Walter Boas

Location 
Lietzenburger Str. 99
District
Wilmersdorf
Stone was laid
15 October 2008
Born
20 February 1898 in Berlin
Occupation
Kaufmann
Forced Labour
Arbeiter (Deutsche Waffen- und Munitionsfabrik AG (DWG) Borsigwalde, Eichborndamm 103-127)
Deportation
on 12 January 1943 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Walter Boas kam am 20. Februar 1898 in Berlin als erster von zwei Söhnen des Ehepaars Jacob Anton Boas (1869–1919) und Toni (Antonie Luise) Boas, geb. Lehmann, (1874–1942) auf die Welt. Sein in Berlin geborener Vater stammte aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie und war in Berlin Mitinhaber, später Alleininhaber einer Großhandlung für Garne. – Der Großvater Boas kam aus Schwerin an der Warthe (heute Skwierzyna/Polen), wo die Familie zu den wohlhabenden Kaufleuten gehörte. Auch der Großvater mütterlicherseits war zugewandert: Isidor Lehmann stammte aus Preußisch-Stargard (heute Starogard Gdański/Polen) und war seit 1870 in Berlin Inhaber einer großen Holzhandlung. Die Mutter von Walter Boas hatte bis zur Hochzeit bei ihren Eltern gelebt. <br />
<br />
Zum Zeitpunkt seiner Geburt war die Wohnung der Familie im Parterre des Hauses Königgrätzerstraße 32, zwischen Dessauer Straße und Askanischem Platz (heute ungefähr Stresemannstraße 97). – Dies war damals eine bürgerliche Wohngegend, in der Kaufleute, Künstler und preußische Militärs wohnten, es aber wegen der Nähe des Anhalter Bahnhofs auch viele Hotels und für die „höheren Töchter“ Mädchenpensionate gab. <br />
Anfang des neuen Jahrhunderts zog die Familie Richtung Westen in die Rankestraße 14. Am 9. Januar 1906 kam der jüngere Bruder Kurt Ewald auf die Welt. Über die Kindheit der beiden Brüder wird nichts berichtet. <br />
Am 26. September 1919 starb der Vater Jacob Anton Boas. Die Mutter war nun Eigentümerin der Garnhandlung, die sich in den folgenden Jahren ebenfalls in der Rankestraße befand. <br />
Mutter und Söhne lebten fast 30 Jahre in der Rankestraße in einem ähnlichen Milieu wie in der Königgrätzer Straße. Die Söhne wurden Kaufleute. 1930 reiste Walter Boas nach Südamerika, wo es Verwandte gab (und wohl noch immer gibt.)<br />
Mit Beginn der NS-Diktatur zogen sie in die Lietzenburger Straße/Ecke Bleibtreustraße, damals Nr. 33, heute das Haus Nr. 99. Am 25. April 1939 emigrierte der jüngere Bruder Kurt nach Großbritannien. Er lebte dort nach dem Ende von NS-Diktatur und Krieg als Bankbeamter. Fast ein halbes Jahrhundert später erinnerte er sich an das vergangene gutsituierte, glückliche Leben seiner Familie und schilderte die große Wohnung mit wertvollen Möbeln und einem Flügel.<br />
Nach der Emigration seines Bruders Kurt zog Walter Boas mit seiner Mutter in die Kufsteinerstraße 10 im Bayerischen Viertel in Berlin-Schöneberg. Hier mussten die beiden zur Untermiete wohnen. <br />
<br />
Walter Boas wurde zur Zwangsarbeit in die Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken (D.W.M.) am Eichborndamm in Berlin-Reinickendorf verpflichtet. (In einem Teil der alten Gebäude befindet sich heute das Berliner Landesarchiv.) Während des Zweiten Weltkriegs wurden in der zum Quandt-Konzern gehörenden Fabrik Geschosse und Gewehrpatronen hergestellt. Nach der Erinnerung eines anderen zwangsverpflichteten Juden dauerte die Schicht zwölf Stunden, auch während der Nacht und manchmal am Sonntag. <br />
Am 5. September 1942 wurde die Mutter von Walter Boas vom Güterbahnhof Moabit aus mit dem „19. Osttransport“ nach Riga deportiert und dort nach drei Tagen Fahrt gleich nach der Ankunft erschossen. <br />
Walter Boas heiratete sechs Wochen nach der Deportation seiner Mutter am 17. November 1942 die 1912 in Berlin geborene Gerda-Elfriede Daubitz. Ob sie sich schon vorher gekannt hatten? 1939 hatte Gerda Daubitz als Untermieterin (oder in einem Fremdenheim) in der Grolmanstraße 12 gelebt. Als Hauptmieterin war sie in den Berliner Adressbüchern nicht zu finden.<br />
Walter und Gerda Boas wohnten zuletzt zur Untermiete bei dem Ehepaar Max und Marie Tworoger in der Waitzstraße 7 in Berlin-Charlottenburg. Am 12. Januar 1943 – da waren Max und Marie Tworoger schon deportiert – wurden sie mit dem „26. Osttransport“ nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet. <br />
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Walter Boas kam am 20. Februar 1898 in Berlin als erster von zwei Söhnen des Ehepaars Jacob Anton Boas (1869–1919) und Toni (Antonie Luise) Boas, geb. Lehmann, (1874–1942) auf die Welt. Sein in Berlin geborener Vater stammte aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie und war in Berlin Mitinhaber, später Alleininhaber einer Großhandlung für Garne. – Der Großvater Boas kam aus Schwerin an der Warthe (heute Skwierzyna/Polen), wo die Familie zu den wohlhabenden Kaufleuten gehörte. Auch der Großvater mütterlicherseits war zugewandert: Isidor Lehmann stammte aus Preußisch-Stargard (heute Starogard Gdański/Polen) und war seit 1870 in Berlin Inhaber einer großen Holzhandlung. Die Mutter von Walter Boas hatte bis zur Hochzeit bei ihren Eltern gelebt.

