Jenny Auguste Flörsheim née Salomon

Location 
Giesebrechtstr. 10
District
Charlottenburg
Stone was laid
08 May 2011
Born
04 December 1860 in Neuwied
Deportation
on 30 July 1942 to Theresienstadt
Murdered
18 August 1942 im Ghetto Theresienstadt

Jenny Auguste Flörsheim wurde als Jenny Auguste Salomon am 4. Dezember 1860 in Neuwied / Rheinprovinz geboren. Ihre Eltern waren der Kaufmann Jacob Salomon und Rosa geb. Süsskind. Ob Jenny-Auguste Geschwister hatte, muss offen bleiben. Die Familie wohnte in Neuwied in der Engerser Straße 48. Mit 23 Jahren, am 9. September 1884, heiratete Jenny Auguste den Krefelder Seidenwarengroßhändler Burghard Horn und zog mit ihm nach Krefeld. Sie wohnten in der Breitestraße 96. Am 8.Oktober 1885 brachte sie ihre erste Tochter, Anna Sophie, zur Welt. Es folgten 1887 die früh verstorbene Luise und 1888 Elli. Die Söhne Hermann und Richard wurden 1890 und 1893 geboren, die jüngste Tochter Hildegard 1894. Hermann hatte offenbar eine Zwillingsschwester, die jedoch im Alter von 10 Monaten starb.<br />
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Burghard Horn starb mit 46 Jahren am 5. April 1900, nachmittags um 8 Uhr. Jenny Auguste blieb zunächst mit ihren Kindern in Krefeld. Zwei Jahre später heiratete sie den 48jährigen Otto Flörsheim, Sohn ihrer Tante Johanna geb. Süsskind. Er lebte in Berlin und Jenny Auguste wechselte abermals den Wohnsitz, am 29. Februar 1902 meldete sie sich in Krefeld ab. Otto Flörsheim war 1853 in Aachen geboren, 1875 wanderte er in die USA aus. Er hatte in Köln Musik studiert und war Komponist und Musikkritiker. Ab 1880 gab er in New York die Zeitschrift Musical Courier heraus. 1894 kam er als Korrespondent der Zeitschrift nach Deutschland zurück und ließ sich in Berlin nieder. Er wohnte erst in der Linkstraße 17, nach seiner Heirat mit Jenny Auguste in der Schöneberger Hauptstraße 20. Um 1904 gab er die Korrespondenz für den Musical Courier auf und nannte sich fortan Musikschriftsteller. <br />
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Am 7. April 1904, nachmittags um drei, gebar Jenny Auguste noch einen Sohn, Ignaz Edgar. Vielleicht war dies der Anstoß, um innerhalb Schönebergs die Wohnung zu wechseln: Laut Adressbuch wohnte Otto Flörsheim ab 1905 in der Mühlenstraße 6a (heute Dominicusstraße). Um 1909 verließ Flörsheim Berlin und ließ sich in Plainpalais nieder, einem Vorort von Genf. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass Jenny nicht auch mit ihm in die Schweiz ging. Die älteste Tochter Anna Sophie hatte 1908 nach Eberswalde geheiratet. Zumindest die jüngeren Kinder dürften mit in die Schweiz gegangen sein. <br />
