Margarete Hilbig

Location 
Alte Jakobstraße 124
Historical name
Alte Jakobstraße 125
District
Kreuzberg
Born
30 August 1888 in Berlin
Murdered
1940

Margarete Luise Hilbig kam am 30. August 1888 in Berlin als drittes Kind von Friedrich Wilhelm Hilbig und seiner Frau Johanna, geb. Lober (*12.2.1860) zur Welt. Sie lebte zunächst mit ihren Eltern und Geschwistern in der Frankfurter Allee 80 in Berlin-Friedrichshain. <br />
1907 starb ihr Vater an einer Lungenentzündung, kurz darauf der Bruder an Typhus. Die Mutter musste mit ihren Töchtern die Familienwohnung in Friedrichshain verlassen und in eine kleinere Wohnung in die Ritterstraße 49 nach Berlin-Kreuzberg ziehen. Als 1928 auch noch die ältere Schwester von Margarete Hilbig starb, löste dies bei ihr eine ernsthafte psychische Krise aus. Schon seit Längerem litt sie an Angstzuständen, die sich nach dem Tod der Schwester häuften. Ihr Zustand verschlechterte sich weiter und sie verlor deswegen ihre Arbeit. Auf Veranlassung des Bezirksamts Kreuzberg wurde Margarete Hilbig am 19. Oktober 1929, begleitet von der Mutter, in die Wittenauer Heilanstalt gebracht. Im Aufnahmeschein vermerkt die Heilanstalt den „Verdacht auf Schizophrenie“, die ärztliche Diagnose lautete schließlich lapidar „Geistesstörung“. Diese sehr pauschale Einordnung hatte zur Folge, dass Margarete Hilbig bis 1940 immer wieder in sogenannte Heil- und Pflegeanstalten eingewiesen wurde. Immer wieder forderte sie auch ihre Entlassung, konnte sich aber aufgrund der einmal festgelegten Diagnose und immer wiederkehrenden Phasen der psychischen Instabilität nicht durchsetzen. Lediglich von August 1930 bis März 1933 war Margarete Hilbig dem Zugriff der Klinik – und damit auch den als „Quälerei“ von ihr geschilderten körperlichen Übergriffen von Ärzten und Pflegern – durch Familienpflege bei ihrer Mutter entzogen. Zu dieser Zeit lebte die Mutter mit ihrer Tochter in der Alten Jakobstraße 125 und der Alexandrinenstraße 75 in Berlin-Mitte. Da die finanziellen Mittel der Familienpflege 1932 jedoch stark reduziert wurden, konnte die Mutter die Familienpflege nicht weiter bestreiten und musste ihre Tochter Margarete erneut in die Heil- und Pflegeanstalt Wittenau zurückbringen. <br />
Im Februar 1934 empfahl die Heilanstalt Wittenau bei einer Meldung an das Hauptgesundheitsamt und den Kreisarzt, die zu diesem Zeitpunkt 45-jährige Margarete Hilbig aufgrund erneut diagnostizierter „Schizophrenie“ zu sterilisieren: „Eine Sterilisation ist wünschenswert.“ Wegen ihres Alters wurde der Eingriff bei der als „erbkrank“ eingeordneten Patientin nicht durchgeführt. Am 27. Juli 1936 wurde Margarete Hilbig von Wittenau nach Wuhlgarten verlegt. Dort hieß anschließend an die Einschätzung der Heil- und Pflegeanstalt Wittenau: „Fräulein Hilbig leidet an einer mit Wahnideen u. Sinnestäuschungen einhergehenden Geisteskrankheit“. Mutter und Tochter standen während der gesamten Zeit der Aufenthalte von Margarete in den Heilanstalten in engem Kontakt. Als die Mutter 1940 – inzwischen war sie in die Annenstraße 1 in Berlin-Mitte umgezogen – feststellte, dass es ihrer Tochter deutlich besser ging, und die Klinik daraufhin bat, Margarete nach Hause zu entlassen, lehnte die Klinik dies jedoch am 13. Juni 1940 rigoros ab. Kurz danach, am 17. Juni 1940, vermerkt der Arzt Dr. Lehmann für die Heilanstalt Wuhlgarten in der Krankenakte von Margarete Hilbig: „Mit Sammeltransport in eine andere Anstalt verlegt“. Margarete Hilbig wurde 1940 an einem unbekannten Ort ein Opfer der „Euthanasie“-Morde. <br />

