Fanny Pietrkowski

Location 
Landhausstr. 44
District
Wilmersdorf
Stone was laid
17 July 2007
Born
04 February 1869 in Kempen (Posen) / Kępno
Deportation
on 21 September 1942 to Theresienstadt
Murdered
17 October 1942 in Theresienstadt

Fanny Pietrkowski gehörte, wie Johanna Hirschberg, zu denjenigen Bewohnerinnen des Hauses Landhausstraße 44, von deren Leben bis jetzt nur wenig berichtet werden kann. Auch bei ihr fehlen die üblichen Akten – die „Vermögenserklärung“, die sie kurz vor der Deportation ausfüllen musste, oder die sogenannten Wiedergutmachungsakten.<br />
Auf die Welt gekommen ist sie am 4. Februar 1869 in Kempen/Posen (heute Kępno/Polen). Der Ort gehörte damals zu Preußen. Provinzhauptstadt war Posen, aber näher war das schlesische Breslau (heute Wroclaw/Polen) mit seinen Märkten und seiner berühmten Universität. <br />
Kempen hatte eine große jüdische Gemeinde, zu der zeitweise die Hälfte der Bevölkerung gehörte. Der Name Pietrkowski findet sich bereits vor 1800: 1796 wurde dort der Lehrer Louis Pietrkowski geboren, 1843 kam der Kaufmann Leopold Pietrkowski auf die Welt. Beide verließen die kleine Stadt. Wie auch andere Mitglieder der sehr großen Familie lebten sie später im nahen Ostrowo (heute Ostrów Wielkopolski/Polen) oder auch in Jarotschin (heute Jarocin/Polen) sowie in Breslau. (Leopold Pietrkowski starb dort 1917.) Die Männer waren meist Kaufleute. Wohlhabend geworden, schickten die ersten ihre Söhne auf das Gymnasium. (Eine Generation später studierten die ersten Töchter, wurden Sprachforscherin wie Anna Pietrkowski-Lehmann aus Jarotschin, die 1942 in Chelmno ermordet wurde.) Viele zogen weiter nach Berlin und später, wenn sie noch konnten, in die Emigration, wo sie sich dann „Peters“ nannten. <br />
Dies war die Welt, in der Fanny Pietrkowski aufgewachsen ist und/oder lange Jahre lebte. Die Frauen und Männer könnten/müssten Vorfahren und Verwandte von Fanny Pietrkowski gewesen sein, aber sie wird nirgends genannt.<br />
Sie selbst blieb unverheiratet und ohne Kinder. Aber sie hatte einen Beruf: In der Todesfallanzeige von Theresienstadt steht als Berufsangabe „Krankenpflegerin“. Falls sie dies noch selbst angegeben hatte, wird der Beruf für ihr Leben wichtig gewesen sein. Die Spuren dieser Arbeit sind „unsichtbar“, allein ihre Patienten hätten berichten können. <br />
Wann ist Fanny Pietrkowski nach Berlin gekommen, und wo hat sie hier gewohnt? – Sie könnte bei Verwandten gelebt haben, in einem Schwesternheim gewohnt oder als Privatpflegerin gearbeitet haben. Als sie im Frühjahr 1939 in der Landhausstraße 44 wohnte, muss sie bereits Rentnerin gewesen sein. Hier lebte Fanny Pietrkowski als Untermieterin bei einer anderen Rentnerin: Rina Michaelis hatte als Direktrice gearbeitet und schon vor dem Ersten Weltkrieg in der ersten Etage des Gartenhauses gelebt. Diese Wohnung hatte Fanny Pietrkowski noch selbst gewählt. Während der letzten Zeit vor der Deportation musste sie (wiederum zur Untermiete) in der Uhlandstraße 52 wohnen. <br />
Am 21. September 1942 wurde Fanny Pietrkowski mit einem der „kleinen Alterstransporte“ vom Anhalter Bahnhof nach Theresienstadt deportiert. An den fahrplanmäßigen Personenzug Richtung Dresden bzw. Prag waren für 100 Personen zwei weitere Waggons gehängt worden. Von den 100 Deportierten des Transports überlebten zehn Menschen das Ghettolager. <br />
Fanny Pietrkowski war laut Transportliste nicht arbeitsfähig, sie starb bereits am 17. Oktober 1942 an „Altersschwäche“ – an den elenden Lebensbedingungen in Theresienstadt. <br />
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Fanny Pietrkowski gehörte, wie Johanna Hirschberg, zu denjenigen Bewohnerinnen des Hauses Landhausstraße 44, von deren Leben bis jetzt nur wenig berichtet werden kann. Auch bei ihr fehlen die üblichen Akten – die „Vermögenserklärung“, die sie kurz vor der Deportation ausfüllen musste, oder die sogenannten Wiedergutmachungsakten.
