Martha Litten née Cohn

Location 
Grünberger Straße 43
District
Friedrichshain
Stone was laid
10 June 2009
Born
07 June 1887 in Mühlhausen (Ostpreußen) / Młynary
Deportation
on 04 March 1943 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Martha Cohn wurde am 7. Juni 1887 in der damals zur Provinz Ostpreußen gehörenden Stadt Mühlhausen (dem heutigen Młynary), welche etwa 20 km südlich des Frischen Haffs an der Danziger Bucht liegt, geboren. Sie war die Tochter des Kaufmanns Hermann Cohn und dessen Frau Rosalie, geb. Cohn. Martha hatte zwei Geschwister: Einen älteren Bruder, Leo Cohn, der später als Kaufmann in Berlin-Spandau ansässig war, und eine Schwester namens Bertha. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Martha und ihren Geschwistern in der ostpreußischen Kleinstadt haben sich keine Zeugnisse erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach der kleinen jüdischen Gemeinde der Ortschaft an. Zur Zeit der Geburt von Martha umfasste diese noch etwa 40 Personen. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts setzte eine Auswanderung der jüdischen Bevölkerung aus Mühlhausen und der angrenzenden Regionen, vor allem in die aufstrebenden Großstädte des Reichs, ein. Ende des 19. oder Anfang des 20. Jahrhunderts verließ auch die Familie Cohn die Stadt.

Nach Ende des Ersten Weltkriegs heiratete Martha am 4. Juni 1919 – kurz vor ihrem 32. Geburtstag – in Neustrelitz im heutigen Mecklenburg-Vorpommern den gleichaltrigen Kaufmann Hans Litten. Die Familie Litten war mindestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Neustrelitz ansässig. Hans Litten war der Sohn von Moritz und Ernestine Litten, geb. Gran. Sein Vater war ebenfalls in der mecklenburgischen Stadt als Kaufmann tätig. 
Am 20. Juni 1920 wurde die Tochter von Hans und Martha, Ruth Litten, geboren. 

Zur Zeit der Weimarer Republik zählte das Ehepaar Litten zum gehobenen Mittelstand von Neustrelitz. Ruth Litten schrieb in den 1960er Jahren zu den Verhältnissen der Familie in dieser Zeit: 

„Mein Vater betrieb in Neu-Strelitz, Strelitzer Str. 46, im eigenen Hause ein Schuhwarengeschäft und eine Ledergroßhandlung. Das Grundstück war mit einem Hauptgebäude bebaut, in dem sich […] 13 Zimmer und 4 Küchen befanden, die in vier Wohnungen eingeteilt waren. Die größte Wohnung bewohnten meine Eltern, die übrigen Wohnungen waren vermietet. Außerdem befanden sich auf dem Grundstück drei gewerbliche Mieter, nämlich der »Hoffotograf« Knoefel, der sein Atelier und seine Wohnung in einem Nebengebäude hatte, das hinter dem Haupthaus stand, außerdem ein Klempner Boeck und ein Friseurgeschäft Roedlin.“ [Auszug aus einem Schreiben von Ruth Colton an die Entschädigungsbehörde Berlin vom 21.11.1962].

Als Beruf von Martha Litten wurde in der Heiratsurkunde „Hausfrau“ angegeben. Inwieweit sie in die Geschäfte ihres Mannes eingebunden war und ob sie möglicherweise andere berufliche Tätigkeiten ausübte, kann nicht mehr erschlossen werden.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden oder Geltungsjuden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Litten. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Sofort nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten kam es in Neustrelitz zu sichtbaren Repressalien gegen die jüdische Bevölkerung. Zum sogenannten „Judenboykott“ am 1. April 1933 wurden Geschäfte jüdischer Inhaber in der Stadt mit Davidstern beschmiert und SA-Angehörige vor den Läden postiert. Betroffen war auch der Betrieb von Hans und Martha Litten, wie die Tochter Ruth in späteren Jahren berichtete: 

„Am 1. April 1933 wurde das Geschäft geschlossen und SA-Leute davor aufgestellt, die die Passanten auf den jüdischen Besitz des Geschäftes hinwiesen. Später wurde mein Vater und sein Geschäft im Stürmerkasten angeprangert.“

