Betty Hirsch née Walter

Location 
Kurfürstendamm 212
District
Charlottenburg
Stone was laid
09 June 2009
Born
25 February 1867 in München
Deportation
on 04 September 1942 to Theresienstadt
Later deported
on 29 September 1942 to Treblinka
Murdered
in Treblinka

Betty Hirsch kam am 25. Februar 1867 in München als Tochter des Kaufmanns Sigmund (Selig) Walter (1836–1915) und seiner Ehefrau Susanne, geb. Lewin (1828–1896) auf die Welt. Ihre Eltern stammten aus Franken. Der Vater ist in den Adressbüchern als Großhändler für Schnittwaren, also Stoffe, verzeichnet, an anderer Stelle heißt es, dass er Spiegelfabrikant war. Betty Walter hatte fünf Brüder: 1863 wurde der älteste Bruder Max noch in Fürth geboren, in München folgten 1864 Hermann (er starb als Kind), 1868 Benno, 1869 Siegfried und 1871 der jüngste Bruder Hugo. Bis zu ihrer Hochzeit lebte Betty Walter bei den Eltern in München. <br />
<br />
1893 heiratete sie den Witwer Siegfried Hirsch. 1852 in Prag geboren, war der Kaufmann 1877 als Volontär in eine Firma nach Hamburg gekommen und dort geblieben. Als Ehefrau und Mutter lebte Betty Hirsch dann fast 40 Jahre in Hamburg. Aus seiner ersten Ehe mit der evangelischen Christin Caroline Friederike Schulz brachte Siegfried Hirsch fünf Kinder mit in die neue Ehe (ein sechstes Kind war kurz nach der Geburt gestorben). Auf die Welt gekommen waren: 1883 Sieglinde, 1884 Gottfried Wilhelm (mit sechs Monaten gestorben), 1885 die Zwillinge Walter und Willi, 1887 Wolfram und 1888 Brünnhilde. – So war zum Zeitpunkt der Hochzeit mit Betty Walter das älteste Kind erst zehn Jahre alt. In den folgenden Jahren bekam das Ehepaar fünf weitere Kinder: 1894 Edgar, 1896 die Zwillinge Ilse Henriette (mit einem Jahr gestorben) und Olga, 1898 Susanne und 1901 Kurt. – Sie alle sollen im Folgenden „ihre“ Kinder genannt werden.<br />
Betty Hirsch hatte in kürzester Zeit eine sehr große Familie zu managen – dies wird, auch mit der Hilfe von Dienstboten, viel Arbeit gewesen sein. Ihr Ehemann war in diesen Jahren Mitinhaber eines Großhandels für Woll- und Strumpfwaren geworden. Er muss gut verdient haben. Hatte er mit seiner ersten Ehefrau und den Kindern noch in Altona und dann am Gänsemarkt in der Hamburger Neustadt gewohnt, zog die Familie nun in den Stadtteil Rotherbaum. Hier lebten seit dem Ende des 19. Jahrhunderts viele jüdische Hamburger. Die Wohnungen wechselten – vielleicht mit der Anzahl der Kinder, vielleicht mit dem wachsenden Einkommen. Aber die Familie blieb im Rotherbaum-Viertel: anfangs in der Moorweidenstraße, dann in der Hartungstraße und schließlich (um 1910) in einem Mehrfamilienhaus in der Schlüterstraße 64. Das große Haus wurde zur Heimat – noch nach dem Ende von NS-Diktatur und Krieg sollte der Sohn Walter in die Schlüterstraße zurückkehren. <br />
