Hans Salomon Landshut

Location 
Bötzowstraße 53
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
16 May 2006
Born
14 February 1897 in Neumark in Westpreußen / Nowe Miasto Lubawskie
Occupation
Arzt (Allgemeinpraktiker)
Verhaftet
May 1942 in Polizeipräsidium Berlin am Alexanderplatz
Verhaftet
May 1944 in KZ Sachsenhausen - Außenstelle Lieberose
Murdered
03 October 1944 in Sachsenhausen

<i>„Liebe Mutter, zum neuen Jahre wünsche ich Dir das Beste und hoffe, daß es uns den lang ersehnten Frieden bringt. Wir sind G.s.d. noch gesund und wohl. Das Kind gedeiht weiter prächtig und ist brav. Leider gibt es hier keine Schule, um sie ausreichend zu beschäftigen, dafür geht sie eben täglich Schlittschuhlaufen.</i>[…]<i> Nochmals alles Gute und herzliche Grüße von deinem Dir guten Sohn Hans.“</i><br />
[Postkarte von Dr. Hans Landshut, Berlin, an seine Mutter Alma Landshut im Ghetto Theresienstadt vom 1. Januar 1944]<br />
<br />
Der Arzt Hans Salomon Landshut wurde am 14. Februar 1897 in Neumark im damaligen Westpreußen (dem heutigen Nowe Miasto Lubawskie in Polen), das etwa 55 Kilometer südöstlich von Marienwerder (Kwidzyn) liegt, geboren. Er stammte aus einer in der Stadt Neumark alteingesessenen jüdischen Familie, die die Ortschaft mitprägte. Sein Großvater, der Tischlermeister Salomon Hirsch (später Landshut), der sich in Neumark niedergelassen hatte, betrieb am Ort eine Tischlerei und Holzsägemühle. Während des kalifornischen Goldrauschs Mitte des 19. Jahrhunderts hatte er in den Vereinigten Staaten sein Glück gemacht und investierte nach seiner Rückkehr einen Großteil seines Vermögens in die strukturelle Entwicklung seines Heimatortes. Der Vater von Hans Salomon, Joseph Landshut (genannt Jullack), der jüngste Sohn von insgesamt neun Kindern Salomons, wurde wie sein Vater Tischler und betrieb eine eigene Sägemühle in Löbau (Lubawa), einem Nachbarort Neumarks. 1894 heiratete er die Mutter von Hans, die ebenfalls aus Neumark stammende Alma Rosenthal. Im Jahr darauf kam Hans’ ältere Schwester Rosa zur Welt und im Jahr 1899 sein jüngerer Bruder Wilhelm Bubi Landshut. Über die Kindheit und Jugend von Hans Salomon und seiner Geschwister in Neumark haben sich keine Informationen erhalten. Die Familie Landshut gehörte aber zur gutbürgerlichen Mittelschicht der Stadt und zu ihrer kleinen jüdischen Gemeinde, zu der zum Zeitpunkt der Geburt von Hans Salomon etwas mehr als 300 Personen der etwa 3000 Bewohner Neumarks zählten.<br />
<br />
Nachdem er die Oberschule mit Abitur abgeschlossen hatte, meldete sich Hans Salomon 1914/1915 zum Militäreinsatz und war als Kanonier bis zum Kriegsende auf verschiedenen europäischen Kriegsschauplätzen eingesetzt. Seine Schwester Rosa hatte sich freiwillig als Pflegerin gemeldet und war beim Roten Kreuz unter anderem in Deutsch Eylau (Iława) tätig. Hans, der 1917 an der Westfront im französischen Berteaucourt-lès-Thennes stationiert war, wurde wenige Wochen vor Kriegsende im Juli 1918 bei Gefechten verwundet, erholte sich aber rasch von der relativ leichten Verletzung. Nach Kriegsende studierte und promovierte er an der medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg. Im Jahr 1923 wurde er als praktischer Arzt zugelassen. Nach dem Ersten Weltkrieg war die Stadt Neumark 1920 aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrages polnisch geworden. Die Familie zog nach Berlin, wo Rosa seit Januar 1918 als Krankenschwester einer chirurgischen Station beschäftigt gewesen war und 1919 den aus Danzig (Gdańsk) stammenden Eisenarbeiter Hans Georg Löwald (auch Loewald) geheiratet hatte. 