Die Maßnahmen führten zu einem massiven Rückgang des Geschäfts, so dass die Familie bereits die Auswanderung der damals 15-jährigen Tochter ins Auge fasste: 

„In der Kleinstadt Neu-Strelitz, in der es ungefähr 6 jüdische Familien gab [1938 zählten zur jüdischen Gemeinde nur noch 25 Personen, Anm. d. Autors] wirkte sich der Boykott jüdischer Geschäfte besonders früh und besonders stark aus. Mitte 1935 wirkte sich der Boykott bereits im vollen Umfang aus. Im letzten Jahr meines Schulbesuches in Neu-Strelitz war das Leben für uns bereits nahezu unerträglich.“

Ruth Litten hatte das Oberlyzeum in Neustrelitz besucht. Zu Ostern 1936 verließ sie die Schule, um sich, wie sie schreibt, auf einen Beruf vorzubereiten, den sie auch ohne weitere Studien im Ausland ausüben könne. Sie besuchte daraufhin die Haushaltsschule im brandenburgischen Lehnitz. 1937 waren Hans und Martha Litten gezwungen, das Schuhwarengeschäft, die Ledergroßhandlung und das Grundstück in Neustrelitz an „arische“ Käufer zu veräußern und den Großteil ihres Besitzes zu verkaufen. Die Familie zog nach Berlin in der Hoffnung, in der Anonymität der Großstadt ein Stück weit untertauchen zu können – oder zumindest den persönlichen Angriffen, denen sie sich in der Kleinstadt Neustrelitz ausgesetzt sahen, zu entkommen. In Berlin wohnte die Familie Litten ab Herbst 1937 in einer Dreizimmerwohnung in der Grünberger Straße 43 in Friedrichshain.

Zwischen Ostern 1937 und Dezember 1938 wurde Ruth Litten im jüdischen Seminar für Kindergärtnerinnen und Hortnerinnen in Berlin-Grunewald ausgebildet. Im folgenden Jahr ergab sich für die 19-Jährige die Chance das Land zu verlassen. Ruth Litten emigrierte im Frühjahr 1939 nach England und kam zunächst bei der Schwester von Martha, Bertha, verheiratete Colton, unter. Über das Schicksal ihrer in Berlin verbliebenen Eltern erhielt Ruth erst nach dem Krieg von Bekannten und Freunden Informationen.

„Da ich im März 1939 nach England auswanderte und der Krieg unsere Korrespondenz unterbrach, musste ich das weitere Schicksal meiner Eltern durch Hören-Sagen erfahren. Wie mir mitgeteilt wurde, ist meinem Vater ein Posten als Fahrstuhlführer in einem Fabrik-Gebäude angewiesen worden. Eines Tages, als er von der Arbeit nicht zur normalen Zeit zurückkehrte, verließ meine Mutter ihre Wohnung, um ihm entgegen zu gehen. Weder mein Vater noch meine Mutter sind jemals in ihre Wohnung zurückgekehrt. Rückkehrer aus Theresienstadt, mit denen ich das Schicksal meiner Eltern besprach, sind der Meinung, dass meine Eltern in Auschwitz umgebracht worden sind.“

Martha und Hans Litten lebten bis 1943 in Berlin. Nach den Pogromen im Mai und November 1938 hatten sie jüdische Untermieter, das Ehepaar Isaak und Hedwig Fuß, geb. Roth, in ihrer Wohnung in der Grünberger Straße aufgenommen. Mit Kriegsbeginn verschlechterte sich die für das Ehepaar Litten ohnehin kaum erträgliche Lage in der Reichshauptstadt zusehends. So mussten sie Teile ihres Besitzes verschleudern, um unter der Hand an Lebensmittelmarken zu gelangen. In der Position von Rechtlosen wurden sie fast täglich durch neue Erlasse und Sondergesetze drangsaliert. Jeder Gang in der Stadt brachte die Gefahr von Demütigungen, Misshandlungen oder willkürlicher Verhaftung mit sich. Mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ konnten sie sich nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Im Oktober 1941 wurde Martha Litten zur Zwangsarbeit in einem Berliner Unternehmen gezwungen.