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Otto Flörsheim starb am 30. November 1917 in Plainpalais. Ob Jenny Auguste in der Schweiz blieb, und wenn ja, wie lange, ist nicht bekannt. Wir finden ihre Spur erst wieder 1939 in Berlin, aus Anlass der Volkszählung vom 17. Mai des Jahres, bei der Juden in einer gesonderten Kartei erfasst wurden. Sie lebte mit ihrer ledigen Tochter Hildegard in der Giesebrechtstraße 10. Dort ist Hildegard Horn als Stenotypistin ab 1934 im Adressbuch verzeichnet. Von dieser Wohnung aus musste Jenny Auguste Ende Juli 1942 in die Sammelstelle Große Hamburger Straße 26, ein auf Geheiß der Gestapo umfunktioniertes jüdisches Altersheim. Hier wurden zur Deportation Bestimmte „gesammelt“. Am 30. Juli 1942 musste sie in aller Frühe am Anhalter Bahnhof auf Gleis 1 einen von zwei Waggons 3. Klasse besteigen, die später verplombt an den fahrplanmäßigen Zug nach Prag um 6.07 Uhr angehängt wurden. Mit 99 weiteren Leidensgenossen wurde Jenny Auguste mit diesem Zug nach Theresienstadt deportiert. Angeblich war dieses „Altersghetto“ eine Stätte für einen ruhigen Lebensabend, tatsächlich handelte es sich aber um ein Konzentrationslager, in dem die Lebensbedingungen ausgesprochen erbärmlich waren: die Wohnräume heruntergekommen und brutal überbelegt, die Nahrung unzureichend, die hygienischen Bedingungen katastrophal. Hunger, Kälte, Krankheiten und Seuchen suchten die Bewohner heim. Die 81jährige Jenny Auguste Flörsheim überlebte unter diesen Umständen wenig mehr als zwei Wochen: Sie starb am 18. August 1942. Die Schwiegermutter ihres Sohnes Hermann, Margarete Rosenberg, die Theresienstadt überlebte, bezeugte nach dem Krieg Jenny Augustes Tod. Sie konnte sich auch erinnern, dass „die Leiche dann in ein Wasser geworfen wurde“. <br />
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Von Jenny Augustes Kindern überlebten Elli und Richard den Krieg, beide emigrierten in die USA. Auch Ignaz Edgar konnte rechtzeitig auswandern. Anna Sophie und Hildegard starben beide 1942, vermutlich vor der Deportation, da sie nicht in den Gedenkbüchern aufgeführt sind. Anna Sophies drei Töchter wanderten rechtzeitig aus, vermutlich auch ihr Mann Arthur Ullendorff. Hermann Horns Schicksal lässt sich wegen Namensgleichheit mehrerer Opfer der Shoah nicht eindeutig klären, wahrscheinlich kam er 1940 ums Leben, seine Witwe Gertrude geb. Rosenberg und die Tochter Susanne retteten sich in die Emigration. In Neuwied liegt vor der Engerser Straße 48 auch ein Stolperstein für Jenny Auguste Flörsheim.<br />
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Jenny Auguste Flörsheim wurde als Jenny Auguste Salomon am 4. Dezember 1860 in Neuwied / Rheinprovinz geboren. Ihre Eltern waren der Kaufmann Jacob Salomon und Rosa geb. Süsskind. Ob Jenny-Auguste Geschwister hatte, muss offen bleiben. Die Familie wohnte in Neuwied in der Engerser Straße 48. Mit 23 Jahren, am 9. September 1884, heiratete Jenny Auguste den Krefelder Seidenwarengroßhändler Burghard Horn und zog mit ihm nach Krefeld. Sie wohnten in der Breitestraße 96. Am 8.Oktober 1885 brachte sie ihre erste Tochter, Anna Sophie, zur Welt. Es folgten 1887 die früh verstorbene Luise und 1888 Elli. Die Söhne Hermann und Richard wurden 1890 und 1893 geboren, die jüngste Tochter Hildegard 1894. Hermann hatte offenbar eine Zwillingsschwester, die jedoch im Alter von 10 Monaten starb.