1920 war in Berlin Hans’ Neffe Klaus Günther geboren worden und 1923 seine Nichte Anneliese. Joseph Landshut fand sein Auskommen in der Hauptstadt als Holzgroßhändler und zog mit seiner Frau zunächst in eine Wohnung in Mahlsdorf und später in die Joachim-Friedrich-Straße in Halensee. Hans Salomons jüngerer Bruder Wilhelm, der eine kaufmännische Ausbildung absolviert hatte, übernahm die elterliche Wohnung in der Mahlsdorfer Händelstraße, wohin auch Hans Salomon 1926/1927 zog und dort als Allgemeinmediziner und Geburtshelfer praktizierte. Im darauffolgenden Jahr eröffnete er eine Praxis an seinen neuen Wohnsitz in der Pasteurstraße 11 im Bötzowviertel im Prenzlauer Berg. Hier lernte er die drei Jahre jüngere, gebürtige Berlinerin Bertha Alice Dehle kennen, heiratete sie im August 1932 und zog mit ihr in eine gemeinsame Wohnung in der Bötzowstraße 53. Dorthin verlegte er 1937 seine Praxis, nachdem er zwischen 1932 und 1937 seine Patienten in der Pasteurstraße 20 behandelt hatte. Bertha Landshut berichtete später: „Praktiziert wurde in drei Räumen (Wartezimmer, Sprechzimmer und teilweise Wohnzimmer, in dem Privatpatienten abgefertigt wurden). Mein Mann hatte eine Sprechstundenschwester namens Elisabeth Burow. Ferner war im Haushalt ein Hausmädchen angestellt.“ Am 25. August 1933 bekam das Ehepaar ein Kind – ihre Tochter Lilly wurde in Berlin geboren.<br />
<br />
Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Hans Salomon Landshut und seine Familienangehörigen. Abgesehen von Boykottmaßnahmen, behördlichen Schikanen und Verhaftungsaktionen wurde die Schlinge für jüdische Ärzte durch eine Flut von Verordnungen und Gesetze immer enger gezogen: So entzog die Verordnung vom 20. November 1933 allen „nichtarischen“ Ärzten die Kassenzulassung; mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 waren sie vom öffentlichen Gesundheitswesen ausgeschlossen, ab 1936 durften sie nicht mehr mit „deutschstämmigen“ Ärzten zusammenarbeiten, keine ärztlichen Fortbildungskurse mehr besuchen und wurden vom ärztlichen Bereitschaftsdienst ausgeschlossen. Im Winter 1936/1937 wurde Hans Salomon in ein Strafverfahren wegen Abtreibung verwickelt und befand sich bis zu seinem Freispruch vom 17. Januar 1937 bis zum September 1937 im Untersuchungsgefängnis Moabit. Am 30. September 1938 wurde ihm – wie allen jüdischen Ärzten – die Approbation per Gesetz entzogen. Dr. Landshut durfte fortan nur noch als „Krankenbehandler“ ausschließlich jüdische Patienten versorgen.<br />
<br />
Trotz der existentiellen Bedrohung gegen sich und seine Familie engagierte sich Hans Salomon mit seiner Ehefrau in den 1930er- und 1940er-Jahren im antifaschistischen Widerstand. Er arbeitete illegal mit dem ehemaligen Organisationsleiter der KPD in Moabit und Bezirksverordneten Bruno Stein und dessen Ehefrau Maria Stein zusammen, die in der Pasteurstraße ein Installationsgeschäft für Radioersatzteile betrieben und insgeheim Nachrichten ins Ausland übermittelten. Mit den Steins organisierte er Hilfe für Menschen in Not, bot flüchtigen Juden Unterkunft und versorgte sie mit Lebensmitteln und Geld. Im Jahre 1943 half Dr. Landshut, den per Fallschirm an der polnischen Grenze abgesprungenen, sowjetischen Kundschafter Josef Weingart auf einem Bauernhof bei Gräbendorf nahe Königs Wusterhausen zu verbergen, und stellte