Leo Mendelsohn

Location 
Heinrich-Roller-Straße 17
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
19 August 2006
Born
19 May 1906 in Dortmund
Deportation
on 04 March 1943 to Auschwitz
Murdered
24 June 1943 in Auschwitz

Leo Mendelsohn wurde am 19. Mai 1906 in Dortmund geboren. Er war der Sohn des 1876 in Riesenburg (dem heute polnischen Prabuty) geborenen Hermann Mendelsohn und dessen erster Ehefrau Valeska Mendelsohn, geborene Selbiger, die aus dem damals westpreußischen Berent (Kościerzyna) stammte. Leo Mendelsohn hatte zwei ältere Geschwister. 1902 war in Dortmund sein Bruder Erich zur Welt gekommen, ein Jahr später seine Schwester Betty in der bürgerlich geprägten Vorstadt Asseln, die 1928 in die Stadt Dortmund eingemeindet wurde. Nach der Geburt von Leo zog die kleine Familie zuerst nach Wartenburg im damaligen Ostpreußen (Barczewo), wo Leos jüngerer Bruder Siegfried 1909 zu Welt kam, und dann nach Berlin. Hier wurde im April 1910 Leos jüngste Schwester Ruth geboren. Über die Kindheit und Jugend von Leo Mendelsohn und seiner Geschwister im Berlin der Kaiserzeit haben sich kaum Informationen erhalten. Hermann und Valeska Mendelsohn gehörten aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde der Stadt. Leos Vater arbeitete als Destillateur in der Hauptstadt und bestritt damit das Einkommen der Familie. Im Winter 1915 verstarb Leos Mutter in Berlin und da sein Vater mit Kriegsbeginn rekrutiert worden war und, wie es auf amtlichen Dokumenten heißt, „im Felde stand“, kamen Leo und seine Geschwister in Fürsorgeeinrichtungen unter. Von Ende 1915 bis zum November 1918 besuchte Leo Mendelsohn die dreiklassige Schule der Jüdischen Gemeinde zu Berlin für Waisen- und Halbwaisenknaben. Das Internat in der Berliner Straße 121 in Pankow bot Platz für 25 Lehrlinge sowie 80 Schüler im Alter zwischen sechs bis 14 Jahren, die nach ihrem Abschluss bis zum 18. Lebensjahr weiterführende Schulen oder eine Berufsausbildung absolvierten. Leo begann 1919 eine Ausbildung zum Schneider. Er war Schüler der „6. Städtischen Berufsschule für Jünglinge zu Berlin“ in der Georgenkirchstraße und ging bei dem Schneidermeister Hermann Friede in Treptow in die Lehre. Im März 1924 legte er seine Gesellenprüfung ab und qualifizierte sich 1928 auf der Maurerschen Privatschule in der Friedrichstraße zum Zuschneider fort. Außerdem hatte Leo Mendelsohn Mitte der 1920er-Jahre ein Tabakwarengeschäft eröffnet, dass er bis 1929 betrieb. Anfang der 1930er-Jahre arbeitete er zeitweise in Altersheimen der Jüdischen Gemeinde. Von 1931 bis 1934 war er in den Altersheimen Lietzmannstraße nahe dem Alexanderplatz (heute überbaut) und Lützowstraße 48/49 für technisch-sanitäre Arbeiten angestellt, unterstützte die Heimleitung im Wareneinkauf und half bei der Betreuung der Heimgäste.

