Kurt Ruhemann

Verlegeort
Yorckstr. 89
Historischer Name
Yorckstr. 88-89
Bezirk/Ortsteil
Kreuzberg
Verlegedatum
27. März 2008
Geboren
11. Januar 1909 in Berlin
Deportation
am 11. Juli 1942
Ermordet

Im Haus Yorckstr. 88 lebten bis zu ihrer Deportation in den Jahren 1942/43 vier Angehörige der Familie Rothschild. Else Ruhemann, geboren als Else Rothschild, und ihr Sohn Kurt sowie ihr Bruder Georg mit seiner Tochter Charlotte.<br />
<br />
Die Geschwister Else Ruhemann und Georg Rothschild haben einen großen Teil ihres Lebens gemeinsam in einem Haus oder gar einer Wohnung gelebt – die längste Zeit davon in der Kleinbeerenstr. 4 nördlich des Landwehrkanals, etwa an der Stelle, wo sich heute das Parkhaus hinter dem Hochhaus der Post befindet.<br />
<br />
Der Vater führte ganz in der Nähe, in der Wilhelmstr. 144 (heute etwa Willi-Brandt-Haus), ein „Bank- und Commissionsgeschäft“; hier lebte die Familie zwischen 1873 und 1878. Danach wohnte man zehn Jahre in der Königgrätzer Straße (heute Stresemannstr. 66), wo Else und Georg geboren wurden.<br />
<br />
Wahrscheinlich im Jahr 1907 heiratete Else Rothschild den Bankbeamten Felix Ruhemann, der bei der Berliner Handelsgesellschaft angestellt war. Von 1907 bis 1914 wohnte die Familie in der nahegelegenen Möckernstr. 132 (gegenüber dem heutigen Tempodrom). Dort wurde 1909 Sohn Kurt geboren.<br />
<br />
Am 3. September 1914, einen Tag nach seinem 45. Geburtstag, starb Felix Ruhemann infolge einer Herzmuskelentzündung. Seit Januar 1915 bezog Else Ruhemann eine Witwenrente von der Berliner Handelsgesellschaft und zog schließlich mit ihrem Sohn Kurt zurück ins elterliche Wohnhaus Kleinbeerenstr. 4.<br />
<br />
Seit 1932 wohnten Else und Kurt Ruhemann dann – zusammen mit Georg und Charlotte Rothschild - in der Yorckstr. 88. Da für beide Kinder nie eigene Anschriften in den Adressbüchern auftauchen, ist anzunehmen, dass die Familie immer zusammenblieb. Else und Kurt Ruhemann bewohnten im Aufgang 5, I. Etage, ein Zimmer mit Küche. Wahrscheinlich teilten sie sich eine größere Wohnung mit Georg und Charlotte Rothschild, die zwei Zimmer bewohnten.<br />
<br />
Im Juli 1942 geriet Kurt Ruhemann in die Todesmaschinerie der Nationalsozialisten. Bis dahin hatte der gelernte Kaufmann und spätere Krankenpfleger Zwangsarbeit in der Transformatoren-Fabrik Julius Karl Görler, Flottenstr. 58 in Reinickendorf geleistet.<br />
<br />
Am 10. Juli 1942 musste er die obligatorische Vermögenserklärung ausfüllen. Dies geschah in den meisten Fällen in den Sammellagern, in welche die zur Deportation bestimmten jüdischen Bürger wenige Tage vor dem Transport gebracht wurden. Dort wurden die „Vermögensverhältnisse“ der Opfer geklärt, was einer endgültigen Enteignung entsprach, und die Transporte zusammengestellt.<br />
<br />
Vermutlich wurde Kurt Ruhemann mit dem „17. Osttransport“ am 11. Juli 1942 deportiert. Eine Gruppe von 192 Berliner Juden wurde – nach einer militärisch bedingten Verkehrssperre – einem anderen Transport aus Hamburg oder Bielefeld mit insgesamt 697 Personen angeschlossen. Ursprünglich war dieser Zug für Auschwitz bestimmt gewesen, ging aber möglicherweise letztlich in das Warschauer Ghetto. Definitive Angaben fehlen hierzu bis heute. Nach seiner Deportation gab es keine Lebenszeichen mehr von Kurt Ruhemann.<br />
<br />
Seine Mutter Else wurde zwei Monate später verschleppt. Am 21. September wurde ihr in der Sammelstelle Große Hamburger Straße die Verfügung über die Einziehung ihres restlichen Vermögens zugestellt. Einen Tag später deportierte man Else Ruhemann mit einem Transport von 100 Personen in das Ghetto Theresienstadt. Zwischen Juni 1942 und März 1945 gab es insgesamt 116 dieser kleinen Theresienstadt-Transporte, mit denen etwa 9600 Menschen deportiert wurden. Für diese Transporte wurde ein gewöhnlicher Waggon der Reichsbahn an den täglich um 6.07 Uhr vom Anhalter Bahnhof Gleis I abfahrenden Personenzug über Dresden nach Prag angehängt.<br />
<br />
In Theresienstadt traf sie wahrscheinlich ihre Schwester wieder. Henriette Rothschild, verheiratete Falkenburg, wurde von ihrem Wohnort Dessau am 18. November 1942 ebenfalls in dieses Ghetto deportiert, wo sie am 19. Februar 1943 starb.<br />
<br />
Else Ruhemann überlebte ihre Schwester nur um wenige Wochen. Sie erlag den unmenschlichen Lebensbedingungen am 11. April 1943.<br />
<br />
Am 14. Dezember 1942 war in Berlin ihr zurückgelassener Hausrat von einem Beamten der Reichsfinanzverwaltung geschätzt worden. Genau einen Monat nach ihrem Tod im Ghetto, kaufte der Verwalter der Bonifazius-Gemeinde, Pappert, den Hausrat von Else Ruhemann für 100 RM. Am selben Tag wurde die Wohnung als „geräumt“ gemeldet. Der Erlös des Hausrats wurde am 22. Juni 1943 von der Oberfinanzkasse Berlin-Brandenburg „zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen“.<br />
<br />
Am 19. Januar 1945 schloss die Vermögensverwertungsstelle die Akte Ruhemann. Es wurde „kein Vermögen festgestellt“ und die Akte zur „Statistik“ gegeben.