Auf die Welt gekommen ist sie am 4. Februar 1869 in Kempen/Posen (heute Kępno/Polen). Der Ort gehörte damals zu Preußen. Provinzhauptstadt war Posen, aber näher war das schlesische Breslau (heute Wroclaw/Polen) mit seinen Märkten und seiner berühmten Universität.
Kempen hatte eine große jüdische Gemeinde, zu der zeitweise die Hälfte der Bevölkerung gehörte. Der Name Pietrkowski findet sich bereits vor 1800: 1796 wurde dort der Lehrer Louis Pietrkowski geboren, 1843 kam der Kaufmann Leopold Pietrkowski auf die Welt. Beide verließen die kleine Stadt. Wie auch andere Mitglieder der sehr großen Familie lebten sie später im nahen Ostrowo (heute Ostrów Wielkopolski/Polen) oder auch in Jarotschin (heute Jarocin/Polen) sowie in Breslau. (Leopold Pietrkowski starb dort 1917.) Die Männer waren meist Kaufleute. Wohlhabend geworden, schickten die ersten ihre Söhne auf das Gymnasium. (Eine Generation später studierten die ersten Töchter, wurden Sprachforscherin wie Anna Pietrkowski-Lehmann aus Jarotschin, die 1942 in Chelmno ermordet wurde.) Viele zogen weiter nach Berlin und später, wenn sie noch konnten, in die Emigration, wo sie sich dann „Peters“ nannten.
Dies war die Welt, in der Fanny Pietrkowski aufgewachsen ist und/oder lange Jahre lebte. Die Frauen und Männer könnten/müssten Vorfahren und Verwandte von Fanny Pietrkowski gewesen sein, aber sie wird nirgends genannt.
Sie selbst blieb unverheiratet und ohne Kinder. Aber sie hatte einen Beruf: In der Todesfallanzeige von Theresienstadt steht als Berufsangabe „Krankenpflegerin“. Falls sie dies noch selbst angegeben hatte, wird der Beruf für ihr Leben wichtig gewesen sein. Die Spuren dieser Arbeit sind „unsichtbar“, allein ihre Patienten hätten berichten können.
Wann ist Fanny Pietrkowski nach Berlin gekommen, und wo hat sie hier gewohnt? – Sie könnte bei Verwandten gelebt haben, in einem Schwesternheim gewohnt oder als Privatpflegerin gearbeitet haben. Als sie im Frühjahr 1939 in der Landhausstraße 44 wohnte, muss sie bereits Rentnerin gewesen sein. Hier lebte Fanny Pietrkowski als Untermieterin bei einer anderen Rentnerin: Rina Michaelis hatte als Direktrice gearbeitet und schon vor dem Ersten Weltkrieg in der ersten Etage des Gartenhauses gelebt. Diese Wohnung hatte Fanny Pietrkowski noch selbst gewählt. Während der letzten Zeit vor der Deportation musste sie (wiederum zur Untermiete) in der Uhlandstraße 52 wohnen.
Am 21. September 1942 wurde Fanny Pietrkowski mit einem der „kleinen Alterstransporte“ vom Anhalter Bahnhof nach Theresienstadt deportiert. An den fahrplanmäßigen Personenzug Richtung Dresden bzw. Prag waren für 100 Personen zwei weitere Waggons gehängt worden. Von den 100 Deportierten des Transports überlebten zehn Menschen das Ghettolager.
Fanny Pietrkowski war laut Transportliste nicht arbeitsfähig, sie starb bereits am 17. Oktober 1942 an „Altersschwäche“ – an den elenden Lebensbedingungen in Theresienstadt.