Dr. Eva Jacobsohn

Location 
Leistikowstr. 2
District
Charlottenburg
Stone was laid
04 October 2010
Born
12 November 1890 in Gołdap
Deportation
on 06 March 1943 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Eva Jacobsohn kam am 12. November 1890 in der damaligen ostpreußischen Kleinstadt Goldap (heute Gołdap in Polen) – südöstlich von Insterburg (Tschernjachowsk) gelegen – zur Welt. Sie war die Tochter des Rechtsanwalts und Notars Max Jacobsohn und seiner ersten Ehefrau Anna, geborene Lublinski. Eva wuchs im Kreis von mindestens drei Geschwistern auf: Ihre jüngeren Schwestern Käthe und Lena Jacobsohn wurden 1891 und 1892 in Goldap geboren; von einem Bruder von ihr ist weder der Name noch das Geburtsjahr bekannt. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Eva und ihren Geschwistern haben sich keine Informationen erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur kleinen jüdischen Gemeinde Goldaps, zu der zum Zeitpunkt von Evas Geburt etwa 60 der rund 7.100 Einwohner zählten und die seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Schulstraße eine Synagoge unterhielt.<br />
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Nach ihrem Schulabschluss begann Eva Jacobsohn ein Studium der Medizin, promovierte und erhielt 1920 ihre Approbation. In den 1920er-Jahren eröffnete die Allgemeinmedizinerin eine Praxis in Berlin. Ab 1926 praktizierte Dr. Jacobsohn in der Wilmersdorfer Berliner Straße 38, Ende der 1920er-Jahre in der Charlottenburger Bismarckstraße 111. Anfang der 1930er-Jahre verlegte sie die Praxis in die Windscheidstraße 9 in Charlottenburg. Eva Jacobsohn blieb unverheiratet und kinderlos. Leider haben sich keine weiteren Informationen erhalten, die einen Einblick in das Leben der Medizinerin im Berlin der Weimarer Republik geben könnten.<br />
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Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Eva Jacobsohn und ihre Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Abgesehen von Boykottmaßnahmen, behördlichen Schikanen und Verhaftungsaktionen wurde die Schlinge für jüdische Ärzte durch eine Flut von Verordnungen und Gesetzen schrittweise enger gezogen: So wurde mit insgesamt sieben Verordnungen von 1933 bis 1937 „nichtarischen“ Ärzten nach und nach die Kassenzulassung entzogen; mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 waren sie vom öffentlichen Gesundheitswesen ausgeschlossen, mit der Verordnung vom 20. November 1933 durften sie keine ärztlichen Fortbildungskurse mehr besuchen und wurden vom ärztlichen Bereitschaftsdienst ausgeschlossen; ab dem Jahr 1936 durften sie nicht mehr mit „deutschstämmigen“ Ärzten zusammenarbeiten. Am 30. September 1938 wurde Dr. Eva Jacobsohn wie allen jüdischen Ärzten und Ärztinnen mit der „Vierten Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ die Approbation entzogen. Sie musste ihre Praxis, die sie 1937 in die Insterburgallee 21 verlegt hatte, schließen. Im selben Jahr zog sie in die Mommsenstraße 42, wo sie zur Untermiete bei einem Herrn Alexander wohnte. Ihren Schwestern Lena und Käthe Jacobsohn war es gelungen, in den 1930er-Jahren nach England und Australien zu entkommen. Ob auch Eva Jacobsohn Pläne verfolgte, das Land zu verlassen, ist nicht bekannt. Sollte sie konkrete Schritte unternommen haben, so scheiterten diese. In Berlin wurde das Leben für die Ärztin spätestens Ende der 1930er-Jahre und Anfang der 1940er-Jahre zum Existenzkampf. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnte sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.<br />
<br />
Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 teilte die Gestapo der Jüdischen Gemeinde Berlin mit, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Eva Jacobsohn lebte noch bis 1943 in Berlin in einer Wohnung in der Charlottenburger Westendallee 102. Dort musste sie die Deportation ihrer Untermieterin Hedwig Waltner (1866–1943) miterleben, die am 10. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert wurde und dort im März 1943 ermordet wurde. Im Zuge der „Fabrik-Aktion“, mit der die letzten offiziell in Berlin lebenden Juden deportiert werden sollten, wurde Dr. Eva Jacobsohn aus ihrem letzten Berliner Wohnsitz in der Charlottenburger Leistikowstraße 2 in eines der Berliner Sammellager verschleppt. Von dort aus wurde die damals 62-Jährige mit dem „35. Osttransport“ am 6. März 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.<br />
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Ihre Schwestern Lena, verheiratete Aron, und Käthe Jacobsohn überlebten die NS-Verfolgung im Exil. Über das Schicksal ihres Bruders ist nichts bekannt. Dessen Tochter Irmgard de Grahl, geborene Jacobsohn, hinterlegte später für ihre Tante Eva bei der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem ein Gedenkblatt.

