Leopold Tomschik

Location 
Dunckerstraße 58
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
13 September 2008
Born
12 July 1903 in Zlabings / Slavonice
Verhaftet
04 February 1942 in Tirol
Verhaftet
February 1942 to August 1944 in Zuchthaus Brandenburg-Görden
Escape into death
17 August 1944 im Zuchthaus Brandenburg-Görden

<i>„Wir lebten in einer Zeit, in dem der Tod in vielen Millionen von Familien zu Gast geworden ist, – durch seine Häufigkeit hat er an Schrecken verloren, wenn er auch nach wie vor grausam ist. – Aber du teilst Dein Leid mit einer unübersehbaren Schar von Schicksalsschwestern und -brüdern, ich mein Los ebenso mit den meinen. Dir wünsche ich nur, daß Dir der Krieg und dessen Nachwehen nichts weiter nimmt und Du über diese schwere Zeit Dich in ein Dasein hinüberretten kannst, wo mehr Sonne Dich umgibt als in den letzten Jahren.“</i><br />
[Auszug aus dem Abschiedsbrief von Leo Tomschik an seine Ehefrau, Brandenburg-Görden, 16. August 1944]<br />
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Der österreichische Sozialdemokrat und Widerstandskämpfer Leopold (auch Leo) Tomschik wurde am 12. Juli 1903 im damals österreichischen Zlabings (dem heutigen Slavonice) geboren. Als Jugendlicher schloss sich der aus einem sozialdemokratischen Elternhaus stammende Tomschik der sozialistischen Arbeiterjugendbewegung an und 1919 dem antifaschistischen Touristenverein „Die Naturfreunde“ (TVDN). Nach seinem Schulabschluss und dem Studium an der Technischen Hochschule in Wien arbeitete er als Ingenieur in Wiener Betrieben und vertrat die Belange der Belegschaft als Gewerkschaftsführer. Im Jahr 1926 siedelte er nach Berlin über und engagierte sich in der Hauptstadt bis zu ihrem Verbot 1933 in der Fotogemeinschaft der dortigen TVDN-Ortsgruppe. 1931 wurde er Mitglied der SPD.<br />
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Vermutlich hat Tomschik in Berlin zunächst eine kaufmännische Tätigkeit ausgeübt. Er war von 1932 bis 1934 in der Pistoriusstraße 109a in Weißensee gemeldet und zwischen 1935 und 1936 als Inhaber einer Spielwarenhandlung in der Dunckerstraße 58 im Prenzlauer Berg. Ab 1937 war er wieder in seinem Berufsfeld als Ingenieur tätig und arbeitete als Konstrukteur in den Brandenburgischen Flugmotorenwerken in Berlin-Spandau. Ungeachtet der Verbote und des seit 1933 mit staatlichen Instrumenten ausgeübten Terrors gegen die Arbeiterbewegung, blieb Leopold Tomschik der Idee der sozialistischen Bewegung treu. Im Sommer 1938 lernte er den Kommunisten Robert Uhrig kennen und schloss sich dessen gerade entstehender Widerstandsorganisation an. Die Uhrig-Gruppe bildete und vernetzte zunächst in Berlin, dann reichsweit Widerstandszellen in Betrieben und wuchs rasch zu einer der größten antifaschistischen Widerstandsorganisationen im nationalsozialistischen Deutschland.<br />
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Tomschik, der in den Flugmotorenwerken Kollegen für den Widerstand gewann und wichtige Informationen zum Bau und den Eigenschaften von Flugzeugmotoren übermittelte, war durch seine österreichischen Kontakte 1940 am Aufbau der Kitzbüheler Uhrig-Gruppe beteiligt. Bei einem Urlaub im Winter 1940/41 hatte er sich mit den österreichischen Sozialdemokraten Josef Pair und Anton Rausch angefreundet und sie ebenso wie Alois Graus für die Pläne zum Aufbau eines Widerstandsnetzes in Tirol gewinnen können. Leopold Tomschik stellte außerdem Kontakte nach Wien und München her und vertrat Uhrig in Berlin zeitweilig bei Besprechungen zum Zusammenschluss von Widerstandsgruppen. Es gibt Hinweise darauf, dass Tomschik bereits bei seinem ersten Tirolaufenthalt durch den Gestapospitzel Willi Becker (Deckname „Ernst“) beobachtet wurde, der seine Aktivitäten in Kitzbühel und Wien verfolgte. Eine Verhaftung wurde aber zeitweilig ausgesetzt, um die Gruppe weiter zu infiltrieren. Am 4. Februar 1942 schlug die Gestapo zeitgleich in Berlin, München und Tirol zu. Sie verhaftete Robert Uhrig und 200 weitere Mitglieder des Widerstandsnetzwerkes.<br />
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In Berlin wurde Leopold Tomschik durch die Gestapo verhaftet, verhört und nach mehr als zwei Jahren Haft im Zuchthaus Brandenburg-Görden am 5. Juni 1944 vom Volksgerichtshof wegen „Hochverrates und Feindbegünstigung durch die Gründung einer staatsfeindlichen Organisation sowie des Verrats von Staatsgeheimnissen“ zum Tode verurteilt. In der Anklageschrift A des Volksgerichtshofes heißt es: „Die Angeschuldigten haben sich in der Zeit von 1938 bis 1942 in Berlin und anderen Orten des Inlands als Funktionäre einer aus Kommunisten und sonstigen Staatsfeinden bestehenden illegalen Organisation betätigt […] Der Angeschuldigte Tomschik hat dem Angeschuldigten Uhrig Mitteilung über den Bau und die Verbesserung von Flugzeugmotoren in den Brandenburgischen Flugzeugmotorenwerke gemacht.“ Das letzte Lebenszeichen von Leopold Tomschik aus der Haft ist ein Abschiedsbrief an seine Ehefrau vom 16. August. In der Nacht vom 16. auf den 17. August 1944 nahm sich Leopold Tomschik im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee das Leben. Er hinterließ in Berlin seine Ehefrau und einen Sohn.

