Martin Moritz Moszek Wellner

Location 
Greifswalder Straße 43 a
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
18 November 2008
Born
10 May 1914 in Saczów
Occupation
Herrenschneider
Verhaftet
13 September 1939 to October 1942 in Sachsenhausen
Deportation
in October 1942 to Auschwitz
Later deported
on 27 November 1943 to KZ Warschau
Later deported
in July 1944 to Dachau
Later deported
in August 1944 to Ampfing-Waldlager V, VI
Survived

Martin Moritz Moszek David Wellner kam am 10. Mai 1914 (bzw. 1905, 1910, das Geburtsjahr ist unklar) im ost-oberschlesischen Saczów als Sohn von Alexsender Wellner und Karoline<br />
Wellner, geb. Mirowski zur Welt. Als eines von zahlreichen Kindern wuchs er<br />
in einer wenig betuchten jüdischen Familie auf. <br />
<br />
Aufgrund der finanziellen Situation der Familie wurde er im Juli 1922 zu<br />
seinem großen Bruder Simon Wellner nach Heegermühle, Eberswalde geschickt.<br />
Vorher, im Dezember 1921, war sein Cousin Isaak Hirschfeld (Jakob Herschfeld)<br />
Schon zu Simon Wellner gezogen. Im Sommer 1928 zog ein weiterer Cousin mnamens Chaim Shlomo mit in die Wohnung der Brüder. Im späteren Finow schloss Martin Wellner die Volksschule ab und absolvierte bei seinem Bruder eine Lehre als Herrenschneider.<br />
Vermutlich ab 1928 lebte er in Berlin, wo er begann, sich Moritz zu nennen.<br />
Er liebte das Berliner Leben vor 1933: er war im Makkabi Sportclub und besuchte<br />
Veranstaltungen des israelitischen Vereins, dessen Schirmherr Albert<br />
Einstein war. In Berlin lernte er vermutlich durch seinen Cousin Jakob<br />
Herschfeld die Berlinerin Ruth Ehrlich (*1909) kennen. Jakob Herschfeld war<br />
mit Ruth Ehrlichs älterer Schwester Alice verheiratet. Um 1935 heirateten<br />
Moritz Wellner und Ruth Ehrlich und bekamen im gleichen Jahr eine Tochter, Lilian (*10. August 1935). <br />
<br />
Die kleine Familie wohnte zu diesem Zeitpunkt in der Neuen Winterfeldstraße<br />
44 in Berlin-Schöneberg; an der gleichen Adresse betrieb Moritz Wellner sein<br />
kleines Schneidergeschäft, in dem er zwei Angestellte beschäftigte und durch<br />
das er für den Unterhalt der Familie sorgen konnte.<br />
<br />
In der Reichspogromnacht am 9. November 1938 wurde das Geschäft Moritz<br />
Wellners zerstört und kurz darauf „arisiert“. Er zog zunächst mit Frau und<br />
Kind in die Nähe von Ruth Wellners Familie in die Marienburger Str. 16 und<br />
noch im selben Jahr in die Greifswalder Str. 43, wo sie zur Untermiete bei<br />
einer Familie Münzer wohnten. Von April bis September 1939 arbeitete Moritz<br />
Wellner noch als Schneidergeselle bei der Firma Kellmer, die auch in der Marienburger<br />
Str. 16 ansässig war. Nach dem deutschen Überfall auf Polen wurde er jedoch aufgrund<br />
seiner polnischen Herkunft am 13. September 1939 in seiner Wohnung verhaftet<br />
und ins KZ Sachsenhausen verbracht, wo er drei Jahre lang<br />
Zwangsarbeit leisten musste. Von dort aus wurde er vermutlich am 25. Oktober<br />
1942 nach Auschwitz deportiert. Bei der Selektion an der Rampe wurde er den<br />
Arbeitsfähigen zugeteilt und bekam in den Unterarm ein „A“ (für Auschwitz)<br />
sowie die Nummer 70262 tätowiert. Moritz Wellner wurde zur Arbeit in der<br />
Kanalisation eingeteilt, wo er im April 1943 bei einem Unfall verschüttet<br />
wurde. Er überlebte mit einem gebrochenen Bein, kam zunächst ins<br />
Krankenrevier und arbeitete ab dann in Auschwitz III (Monowitz), wo große<br />
deutsche Betriebe Zwangsarbeiter für sich arbeiten ließen. Hier arbeitete er<br />
im Buna-Werk der I.G. Farben in der Galvanisierung. <br />
<br />
Wie er laut einem Bericht seiner späteren Tochter Evelyn in einem Antrag an<br />
das Bayerische Landesentschädigungsamt angibt, kam er am 27. November 1943<br />
„durch Beziehungen“ ins Konzentrationslager Warschau. Dort arbeitete er in<br />
der Wäscherei, wo er zusammen mit Max Mannheimer die Wäsche der Wehrmacht<br />
und SS plättete.<br />
<br />
Aufgrund des Anrückens der Roten Armee im Juli 1944 wurde das KZ Warschau<br />
evakuiert und alle Insassen auf einem mehrtägigen Marsch, bei dem viele<br />
starben und ermordet wurden, zum Bahnhof Kutno gebracht, wo sie am 4. August 1944<br />
in Güterwaggons verladen wurden. Am 9. August 1944 erreichten sie das KZ Dachau,<br />
wo Moritz Wellner, nach 3 Wochen Quarantäne, nach Ampfing weiter deportiert<br />
wurde und im Außenlager Mühldorf dem Unterkommando „Ampfing-Waldlager V,<br />
VI“ zugeteilt wurde.<br />
<br />
Kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner gelang Moritz Wellner Ende April 1944 die<br />
Flucht in die nahegelegene Ortschaft Neufahrn, wo ihn eine Bauernfamilie,<br />
mit der ihn später eine lebenslange Freundschaft verbinden sollte, aufnahm<br />
und versteckte. <br />
<br />
Moritz Wellner überlebte die Shoah aller Wahrscheinlichkeit nur durch Zufall<br />
und zum Trotz. Seine Frau und Tochter sollte er jedoch nie wieder sehen. Sie<br />
wurden am 15. Juni 1944 mit dem „54. Osttransport“ Richtung Auschwitz<br />
deportiert. Hier verliert sich ihre Spur und es ist davon auszugehen, dass<br />
sie gleich nach der Ankunft dort ermordet wurden.<br />
<br />
Nach dem Krieg nahm Moritz Wellner seinen Vornamen Martin an. Aufgrund der<br />
Folgen der langen Haft konnte er seinen Beruf als Schneider nicht mehr<br />
ausüben und versuchte, unter anderem als Gastwirt, eine neue Existenz<br />
aufzubauen. Im Oktober 1950 beteiligte sich Martin Wellner an der<br />
Exhumierung seiner verstorbenen und ermordeten Mithäftlinge, die nun im<br />
KZ-Friedhof Ampfing bestattet wurden. Er heiratete erneut, bekam 1957 eine<br />
Tochter, Evelyn, und war bis zu seinem Tod am 23. Juni 1979 Mitglied der<br />
Israelitischen Kultusgemeinde in München.