Eva Jacobsohn kam am 12. November 1890 in der damaligen ostpreußischen Kleinstadt Goldap (heute Gołdap in Polen) – südöstlich von Insterburg (Tschernjachowsk) gelegen – zur Welt. Sie war die Tochter des Rechtsanwalts und Notars Max Jacobsohn und seiner ersten Ehefrau Anna, geborene Lublinski. Eva wuchs im Kreis von mindestens drei Geschwistern auf: Ihre jüngeren Schwestern Käthe und Lena Jacobsohn wurden 1891 und 1892 in Goldap geboren; von einem Bruder von ihr ist weder der Name noch das Geburtsjahr bekannt. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Eva und ihren Geschwistern haben sich keine Informationen erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur kleinen jüdischen Gemeinde Goldaps, zu der zum Zeitpunkt von Evas Geburt etwa 60 der rund 7.100 Einwohner zählten und die seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Schulstraße eine Synagoge unterhielt.

Nach ihrem Schulabschluss begann Eva Jacobsohn ein Studium der Medizin, promovierte und erhielt 1920 ihre Approbation. In den 1920er-Jahren eröffnete die Allgemeinmedizinerin eine Praxis in Berlin. Ab 1926 praktizierte Dr. Jacobsohn in der Wilmersdorfer Berliner Straße 38, Ende der 1920er-Jahre in der Charlottenburger Bismarckstraße 111. Anfang der 1930er-Jahre verlegte sie die Praxis in die Windscheidstraße 9 in Charlottenburg. Eva Jacobsohn blieb unverheiratet und kinderlos. Leider haben sich keine weiteren Informationen erhalten, die einen Einblick in das Leben der Medizinerin im Berlin der Weimarer Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Eva Jacobsohn und ihre Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Abgesehen von Boykottmaßnahmen, behördlichen Schikanen und Verhaftungsaktionen wurde die Schlinge für jüdische Ärzte durch eine Flut von Verordnungen und Gesetzen schrittweise enger gezogen: So wurde mit insgesamt sieben Verordnungen von 1933 bis 1937 „nichtarischen“ Ärzten nach und nach die Kassenzulassung entzogen; mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 waren sie vom öffentlichen Gesundheitswesen ausgeschlossen, mit der Verordnung vom 20. November 1933 durften sie keine ärztlichen Fortbildungskurse mehr besuchen und wurden vom ärztlichen Bereitschaftsdienst ausgeschlossen; ab dem Jahr 1936 durften sie nicht mehr mit „deutschstämmigen“ Ärzten zusammenarbeiten. Am 30. September 1938 wurde Dr. Eva Jacobsohn wie allen jüdischen Ärzten und Ärztinnen mit der „Vierten Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ die Approbation entzogen. Sie musste ihre Praxis, die sie 1937 in die Insterburgallee 21 verlegt hatte, schließen. Im selben Jahr zog sie in die Mommsenstraße 42, wo sie zur Untermiete bei einem Herrn Alexander wohnte. Ihren Schwestern Lena und Käthe Jacobsohn war es gelungen, in den 1930er-Jahren nach England und Australien zu entkommen. Ob auch Eva Jacobsohn Pläne verfolgte, das Land zu verlassen, ist nicht bekannt. Sollte sie konkrete Schritte unternommen haben, so scheiterten diese. In Berlin wurde das Leben für die Ärztin spätestens Ende der 1930er-Jahre und Anfang der 1940er-Jahre zum Existenzkampf. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnte sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 teilte die Gestapo der Jüdischen Gemeinde Berlin mit, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Eva Jacobsohn lebte noch bis 1943 in Berlin in einer Wohnung in der Charlottenburger Westendallee 102. Dort musste sie die Deportation ihrer Untermieterin Hedwig Waltner (1866–1943) miterleben, die am 10. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert wurde und dort im März 1943 ermordet wurde. Im Zuge der „Fabrik-Aktion“, mit der die letzten offiziell in Berlin lebenden Juden deportiert werden sollten, wurde Dr. Eva Jacobsohn aus ihrem letzten Berliner Wohnsitz in der Charlottenburger Leistikowstraße 2 in eines der Berliner Sammellager verschleppt. Von dort aus wurde die damals 62-Jährige mit dem „35. Osttransport“ am 6. März 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Ihre Schwestern Lena, verheiratete Aron, und Käthe Jacobsohn überlebten die NS-Verfolgung im Exil. Über das Schicksal ihres Bruders ist nichts bekannt. Dessen Tochter Irmgard de Grahl, geborene Jacobsohn, hinterlegte später für ihre Tante Eva bei der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem ein Gedenkblatt.