Margarete Luise Hilbig kam am 30. August 1888 in Berlin als drittes Kind von Friedrich Wilhelm Hilbig und seiner Frau Johanna, geb. Lober (*12.2.1860) zur Welt. Sie lebte zunächst mit ihren Eltern und Geschwistern in der Frankfurter Allee 80 in Berlin-Friedrichshain.
1907 starb ihr Vater an einer Lungenentzündung, kurz darauf der Bruder an Typhus. Die Mutter musste mit ihren Töchtern die Familienwohnung in Friedrichshain verlassen und in eine kleinere Wohnung in die Ritterstraße 49 nach Berlin-Kreuzberg ziehen. Als 1928 auch noch die ältere Schwester von Margarete Hilbig starb, löste dies bei ihr eine ernsthafte psychische Krise aus. Schon seit Längerem litt sie an Angstzuständen, die sich nach dem Tod der Schwester häuften. Ihr Zustand verschlechterte sich weiter und sie verlor deswegen ihre Arbeit. Auf Veranlassung des Bezirksamts Kreuzberg wurde Margarete Hilbig am 19. Oktober 1929, begleitet von der Mutter, in die Wittenauer Heilanstalt gebracht. Im Aufnahmeschein vermerkt die Heilanstalt den „Verdacht auf Schizophrenie“, die ärztliche Diagnose lautete schließlich lapidar „Geistesstörung“. Diese sehr pauschale Einordnung hatte zur Folge, dass Margarete Hilbig bis 1940 immer wieder in sogenannte Heil- und Pflegeanstalten eingewiesen wurde. Immer wieder forderte sie auch ihre Entlassung, konnte sich aber aufgrund der einmal festgelegten Diagnose und immer wiederkehrenden Phasen der psychischen Instabilität nicht durchsetzen. Lediglich von August 1930 bis März 1933 war Margarete Hilbig dem Zugriff der Klinik – und damit auch den als „Quälerei“ von ihr geschilderten körperlichen Übergriffen von Ärzten und Pflegern – durch Familienpflege bei ihrer Mutter entzogen. Zu dieser Zeit lebte die Mutter mit ihrer Tochter in der Alten Jakobstraße 125 und der Alexandrinenstraße 75 in Berlin-Mitte. Da die finanziellen Mittel der Familienpflege 1932 jedoch stark reduziert wurden, konnte die Mutter die Familienpflege nicht weiter bestreiten und musste ihre Tochter Margarete erneut in die Heil- und Pflegeanstalt Wittenau zurückbringen.
Im Februar 1934 empfahl die Heilanstalt Wittenau bei einer Meldung an das Hauptgesundheitsamt und den Kreisarzt, die zu diesem Zeitpunkt 45-jährige Margarete Hilbig aufgrund erneut diagnostizierter „Schizophrenie“ zu sterilisieren: „Eine Sterilisation ist wünschenswert.“ Wegen ihres Alters wurde der Eingriff bei der als „erbkrank“ eingeordneten Patientin nicht durchgeführt. Am 27. Juli 1936 wurde Margarete Hilbig von Wittenau nach Wuhlgarten verlegt. Dort hieß anschließend an die Einschätzung der Heil- und Pflegeanstalt Wittenau: „Fräulein Hilbig leidet an einer mit Wahnideen u. Sinnestäuschungen einhergehenden Geisteskrankheit“. Mutter und Tochter standen während der gesamten Zeit der Aufenthalte von Margarete in den Heilanstalten in engem Kontakt. Als die Mutter 1940 – inzwischen war sie in die Annenstraße 1 in Berlin-Mitte umgezogen – feststellte, dass es ihrer Tochter deutlich besser ging, und die Klinik daraufhin bat, Margarete nach Hause zu entlassen, lehnte die Klinik dies jedoch am 13. Juni 1940 rigoros ab. Kurz danach, am 17. Juni 1940, vermerkt der Arzt Dr. Lehmann für die Heilanstalt Wuhlgarten in der Krankenakte von Margarete Hilbig: „Mit Sammeltransport in eine andere Anstalt verlegt“. Margarete Hilbig wurde 1940 an einem unbekannten Ort ein Opfer der „Euthanasie“-Morde.