Zum Zeitpunkt seiner Geburt war die Wohnung der Familie im Parterre des Hauses Königgrätzerstraße 32, zwischen Dessauer Straße und Askanischem Platz (heute ungefähr Stresemannstraße 97). – Dies war damals eine bürgerliche Wohngegend, in der Kaufleute, Künstler und preußische Militärs wohnten, es aber wegen der Nähe des Anhalter Bahnhofs auch viele Hotels und für die „höheren Töchter“ Mädchenpensionate gab.
Anfang des neuen Jahrhunderts zog die Familie Richtung Westen in die Rankestraße 14. Am 9. Januar 1906 kam der jüngere Bruder Kurt Ewald auf die Welt. Über die Kindheit der beiden Brüder wird nichts berichtet.
Am 26. September 1919 starb der Vater Jacob Anton Boas. Die Mutter war nun Eigentümerin der Garnhandlung, die sich in den folgenden Jahren ebenfalls in der Rankestraße befand.
Mutter und Söhne lebten fast 30 Jahre in der Rankestraße in einem ähnlichen Milieu wie in der Königgrätzer Straße. Die Söhne wurden Kaufleute. 1930 reiste Walter Boas nach Südamerika, wo es Verwandte gab (und wohl noch immer gibt.)
Mit Beginn der NS-Diktatur zogen sie in die Lietzenburger Straße/Ecke Bleibtreustraße, damals Nr. 33, heute das Haus Nr. 99. Am 25. April 1939 emigrierte der jüngere Bruder Kurt nach Großbritannien. Er lebte dort nach dem Ende von NS-Diktatur und Krieg als Bankbeamter. Fast ein halbes Jahrhundert später erinnerte er sich an das vergangene gutsituierte, glückliche Leben seiner Familie und schilderte die große Wohnung mit wertvollen Möbeln und einem Flügel.
Nach der Emigration seines Bruders Kurt zog Walter Boas mit seiner Mutter in die Kufsteinerstraße 10 im Bayerischen Viertel in Berlin-Schöneberg. Hier mussten die beiden zur Untermiete wohnen.

Walter Boas wurde zur Zwangsarbeit in die Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken (D.W.M.) am Eichborndamm in Berlin-Reinickendorf verpflichtet. (In einem Teil der alten Gebäude befindet sich heute das Berliner Landesarchiv.) Während des Zweiten Weltkriegs wurden in der zum Quandt-Konzern gehörenden Fabrik Geschosse und Gewehrpatronen hergestellt. Nach der Erinnerung eines anderen zwangsverpflichteten Juden dauerte die Schicht zwölf Stunden, auch während der Nacht und manchmal am Sonntag.
Am 5. September 1942 wurde die Mutter von Walter Boas vom Güterbahnhof Moabit aus mit dem „19. Osttransport“ nach Riga deportiert und dort nach drei Tagen Fahrt gleich nach der Ankunft erschossen.
Walter Boas heiratete sechs Wochen nach der Deportation seiner Mutter am 17. November 1942 die 1912 in Berlin geborene Gerda-Elfriede Daubitz. Ob sie sich schon vorher gekannt hatten? 1939 hatte Gerda Daubitz als Untermieterin (oder in einem Fremdenheim) in der Grolmanstraße 12 gelebt. Als Hauptmieterin war sie in den Berliner Adressbüchern nicht zu finden.
Walter und Gerda Boas wohnten zuletzt zur Untermiete bei dem Ehepaar Max und Marie Tworoger in der Waitzstraße 7 in Berlin-Charlottenburg. Am 12. Januar 1943 – da waren Max und Marie Tworoger schon deportiert – wurden sie mit dem „26. Osttransport“ nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet.