordneter und Stadtrat sowie im Vorstand der Gemeinde. Seine verwitwete Mutter Johanna Pasch hatte ihm das 1850 gegründete Wäschegeschäft der Familie vererbt, das fast ein „Kaufhaus“ war und sicherlich ein angenehmes Leben garantierte. Elsbeth Pasch hatte vier Geschwister: die Brüder Leo (1882–1930) und Bruno (1889–1943) und die Schwestern Alice (1888–1943) und Martha (1891–1937). – Leo, der Älteste, sollte als einziger heiraten. Die ledig gebliebenen Schwestern Elsbeth und Alice scheinen ein gemeinsames Leben geführt zu haben.
Die Eltern sorgten für eine gute Ausbildung ihrer Töchter: Elsbeth Pasch wurde Masseurin – ein Beruf, für den es die ersten Ausbildungsstätten gab. Über die Ausbildung und das Berufsleben von Elsbeth Pasch wird nirgends berichtet. (Und auch später findet sich in den Berliner Adressbüchern kein Eintrag über eine selbstständige Tätigkeit als Masseurin .) Ihre Schwester Alice wurde Lehrerin und unterrichtete an einer privaten Schule in Rawitsch. Während des Ersten Weltkrieges (1916) heiratete ihr Bruder Leo, der Jura studiert hatte und bereits als Rechtsanwalt in Berlin lebte, die Musiklehrerin und Geigerin Betty Hannach. (Er sollte bis zu seinem Tod im Jahr 1930 in Berlin eine Anwaltskanzlei führen. Das Ehepaar hatte einen Sohn, Elsbeth Pasch also einen Neffen.) 1917 starb ihre Mutter Fanny Pasch in Rawitsch.
Wann genau David Pasch und seine unverheirateten Kinder nach Berlin gekommen sind, ist unklar, wahrscheinlich nachdem Rawitsch 1920 polnisch geworden war. Im Berliner Adressbuch taucht er 1925 das erste Mal als Hauptmieter in der Handjerystraße 86 in Berlin-Friedenau auf. In dieser Wohnung lebten auch die ledigen erwachsenen Kinder.
In der Hauptstadt gab es eine ganze Reihe von Verwandten und Bekannten aus Rawitsch. Die meisten kümmerten sich in Berlin weiterhin um ihre alten Nachbarn aus der Provinz Posen. So gab es unter den Heimat- und Hilfsvereinen auch den „Hilfsverein für Rawitscher zu Berlin“. Vater David Pasch, Onkel Jacob Pasch (1848–1942), ein Börsenmakler, Bruder Leo und Schwester Alice waren aktive Mitglieder und zweitweise im Vorstand des Vereins.
Die Familie wurde kleiner: 1937 starb die Schwester Martha Pasch in Isfahan im Iran, und im Februar 1938 starb der Vater David Pasch, der zu seinem 95. Geburtstag im Jahr 1937 in den Blättern des Verbandes jüdischer Heimatvereine als „Senior der Gruppe Rawitsch und immerwährendes Ehrenmitglied“ geehrt worden war. Schwester Alice Pasch wurde Hauptmieterin der Wohnung in der Handjerystraße 86. (Als „letzte Beschäftigung“ gab sie in ihrer späteren „Vermögenserklärung“ eine Tätigkeit als „Lehrerin bei der Jüdischen Kultusvereinigung“ an.) Ihr Bruder Bruno Pasch, der als Handelsvertreter gearbeitet hatte, emigrierte 1939 nach Belgien. Er wurde Anfang Januar 1942 in das KZ Sachsenhausen transportiert und starb dort am 29. Januar 1942 an „Herzschwäche“ – so die offizielle Mitteilung. Schwester Alice Pasch setzte die Beisetzung der Urne auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee durch.
Bis zum Frühjahr 1941 lebten Elsbeth Pasch und ihre Schwester Alice in der Handjerystraße 86, dann mussten sie nach Berlin-Wilmersdorf in die Wilhelmsaue 136 ziehen. Zuerst waren sie Untermieterinnen der Lehrerin Jettel (Jettka) Rosner, die Ende November 1941 deportiert wurde. Dann wohnte Gertrud Klang bis zu ihrer Deportation Mitte Mai 1943 bei den Schwestern Pasch. (Alice Pasch und Jettel Rosner müssen zu derselben Zeit an der Mittelschule der Jüdischen Gemeinde unterrichtet haben.)
Zuletzt lebten die beiden Schwestern in der Illegalität. Es gibt zwei Berichte von Bekannten über diesen (gescheiterten) Versuch, das Leben zu retten:
Einmal heißt es, dass Eva Heilmann, Tochter des 1940 im KZ Buchenwald ermordeten SPD-Politikers Ernst Heilmann, die Schwestern Elsbeth und Alice Pasch für eine Weile versteckt hatte, diese aber das Leben im Untergrund nicht ertrugen und sich der Gestapo stellten. Ein anderes Mal heißt es, dass die Schwestern von der Gestapo auf einem Bahnhof gefasst worden seien. – Die Zeitzeuginnen leben nicht mehr, es bleiben die von den Tätern notierten Fakten und Daten:
Am 28. Juni 1943 wurden Elsbeth und Alice Pasch mit dem „39. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Auf der Transportliste wird als letzter Wohnsitz die Wilhelmsaue 136 angegeben.
Für ihren Onkel Jacob Pasch, der zuletzt bei seiner Tochter Margarethe und dem Schwiegersohn Dr. Leopold Weil (das Ehepaar wurde 1941 in Riga ermordet) in der Sybelstraße 39 gewohnt hatte und der am 2. November 1942 in Theresienstadt umgekommen war, wurde am 8. November 2011 ein Stolperstein verlegt. Seit dem 3. Juni 2013 erinnert in der Handjerystraße 86 ein Stolperstein an den ermordeten Bruder Bruno Pasch.