ihm ein Radio zum Bau eines Funksenders zur Verfügung. Inzwischen war das Leben in Berlin für die Familie Landshut zum Überlebenskampf geworden. Hans’ Bruder Wilhelm hatte Ende der 1930er-Jahre die Konsequenzen gezogen und das Land verlassen. Von London setzte er im Oktober 1938 nach Südamerika über. Hans’ Schwester Rosa, ihr Ehemann und ihre beiden Kinder folgten 1940/1941. Sie erreichten über Schweden und das japanische Kobe im März 1941 den Hafen von Seattle, von wo aus sie nach Chicago zogen. Auch Hans Salomon hatte bis zuletzt versucht, sich und seiner Familie die Flucht aus dem nationalsozialistischen Deutschland zu ermöglichen. In einem Brief vom 13. Oktober 1941 schreibt er an seine Schwester in Chicago: „Ich liege leider auf meinen alten Papieren fest und habe mein Affidavit nicht anerkannt bekommen, sonst wäre ich auch schon dort. Grüße alle insbesondere Anneliese, Klaus und Hans [Georg Löwald]. Herzlichst Euer Hans.“ Nur wenige Tage später zerschlugen sich seine Pläne endgültig mit dem Erlass Heinrich Himmlers vom 18. Oktober 1941, die Ausreise von Juden mit sofortiger Wirkung zu verhindern.<br />
<br />
Hans Salomons Vater Joseph starb am 15. Dezember 1941. Knapp ein Jahr später wurde Hans’ Mutter Alma am 21. Oktober 1942 im Auftrag des Polizeireviers 157 zur Gestapo bestellt und in die Sammelstelle in der Großen Hamburger Straße verschleppt. Von dort wurde die damals 67-Jährige am 5. November 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Hans Salomon war durch die Ehe mit seiner nichtjüdischen Ehefrau (nach NS-Terminologie eine sogenannte privilegierte Mischehe) vorerst von den Deportationen aus Berlin zurückgestellt, wurde aber – ebenso wie Bruno und Maria Stein – im Mai 1943 von der Gestapo verhaftet. Seine Ehefrau Bertha berichtete später: „Am 7. Mai 1943 erschienen gegen Mittag in unserer Wohnung in Berlin N.O. 55, Bötzowstraße 53, zwei Gestapo Leute. Auf der anderen Straßenseite hielt ein Privatwagen, in dem sich noch ein dritter Mann befand. Sie holten meinen Mann ab, ohne zu sagen, warum und wohin. Ich erfuhr später, daß er in die Prinz-Albrechtstraße [Gestapo-Gefängnis] gebracht worden war. In der Prinz-Albrechtstraße blieb mein Mann ungefähr drei bis vier Wochen und kam dann anschliessend in das Polizei-Präsidium am Alexander-Platz. Hier blieb er bis zum 15.5.1944. Er befand sich ungefähr ein Vierteljahr in Einzelhaft und kam später in eine Zelle mit ca. 20. Mann. Am 18.5.1944 wurde er in das KZ Oranienburg überführt, wo er offenbar am 3. Oktober 1944 erschossen wurde.“ Dr. Landshut war am 18. Mai 1944 ohne Gerichtsverfahren in das Außenlager Lieberose des Konzentrationslagers Sachsenhausen verschleppt worden, wo er noch als Häftlingsarzt tätig war. Am 3. Oktober 1944 – er hatte laut Berichten überlebender Mithäftlinge immer noch Hoffnungen, entlassen zu werden und zu seiner Familie zurückzukehren, wurde er ins Hauptlager überführt und dort im Alter von 47 Jahren ermordet.<br />
<br />
Von seinen Familienangehörigen überlebten seine Frau und sein Kind in Berlin. Sein Bruder Wilhelm Bubi (der sich später William nannte) überlebte die NS-Verfolgung im Exil in Montevideo, seine Schwester Rosa mit ihrer Familie in Chicago. Hans’ Mutter Alma wurde nach knapp zweieinhalb Jahren, die sie die unmenschlichen Bedingungen im Ghetto Theresienstadt überlebte, von der Roten Armee am 8./9. Mai 1945 befreit. Sie verließ Berlin und lebte später bei ihren Kindern in Chicago.

