Dr. Moritz Galliner

Location 
Martin-Luther-Str. 12
Historical name
Luther-Str. 21
District
Schöneberg
Stone was laid
02 October 2005
Born
23 April 1884 in Zinten (Ostpreußen) / Kornewo
Occupation
Anwalt
Forced Labour
Arbeiter (Siemens)
Escape into death
28 December 1942 in Berlin

Der am 23. April 1884 in Zinten/Ostpreußen geborene Moritz Galliner war einer von sechs Söhnen des Kantors und Lehrers Jonas Galliner und seiner Frau Lina. Die Familie wohnte in Königsberg. Moritz Galliner studierte Jura und wurde 1910 in Königsberg mit einer strafrechtlichen Arbeit promoviert, die noch 1910 in den Strafrechtlichen Abhandlungen veröffentlicht wird. Bald danach ließ er sich als Rechtsanwalt in Berlin nieder, das Adressbuch von 1913 verzeichnet ihn als zugelassen beim Amtsgericht und Landgericht. Die Adresse ist Lutherstr. 21, dort ist sowohl Kanzlei wie Wohnung von Dr. Galliner, der hier mit seiner Frau Hedwig und der 1916 geborenen Tochter Anneliese wohnt. Im Jahr 1920 wird der Sohn Hans-Peter geboren. <br />
<br />
Dr. Galliner war Mitglied der SPD und Vorsteher der Repräsentantenversammlung der Jüdischen Reformgemeinde. <br />
<br />
Als Anwalt war er in den verschiedensten Fällen tätig, unter anderem auch in politischen Prozessen. Vom Berufsverbot 1933 blieb er zunächst verschont, da seine Zulassung vor 1914 erfolgt war, das Notariat verlor er allerdings sofort. Mitte der 1930er Jahre zogen Kanzlei und Familie in die nahegelegene Speyerer Str.10 um. Vor der Reichspogromnacht erhielt Dr.Galliner eine Warnung, sich nicht zu Hause aufzuhalten. Er befolgte diese und blieb mit seiner Familie fern, Wohnung und Kanzlei in der Speyerer Str. wurden total verwüstet, eine Rückkehr dorthin war nicht mehr möglich. Die Dringlichkeit, die gerade erwachsenen Kinder in Sicherheit zu bringen, wurde immer deutlicher. Die Tochter konnte mit einem Besuchervisum in die USA einreisen, ihren jüngeren Bruder konnten die Eltern bei Bekannten in England unterbringen. Auch für seine Frau und sich selbst bemühte sich Dr. Moritz Galliner um eine Ausreisemöglichkeit. Er besorgte für seine Frau und sich Visa für die Einreise in Kuba. Diese waren nicht gültig und das Ehepaar saß in Berlin fest.<br />
<br />
Im September 1938 regelt die 5. Verordnung zum Reichsbürgergesetzt, dass die Zulassung aller jüdischen Rechtsanwälte ab dem 30. November gelöscht wird, nur in Ausnahmefällen wird die Zulassung als „Rechtskonsulent ausschließlich zur Vertretung von Juden“ gewährt. Dr. Galliner erhält eine solche Zulassung. Ab 1939 muss er den Zwangsvornamen Israel tragen, im Jahr 1941 wird er zur Zwangsarbeit verpflichtet, zunächst bei Siemens in Siemensstadt. In den Unterlagen der Vermögensverwertungsstelle beim Oberfinanzpräsidenten liegt eine Forderung über 17,82 RM Lohn von der Gebrüder Krüger&Co in Köpenick, die im Januar 1943 dem Reich gutgeschrieben werden. <br />
<br />
Im Dezember 1942 erhält Dr. Moritz Galliner die Unterlagen für die Vermögenserklärung zugestellt und die Aufforderung, sich in der Sammelstelle einzufinden. Für ihn und seine Frau wird dies zur Aufforderung, ihrem Leben selbstbestimmt ein Ende zu setzen. Am 27. Dezember 1942 verfassen die Eheleute gemeinsam ihr Testament. Moritz Galliner schreibt dazu auch einen Begleitbrief an die Testamentsvollstreckerin, regelt darin alles, rund um Gegenstände und Bargeld. Wichtig ist ihm dabei, dass eine ausreichende Summe zur Seite gelegt wird, um mehrere Gräber der Familie seiner Frau in Weißensee zu pflegen. Es wird aus diesem Schreiben auch ersichtlich, dass das Ehepaar verschiedene Einrichtungsgegenstände bei Verwandten und anderen Vertrauten untergestellt hatte. Ein persönlicher Satz ist an die beiden Kinder im Exil gerichtet: „Unsere Kinder sollen nicht traurig sein, sondern daran denken, dass uns das Schlimmste erspart bleibt; ihnen gilt unser letzter Gedanke. Sie waren unser Glück und unsere Freude.“ Am 28. Dezember 1942 begeht Dr. Galliner zusammen mit seiner Frau Hedwig Suizid. Er verstirbt noch am selben Tag, seine Frau erst einige Tage später. Der Nachlass wird in einem fast zweijährigen Verfahren dem Deutschen Reich zugesprochen, das gesamte Inventar der Wohnung geht bei einem Bombenangriff im März 1943 in Flammen auf. <br />
<br />
Auf Wunsch der Familie liegt der Stolperstein in der Martin Luther Straße 12, da hier das Zentrum des Familienlebens war bis die Ausgrenzung und Verfolgung im NS dieses immer mehr beschränkte und schließlich auslöschte.<br />