Martin Moritz Moszek David Wellner kam am 10. Mai 1914 (bzw. 1905, 1910, das Geburtsjahr ist unklar) im ost-oberschlesischen Saczów als Sohn von Alexsender Wellner und Karoline
Wellner, geb. Mirowski zur Welt. Als eines von zahlreichen Kindern wuchs er
in einer wenig betuchten jüdischen Familie auf.

Aufgrund der finanziellen Situation der Familie wurde er im Juli 1922 zu
seinem großen Bruder Simon Wellner nach Heegermühle, Eberswalde geschickt.
Vorher, im Dezember 1921, war sein Cousin Isaak Hirschfeld (Jakob Herschfeld)
Schon zu Simon Wellner gezogen. Im Sommer 1928 zog ein weiterer Cousin mnamens Chaim Shlomo mit in die Wohnung der Brüder. Im späteren Finow schloss Martin Wellner die Volksschule ab und absolvierte bei seinem Bruder eine Lehre als Herrenschneider.
Vermutlich ab 1928 lebte er in Berlin, wo er begann, sich Moritz zu nennen.
Er liebte das Berliner Leben vor 1933: er war im Makkabi Sportclub und besuchte
Veranstaltungen des israelitischen Vereins, dessen Schirmherr Albert
Einstein war. In Berlin lernte er vermutlich durch seinen Cousin Jakob
Herschfeld die Berlinerin Ruth Ehrlich (*1909) kennen. Jakob Herschfeld war
mit Ruth Ehrlichs älterer Schwester Alice verheiratet. Um 1935 heirateten
Moritz Wellner und Ruth Ehrlich und bekamen im gleichen Jahr eine Tochter, Lilian (*10. August 1935).

