Johanna Grand

Location 
Rungiusstraße 33
District
Britz
Stone was laid
12 September 2008
Born
31 December 1892 in Ortelsburg (Ostpreußen) / Szczytno
Escape into death
03 November 1941 in Berlin

Johanna Grand und ihre Schwester Else gehören zu jenen oftmals älteren Menschen, die durch die jahrelangen täglichen Schikanen während der NS-Diktatur zermürbt und ohne Hoffnung waren und – seit 1941 die drohende Deportation vor Augen – in den Tod flüchteten. Ihr Freitod war ein „erzwungener Freitod“. <br />
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Johanna Grand wurde am 31. Dezember 1892 im ostpreußischen Ortelsburg (heute: Szczytno / Polen) geboren. Der kleine Ort südöstlich von Allenstein hatte um diese Zeit knapp 3000 deutsch- und polnischsprachige Einwohner, darunter ungefähr 160 Juden. Ortelsburg lag in einer der ärmsten Gegenden Preußens, und die Menschen wanderten in die Städte: nach Berlin und bis in die USA. <br />
1893 kam Johanna Grands Schwester Else auf die Welt, die wie Johanna unverheiratet blieb und mit ihr in Berlin leben sollte. Die große Familie Grand – wer die Eltern von Johanna und Else waren, bleibt unklar – hatte mit zu den Gründern der Synagogengemeinde von Ortelsburg im Jahr 1847 gehört. Die Männer lebten mit ihren Familien als Kaufleute im Kreis Ortelsburg (in Willenberg, Passenheim und Bischofsburg) und im Ort selbst. Einige waren recht wohlhabende Hausbesitzer. A. Grand (da gab es den 1825 geborenen Ascher Grand und später auch Adam Grand) besaß „Am Markt“ von Ortelsburg ein Konfektionsgeschäft. Max Grand (sein Sohn) handelte mit Spitzen, Borten u.Ä., damals „Posamentierwaren“ genannt. Ein Barthel (Berthel) Grand war um 1900 wie eine Johanna Grand Mitglied in der Synagogengemeinde. Einige Mitglieder der Familie wanderten von Hamburg in die USA aus. Andere zogen nach Berlin, darunter waren Barthel, Hermann, Max, Louis und auch Johanna und Else Grand – wahrscheinlich mit ihren Eltern. <br />
Da Johanna Grand unverheiratet war, ist sie im Adressbuch der Stadt Berlin schwer zu finden – nur die „Haushaltsvorstände“ wurden dort aufgelistet. Erst in den 1930er Jahren taucht sie dort als „Sekretärin“, „kaufmännische Angestellte“ oder „Stenotypistin“ auf – sie arbeitete also im Büro und an der Schreibmaschine. Dies war damals ein relativ neuer, moderner Frauenberuf. <br />
Johanna Grand wohnte für kurze Zeit in der Rungiusstraße 54 in Britz. Dann zog sie gemeinsam mit ihrer Schwester in die Rungiusstraße 33. Dort war 1931 nicht weit von der Siedlung „Ideal“ ein vorbildliches Mietshaus gebaut worden. Die Schwestern gehörten wohl zu den ersten Mieterinnen und Mietern dieses Neubaus. Sie sollten dort bis zu ihrem Tod bleiben. <br />
Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 eskalierte die Diskriminierung. Seit dem 19. September 1941 musste Johanna Grand den „Judenstern“ tragen. Am 18. Oktober 1941 ging der erste Transport von Berlin in das Ghetto von Lodz. Seit Jahren immer weiter entrechtet und nun die drohende Deportation vor Augen, floh Johanna Grand am 3. November 1941 in den Tod, auch dies gemeinsam mit ihrer Schwester Else in der Wohnung in der Rungiusstraße 33. In der Friedhofskartei des Jüdischen Friedhofs Weißensee steht „Gasvergiftung“, keine Tabletten wie bei so vielen anderen. Bestellt wurde das Grab von einem Arzt, keinem Verwandten. <br />
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Johanna Grand und ihre Schwester Else gehören zu jenen oftmals älteren Menschen, die durch die jahrelangen täglichen Schikanen während der NS-Diktatur zermürbt und ohne Hoffnung waren und – seit 1941 die drohende Deportation vor Augen – in den Tod flüchteten. Ihr Freitod war ein „erzwungener Freitod“.

Johanna Grand wurde am 31. Dezember 1892 im ostpreußischen Ortelsburg (heute: Szczytno / Polen) geboren. Der kleine Ort südöstlich von Allenstein hatte um diese Zeit knapp 3000 deutsch- und polnischsprachige Einwohner, darunter ungefähr 160 Juden. Ortelsburg lag in einer der ärmsten Gegenden Preußens, und die Menschen wanderten in die Städte: nach Berlin und bis in die USA.
1893 kam Johanna Grands Schwester Else auf die Welt, die wie Johanna unverheiratet blieb und mit ihr in Berlin leben sollte. Die große Familie Grand – wer die Eltern von Johanna und Else waren, bleibt unklar – hatte mit zu den Gründern der Synagogengemeinde von Ortelsburg im Jahr 1847 gehört. Die Männer lebten mit ihren Familien als Kaufleute im Kreis Ortelsburg (in Willenberg, Passenheim und Bischofsburg) und im Ort selbst. Einige waren recht wohlhabende Hausbesitzer. A. Grand (da gab es den 1825 geborenen Ascher Grand und später auch Adam Grand) besaß „Am Markt“ von Ortelsburg ein Konfektionsgeschäft. Max Grand (sein Sohn) handelte mit Spitzen, Borten u.Ä., damals „Posamentierwaren“ genannt. Ein Barthel (Berthel) Grand war um 1900 wie eine Johanna Grand Mitglied in der Synagogengemeinde. Einige Mitglieder der Familie wanderten von Hamburg in die USA aus. Andere zogen nach Berlin, darunter waren Barthel, Hermann, Max, Louis und auch Johanna und Else Grand – wahrscheinlich mit ihren Eltern.
Da Johanna Grand unverheiratet war, ist sie im Adressbuch der Stadt Berlin schwer zu finden – nur die „Haushaltsvorstände“ wurden dort aufgelistet. Erst in den 1930er Jahren taucht sie dort als „Sekretärin“, „kaufmännische Angestellte“ oder „Stenotypistin“ auf – sie arbeitete also im Büro und an der Schreibmaschine. Dies war damals ein relativ neuer, moderner Frauenberuf.
Johanna Grand wohnte für kurze Zeit in der Rungiusstraße 54 in Britz. Dann zog sie gemeinsam mit ihrer Schwester in die Rungiusstraße 33. Dort war 1931 nicht weit von der Siedlung „Ideal“ ein vorbildliches Mietshaus gebaut worden. Die Schwestern gehörten wohl zu den ersten Mieterinnen und Mietern dieses Neubaus. Sie sollten dort bis zu ihrem Tod bleiben.
Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 eskalierte die Diskriminierung. Seit dem 19. September 1941 musste Johanna Grand den „Judenstern“ tragen. Am 18. Oktober 1941 ging der erste Transport von Berlin in das Ghetto von Lodz. Seit Jahren immer weiter entrechtet und nun die drohende Deportation vor Augen, floh Johanna Grand am 3. November 1941 in den Tod, auch dies gemeinsam mit ihrer Schwester Else in der Wohnung in der Rungiusstraße 33. In der Friedhofskartei des Jüdischen Friedhofs Weißensee steht „Gasvergiftung“, keine Tabletten wie bei so vielen anderen. Bestellt wurde das Grab von einem Arzt, keinem Verwandten.