Der am 23. April 1884 in Zinten/Ostpreußen geborene Moritz Galliner war einer von sechs Söhnen des Kantors und Lehrers Jonas Galliner und seiner Frau Lina. Die Familie wohnte in Königsberg. Moritz Galliner studierte Jura und wurde 1910 in Königsberg mit einer strafrechtlichen Arbeit promoviert, die noch 1910 in den Strafrechtlichen Abhandlungen veröffentlicht wird. Bald danach ließ er sich als Rechtsanwalt in Berlin nieder, das Adressbuch von 1913 verzeichnet ihn als zugelassen beim Amtsgericht und Landgericht. Die Adresse ist Lutherstr. 21, dort ist sowohl Kanzlei wie Wohnung von Dr. Galliner, der hier mit seiner Frau Hedwig und der 1916 geborenen Tochter Anneliese wohnt. Im Jahr 1920 wird der Sohn Hans-Peter geboren.

Dr. Galliner war Mitglied der SPD und Vorsteher der Repräsentantenversammlung der Jüdischen Reformgemeinde.

Als Anwalt war er in den verschiedensten Fällen tätig, unter anderem auch in politischen Prozessen. Vom Berufsverbot 1933 blieb er zunächst verschont, da seine Zulassung vor 1914 erfolgt war, das Notariat verlor er allerdings sofort. Mitte der 1930er Jahre zogen Kanzlei und Familie in die nahegelegene Speyerer Str.10 um. Vor der Reichspogromnacht erhielt Dr.Galliner eine Warnung, sich nicht zu Hause aufzuhalten. Er befolgte diese und blieb mit seiner Familie fern, Wohnung und Kanzlei in der Speyerer Str. wurden total verwüstet, eine Rückkehr dorthin war nicht mehr möglich. Die Dringlichkeit, die gerade erwachsenen Kinder in Sicherheit zu bringen, wurde immer deutlicher. Die Tochter konnte mit einem Besuchervisum in die USA einreisen, ihren jüngeren Bruder konnten die Eltern bei Bekannten in England unterbringen. Auch für seine Frau und sich selbst bemühte sich Dr. Moritz Galliner um eine Ausreisemöglichkeit. Er besorgte für seine Frau und sich Visa für die Einreise in Kuba. Diese waren nicht gültig und das Ehepaar saß in Berlin fest.

Im September 1938 regelt die 5. Verordnung zum Reichsbürgergesetzt, dass die Zulassung aller jüdischen Rechtsanwälte ab dem 30. November gelöscht wird, nur in Ausnahmefällen wird die Zulassung als „Rechtskonsulent ausschließlich zur Vertretung von Juden“ gewährt. Dr. Galliner erhält eine solche Zulassung. Ab 1939 muss er den Zwangsvornamen Israel tragen, im Jahr 1941 wird er zur Zwangsarbeit verpflichtet, zunächst bei Siemens in Siemensstadt. In den Unterlagen der Vermögensverwertungsstelle beim Oberfinanzpräsidenten liegt eine Forderung über 17,82 RM Lohn von der Gebrüder Krüger&Co in Köpenick, die im Januar 1943 dem Reich gutgeschrieben werden.

Im Dezember 1942 erhält Dr. Moritz Galliner die Unterlagen für die Vermögenserklärung zugestellt und die Aufforderung, sich in der Sammelstelle einzufinden. Für ihn und seine Frau wird dies zur Aufforderung, ihrem Leben selbstbestimmt ein Ende zu setzen. Am 27. Dezember 1942 verfassen die Eheleute gemeinsam ihr Testament. Moritz Galliner schreibt dazu auch einen Begleitbrief an die Testamentsvollstreckerin, regelt darin alles, rund um Gegenstände und Bargeld. Wichtig ist ihm dabei, dass eine ausreichende Summe zur Seite gelegt wird, um mehrere Gräber der Familie seiner Frau in Weißensee zu pflegen. Es wird aus diesem Schreiben auch ersichtlich, dass das Ehepaar verschiedene Einrichtungsgegenstände bei Verwandten und anderen Vertrauten untergestellt hatte. Ein persönlicher Satz ist an die beiden Kinder im Exil gerichtet: „Unsere Kinder sollen nicht traurig sein, sondern daran denken, dass uns das Schlimmste erspart bleibt; ihnen gilt unser letzter Gedanke. Sie waren unser Glück und unsere Freude.“ Am 28. Dezember 1942 begeht Dr. Galliner zusammen mit seiner Frau Hedwig Suizid. Er verstirbt noch am selben Tag, seine Frau erst einige Tage später. Der Nachlass wird in einem fast zweijährigen Verfahren dem Deutschen Reich zugesprochen, das gesamte Inventar der Wohnung geht bei einem Bombenangriff im März 1943 in Flammen auf.

Auf Wunsch der Familie liegt der Stolperstein in der Martin Luther Straße 12, da hier das Zentrum des Familienlebens war bis die Ausgrenzung und Verfolgung im NS dieses immer mehr beschränkte und schließlich auslöschte.