Leo Mendelsohn war zweimal verheiratet. Beide Ehen blieben kinderlos. Um die Mitte der 1920er-Jahre lernte er seine erste Frau Erna Ebel kennen, die Anfang der 1930er-Jahre verstarb. In dieser Zeit wohnte Leo Mendelsohn in Lankwitz in der Kaiser-Wilhelm-Straße 72. In den 1930er-Jahren heiratete er in zweiter Ehe die sechs Jahre jüngere, aus dem ostpreußischen Wartenburg (Barczewo) stammende Edith Kaulbars. Das Ehepaar bezog 1935/36 eine Wohnung in der Heinrich-Roller-Straße 17 im Kollwitzkiez des Prenzlauer Bergs. Seit 1936 betrieb Leo hier auch eine Maßschneiderei für Herren. In den 1930er-Jahren ereigneten sich in der Familie weitere Todesfälle: Im Januar 1934 verstarb Ediths 25-jähriger Bruder Siegfried Kaulbars, im März 1936 Leos Schwester Ruth Mendelsohn, verheiratete Schläper, deren Tochter Daisy 1932 in Berlin zur Welt gekommen war, und im Juli 1938 im ostpreußischen Lyck (heute Ełk) Ediths Mutter Johanna Kaulbars, geb. Kiewe. 1931 hatte außerdem Leos Vater Hermann einen Unfall. Er konnte seinen Beruf als Destillateur nicht mehr ausüben und musste durch seinen Sohn und seine zweite Ehefrau Helene Mendelsohn, geborene Biedermann, mit der er seit 1919 verheiratet war, finanziell unterstützt werden.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Leo Mendelsohn und seine Familienangehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Ab 1936 war Leo Mendelsohn auch als Geschäftsinhaber von den antisemitischen Kampagnen und Ausschreitungen betroffen, die ihren sichtbarsten Ausdruck in Boykotten sowie den Pogromen im Mai und November 1938 in Berlin erfuhren. Sein Schwager Arthur Kaulbars verließ 1939 das Land. Er emigrierte nach England, nachdem er aufgrund des rassistischen „Gesetzes gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen“ von 1933 in Deutschland aus seinem Jurastudium gedrängt worden war und sich mit kaufmännischen Tätigkeiten durchgeschlagen hatte. Auch Leos älterer Bruder Erich war mit seiner Familie, dem 1937 in Berlin geborenen Sohn Ernst und seiner Ehefrau Hertha, Ende der 1930er-Jahre aus Deutschland geflohen und ins Exil nach Südamerika gegangen.

Leo und Edith Mendelsohn hatten vermutlich bereits früh die Möglichkeit erwogen, Deutschland zu verlassen, aber erst nach den Pogromen von 1938 gewannen die Pläne an Kontur und wurden konkrete Schritte ergriffen. Edith Kaulbars sandte ihrem Bruder einen Brief mit Arbeitszeugnissen nach England nach, in dem sie darum bat, er möge sich für sie und ihren Ehemann einsetzen. In Berlin erwirkte das Ehepaar eine steuerliche „Unbedenklichkeitsbescheinigung zum Zwecke der Auswanderung“ im Februar 1939 von der Stadtverwaltung und vom Finanzamt Greifswalder Straße, dessen Gültigkeit sie bis Dezember 1939 verlängern ließen. Die Fluchtpläne von Leo und Edith Mendelsohn scheiterten. Mit dem Kriegsausbruch im September 1939 war ihnen der Weg nach England verbaut und mit den Ausreiseverboten im Oktober 1941 wurde ihnen auch die die letzte Chance auf ein Entkommen genommen.

Bereits Ende 1938 hatte Leo Mendelsohn seine Schneiderei unter Zwang aufgeben müssen. Im Oktober 1941 wurden er und seine Ehefrau zu Zwangsarbeit herangezogen. Edith musste im Werk der Metall- und Elektrofirma „Ehrich & Graetz“ in der Elsenstraße in Treptow arbeiten, Leo im Rüstungsbetrieb „Scherb & Schwer“ an den Standorten der Preßwerke Lehderstraße in Weißensee und am Kottbusser Ufer 8 (heute Paul-Lincke-Ufer). Mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ konnten sie sich nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Der Entrechtung folgte die Deportation: Im Rahmen der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, holten Polizisten und Gestapo-Angehörige das Ehepaar am 2. März 1943 um 7 Uhr morgens aus ihrer Wohnung und verbrachten sie in eines der eigens zum Zwecke der Deportation eingerichteten Berliner Sammellager. Zwei Tage später wurden beide mit dem „34. Osttransport“ über den Güterbahnhof Moabit in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Von den insgesamt 1142 mit diesem Transport nach Auschwitz deportierten Menschen, wurden 389 Männer und 96 Frauen als „arbeitsfähig“ selektiert – darunter befand sich auch der damals 36-jährige Leo Mendelsohn.