Im Haus Yorckstr. 88 lebten bis zu ihrer Deportation in den Jahren 1942/43 vier Angehörige der Familie Rothschild. Else Ruhemann, geboren als Else Rothschild, und ihr Sohn Kurt sowie ihr Bruder Georg mit seiner Tochter Charlotte.

Die Geschwister Else Ruhemann und Georg Rothschild haben einen großen Teil ihres Lebens gemeinsam in einem Haus oder gar einer Wohnung gelebt – die längste Zeit davon in der Kleinbeerenstr. 4 nördlich des Landwehrkanals, etwa an der Stelle, wo sich heute das Parkhaus hinter dem Hochhaus der Post befindet.

Der Vater führte ganz in der Nähe, in der Wilhelmstr. 144 (heute etwa Willi-Brandt-Haus), ein „Bank- und Commissionsgeschäft“; hier lebte die Familie zwischen 1873 und 1878. Danach wohnte man zehn Jahre in der Königgrätzer Straße (heute Stresemannstr. 66), wo Else und Georg geboren wurden.

Wahrscheinlich im Jahr 1907 heiratete Else Rothschild den Bankbeamten Felix Ruhemann, der bei der Berliner Handelsgesellschaft angestellt war. Von 1907 bis 1914 wohnte die Familie in der nahegelegenen Möckernstr. 132 (gegenüber dem heutigen Tempodrom). Dort wurde 1909 Sohn Kurt geboren.

Am 3. September 1914, einen Tag nach seinem 45. Geburtstag, starb Felix Ruhemann infolge einer Herzmuskelentzündung. Seit Januar 1915 bezog Else Ruhemann eine Witwenrente von der Berliner Handelsgesellschaft und zog schließlich mit ihrem Sohn Kurt zurück ins elterliche Wohnhaus Kleinbeerenstr. 4.