Burghard Horn starb mit 46 Jahren am 5. April 1900, nachmittags um 8 Uhr. Jenny Auguste blieb zunächst mit ihren Kindern in Krefeld. Zwei Jahre später heiratete sie den 48jährigen Otto Flörsheim, Sohn ihrer Tante Johanna geb. Süsskind. Er lebte in Berlin und Jenny Auguste wechselte abermals den Wohnsitz, am 29. Februar 1902 meldete sie sich in Krefeld ab. Otto Flörsheim war 1853 in Aachen geboren, 1875 wanderte er in die USA aus. Er hatte in Köln Musik studiert und war Komponist und Musikkritiker. Ab 1880 gab er in New York die Zeitschrift Musical Courier heraus. 1894 kam er als Korrespondent der Zeitschrift nach Deutschland zurück und ließ sich in Berlin nieder. Er wohnte erst in der Linkstraße 17, nach seiner Heirat mit Jenny Auguste in der Schöneberger Hauptstraße 20. Um 1904 gab er die Korrespondenz für den Musical Courier auf und nannte sich fortan Musikschriftsteller.

Am 7. April 1904, nachmittags um drei, gebar Jenny Auguste noch einen Sohn, Ignaz Edgar. Vielleicht war dies der Anstoß, um innerhalb Schönebergs die Wohnung zu wechseln: Laut Adressbuch wohnte Otto Flörsheim ab 1905 in der Mühlenstraße 6a (heute Dominicusstraße). Um 1909 verließ Flörsheim Berlin und ließ sich in Plainpalais nieder, einem Vorort von Genf. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass Jenny nicht auch mit ihm in die Schweiz ging. Die älteste Tochter Anna Sophie hatte 1908 nach Eberswalde geheiratet. Zumindest die jüngeren Kinder dürften mit in die Schweiz gegangen sein.

Otto Flörsheim starb am 30. November 1917 in Plainpalais. Ob Jenny Auguste in der Schweiz blieb, und wenn ja, wie lange, ist nicht bekannt. Wir finden ihre Spur erst wieder 1939 in Berlin, aus Anlass der Volkszählung vom 17. Mai des Jahres, bei der Juden in einer gesonderten Kartei erfasst wurden. Sie lebte mit ihrer ledigen Tochter Hildegard in der Giesebrechtstraße 10. Dort ist Hildegard Horn als Stenotypistin ab 1934 im Adressbuch verzeichnet. Von dieser Wohnung aus musste Jenny Auguste Ende Juli 1942 in die Sammelstelle Große Hamburger Straße 26, ein auf Geheiß der Gestapo umfunktioniertes jüdisches Altersheim. Hier wurden zur Deportation Bestimmte „gesammelt“. Am 30. Juli 1942 musste sie in aller Frühe am Anhalter Bahnhof auf Gleis 1 einen von zwei Waggons 3. Klasse besteigen, die später verplombt an den fahrplanmäßigen Zug nach Prag um 6.07 Uhr angehängt wurden. Mit 99 weiteren Leidensgenossen wurde Jenny Auguste mit diesem Zug nach Theresienstadt deportiert. Angeblich war dieses „Altersghetto“ eine Stätte für einen ruhigen Lebensabend, tatsächlich handelte es sich aber um ein Konzentrationslager, in dem die Lebensbedingungen ausgesprochen erbärmlich waren: die Wohnräume heruntergekommen und brutal überbelegt, die Nahrung unzureichend, die hygienischen Bedingungen katastrophal. Hunger, Kälte, Krankheiten und Seuchen suchten die Bewohner heim. Die 81jährige Jenny Auguste Flörsheim überlebte unter diesen Umständen wenig mehr als zwei Wochen: Sie starb am 18. August 1942. Die Schwiegermutter ihres Sohnes Hermann, Margarete Rosenberg, die Theresienstadt überlebte, bezeugte nach dem Krieg Jenny Augustes Tod. Sie konnte sich auch erinnern, dass „die Leiche dann in ein Wasser geworfen wurde“.

Von Jenny Augustes Kindern überlebten Elli und Richard den Krieg, beide emigrierten in die USA. Auch Ignaz Edgar konnte rechtzeitig auswandern. Anna Sophie und Hildegard starben beide 1942, vermutlich vor der Deportation, da sie nicht in den Gedenkbüchern aufgeführt sind. Anna Sophies drei Töchter wanderten rechtzeitig aus, vermutlich auch ihr Mann Arthur Ullendorff. Hermann Horns Schicksal lässt sich wegen Namensgleichheit mehrerer Opfer der Shoah nicht eindeutig klären, wahrscheinlich kam er 1940 ums Leben, seine Witwe Gertrude geb. Rosenberg und die Tochter Susanne retteten sich in die Emigration. In Neuwied liegt vor der Engerser Straße 48 auch ein Stolperstein für Jenny Auguste Flörsheim.