Im August 1942 mussten die Littens miterleben, wie ihre Untermieter aus der Wohnung Grünberger Straße 43 deportiert wurden. Isaak und Hedwig Fuß wurden mit dem 18. Osttransport nach Riga verschleppt und dort in den Wäldern bei Rumbula erschossen. In die Wohnung der Littens zogen Paul und Helene Seelig. Das Ehepaar, das nach NS-Terminologie eine sogenannte privilegierte „Mischehe“ führte, sollte Zeuge der Deportation der Littens werden.

Am 27. Februar 1943 wurde Hans Litten im Rahmen der reichsweiten Fabrikaktion an seiner Arbeitsstätte durch die Gestapo verhaftet. Martha Litten, die sich nach den Schilderungen von Freunden der Familie auf die Suche nach ihm begab, als er nicht von seiner Arbeit als Fahrstuhlführer zurückkehrte, wurde höchstwahrscheinlich vor der Fabrik abgefangen und ebenfalls verhaftet. Beide wurden in ein für diesen Zweck kurz zuvor eingerichtetes provisorisches Sammellager in den Pferdeställen der Kaserne in der Rathenower Straße 9-10 in Berlin-Moabit verschleppt. Von hier aus wurden sie getrennt voneinander deportiert. Marthas Ehemann Hans wurde am 1. März 1943 mit dem 31. Osttransport über den Güterbahnhof Moabit in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort vermutlich unmittelbar nach der Ankunft des Deportationszuges vergast. Das gleiche Schicksal teilte Martha Litten, die drei Tage später, am 4. März 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet wurde.

Ihre Tochter Ruth Litten überlebte die NS-Verfolgung und den Krieg im Exil in London. Sie arbeitete in England als Grundschullehrerin, heiratete nach dem Krieg den US-Soldaten Ernst Jack Colton und lebte später in Kapstadt / Südafrika. Marthas Schwester Bertha Colton, geb. Cohn, siedelte in den 1950er Jahren in die USA aus. Das Schicksal ihres Bruders, Leo Cohn, ist ungeklärt.

Martha Cohn wurde am 7. Juni 1887 in der damals zur Provinz Ostpreußen gehörenden Stadt Mühlhausen (dem heutigen Młynary), welche etwa 20 km südlich des Frischen Haffs an der Danziger Bucht liegt, geboren. Sie war die Tochter des Kaufmanns Hermann Cohn und dessen Frau Rosalie, geb. Cohn. Martha hatte zwei Geschwister: Einen älteren Bruder, Leo Cohn, der später als Kaufmann in Berlin-Spandau ansässig war, und eine Schwester namens Bertha. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Martha und ihren Geschwistern in der ostpreußischen Kleinstadt haben sich keine Zeugnisse erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach der kleinen jüdischen Gemeinde der Ortschaft an. Zur Zeit der Geburt von Martha umfasste diese noch etwa 40 Personen. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts setzte eine Auswanderung der jüdischen Bevölkerung aus Mühlhausen und der angrenzenden Regionen, vor allem in die aufstrebenden Großstädte des Reichs, ein. Ende des 19. oder Anfang des 20. Jahrhunderts verließ auch die Familie Cohn die Stadt.

Nach Ende des Ersten Weltkriegs heiratete Martha am 4. Juni 1919 – kurz vor ihrem 32. Geburtstag – in Neustrelitz im heutigen Mecklenburg-Vorpommern den gleichaltrigen Kaufmann Hans Litten. Die Familie Litten war mindestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Neustrelitz ansässig. Hans Litten war der Sohn von Moritz und Ernestine Litten, geb. Gran. Sein Vater war ebenfalls in der mecklenburgischen Stadt als Kaufmann tätig. 
Am 20. Juni 1920 wurde die Tochter von Hans und Martha, Ruth Litten, geboren. 