„Liebe Mutter, zum neuen Jahre wünsche ich Dir das Beste und hoffe, daß es uns den lang ersehnten Frieden bringt. Wir sind G.s.d. noch gesund und wohl. Das Kind gedeiht weiter prächtig und ist brav. Leider gibt es hier keine Schule, um sie ausreichend zu beschäftigen, dafür geht sie eben täglich Schlittschuhlaufen.[…] Nochmals alles Gute und herzliche Grüße von deinem Dir guten Sohn Hans.“
[Postkarte von Dr. Hans Landshut, Berlin, an seine Mutter Alma Landshut im Ghetto Theresienstadt vom 1. Januar 1944]

Der Arzt Hans Salomon Landshut wurde am 14. Februar 1897 in Neumark im damaligen Westpreußen (dem heutigen Nowe Miasto Lubawskie in Polen), das etwa 55 Kilometer südöstlich von Marienwerder (Kwidzyn) liegt, geboren. Er stammte aus einer in der Stadt Neumark alteingesessenen jüdischen Familie, die die Ortschaft mitprägte. Sein Großvater, der Tischlermeister Salomon Hirsch (später Landshut), der sich in Neumark niedergelassen hatte, betrieb am Ort eine Tischlerei und Holzsägemühle. Während des kalifornischen Goldrauschs Mitte des 19. Jahrhunderts hatte er in den Vereinigten Staaten sein Glück gemacht und investierte nach seiner Rückkehr einen Großteil seines Vermögens in die strukturelle Entwicklung seines Heimatortes. Der Vater von Hans Salomon, Joseph Landshut (genannt Jullack), der jüngste Sohn von insgesamt neun Kindern Salomons, wurde wie sein Vater Tischler und betrieb eine eigene Sägemühle in Löbau (Lubawa), einem Nachbarort Neumarks. 1894 heiratete er die Mutter von Hans, die ebenfalls aus Neumark stammende Alma Rosenthal. Im Jahr darauf kam Hans’ ältere Schwester Rosa zur Welt und im Jahr 1899 sein jüngerer Bruder Wilhelm Bubi Landshut. Über die Kindheit und Jugend von Hans Salomon und seiner Geschwister in Neumark haben sich keine Informationen erhalten. Die Familie Landshut gehörte aber zur gutbürgerlichen Mittelschicht der Stadt und zu ihrer kleinen jüdischen Gemeinde, zu der zum Zeitpunkt der Geburt von Hans Salomon etwas mehr als 300 Personen der etwa 3000 Bewohner Neumarks zählten.

Nachdem er die Oberschule mit Abitur abgeschlossen hatte, meldete sich Hans Salomon 1914/1915 zum Militäreinsatz und war als Kanonier bis zum Kriegsende auf verschiedenen europäischen Kriegsschauplätzen eingesetzt. Seine Schwester Rosa hatte sich freiwillig als Pflegerin gemeldet und war beim Roten Kreuz unter anderem in Deutsch Eylau (Iława) tätig. Hans, der 1917 an der Westfront im französischen Berteaucourt-lès-Thennes stationiert war, wurde wenige Wochen vor Kriegsende im Juli 1918 bei Gefechten verwundet, erholte sich aber rasch von der relativ leichten Verletzung. Nach Kriegsende studierte und promovierte er an der medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg. Im Jahr 1923 wurde er als praktischer Arzt zugelassen. Nach dem Ersten Weltkrieg war die Stadt Neumark 1920 aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrages polnisch geworden. Die Familie zog nach Berlin, wo Rosa seit Januar 1918 als Krankenschwester einer chirurgischen Station beschäftigt gewesen war und 1919 den aus Danzig (Gdańsk) stammenden Eisenarbeiter Hans Georg Löwald (auch Loewald) geheiratet hatte. 