Edwin Mannheim

Location 
Livländische Str. 28
District
Wilmersdorf
Stone was laid
04 October 2010
Born
18 September 1878 in Schivelbein (Pommern) / Świdwin
Deportation
on 03 March 1943 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Edwin Mannheim kam am 18. September 1878 in Schivelbein, einer kleinen Handelsstadt in Pommern (heute: Świdwin in Polen), als Sohn des jüdischen Kaufmanns Lewin Mannheim (1822–1895) und seiner Ehefrau Rosalie, geb. Jacobus, auf die Welt. Die Eltern stammten aus großen und geachteten Kaufmannsfamilien, die im Zentrum der Stadt Wohn- und Geschäftshäuser besaßen und mit Getreide, Leder, Wolle, Textilien, Kolonialwaren und Spirituosen handelten. Die Familien kannten sich und die anderen jüdischen Kaufleute von Kindheit an und heirateten untereinander. <br />
Der Vater besaß am Markt ein Geschäft für Tuche und Modewaren. Edwin Mannheim war das jüngste von fünf (oder sechs) Geschwistern: Johanna (*1861), Moses (*1863), Rosa (*1864), Hugo (*1871) und vielleicht Philippine Mannheim (*1877). <br />
Am 7. August 1881 erlebte Edwin Mannheim als kleines Kind ein Pogrom. Die im Parterre der Häuser gelegenen Geschäfte des Vaters und der Familie der Mutter wurden verwüstet und geplündert. Die Mehrzahl der Bürger war empört und schützte die jüdischen Familien vor dem von „antisemitischen Volksverführer[n]“, dem „feinen Pöbel“, aufgehetzten Mob. <br />
Ob Edwin Mannheim nach dem Tod seines Vaters im elterlichen Geschäft gearbeitet hat, bleibt unklar. Einen eigenen Haushalt führte er in Schivelbein nicht. Sein Bruder Hugo war nach Berlin gegangen und lebte in der Fürther Straße 12 in Berlin-Wilmersdorf. Nach dessen Hochzeit im Jahr 1911 zog Edwin Mannheim in das Haus und wohnte dort bis 1932/33. Verheiratet war er mit der in Plauen geborenen Betty Brilles (1890–1943), die ebenfalls aus einer Kaufmannsfamilie stammte. Sie blieben ohne Kinder. Edwin Mannheim hatte eine 1911 gegründete Elektro- und Radiogroßhandlung in Kreuzberg gekauft, die unter dem Namen Bruno Georgi firmierte und nach 1938 mit einem neuen Besitzer noch während des Zweiten Weltkriegs existierte. (Das heißt: Der Name blieb, der Besitzer war laut Berliner Adressbuch der Kaufmann Walter Reimann.) Aus der Fürther Straße zog das Ehepaar nach 20 Jahren in eine 4-Zimmer-Wohnung in der Livländischen Straße 28. Noch scheint es das gewohnte gutbürgerliche Leben geführt zu haben.<br />
Die Verwandten in Schivelbein verloren während der NS-Diktatur ihre Geschäfte und Häuser, und eine Reihe von ihnen floh nach Berlin. Edwins Geschwister Johanna, verwitwete Loepert, Rosa und Moses hatten 1939 noch gemeinsam in Johannas Haus in Schivelbein gewohnt. In Berlin lebte Johanna mit Philippine Mannheim in Berlin-Halensee. Rosa lebte bei ihrem Bruder Edwin und seiner Ehefrau. Dort lebte illegal eine Zeit lang auch Ludwig Loepert, Sohn von Johanna.<br />
<br />
Bereits im Herbst 1941 gaben das Ehepaar Mannheim und Rosa Mannheim verschiedenen Bekannten Geld zur Aufbewahrung („zu treuen Händen“) und verkauften einen Teil der Wohnungseinrichtung. (Über den Verbleib des Geldes wurde nach 1945 gestritten.) Edwin Mannheim musste Zwangsarbeit leisten. Im Rahmen der sogenannten Fabrikaktion am 28. Februar 1943 am Arbeitsplatz festgenommen, wurde er mit seiner Ehefrau Betty am 3. März 1943 von Berlin nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.<br />
<br />
Der gelagerte Rest der Möbel und des Hausrats wurde nach ihrer Deportation versteigert. Edwin Mannheims Neffe Ludwig Loepert konnte überleben, wie auch sein Bruder Hugo, der eine nach den NS-Rassegesetzen „arische“ Frau hatte. Moses Mannheim starb 1941 in Berlin. Johanna Loepert, Philippine und Rosa Mannheim wurden nach Theresienstadt deportiert und kamen dort um. Eine weitere Verwandte, die 1938 mit ihren Eltern aus Schivelbein geflohene Gisela Mannheim, verheiratete Mießner, (1925–2008) wurde nach 1945 in Berlin eine bekannte sozialdemokratische Kommunalpolitikerin. <br />