Er musste im Block 8 des „Arbeitslagers Monowitz“ unter unmenschlichen Bedingungen Schwerstarbeiten im Straßenbau, bei Erdarbeiten und Lastentransporten verrichten. Bei den Hungerrationen in Monowitz verloren die Häftlinge etwa zwei Kilogramm Körpergewicht pro Woche und waren nach drei bis vier Monaten ausgezehrt. So auch Leo Mendelsohn, der am 24. Juni 1943 in Auschwitz-Birkenau ermordet wurde. Im April 1943 hatte er noch mehrere kurze Briefe an seine Angehörige geschrieben, von denen sich ein Brief an seine Schwiegermutter vom 5. April erhalten hat. Er schreibt: „Liebe Mutter, ich bin gesund und [es] geht mir gut. Ich hoffe von Dir ein gleiches. Nachricht von Dir würde mich erfreuen. Bleib gesund und alles Gute dir wünschend grüsse und küsse ich Dich, Dein Sohn Leo.“ Die Briefe haben die lagerinterne Zensur durchlaufen und geben keinen Hinweis auf die Situation des Schreibers. Es war das letzte Lebenszeichen Leos, das seine Angehörigen erhielten. Ob Leos Ehefrau in das Stammlager selektiert wurde oder direkt nach ihrer Ankunft ermordet wurde, ist nicht bekannt. Jedenfalls gehört sie nicht zu den wenigen Überlebenden von Auschwitz.

Von den Familienangehörigen von Leo Mendelsohn überlebten sein Vater Hermann und dessen Ehefrau Helene in Berlin. Seine Schwester Betty hatte mit ihrem Ehemann ins britische Mandatsgebiet Palästina emigrieren können und lebte später in Jerusalem. Leos Bruder Erich starb 1946 im Exil in La Paz. Sein Schwager Arthur Kaulbars, der seinen Familiennamen in Kelvin umbenannte, überlebte die NS-Verfolgung im Exil in England.

Leo Mendelsohn wurde am 19. Mai 1906 in Dortmund geboren. Er war der Sohn des 1876 in Riesenburg (dem heute polnischen Prabuty) geborenen Hermann Mendelsohn und dessen erster Ehefrau Valeska Mendelsohn, geborene Selbiger, die aus dem damals westpreußischen Berent (Kościerzyna) stammte. Leo Mendelsohn hatte zwei ältere Geschwister. 1902 war in Dortmund sein Bruder Erich zur Welt gekommen, ein Jahr später seine Schwester Betty in der bürgerlich geprägten Vorstadt Asseln, die 1928 in die Stadt Dortmund eingemeindet wurde. Nach der Geburt von Leo zog die kleine Familie zuerst nach Wartenburg im damaligen Ostpreußen (Barczewo), wo Leos jüngerer Bruder Siegfried 1909 zu Welt kam, und dann nach Berlin. Hier wurde im April 1910 Leos jüngste Schwester Ruth geboren. Über die Kindheit und Jugend von Leo Mendelsohn und seiner Geschwister im Berlin der Kaiserzeit haben sich kaum Informationen erhalten. Hermann und Valeska Mendelsohn gehörten aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde der Stadt. Leos Vater arbeitete als Destillateur in der Hauptstadt und bestritt damit das Einkommen der Familie. Im Winter 1915 verstarb Leos Mutter in Berlin und da sein Vater mit Kriegsbeginn rekrutiert worden war und, wie es auf amtlichen Dokumenten heißt, „im Felde stand“, kamen Leo und seine Geschwister in Fürsorgeeinrichtungen unter. Von Ende 1915 bis zum November 1918 besuchte Leo Mendelsohn die dreiklassige Schule der Jüdischen Gemeinde zu Berlin für Waisen- und Halbwaisenknaben. Das Internat in der Berliner Straße 121 in Pankow bot Platz für 25 Lehrlinge sowie 80 Schüler im Alter zwischen sechs bis 14 Jahren, die nach ihrem Abschluss bis zum 18. Lebensjahr weiterführende Schulen oder eine Berufsausbildung absolvierten. Leo begann 1919 eine Ausbildung zum Schneider. Er war Schüler der „6. Städtischen Berufsschule für Jünglinge zu Berlin“ in der Georgenkirchstraße und ging bei dem Schneidermeister Hermann Friede in Treptow in die Lehre. Im März 1924 legte er seine Gesellenprüfung ab und qualifizierte sich 1928 auf der Maurerschen Privatschule in der Friedrichstraße zum Zuschneider fort. Außerdem hatte Leo Mendelsohn Mitte der 1920er-Jahre ein Tabakwarengeschäft eröffnet, dass er bis 1929 betrieb. Anfang der 1930er-Jahre arbeitete er zeitweise in Altersheimen der Jüdischen Gemeinde. Von 1931 bis 1934 war er in den Altersheimen Lietzmannstraße nahe dem Alexanderplatz (heute überbaut) und Lützowstraße 48/49 für technisch-sanitäre Arbeiten angestellt, unterstützte die Heimleitung im Wareneinkauf und half bei der Betreuung der Heimgäste.