1920 war in Berlin Hans’ Neffe Klaus Günther geboren worden und 1923 seine Nichte Anneliese. Joseph Landshut fand sein Auskommen in der Hauptstadt als Holzgroßhändler und zog mit seiner Frau zunächst in eine Wohnung in Mahlsdorf und später in die Joachim-Friedrich-Straße in Halensee. Hans Salomons jüngerer Bruder Wilhelm, der eine kaufmännische Ausbildung absolviert hatte, übernahm die elterliche Wohnung in der Mahlsdorfer Händelstraße, wohin auch Hans Salomon 1926/1927 zog und dort als Allgemeinmediziner und Geburtshelfer praktizierte. Im darauffolgenden Jahr eröffnete er eine Praxis an seinen neuen Wohnsitz in der Pasteurstraße 11 im Bötzowviertel im Prenzlauer Berg. Hier lernte er die drei Jahre jüngere, gebürtige Berlinerin Bertha Alice Dehle kennen, heiratete sie im August 1932 und zog mit ihr in eine gemeinsame Wohnung in der Bötzowstraße 53. Dorthin verlegte er 1937 seine Praxis, nachdem er zwischen 1932 und 1937 seine Patienten in der Pasteurstraße 20 behandelt hatte. Bertha Landshut berichtete später: „Praktiziert wurde in drei Räumen (Wartezimmer, Sprechzimmer und teilweise Wohnzimmer, in dem Privatpatienten abgefertigt wurden). Mein Mann hatte eine Sprechstundenschwester namens Elisabeth Burow. Ferner war im Haushalt ein Hausmädchen angestellt.“ Am 25. August 1933 bekam das Ehepaar ein Kind – ihre Tochter Lilly wurde in Berlin geboren.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Hans Salomon Landshut und seine Familienangehörigen. Abgesehen von Boykottmaßnahmen, behördlichen Schikanen und Verhaftungsaktionen wurde die Schlinge für jüdische Ärzte durch eine Flut von Verordnungen und Gesetze immer enger gezogen: So entzog die Verordnung vom 20. November 1933 allen „nichtarischen“ Ärzten die Kassenzulassung; mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 waren sie vom öffentlichen Gesundheitswesen ausgeschlossen, ab 1936 durften sie nicht mehr mit „deutschstämmigen“ Ärzten zusammenarbeiten, keine ärztlichen Fortbildungskurse mehr besuchen und wurden vom ärztlichen Bereitschaftsdienst ausgeschlossen. Im Winter 1936/1937 wurde Hans Salomon in ein Strafverfahren wegen Abtreibung verwickelt und befand sich bis zu seinem Freispruch vom 17. Januar 1937 bis zum September 1937 im Untersuchungsgefängnis Moabit. Am 30. September 1938 wurde ihm – wie allen jüdischen Ärzten – die Approbation per Gesetz entzogen. Dr. Landshut durfte fortan nur noch als „Krankenbehandler“ ausschließlich jüdische Patienten versorgen.