Edwin Mannheim kam am 18. September 1878 in Schivelbein, einer kleinen Handelsstadt in Pommern (heute: Świdwin in Polen), als Sohn des jüdischen Kaufmanns Lewin Mannheim (1822–1895) und seiner Ehefrau Rosalie, geb. Jacobus, auf die Welt. Die Eltern stammten aus großen und geachteten Kaufmannsfamilien, die im Zentrum der Stadt Wohn- und Geschäftshäuser besaßen und mit Getreide, Leder, Wolle, Textilien, Kolonialwaren und Spirituosen handelten. Die Familien kannten sich und die anderen jüdischen Kaufleute von Kindheit an und heirateten untereinander.
Der Vater besaß am Markt ein Geschäft für Tuche und Modewaren. Edwin Mannheim war das jüngste von fünf (oder sechs) Geschwistern: Johanna (*1861), Moses (*1863), Rosa (*1864), Hugo (*1871) und vielleicht Philippine Mannheim (*1877).
Am 7. August 1881 erlebte Edwin Mannheim als kleines Kind ein Pogrom. Die im Parterre der Häuser gelegenen Geschäfte des Vaters und der Familie der Mutter wurden verwüstet und geplündert. Die Mehrzahl der Bürger war empört und schützte die jüdischen Familien vor dem von „antisemitischen Volksverführer[n]“, dem „feinen Pöbel“, aufgehetzten Mob.
Ob Edwin Mannheim nach dem Tod seines Vaters im elterlichen Geschäft gearbeitet hat, bleibt unklar. Einen eigenen Haushalt führte er in Schivelbein nicht. Sein Bruder Hugo war nach Berlin gegangen und lebte in der Fürther Straße 12 in Berlin-Wilmersdorf. Nach dessen Hochzeit im Jahr 1911 zog Edwin Mannheim in das Haus und wohnte dort bis 1932/33. Verheiratet war er mit der in Plauen geborenen Betty Brilles (1890–1943), die ebenfalls aus einer Kaufmannsfamilie stammte. Sie blieben ohne Kinder. Edwin Mannheim hatte eine 1911 gegründete Elektro- und Radiogroßhandlung in Kreuzberg gekauft, die unter dem Namen Bruno Georgi firmierte und nach 1938 mit einem neuen Besitzer noch während des Zweiten Weltkriegs existierte. (Das heißt: Der Name blieb, der Besitzer war laut Berliner Adressbuch der Kaufmann Walter Reimann.) Aus der Fürther Straße zog das Ehepaar nach 20 Jahren in eine 4-Zimmer-Wohnung in der Livländischen Straße 28. Noch scheint es das gewohnte gutbürgerliche Leben geführt zu haben.
Die Verwandten in Schivelbein verloren während der NS-Diktatur ihre Geschäfte und Häuser, und eine Reihe von ihnen floh nach Berlin. Edwins Geschwister Johanna, verwitwete Loepert, Rosa und Moses hatten 1939 noch gemeinsam in Johannas Haus in Schivelbein gewohnt. In Berlin lebte Johanna mit Philippine Mannheim in Berlin-Halensee. Rosa lebte bei ihrem Bruder Edwin und seiner Ehefrau. Dort lebte illegal eine Zeit lang auch Ludwig Loepert, Sohn von Johanna.

Bereits im Herbst 1941 gaben das Ehepaar Mannheim und Rosa Mannheim verschiedenen Bekannten Geld zur Aufbewahrung („zu treuen Händen“) und verkauften einen Teil der Wohnungseinrichtung. (Über den Verbleib des Geldes wurde nach 1945 gestritten.) Edwin Mannheim musste Zwangsarbeit leisten. Im Rahmen der sogenannten Fabrikaktion am 28. Februar 1943 am Arbeitsplatz festgenommen, wurde er mit seiner Ehefrau Betty am 3. März 1943 von Berlin nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Der gelagerte Rest der Möbel und des Hausrats wurde nach ihrer Deportation versteigert. Edwin Mannheims Neffe Ludwig Loepert konnte überleben, wie auch sein Bruder Hugo, der eine nach den NS-Rassegesetzen „arische“ Frau hatte. Moses Mannheim starb 1941 in Berlin. Johanna Loepert, Philippine und Rosa Mannheim wurden nach Theresienstadt deportiert und kamen dort um. Eine weitere Verwandte, die 1938 mit ihren Eltern aus Schivelbein geflohene Gisela Mannheim, verheiratete Mießner, (1925–2008) wurde nach 1945 in Berlin eine bekannte sozialdemokratische Kommunalpolitikerin.