1926 starb die unverheiratete Tochter Sieglinde, und im Januar 1930 starb auch Ehemann Siegfried Hirsch. Betty Hirsch zog nach seinem Tod nach Berlin, wo inzwischen einige ihrer erwachsenen Kinder lebten, die mittlerweile selbst schon Kinder hatten – so ihre Tochter Olga mit Ehemann Bruno Weichmann und dem 1927 geborenen Sohn Herbert sowie ihre Tochter Susanne Lis, nach kurzer Ehe mit einem „Nichtjuden“ geschieden, mit Tochter Vera. (Susanne Lis war Fotografin geworden, sie wohnte mit ihrer Tochter in Spandau. Olga Weichmann konnte noch im Mai 1941 mit der Familie über Lissabon in die USA entkommen, wo sie sich „Wyman“ nannte.) Auch die Söhne Walter und Kurt lebten eine Weile in Berlin. <br />
In Hamburg blieben ihr Sohn Wolfram, der Schauspieler geworden war, und Sohn Edgar. Wolfram Hirsch starb 1940 im Haus der Familie in der Schlüterstraße. Sohn Edgar wurde im November 1938 nach Sachsenhausen verschleppt, 1941 in das Ghetto von Minsk deportiert und dort ermordet. An ihn erinnert in Hamburg ein.Stolperstein. Auch hier gab es ein Enkelkind: Egon Karl Newman, 1922 in Hamburg geboren, 2005 in Kanada gestorben. <br />
Wo wohnte Betty Hirsch in Berlin? Als Hauptmieterin ist sie in den Adressbüchern nicht zu finden. Für den Mai 1939, zum Zeitpunkt der Volkszählung, ist als Adresse die Nürnberger Straße 9/Ecke Tauentzien notiert. Tochter Brünnhilde erinnert sich an die Versteigerung der „Hamburger“ Möbel und eine Wohnung am Kurfürstendamm mit „modernen“ Möbeln. Auch Enkeltochter Vera Gottier erinnert sich an den Besuch bei ihrer Großmutter am Kurfürstendamm, und zwar in der Nr. 212 ( an der Ecke Uhlandstraße). Dort traf sich die ganze Familie. <br />
Zuletzt wohnte Betty Hirsch zur Untermiete bei dem Ehepaar Fritz und Toni Haber in der Reichsstraße 104 im gutbürgerlichen Charlottenburger Westend. Am 4. September 1942 wurde sie vom Anhalter Bahnhof aus nach Theresienstadt und von dort am 29. September 1942 weiter in das Vernichtungslager Treblinka transportiert. Im Oktober 1942 wurde Betty Hirsch in Treblinka ermordet.<br />
Vermieter Fritz Haber tötete sich am 3. Oktober 1942, einen Tag vor dem Abtransport nach Theresienstadt. Seine Ehefrau Dr. Toni Haber starb dort im März 1944. <br />
<br />
Die Kinder von Betty Hirsch: Tochter Brünnhilde (Hilde), verheiratete Mielziner, lebte lange in Haiti und in den 1950er-Jahren in München; Sohn Walter wohnte wieder im Elternhaus in der Schlüterstraße, er starb 1959; Sohn Kurt, der nach Shanghai entkommen war und sich „Hilton“ nannte, lebte als Kaufmann in den USA; Tochter Olga starb 1992 in den USA. Tochter Susanne Lis ging erst 1949 mit ihrem Kind in die USA, wo sie 1960 starb. Die Enkelin Vera Gottier kehrte später nach Berlin zurück. <br />