Leo Mendelsohn war zweimal verheiratet. Beide Ehen blieben kinderlos. Um die Mitte der 1920er-Jahre lernte er seine erste Frau Erna Ebel kennen, die Anfang der 1930er-Jahre verstarb. In dieser Zeit wohnte Leo Mendelsohn in Lankwitz in der Kaiser-Wilhelm-Straße 72. In den 1930er-Jahren heiratete er in zweiter Ehe die sechs Jahre jüngere, aus dem ostpreußischen Wartenburg (Barczewo) stammende Edith Kaulbars. Das Ehepaar bezog 1935/36 eine Wohnung in der Heinrich-Roller-Straße 17 im Kollwitzkiez des Prenzlauer Bergs. Seit 1936 betrieb Leo hier auch eine Maßschneiderei für Herren. In den 1930er-Jahren ereigneten sich in der Familie weitere Todesfälle: Im Januar 1934 verstarb Ediths 25-jähriger Bruder Siegfried Kaulbars, im März 1936 Leos Schwester Ruth Mendelsohn, verheiratete Schläper, deren Tochter Daisy 1932 in Berlin zur Welt gekommen war, und im Juli 1938 im ostpreußischen Lyck (heute Ełk) Ediths Mutter Johanna Kaulbars, geb. Kiewe. 1931 hatte außerdem Leos Vater Hermann einen Unfall. Er konnte seinen Beruf als Destillateur nicht mehr ausüben und musste durch seinen Sohn und seine zweite Ehefrau Helene Mendelsohn, geborene Biedermann, mit der er seit 1919 verheiratet war, finanziell unterstützt werden.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Leo Mendelsohn und seine Familienangehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Ab 1936 war Leo Mendelsohn auch als Geschäftsinhaber von den antisemitischen Kampagnen und Ausschreitungen betroffen, die ihren sichtbarsten Ausdruck in Boykotten sowie den Pogromen im Juni und November 1938 in Berlin erfuhren. Sein Schwager Arthur Kaulbars verließ 1939 das Land. Er emigrierte nach England, nachdem er aufgrund des rassistischen „Gesetzes gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen“ von 1933 in Deutschland aus seinem Jurastudium gedrängt worden war und sich mit kaufmännischen Tätigkeiten durchgeschlagen hatte. Auch Leos älterer Bruder Erich war mit seiner Familie, dem 1937 in Berlin geborenen Sohn Ernst und seiner Ehefrau Hertha, Ende der 1930er-Jahre aus Deutschland geflohen und ins Exil nach Südamerika gegangen.