„Wir lebten in einer Zeit, in dem der Tod in vielen Millionen von Familien zu Gast geworden ist, – durch seine Häufigkeit hat er an Schrecken verloren, wenn er auch nach wie vor grausam ist. – Aber du teilst Dein Leid mit einer unübersehbaren Schar von Schicksalsschwestern und -brüdern, ich mein Los ebenso mit den meinen. Dir wünsche ich nur, daß Dir der Krieg und dessen Nachwehen nichts weiter nimmt und Du über diese schwere Zeit Dich in ein Dasein hinüberretten kannst, wo mehr Sonne Dich umgibt als in den letzten Jahren.“
[Auszug aus dem Abschiedsbrief von Leo Tomschik an seine Ehefrau, Brandenburg-Görden, 16. August 1944]

Der österreichische Sozialdemokrat und Widerstandskämpfer Leopold (auch Leo) Tomschik wurde am 12. Juli 1903 im damals österreichischen Zlabings (dem heutigen Slavonice) geboren. Als Jugendlicher schloss sich der aus einem sozialdemokratischen Elternhaus stammende Tomschik der sozialistischen Arbeiterjugendbewegung an und 1919 dem antifaschistischen Touristenverein „Die Naturfreunde“ (TVDN). Nach seinem Schulabschluss und dem Studium an der Technischen Hochschule in Wien arbeitete er als Ingenieur in Wiener Betrieben und vertrat die Belange der Belegschaft als Gewerkschaftsführer. Im Jahr 1926 siedelte er nach Berlin über und engagierte sich in der Hauptstadt bis zu ihrem Verbot 1933 in der Fotogemeinschaft der dortigen TVDN-Ortsgruppe. 1931 wurde er Mitglied der SPD.