Die kleine Familie wohnte zu diesem Zeitpunkt in der Neuen Winterfeldstraße
44 in Berlin-Schöneberg; an der gleichen Adresse betrieb Moritz Wellner sein
kleines Schneidergeschäft, in dem er zwei Angestellte beschäftigte und durch
das er für den Unterhalt der Familie sorgen konnte.

In der Reichspogromnacht am 9. November 1938 wurde das Geschäft Moritz
Wellners zerstört und kurz darauf „arisiert“. Er zog zunächst mit Frau und
Kind in die Nähe von Ruth Wellners Familie in die Marienburger Str. 16 und
noch im selben Jahr in die Greifswalder Str. 43, wo sie zur Untermiete bei
einer Familie Münzer wohnten. Von April bis September 1939 arbeitete Moritz
Wellner noch als Schneidergeselle bei der Firma Kellmer, die auch in der Marienburger
Str. 16 ansässig war. Nach dem deutschen Überfall auf Polen wurde er jedoch aufgrund
seiner polnischen Herkunft am 13. September 1939 in seiner Wohnung verhaftet
und ins KZ Sachsenhausen verbracht, wo er drei Jahre lang
Zwangsarbeit leisten musste. Von dort aus wurde er vermutlich am 25. Oktober
1942 nach Auschwitz deportiert. Bei der Selektion an der Rampe wurde er den
Arbeitsfähigen zugeteilt und bekam in den Unterarm ein „A“ (für Auschwitz)
sowie die Nummer 70262 tätowiert. Moritz Wellner wurde zur Arbeit in der
Kanalisation eingeteilt, wo er im April 1943 bei einem Unfall verschüttet
wurde. Er überlebte mit einem gebrochenen Bein, kam zunächst ins
Krankenrevier und arbeitete ab dann in Auschwitz III (Monowitz), wo große
deutsche Betriebe Zwangsarbeiter für sich arbeiten ließen. Hier arbeitete er
im Buna-Werk der I.G. Farben in der Galvanisierung.

Wie er laut einem Bericht seiner späteren Tochter Evelyn in einem Antrag an
das Bayerische Landesentschädigungsamt angibt, kam er am 27. November 1943
„durch Beziehungen“ ins Konzentrationslager Warschau. Dort arbeitete er in
der Wäscherei, wo er zusammen mit Max Mannheimer die Wäsche der Wehrmacht
und SS plättete.

Aufgrund des Anrückens der Roten Armee im Juli 1944 wurde das KZ Warschau
evakuiert und alle Insassen auf einem mehrtägigen Marsch, bei dem viele
starben und ermordet wurden, zum Bahnhof Kutno gebracht, wo sie am 4. August 1944
in Güterwaggons verladen wurden. Am 9. August 1944 erreichten sie das KZ Dachau,
wo Moritz Wellner, nach 3 Wochen Quarantäne, nach Ampfing weiter deportiert
wurde und im Außenlager Mühldorf dem Unterkommando „Ampfing-Waldlager V,
VI“ zugeteilt wurde.

Kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner gelang Moritz Wellner Ende April 1944 die
Flucht in die nahegelegene Ortschaft Neufahrn, wo ihn eine Bauernfamilie,
mit der ihn später eine lebenslange Freundschaft verbinden sollte, aufnahm
und versteckte.

Moritz Wellner überlebte die Shoah aller Wahrscheinlichkeit nur durch Zufall
und zum Trotz. Seine Frau und Tochter sollte er jedoch nie wieder sehen. Sie
wurden am 15. Juni 1944 mit dem „54. Osttransport“ Richtung Auschwitz
deportiert. Hier verliert sich ihre Spur und es ist davon auszugehen, dass
sie gleich nach der Ankunft dort ermordet wurden.

Nach dem Krieg nahm Moritz Wellner seinen Vornamen Martin an. Aufgrund der
Folgen der langen Haft konnte er seinen Beruf als Schneider nicht mehr
ausüben und versuchte, unter anderem als Gastwirt, eine neue Existenz
aufzubauen. Im Oktober 1950 beteiligte sich Martin Wellner an der
Exhumierung seiner verstorbenen und ermordeten Mithäftlinge, die nun im
KZ-Friedhof Ampfing bestattet wurden. Er heiratete erneut, bekam 1957 eine
Tochter, Evelyn, und war bis zu seinem Tod am 23. Juni 1979 Mitglied der
Israelitischen Kultusgemeinde in München.