Martha Baumgarten née Kiwi

Location 
Immanuelkirchstraße 24
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
July 2007
Born
19 December 1892 in Posen / Poznań
Deportation
on 01 March 1943 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Martha Kiwi wurde am 19. Dezember 1892 in Posen (dem heutigen Poznań) geboren. Sie war die Tochter des 1863 in Samter (Szamotuły) geborenen Moritz Kiwi und der ein Jahr älteren Philippine Kiwi, geb. Kiwi, die aus Dobrzyca stammte. Martha hatte eine Schwester namens Hertha. Zur Zeit der Geburt von Martha wohnten ihre Eltern in der damaligen Judenstraße 10 (der heutigen Żydowska-Straße) unweit des Zeughauses. Um die Jahrhundertwende zog die Familie in die nahe gelegene Büttelstraße 23. Marthas Vater, der als Kaufmann arbeitete, hatte in der Nähe, am Alten Markt 18/19, ein Geschäftslokal eröffnet, mit dem er den Lebensunterhalt der kleinen Familie bestritt. Über die Kindheit und Jugend von Martha Kiwi in Posen ist wenig bekannt. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach der jüdischen Gemeinde der Stadt an, zu der Ende des 19. Jahrhunderts etwa 6000 Personen zählten. Um 1900 gab es in Posen fast 30 jüdische Vereine, darunter einen „Israelitischen Frauenverein“ und einen „Verein zur Erziehung jüdischer Mädchen“.<br />
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Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurden die Stadt Posen und weite Teile der gleichnamigen Provinz im Zuge des Versailler Vertrages dem restaurierten polnischen Staat angegliedert. In den Jahren 1919 bis 1923 setzte daraufhin eine Auswanderungswelle der deutsch-jüdischen Bevölkerung ein, insbesondere in Richtung der städtischen Zentren Berlin und Breslau, der sich auch die Kiwis Ende der 1910er-Jahre anschlossen. Seit 1926 wohnte Moritz Kiwi mit seiner Frau in einer Wohnung im Erdgeschoß der Holtzendorffstraße 20 in Berlin-Charlottenburg und arbeitete hier als Schneider, der sich auf die Erstellung und Gestaltung von Schnittmustern spezialisiert hatte. Ob die Schwestern Martha und Hertha Kiwi mit ihren Eltern in die Hauptstadt kamen oder zu einem anderen Zeitpunkt und ob sie in der elterlichen Wohnung in Charlottenburg unterkamen oder zur Untermiete an anderen Adressen wohnten, bleibt unklar. Jedenfalls werden sie in den Berliner Adressbüchern dieser Zeit nicht als Hauptmieter geführt. Leider haben sich auch keine weiteren Quellen zum persönlichen Leben der Kiwis im Berlin der Weimarer Republik erhalten.<br />
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Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Geschwister Kiwi und ihre Eltern. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Im Jahre 1937 heiratete Martha Kiwi den zehn Jahre älteren, aus Leitersdorf stammenden Georg Baumgarten, der sich in der Hauptstadt auf die Fabrikation von Gas- und später auch Elektrobeleuchtungsmitteln spezialisiert hatte und ein Geschäft in der Greifswalder Straße und später in der Immanuelkirchstraße betrieb. Das Ehepaar bezog im selben Jahr eine 3-Zimmer-Wohnung im Vorderhaus der Immanuelkirchstraße 24, in der sie zur Untermiete die damals 68-jährige Minna Marie Wolff und später auch deren Schwiegertochter Herta Wolff aufnahmen. Bis ins Jahr 1938 hielt Georg Baumgarten am Betrieb seines Geschäfts für Elektro- und Gasartikel in Berlin fest, dann gab er es zwangsweise auf und arbeitete als Händler und Kaufmann. Ab Herbst 1941 mussten sowohl Martha als auch ihr Ehemann Zwangsarbeit bei Berliner Unternehmen leisten; Georg zuletzt als Hilfsmechaniker. Seit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ konnten sie sich nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.<br />
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Der Entrechtung und Ausgrenzung folgte die Deportation: Im Rahmen der sogenannten Fabrik-Aktion, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, hatte man Martha und Georg Baumgarten an ihrem Arbeitsplatz verhaftet und in ein Berliner Sammellager verschleppt. Von dort wurde die damals 50-jährige Martha Baumgarten am 1. März 1943 nach Auschwitz deportiert und im Vernichtungslager ermordet. Im gleichen Transport befand sich ihre Untermieterin Herta Wolff, deren Schwiegermutter bereits 1942 im Vernichtungslager Kulmhof (Chełmno) ermordet worden war. Georg Baumgarten wurde zwei Tage nach seiner Ehefrau ebenfalls nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Marthas Eltern, Moritz und Philippine Kiwi, waren im Oktober 1942 in das Ghetto Theresienstadt verschleppt worden. Der 78-jährige Moritz Kiwi überlebte die katastrophalen Zustände im Ghetto nur wenige Tage, Philippine Kiwi lebte noch fast zwei Jahre, bevor die 81-Jährige am 2. Juli 1944 den unmenschlichen Bedingungen im Lager zum Opfer fiel. Die Schwester von Martha Baumgarten, Hertha, verheiratete Meyer, überlebte die NS-Verfolgung.