Zur Zeit der Weimarer Republik zählte das Ehepaar Litten zum gehobenen Mittelstand von Neustrelitz. Ruth Litten schrieb in den 1960er Jahren zu den Verhältnissen der Familie in dieser Zeit: 

„Mein Vater betrieb in Neu-Strelitz, Strelitzer Str. 46, im eigenen Hause ein Schuhwarengeschäft und eine Ledergroßhandlung. Das Grundstück war mit einem Hauptgebäude bebaut, in dem sich […] 13 Zimmer und 4 Küchen befanden, die in vier Wohnungen eingeteilt waren. Die größte Wohnung bewohnten meine Eltern, die übrigen Wohnungen waren vermietet. Außerdem befanden sich auf dem Grundstück drei gewerbliche Mieter, nämlich der »Hoffotograf« Knoefel, der sein Atelier und seine Wohnung in einem Nebengebäude hatte, das hinter dem Haupthaus stand, außerdem ein Klempner Boeck und ein Friseurgeschäft Roedlin.“ [Auszug aus einem Schreiben von Ruth Colton an die Entschädigungsbehörde Berlin vom 21.11.1962].

Als Beruf von Martha Litten wurde in der Heiratsurkunde „Hausfrau“ angegeben. Inwieweit sie in die Geschäfte ihres Mannes eingebunden war und ob sie möglicherweise andere berufliche Tätigkeiten ausübte, kann nicht mehr erschlossen werden.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden oder Geltungsjuden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Litten. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Sofort nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten kam es in Neustrelitz zu sichtbaren Repressalien gegen die jüdische Bevölkerung. Zum sogenannten „Judenboykott“ am 1. April 1933 wurden Geschäfte jüdischer Inhaber in der Stadt mit Davidstern beschmiert und SA-Angehörige vor den Läden postiert. Betroffen war auch der Betrieb von Hans und Martha Litten, wie die Tochter Ruth in späteren Jahren berichtete: 

„Am 1. April 1933 wurde das Geschäft geschlossen und SA-Leute davor aufgestellt, die die Passanten auf den jüdischen Besitz des Geschäftes hinwiesen. Später wurde mein Vater und sein Geschäft im Stürmerkasten angeprangert.“

Die Maßnahmen führten zu einem massiven Rückgang des Geschäfts, so dass die Familie bereits die Auswanderung der damals 15-jährigen Tochter ins Auge fasste: 

„In der Kleinstadt Neu-Strelitz, in der es ungefähr 6 jüdische Familien gab [1938 zählten zur jüdischen Gemeinde nur noch 25 Personen, Anm. d. Autors] wirkte sich der Boykott jüdischer Geschäfte besonders früh und besonders stark aus. Mitte 1935 wirkte sich der Boykott bereits im vollen Umfang aus. Im letzten Jahr meines Schulbesuches in Neu-Strelitz war das Leben für uns bereits nahezu unerträglich.“

Ruth Litten hatte das Oberlyzeum in Neustrelitz besucht. Zu Ostern 1936 verließ sie die Schule, um sich, wie sie schreibt, auf einen Beruf vorzubereiten, den sie auch ohne weitere Studien im Ausland ausüben könne. Sie besuchte daraufhin die Haushaltsschule im brandenburgischen Lehnitz. 1937 waren Hans und Martha Litten gezwungen, das Schuhwarengeschäft, die Ledergroßhandlung und das Grundstück in Neustrelitz an „arische“ Käufer zu veräußern und den Großteil ihres Besitzes zu verkaufen. Die Familie zog nach Berlin in der Hoffnung, in der Anonymität der Großstadt ein Stück weit untertauchen zu können – oder zumindest den persönlichen Angriffen, denen sie sich in der Kleinstadt Neustrelitz ausgesetzt sahen, zu entkommen. In Berlin wohnte die Familie Litten ab Herbst 1937 in einer Dreizimmerwohnung in der Grünberger Straße 43 in Friedrichshain.

Zwischen Ostern 1937 und Dezember 1938 wurde Ruth Litten im jüdischen Seminar für Kindergärtnerinnen und Hortnerinnen in Berlin-Grunewald ausgebildet. Im folgenden Jahr ergab sich für die 19-Jährige die Chance das Land zu verlassen. Ruth Litten emigrierte im Frühjahr 1939 nach England und kam zunächst bei der Schwester von Martha, Bertha, verheiratete Colton, unter. Über das Schicksal ihrer in Berlin verbliebenen Eltern erhielt Ruth erst nach dem Krieg von Bekannten und Freunden Informationen.

