Hertha Levy geb. Anschel

Verlegeort
Duisburger Str. 19
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
20. Mai 2014
Geboren
20. Dezember 1879 in Gornitz (Posen)
Deportation
am 06. März 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Hertha Levy war eine der neun jüdischen Bewohner des Hauses Duisburger Str. 19, die dem nationalsozialistischen Terror zum Opfer fielen. Geboren wurde sie am 20. Dezember 1879 als Hertha Anschel, Tochter einer Kaufmannsfamilie, in dem kleinen kaum 500 Seelen zählenden Ort Gornitz in der ehemaligen Provinz Posen-Westpreußen. Nach der Heirat mit Rudolf Levy, geb. am 11. November 1873 im nahe gelegenen Schönlanke als zweite Ehefrau, finden wir sie nun als Hertha Levy im Berlin der Gründerzeit wieder, wo am 5. April 1903 ihr einziges Kind, Max Paul Levy, zur Welt kam. <br />
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Die Familie Levy lebte in kultivierten gutbürgerlichen Verhältnissen mit einem Klavier in der Wohnung, Perserteppichen, Rosenthal-Porzellan, Silberbesteck, einer Bibliothek und wertvollen Gemälden. Bereits 1939 mussten Teile des Inventars für einen Spottpreis an die preußische Pfandleihe in der Jägerstraße abgegeben werden. Im gleichen Jahr am 15. Oktober 1939 wurde der Sohn Paul Levy zusammen mit seiner am 2. Juni 1932 geborenen Tochter Vera Carola zur Auswanderung nach Santiago de Chile gezwungen, wo er am 24. März 1965 starb. Zuvor war ihm im Oktober 1938 im Rahmen der „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ die Lizenz als Börsenhändler entzogen worden.<br />
<br />
Nach dem Tod ihres Mannes Rudolf am 9. Januar 1942 im Jüdischen Krankenhaus Berlin musste Hertha Levy wenige Monate später auf Druck der NS-Behörden ihre Wohnung in der Duisburger Str. 19 unter Zurücklassung des größten Teils ihres verbliebenen Hausrats verlassen und eine Odyssee durch wahrscheinlich drei verschiedene „Leerzimmer“ in anderen von Juden bewohnten Wohnungen in der Nähe erleiden. In vorliegenden Dokumenten werden die Anschriften Konstanzer Straße 6, 51 und 61 genannt. Mieterschutz gab es nicht mehr für Juden. Wohnraum sollte für eine „deutschblütige“ Bevölkerung frei werden. Die aus ihren Wohnungen vertriebenen Juden wurden bis zur Deportation bevorzugt in arisierten „Judenhäusern“ aus vormals jüdischem Besitz in beengten Wohnverhältnissen konzentriert. Das war wohl bei Hertha Levy so geschehen. <br />
<br />
Auch ihr Vermögen, nach Angaben des Sohnes Wertpapiere und Aktien bei Filialen der Commerzbank und der Sparkasse sowie 67 000 Reichsmark Bargeld, gingen verloren oder wurden nach der 11.Verordnung zum „Reichsbürgergesetz“ von den Nazis eingezogen. Wie zum Hohn tauchte 1965 auf einem Konto bei der Commerzbank noch ein Restsaldo von 134,70 DM auf. Das Entschädigungsverfahren, das der Enkeltochter (der Sohn war inzwischen gestorben) schließlich am 29.8.1966 in einem Vergleich die Summe von 3 150 DM zusprach für alles erlittene Ungemach ihrer Großmutter, brachte es zu Tage.<br />
<br />
Im Herbst 1941 begann die systematische bis in das letzte Detail bürokratisch geregelte Deportation der Juden aus Deutschland. In Berlin lebten zu diesem Zeitpunkt noch etwa 66 000 von ihnen.<br />
<br />
Am 6. März 1943 wurden Hertha Levy und 664 weitere Juden mit einem von den Organisatoren der Massendeportation als 35. Osttransport eingeordneten Zug vom Güterbahnhof Moabit nach Ausschwitz verschleppt. Vermutlich dort wurde sie ermordet.<br />
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Susi Levene, Enkeltochter von Rudolf Levy aus dessen erster Ehe, die in Rechovot/Israel, lebte, hinterließ am 1.8.2007 ein Gedenkblatt bei Yad Vashem für Hertha Levy mit einem Foto.

