Cilly Calima Heidenfeld geb. Altmann

Verlegeort
Dortmunder Straße 13
Bezirk/Ortsteil
Moabit
Verlegedatum
20. Mai 2014
Geboren
19. Mai 1881 in Grünberg (Schlesien) / Zielona Góra
Deportation
am 23. Juli 1942 nach Theresienstadt
Ermordet
19. September 1943 in Theresienstadt

Cälima Altmann, Cilly genannt, wurde am 19. Mai 1881 in Grünberg in Schlesien (dem heutigen Zielona Góra in Polen) geboren. Sie war die Tochter des Kaufmanns Rudolf Altmann (1852–1925) und von Ida Altmann, geborene Wiener (1854–1911). Ihr Vater stammte aus Santomischel (Zaniemyśl); ihre Mutter aus Warschau (Warszawa). Sie hatten in den 1870er-Jahren geheiratet und sich in Grünberg niedergelassen. Cilly war, nach den vorliegenden Quellen, das einzige Kind des Ehepaares. Über das Elternhaus und die Kindheit von Cilly Altmann im Grünberg der Kaiserzeit haben sich leider keine weiteren Zeugnisse erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur relativ kleinen jüdischen Gemeinde Grünbergs, zu der 1890 etwa 190 der rund 16.000 Einwohner zählten.

Vermutlich in den 1890er-Jahren verließen die Altmanns die niederschlesische Stadt und ließen sich in Berlin nieder, wo sie seit den 1900er-Jahren in einer Wohnung in der Brückenstraße 1b in Mitte lebten. Am 23. Mai 1912 heiratete die 31-jährige Cilly Altmann den sieben Jahre älteren Kaufmann Alfred Heidenfeld. Der Sohn des Fabrikbesitzers Isaac Heidenfeld (1842–1891) und dessen Frau Emilie Heidenfeld, geborene Wachsner (1846–1933) war 1874 in Gleiwitz (Gliwice) geboren worden und um die Jahrhundertwende nach Berlin gezogen, wo später auch seine verwitwete Mutter und mehrere seiner Geschwister lebten. Die Eheleute Alfred und Cilly Heidenfeld nahmen sich eine gemeinsame Wohnung in der Kantstraße 59 in Charlottenburg. Am 19. Februar 1913 kam ihre Tochter Edith Heidenfeld zur Welt. Alfred Heidenfeld war in Berlin als selbstständiger Vertreter für Friseurbedarfsartikel für verschiedene größere Unternehmen tätig – unter anderem für die chemisch-pharmazeutische Eulith GmbH in Berlin. Die Vertretungen sicherten der Familie nach Ende des Ersten Weltkriegs eine gutbürgerliche Existenz im Berlin der Weimarer Republik. Edith begann nach ihrem Schulabschluss eine Ausbildung und war als Buchhalterin bei der Textilfirma „Lichter & Nachtigall“ beschäftigt, die in der Mohrenstraße 54/55 in Mitte ansässig war. Leider haben sich keine weiteren Zeugnisse erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie im Berlin der Weimarer Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Cilly Heidenfeld und ihre Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Ihr Ehemann arbeitete bis Ende der 1930er-Jahre als Vertreter in Berlin, aber die Verhältnisse wurden für ihn zunehmend schwieriger und das Einkommen aus seiner Kaufmannstätigkeit ging, laut späteren Einschätzungen von Bekannten der Familie, drastisch zurück. 1935/1936 zogen die Heidenfelds in eine Dreizimmerwohnung in der Dortmunder Straße 13 im Westfälischen Viertel in Moabit. Nach den Pogromen im Juni und November 1938 in Berlin entschied sich Edith Heidenfeld im März 1939 das Elternhaus zu verlassen. Sie besuchte das jüdische Lehrgut Ellguth bei Steinau, um sich in einer landwirtschaftlich-handwerklichen Ausbildung („Hachschara“) auf die Auswanderung nach Palästina vorzubereiten. Im Oktober 1939 gelang es ihr, Deutschland zu verlassen und mit der „SS Hilda“ über Bratislava im Januar 1940 illegal in das britischen Mandatsgebiet Palästina einzureisen, wo sie 1941 Abraham Levin heiratete. Ob auch Cilly und Alfred Heidenfeld Pläne verfolgten, aus Deutschland zu entkommen, geht aus den vorliegenden Quellen nicht hervor. Sollten sie konkrete Schritte unternommen haben, so scheiterten diese. Spätestens Ende der 1930er-Jahre / Anfang der 1940er-Jahre war das Leben für das Ehepaar in Berlin zum Existenzkampf geworden. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, die das Leben der Familienmitglieder in Berlin zunehmend einschränkten, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 hatte die Gestapo die Jüdische Gemeinde Berlins informiert, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Die Heidenfelds erhielten den Deportationsbescheid im Sommer 1942. Sie wurden in einem der Berliner Sammellager interniert und am 23. Juli 1942 mit dem „28. Alterstransport“ in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Der 68-jährige Alfred Heidenfeld überlebte die unmenschlichen Bedingungen in Theresienstadt nur wenige Monate, bevor er am 11. November 1942 in Theresienstadt ermordet wurde – entweder durch direkte oder indirekte Gewalteinwirkung mittels planvoller Mangelernährung, versagter Medikamente, Kälte und körperlichen Misshandlungen. Cilly Heidenfeld sollte ihren Ehemann fast ein Jahr überleben, bevor auch sie am 19. September 1943 im Alter von 62 Jahren in Theresienstadt ermordet wurde. Ihre Tochter Edith Levin überlebte mit ihrem Ehemann die NS-Verfolgung im Exil in Palästina.