„Da ich im März 1939 nach England auswanderte und der Krieg unsere Korrespondenz unterbrach, musste ich das weitere Schicksal meiner Eltern durch Hören-Sagen erfahren. Wie mir mitgeteilt wurde, ist meinem Vater ein Posten als Fahrstuhlführer in einem Fabrik-Gebäude angewiesen worden. Eines Tages, als er von der Arbeit nicht zur normalen Zeit zurückkehrte, verließ meine Mutter ihre Wohnung, um ihm entgegen zu gehen. Weder mein Vater noch meine Mutter sind jemals in ihre Wohnung zurückgekehrt. Rückkehrer aus Theresienstadt, mit denen ich das Schicksal meiner Eltern besprach, sind der Meinung, dass meine Eltern in Auschwitz umgebracht worden sind.“

Martha und Hans Litten lebten bis 1943 in Berlin. Nach den Pogromen im Juni und November 1938 hatten sie jüdische Untermieter, das Ehepaar Isaak und Hedwig Fuß, geb. Roth, in ihrer Wohnung in der Grünberger Straße aufgenommen. Mit Kriegsbeginn verschlechterte sich die für das Ehepaar Litten ohnehin kaum erträgliche Lage in der Reichshauptstadt zusehends. So mussten sie Teile ihres Besitzes verschleudern, um unter der Hand an Lebensmittelmarken zu gelangen. In der Position von Rechtlosen wurden sie fast täglich durch neue Erlasse und Sondergesetze drangsaliert. Jeder Gang in der Stadt brachte die Gefahr von Demütigungen, Misshandlungen oder willkürlicher Verhaftung mit sich. Mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ konnten sie sich nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Im Oktober 1941 wurde Martha Litten zur Zwangsarbeit in einem Berliner Unternehmen gezwungen.

Im August 1942 mussten die Littens miterleben, wie ihre Untermieter aus der Wohnung Grünberger Straße 43 deportiert wurden. Isaak und Hedwig Fuß wurden mit dem 18. Osttransport nach Riga verschleppt und dort in den Wäldern bei Rumbula erschossen. In die Wohnung der Littens zogen Paul und Helene Seelig. Das Ehepaar, das nach NS-Terminologie eine sogenannte privilegierte „Mischehe“ führte, sollte Zeuge der Deportation der Littens werden.

Am 27. Februar 1943 wurde Hans Litten im Rahmen der reichsweiten Fabrikaktion an seiner Arbeitsstätte durch die Gestapo verhaftet. Martha Litten, die sich nach den Schilderungen von Freunden der Familie auf die Suche nach ihm begab, als er nicht von seiner Arbeit als Fahrstuhlführer zurückkehrte, wurde höchstwahrscheinlich vor der Fabrik abgefangen und ebenfalls verhaftet. Beide wurden in ein für diesen Zweck kurz zuvor eingerichtetes provisorisches Sammellager in den Pferdeställen der Kaserne in der Rathenower Straße 9-10 in Berlin-Moabit verschleppt. Von hier aus wurden sie getrennt voneinander deportiert. Marthas Ehemann Hans wurde am 1. März 1943 mit dem 31. Osttransport über den Güterbahnhof Moabit in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort vermutlich unmittelbar nach der Ankunft des Deportationszuges vergast. Das gleiche Schicksal teilte Martha Litten, die drei Tage später, am 4. März 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet wurde.

Ihre Tochter Ruth Litten überlebte die NS-Verfolgung und den Krieg im Exil in London. Sie arbeitete in England als Grundschullehrerin, heiratete nach dem Krieg den US-Soldaten Ernst Jack Colton und lebte später in Kapstadt / Südafrika. Marthas Schwester Bertha Colton, geb. Cohn, siedelte in den 1950er Jahren in die USA aus. Das Schicksal ihres Bruders, Leo Cohn, ist ungeklärt.