Hertha Levy war eine der neun jüdischen Bewohner des Hauses Duisburger Str. 19, die dem nationalsozialistischen Terror zum Opfer fielen. Geboren wurde sie am 20. Dezember 1879 als Hertha Anschel, Tochter einer Kaufmannsfamilie, in dem kleinen kaum 500 Seelen zählenden Ort Gornitz in der ehemaligen Provinz Posen-Westpreußen. Nach der Heirat mit Rudolf Levy, geb. am 11. November 1873 im nahe gelegenen Schönlanke als zweite Ehefrau, finden wir sie nun als Hertha Levy im Berlin der Gründerzeit wieder, wo am 5. April 1903 ihr einziges Kind, Max Paul Levy, zur Welt kam.

Die Familie Levy lebte in kultivierten gutbürgerlichen Verhältnissen mit einem Klavier in der Wohnung, Perserteppichen, Rosenthal-Porzellan, Silberbesteck, einer Bibliothek und wertvollen Gemälden. Bereits 1939 mussten Teile des Inventars für einen Spottpreis an die preußische Pfandleihe in der Jägerstraße abgegeben werden. Im gleichen Jahr am 15. Oktober 1939 wurde der Sohn Paul Levy zusammen mit seiner am 2. Juni 1932 geborenen Tochter Vera Carola zur Auswanderung nach Santiago de Chile gezwungen, wo er am 24. März 1965 starb. Zuvor war ihm im Oktober 1938 im Rahmen der „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ die Lizenz als Börsenhändler entzogen worden.

Nach dem Tod ihres Mannes Rudolf am 9. Januar 1942 im Jüdischen Krankenhaus Berlin musste Hertha Levy wenige Monate später auf Druck der NS-Behörden ihre Wohnung in der Duisburger Str. 19 unter Zurücklassung des größten Teils ihres verbliebenen Hausrats verlassen und eine Odyssee durch wahrscheinlich drei verschiedene „Leerzimmer“ in anderen von Juden bewohnten Wohnungen in der Nähe erleiden. In vorliegenden Dokumenten werden die Anschriften Konstanzer Straße 6, 51 und 61 genannt. Mieterschutz gab es nicht mehr für Juden. Wohnraum sollte für eine „deutschblütige“ Bevölkerung frei werden. Die aus ihren Wohnungen vertriebenen Juden wurden bis zur Deportation bevorzugt in arisierten „Judenhäusern“ aus vormals jüdischem Besitz in beengten Wohnverhältnissen konzentriert. Das war wohl bei Hertha Levy so geschehen.

Auch ihr Vermögen, nach Angaben des Sohnes Wertpapiere und Aktien bei Filialen der Commerzbank und der Sparkasse sowie 67 000 Reichsmark Bargeld, gingen verloren oder wurden nach der 11.Verordnung zum „Reichsbürgergesetz“ von den Nazis eingezogen. Wie zum Hohn tauchte 1965 auf einem Konto bei der Commerzbank noch ein Restsaldo von 134,70 DM auf. Das Entschädigungsverfahren, das der Enkeltochter (der Sohn war inzwischen gestorben) schließlich am 29.8.1966 in einem Vergleich die Summe von 3 150 DM zusprach für alles erlittene Ungemach ihrer Großmutter, brachte es zu Tage.

Im Herbst 1941 begann die systematische bis in das letzte Detail bürokratisch geregelte Deportation der Juden aus Deutschland. In Berlin lebten zu diesem Zeitpunkt noch etwa 66 000 von ihnen.

Am 6. März 1943 wurden Hertha Levy und 664 weitere Juden mit einem von den Organisatoren der Massendeportation als 35. Osttransport eingeordneten Zug vom Güterbahnhof Moabit nach Ausschwitz verschleppt. Vermutlich dort wurde sie ermordet.

Susi Levene, Enkeltochter von Rudolf Levy aus dessen erster Ehe, die in Rechovot/Israel, lebte, hinterließ am 1.8.2007 ein Gedenkblatt bei Yad Vashem für Hertha Levy mit einem Foto.