Vermutlich hat Tomschik in Berlin zunächst eine kaufmännische Tätigkeit ausgeübt. Er war von 1932 bis 1934 in der Pistoriusstraße 109a in Weißensee gemeldet und zwischen 1935 und 1936 als Inhaber einer Spielwarenhandlung in der Dunckerstraße 58 im Prenzlauer Berg. Ab 1937 war er wieder in seinem Berufsfeld als Ingenieur tätig und arbeitete als Konstrukteur in den Brandenburgischen Flugmotorenwerken in Berlin-Spandau. Ungeachtet der Verbote und des seit 1933 mit staatlichen Instrumenten ausgeübten Terrors gegen die Arbeiterbewegung, blieb Leopold Tomschik der Idee der sozialistischen Bewegung treu. Im Sommer 1938 lernte er den Kommunisten Robert Uhrig kennen und schloss sich dessen gerade entstehender Widerstandsorganisation an. Die Uhrig-Gruppe bildete und vernetzte zunächst in Berlin, dann reichsweit Widerstandszellen in Betrieben und wuchs rasch zu einer der größten antifaschistischen Widerstandsorganisationen im nationalsozialistischen Deutschland.

Tomschik, der in den Flugmotorenwerken Kollegen für den Widerstand gewann und wichtige Informationen zum Bau und den Eigenschaften von Flugzeugmotoren übermittelte, war durch seine österreichischen Kontakte 1940 am Aufbau der Kitzbüheler Uhrig-Gruppe beteiligt. Bei einem Urlaub im Winter 1940/41 hatte er sich mit den österreichischen Sozialdemokraten Josef Pair und Anton Rausch angefreundet und sie ebenso wie Alois Graus für die Pläne zum Aufbau eines Widerstandsnetzes in Tirol gewinnen können. Leopold Tomschik stellte außerdem Kontakte nach Wien und München her und vertrat Uhrig in Berlin zeitweilig bei Besprechungen zum Zusammenschluss von Widerstandsgruppen. Es gibt Hinweise darauf, dass Tomschik bereits bei seinem ersten Tirolaufenthalt durch den Gestapospitzel Willi Becker (Deckname „Ernst“) beobachtet wurde, der seine Aktivitäten in Kitzbühel und Wien verfolgte. Eine Verhaftung wurde aber zeitweilig ausgesetzt, um die Gruppe weiter zu infiltrieren. Am 4. Februar 1942 schlug die Gestapo zeitgleich in Berlin, München und Tirol zu. Sie verhaftete Robert Uhrig und 200 weitere Mitglieder des Widerstandsnetzwerkes.

In Berlin wurde Leopold Tomschik durch die Gestapo verhaftet, verhört und nach mehr als zwei Jahren Haft im Zuchthaus Brandenburg-Görden am 5. Juni 1944 vom Volksgerichtshof wegen „Hochverrates und Feindbegünstigung durch die Gründung einer staatsfeindlichen Organisation sowie des Verrats von Staatsgeheimnissen“ zum Tode verurteilt. In der Anklageschrift A des Volksgerichtshofes heißt es: „Die Angeschuldigten haben sich in der Zeit von 1938 bis 1942 in Berlin und anderen Orten des Inlands als Funktionäre einer aus Kommunisten und sonstigen Staatsfeinden bestehenden illegalen Organisation betätigt […] Der Angeschuldigte Tomschik hat dem Angeschuldigten Uhrig Mitteilung über den Bau und die Verbesserung von Flugzeugmotoren in den Brandenburgischen Flugzeugmotorenwerke gemacht.“ Das letzte Lebenszeichen von Leopold Tomschik aus der Haft ist ein Abschiedsbrief an seine Ehefrau vom 16. August. In der Nacht vom 16. auf den 17. August 1944 nahm sich Leopold Tomschik im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee das Leben. Er hinterließ in Berlin seine Ehefrau und einen Sohn.