Martha Kiwi wurde am 19. Dezember 1892 in Posen (dem heutigen Poznań) geboren. Sie war die Tochter des 1863 in Samter (Szamotuły) geborenen Moritz Kiwi und der ein Jahr älteren Philippine Kiwi, geb. Kiwi, die aus Dobrzyca stammte. Martha hatte eine Schwester namens Hertha. Zur Zeit der Geburt von Martha wohnten ihre Eltern in der damaligen Judenstraße 10 (der heutigen Żydowska-Straße) unweit des Zeughauses. Um die Jahrhundertwende zog die Familie in die nahe gelegene Büttelstraße 23. Marthas Vater, der als Kaufmann arbeitete, hatte in der Nähe, am Alten Markt 18/19, ein Geschäftslokal eröffnet, mit dem er den Lebensunterhalt der kleinen Familie bestritt. Über die Kindheit und Jugend von Martha Kiwi in Posen ist wenig bekannt. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach der jüdischen Gemeinde der Stadt an, zu der Ende des 19. Jahrhunderts etwa 6000 Personen zählten. Um 1900 gab es in Posen fast 30 jüdische Vereine, darunter einen „Israelitischen Frauenverein“ und einen „Verein zur Erziehung jüdischer Mädchen“.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurden die Stadt Posen und weite Teile der gleichnamigen Provinz im Zuge des Versailler Vertrages dem restaurierten polnischen Staat angegliedert. In den Jahren 1919 bis 1923 setzte daraufhin eine Auswanderungswelle der deutsch-jüdischen Bevölkerung ein, insbesondere in Richtung der städtischen Zentren Berlin und Breslau, der sich auch die Kiwis Ende der 1910er-Jahre anschlossen. Seit 1926 wohnte Moritz Kiwi mit seiner Frau in einer Wohnung im Erdgeschoß der Holtzendorffstraße 20 in Berlin-Charlottenburg und arbeitete hier als Schneider, der sich auf die Erstellung und Gestaltung von Schnittmustern spezialisiert hatte. Ob die Schwestern Martha und Hertha Kiwi mit ihren Eltern in die Hauptstadt kamen oder zu einem anderen Zeitpunkt und ob sie in der elterlichen Wohnung in Charlottenburg unterkamen oder zur Untermiete an anderen Adressen wohnten, bleibt unklar. Jedenfalls werden sie in den Berliner Adressbüchern dieser Zeit nicht als Hauptmieter geführt. Leider haben sich auch keine weiteren Quellen zum persönlichen Leben der Kiwis im Berlin der Weimarer Republik erhalten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Geschwister Kiwi und ihre Eltern. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Im Jahre 1937 heiratete Martha Kiwi den zehn Jahre älteren, aus Leitersdorf stammenden Georg Baumgarten, der sich in der Hauptstadt auf die Fabrikation von Gas- und später auch Elektrobeleuchtungsmitteln spezialisiert hatte und ein Geschäft in der Greifswalder Straße und später in der Immanuelkirchstraße betrieb. Das Ehepaar bezog im selben Jahr eine 3-Zimmer-Wohnung im Vorderhaus der Immanuelkirchstraße 24, in der sie zur Untermiete die damals 68-jährige Minna Marie Wolff und später auch deren Schwiegertochter Herta Wolff aufnahmen. Bis ins Jahr 1938 hielt Georg Baumgarten am Betrieb seines Geschäfts für Elektro- und Gasartikel in Berlin fest, dann gab er es zwangsweise auf und arbeitete als Händler und Kaufmann. Ab Herbst 1941 mussten sowohl Martha als auch ihr Ehemann Zwangsarbeit bei Berliner Unternehmen leisten; Georg zuletzt als Hilfsmechaniker. Seit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ konnten sie sich nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Der Entrechtung und Ausgrenzung folgte die Deportation: Im Rahmen der sogenannten Fabrik-Aktion, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, hatte man Martha und Georg Baumgarten an ihrem Arbeitsplatz verhaftet und in ein Berliner Sammellager verschleppt. Von dort wurde die damals 50-jährige Martha Baumgarten am 1. März 1943 nach Auschwitz deportiert und im Vernichtungslager ermordet. Im gleichen Transport befand sich ihre Untermieterin Herta Wolff, deren Schwiegermutter bereits 1942 im Vernichtungslager Kulmhof (Chełmno) ermordet worden war. Georg Baumgarten wurde zwei Tage nach seiner Ehefrau ebenfalls nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Marthas Eltern, Moritz und Philippine Kiwi, waren im Oktober 1942 in das Ghetto Theresienstadt verschleppt worden. Der 78-jährige Moritz Kiwi überlebte die katastrophalen Zustände im Ghetto nur wenige Tage, Philippine Kiwi lebte noch fast zwei Jahre, bevor die 81-Jährige am 2. Juli 1944 den unmenschlichen Bedingungen im Lager zum Opfer fiel. Die Schwester von Martha Baumgarten, Hertha, verheiratete Meyer, überlebte die NS-Verfolgung.