Trotz der existentiellen Bedrohung gegen sich und seine Familie engagierte sich Hans Salomon mit seiner Ehefrau in den 1930er- und 1940er-Jahren im antifaschistischen Widerstand. Er arbeitete illegal mit dem ehemaligen Organisationsleiter der KPD in Moabit und Bezirksverordneten Bruno Stein und dessen Ehefrau Maria Stein zusammen, die in der Pasteurstraße ein Installationsgeschäft für Radioersatzteile betrieben und insgeheim Nachrichten ins Ausland übermittelten. Mit den Steins organisierte er Hilfe für Menschen in Not, bot flüchtigen Juden Unterkunft und versorgte sie mit Lebensmitteln und Geld. Im Jahre 1943 half Dr. Landshut, den per Fallschirm an der polnischen Grenze abgesprungenen, sowjetischen Kundschafter Josef Weingart auf einem Bauernhof bei Gräbendorf nahe Königs Wusterhausen zu verbergen, und stellte ihm ein Radio zum Bau eines Funksenders zur Verfügung. Inzwischen war das Leben in Berlin für die Familie Landshut zum Überlebenskampf geworden. Hans’ Bruder Wilhelm hatte Ende der 1930er-Jahre die Konsequenzen gezogen und das Land verlassen. Von London setzte er im Oktober 1938 nach Südamerika über. Hans’ Schwester Rosa, ihr Ehemann und ihre beiden Kinder folgten 1940/1941. Sie erreichten über Schweden und das japanische Kobe im März 1941 den Hafen von Seattle, von wo aus sie nach Chicago zogen. Auch Hans Salomon hatte bis zuletzt versucht, sich und seiner Familie die Flucht aus dem nationalsozialistischen Deutschland zu ermöglichen. In einem Brief vom 13. Oktober 1941 schreibt er an seine Schwester in Chicago: „Ich liege leider auf meinen alten Papieren fest und habe mein Affidavit nicht anerkannt bekommen, sonst wäre ich auch schon dort. Grüße alle insbesondere Anneliese, Klaus und Hans [Georg Löwald]. Herzlichst Euer Hans.“ Nur wenige Tage später zerschlugen sich seine Pläne endgültig mit dem Erlass Heinrich Himmlers vom 18. Oktober 1941, die Ausreise von Juden mit sofortiger Wirkung zu verhindern.

Hans Salomons Vater Joseph starb am 15. Dezember 1941. Knapp ein Jahr später wurde Hans’ Mutter Alma am 21. Oktober 1942 im Auftrag des Polizeireviers 157 zur Gestapo bestellt und in die Sammelstelle in der Großen Hamburger Straße verschleppt. Von dort wurde die damals 67-Jährige am 5. November 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Hans Salomon war durch die Ehe mit seiner nichtjüdischen Ehefrau (nach NS-Terminologie eine sogenannte privilegierte Mischehe) vorerst von den Deportationen aus Berlin zurückgestellt, wurde aber – ebenso wie Bruno und Maria Stein – im Mai 1943 von der Gestapo verhaftet. Seine Ehefrau Bertha berichtete später: „Am 7. Mai 1943 erschienen gegen Mittag in unserer Wohnung in Berlin N.O. 55, Bötzowstraße 53, zwei Gestapo Leute. Auf der anderen Straßenseite hielt ein Privatwagen, in dem sich noch ein dritter Mann befand. Sie holten meinen Mann ab, ohne zu sagen, warum und wohin. Ich erfuhr später, daß er in die Prinz-Albrechtstraße [Gestapo-Gefängnis] gebracht worden war. In der Prinz-Albrechtstraße blieb mein Mann ungefähr drei bis vier Wochen und kam dann anschliessend in das Polizei-Präsidium am Alexander-Platz. Hier blieb er bis zum 15.5.1944. Er befand sich ungefähr ein Vierteljahr in Einzelhaft und kam später in eine Zelle mit ca. 20. Mann. Am 18.5.1944 wurde er in das KZ Oranienburg überführt, wo er offenbar am 3. Oktober 1944 erschossen wurde.“ Dr. Landshut war am 18. Mai 1944 ohne Gerichtsverfahren in das Außenlager Lieberose des Konzentrationslagers Sachsenhausen verschleppt worden, wo er noch als Häftlingsarzt tätig war. Am 3. Oktober 1944 – er hatte laut Berichten überlebender Mithäftlinge immer noch Hoffnungen, entlassen zu werden und zu seiner Familie zurückzukehren, wurde er ins Hauptlager überführt und dort im Alter von 47 Jahren ermordet.

Von seinen Familienangehörigen überlebten seine Frau und sein Kind in Berlin. Sein Bruder Wilhelm Bubi (der sich später William nannte) überlebte die NS-Verfolgung im Exil in Montevideo, seine Schwester Rosa mit ihrer Familie in Chicago. Hans’ Mutter Alma wurde nach knapp zweieinhalb Jahren, die sie die unmenschlichen Bedingungen im Ghetto Theresienstadt überlebte, von der Roten Armee am 8./9. Mai 1945 befreit. Sie verließ Berlin und lebte später bei ihren Kindern in Chicago.