Seit 1932 wohnten Else und Kurt Ruhemann dann – zusammen mit Georg und Charlotte Rothschild - in der Yorckstr. 88. Da für beide Kinder nie eigene Anschriften in den Adressbüchern auftauchen, ist anzunehmen, dass die Familie immer zusammenblieb. Else und Kurt Ruhemann bewohnten im Aufgang 5, I. Etage, ein Zimmer mit Küche. Wahrscheinlich teilten sie sich eine größere Wohnung mit Georg und Charlotte Rothschild, die zwei Zimmer bewohnten.

Im Juli 1942 geriet Kurt Ruhemann in die Todesmaschinerie der Nationalsozialisten. Bis dahin hatte der gelernte Kaufmann und spätere Krankenpfleger Zwangsarbeit in der Transformatoren-Fabrik Julius Karl Görler, Flottenstr. 58 in Reinickendorf geleistet.

Am 10. Juli 1942 musste er die obligatorische Vermögenserklärung ausfüllen. Dies geschah in den meisten Fällen in den Sammellagern, in welche die zur Deportation bestimmten jüdischen Bürger wenige Tage vor dem Transport gebracht wurden. Dort wurden die „Vermögensverhältnisse“ der Opfer geklärt, was einer endgültigen Enteignung entsprach, und die Transporte zusammengestellt.

Vermutlich wurde Kurt Ruhemann mit dem „17. Osttransport“ am 11. Juli 1942 deportiert. Eine Gruppe von 192 Berliner Juden wurde – nach einer militärisch bedingten Verkehrssperre – einem anderen Transport aus Hamburg oder Bielefeld mit insgesamt 697 Personen angeschlossen. Ursprünglich war dieser Zug für Auschwitz bestimmt gewesen, ging aber möglicherweise letztlich in das Warschauer Ghetto. Definitive Angaben fehlen hierzu bis heute. Nach seiner Deportation gab es keine Lebenszeichen mehr von Kurt Ruhemann.

Seine Mutter Else wurde zwei Monate später verschleppt. Am 21. September wurde ihr in der Sammelstelle Große Hamburger Straße die Verfügung über die Einziehung ihres restlichen Vermögens zugestellt. Einen Tag später deportierte man Else Ruhemann mit einem Transport von 100 Personen in das Ghetto Theresienstadt. Zwischen Juni 1942 und März 1945 gab es insgesamt 116 dieser kleinen Theresienstadt-Transporte, mit denen etwa 9600 Menschen deportiert wurden. Für diese Transporte wurde ein gewöhnlicher Waggon der Reichsbahn an den täglich um 6.07 Uhr vom Anhalter Bahnhof Gleis I abfahrenden Personenzug über Dresden nach Prag angehängt.

In Theresienstadt traf sie wahrscheinlich ihre Schwester wieder. Henriette Rothschild, verheiratete Falkenburg, wurde von ihrem Wohnort Dessau am 18. November 1942 ebenfalls in dieses Ghetto deportiert, wo sie am 19. Februar 1943 starb.

Else Ruhemann überlebte ihre Schwester nur um wenige Wochen. Sie erlag den unmenschlichen Lebensbedingungen am 11. April 1943.

Am 14. Dezember 1942 war in Berlin ihr zurückgelassener Hausrat von einem Beamten der Reichsfinanzverwaltung geschätzt worden. Genau einen Monat nach ihrem Tod im Ghetto, kaufte der Verwalter der Bonifazius-Gemeinde, Pappert, den Hausrat von Else Ruhemann für 100 RM. Am selben Tag wurde die Wohnung als „geräumt“ gemeldet. Der Erlös des Hausrats wurde am 22. Juni 1943 von der Oberfinanzkasse Berlin-Brandenburg „zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen“.

Am 19. Januar 1945 schloss die Vermögensverwertungsstelle die Akte Ruhemann. Es wurde „kein Vermögen festgestellt“ und die Akte zur „Statistik“ gegeben.