Betty Hirsch kam am 25. Februar 1867 in München als Tochter des Kaufmanns Sigmund (Selig) Walter (1836–1915) und seiner Ehefrau Susanne, geb. Lewin (1828–1896) auf die Welt. Ihre Eltern stammten aus Franken. Der Vater ist in den Adressbüchern als Großhändler für Schnittwaren, also Stoffe, verzeichnet, an anderer Stelle heißt es, dass er Spiegelfabrikant war. Betty Walter hatte fünf Brüder: 1863 wurde der älteste Bruder Max noch in Fürth geboren, in München folgten 1864 Hermann (er starb als Kind), 1868 Benno, 1869 Siegfried und 1871 der jüngste Bruder Hugo. Bis zu ihrer Hochzeit lebte Betty Walter bei den Eltern in München.

1893 heiratete sie den Witwer Siegfried Hirsch. 1852 in Prag geboren, war der Kaufmann 1877 als Volontär in eine Firma nach Hamburg gekommen und dort geblieben. Als Ehefrau und Mutter lebte Betty Hirsch dann fast 40 Jahre in Hamburg. Aus seiner ersten Ehe mit der evangelischen Christin Caroline Friederike Schulz brachte Siegfried Hirsch fünf Kinder mit in die neue Ehe (ein sechstes Kind war kurz nach der Geburt gestorben). Auf die Welt gekommen waren: 1883 Sieglinde, 1884 Gottfried Wilhelm (mit sechs Monaten gestorben), 1885 die Zwillinge Walter und Willi, 1887 Wolfram und 1888 Brünnhilde. – So war zum Zeitpunkt der Hochzeit mit Betty Walter das älteste Kind erst zehn Jahre alt. In den folgenden Jahren bekam das Ehepaar fünf weitere Kinder: 1894 Edgar, 1896 die Zwillinge Ilse Henriette (mit einem Jahr gestorben) und Olga, 1898 Susanne und 1901 Kurt. – Sie alle sollen im Folgenden „ihre“ Kinder genannt werden.
Betty Hirsch hatte in kürzester Zeit eine sehr große Familie zu managen – dies wird, auch mit der Hilfe von Dienstboten, viel Arbeit gewesen sein. Ihr Ehemann war in diesen Jahren Mitinhaber eines Großhandels für Woll- und Strumpfwaren geworden. Er muss gut verdient haben. Hatte er mit seiner ersten Ehefrau und den Kindern noch in Altona und dann am Gänsemarkt in der Hamburger Neustadt gewohnt, zog die Familie nun in den Stadtteil Rotherbaum. Hier lebten seit dem Ende des 19. Jahrhunderts viele jüdische Hamburger. Die Wohnungen wechselten – vielleicht mit der Anzahl der Kinder, vielleicht mit dem wachsenden Einkommen. Aber die Familie blieb im Rotherbaum-Viertel: anfangs in der Moorweidenstraße, dann in der Hartungstraße und schließlich (um 1910) in einem Mehrfamilienhaus in der Schlüterstraße 64. Das große Haus wurde zur Heimat – noch nach dem Ende von NS-Diktatur und Krieg sollte der Sohn Walter in die Schlüterstraße zurückkehren.
1926 starb die unverheiratete Tochter Sieglinde, und im Januar 1930 starb auch Ehemann Siegfried Hirsch. Betty Hirsch zog nach seinem Tod nach Berlin, wo inzwischen einige ihrer erwachsenen Kinder lebten, die mittlerweile selbst schon Kinder hatten – so ihre Tochter Olga mit Ehemann Bruno Weichmann und dem 1927 geborenen Sohn Herbert sowie ihre Tochter Susanne Lis, nach kurzer Ehe mit einem „Nichtjuden“ geschieden, mit Tochter Vera. (Susanne Lis war Fotografin geworden, sie wohnte mit ihrer Tochter in Spandau. Olga Weichmann konnte noch im Mai 1941 mit der Familie über Lissabon in die USA entkommen, wo sie sich „Wyman“ nannte.) Auch die Söhne Walter und Kurt lebten eine Weile in Berlin.
In Hamburg blieben ihr Sohn Wolfram, der Schauspieler geworden war, und Sohn Edgar. Wolfram Hirsch starb 1940 im Haus der Familie in der Schlüterstraße. Sohn Edgar wurde im November 1938 nach Sachsenhausen verschleppt, 1941 in das Ghetto von Minsk deportiert und dort ermordet. An ihn erinnert in Hamburg ein.Stolperstein. Auch hier gab es ein Enkelkind: Egon Karl Newman, 1922 in Hamburg geboren, 2005 in Kanada gestorben.
Wo wohnte Betty Hirsch in Berlin? Als Hauptmieterin ist sie in den Adressbüchern nicht zu finden. Für den Mai 1939, zum Zeitpunkt der Volkszählung, ist als Adresse die Nürnberger Straße 9/Ecke Tauentzien notiert. Tochter Brünnhilde erinnert sich an die Versteigerung der „Hamburger“ Möbel und eine Wohnung am Kurfürstendamm mit „modernen“ Möbeln. Auch Enkeltochter Vera Gottier erinnert sich an den Besuch bei ihrer Großmutter am Kurfürstendamm, und zwar in der Nr. 212 ( an der Ecke Uhlandstraße). Dort traf sich die ganze Familie.
Zuletzt wohnte Betty Hirsch zur Untermiete bei dem Ehepaar Fritz und Toni Haber in der Reichsstraße 104 im gutbürgerlichen Charlottenburger Westend. Am 4. September 1942 wurde sie vom Anhalter Bahnhof aus nach Theresienstadt und von dort am 29. September 1942 weiter in das Vernichtungslager Treblinka transportiert. Im Oktober 1942 wurde Betty Hirsch in Treblinka ermordet.
Vermieter Fritz Haber tötete sich am 3. Oktober 1942, einen Tag vor dem Abtransport nach Theresienstadt. Seine Ehefrau Dr. Toni Haber starb dort im März 1944.

Die Kinder von Betty Hirsch: Tochter Brünnhilde (Hilde), verheiratete Mielziner, lebte lange in Haiti und in den 1950er-Jahren in München; Sohn Walter wohnte wieder im Elternhaus in der Schlüterstraße, er starb 1959; Sohn Kurt, der nach Shanghai entkommen war und sich „Hilton“ nannte, lebte als Kaufmann in den USA; Tochter Olga starb 1992 in den USA. Tochter Susanne Lis ging erst 1949 mit ihrem Kind in die USA, wo sie 1960 starb. Die Enkelin Vera Gottier kehrte später nach Berlin zurück.