Leo und Edith Mendelsohn hatten vermutlich bereits früh die Möglichkeit erwogen, Deutschland zu verlassen, aber erst nach den Pogromen von 1938 gewannen die Pläne an Kontur und wurden konkrete Schritte ergriffen. Edith Kaulbars sandte ihrem Bruder einen Brief mit Arbeitszeugnissen nach England nach, in dem sie darum bat, er möge sich für sie und ihren Ehemann einsetzen. In Berlin erwirkte das Ehepaar eine steuerliche „Unbedenklichkeitsbescheinigung zum Zwecke der Auswanderung“ im Februar 1939 von der Stadtverwaltung und vom Finanzamt Greifswalder Straße, dessen Gültigkeit sie bis Dezember 1939 verlängern ließen. Die Fluchtpläne von Leo und Edith Mendelsohn scheiterten. Mit dem Kriegsausbruch im September 1939 war ihnen der Weg nach England verbaut und mit den Ausreiseverboten im Oktober 1941 wurde ihnen auch die die letzte Chance auf ein Entkommen genommen.

Bereits Ende 1938 hatte Leo Mendelsohn seine Schneiderei unter Zwang aufgeben müssen. Im Oktober 1941 wurden er und seine Ehefrau zu Zwangsarbeit herangezogen. Edith musste im Werk der Metall- und Elektrofirma „Ehrich & Graetz“ in der Elsenstraße in Treptow arbeiten, Leo im Rüstungsbetrieb „Scherb & Schwer“ an den Standorten der Preßwerke Lehderstraße in Weißensee und am Kottbusser Ufer 8 (heute Paul-Lincke-Ufer). Mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ konnten sie sich nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Der Entrechtung folgte die Deportation: Im Rahmen der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, holten Polizisten und Gestapo-Angehörige das Ehepaar am 2. März 1943 um 7 Uhr morgens aus ihrer Wohnung und verbrachten sie in eines der eigens zum Zwecke der Deportation eingerichteten Berliner Sammellager. Zwei Tage später wurden beide mit dem „34. Osttransport“ über den Güterbahnhof Moabit in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Von den insgesamt 1142 mit diesem Transport nach Auschwitz deportierten Menschen, wurden 389 Männer und 96 Frauen als „arbeitsfähig“ selektiert – darunter befand sich auch der damals 36-jährige Leo Mendelsohn.

Er musste im Block 8 des „Arbeitslagers Monowitz“ unter unmenschlichen Bedingungen Schwerstarbeiten im Straßenbau, bei Erdarbeiten und Lastentransporten verrichten. Bei den Hungerrationen in Monowitz verloren die Häftlinge etwa zwei Kilogramm Körpergewicht pro Woche und waren nach drei bis vier Monaten ausgezehrt. So auch Leo Mendelsohn, der am 24. Juni 1943 in Auschwitz-Birkenau ermordet wurde. Im April 1943 hatte er noch mehrere kurze Briefe an seine Angehörige geschrieben, von denen sich ein Brief an seine Schwiegermutter vom 5. April erhalten hat. Er schreibt: „Liebe Mutter, ich bin gesund und [es] geht mir gut. Ich hoffe von Dir ein gleiches. Nachricht von Dir würde mich erfreuen. Bleib gesund und alles Gute dir wünschend grüsse und küsse ich Dich, Dein Sohn Leo.“ Die Briefe haben die lagerinterne Zensur durchlaufen und geben keinen Hinweis auf die Situation des Schreibers. Es war das letzte Lebenszeichen Leos, das seine Angehörigen erhielten. Ob Leos Ehefrau in das Stammlager selektiert wurde oder direkt nach ihrer Ankunft ermordet wurde, ist nicht bekannt. Jedenfalls gehört sie nicht zu den wenigen Überlebenden von Auschwitz.

Von den Familienangehörigen von Leo Mendelsohn überlebten sein Vater Hermann und dessen Ehefrau Helene in Berlin. Seine Schwester Betty hatte mit ihrem Ehemann ins britische Mandatsgebiet Palästina emigrieren können und lebte später in Jerusalem. Leos Bruder Erich starb 1946 im Exil in La Paz. Sein Schwager Arthur Kaulbars, der seinen Familiennamen in Kelvin umbenannte, überlebte die NS-Verfolgung im Exil in England.