Max Paul Mirauer

Location 
Babelsberger Str. 6
District
Wilmersdorf
Stone was laid
22 June 2011
Born
08 September 1874 in Berlin
Deportation
on 20 November 1942 to Theresienstadt
Dead
01 December 1942 in Theresienstadt

Max Paul Mirauer kam am 8. September 1874 in Berlin zur Welt. Seine Eltern, der Kaufmann Moritz Mirauer und Regina geb. Weil waren erst ein Jahr verheiratet. Sie waren 1873 nach Berlin gekommen und Moritz hatte ein Wohnhaus im Friedrichshainer Grünen Weg Nr. 39 gekauft (heute Singerstraße 36), in dem die junge Familie die Belletage, den 1. Stock, bewohnte. 1875 kam Pauls einzige Schwester Rosa hinzu. <br />
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Wir wissen nicht, ob Moritz Mirauer allein von seinen Mieteinkünften lebte – in dem Haus wohnten 14 Parteien – oder ob er noch ein Gewerbe betrieb. Jedenfalls konnte er seinem Sohn eine solide Ausbildung als Baumeister finanzieren. Und Paul machte Karriere. 1905, das einzige Jahr in dem er im Adressbuch Berlin eingetragen ist, war er bereits verbeamteter Regierungsbaumeister. Er war ledig und lebte mit seinen Eltern am Grünen Weg.<br />
<br />
Als Beamter kam Paul viel herum, mit jeder Beförderung wurde er versetzt. 1909 war er Regierungsbauinspektor bei der Eisenbahndirektion in Danzig, mit der Adresse Pfefferstadt 75. 1910/11 war in der „Verkehrstechnische Woche und Eisenbahntechnische Zeitschrift“ zu lesen: „Der 2. Vertrauensmann für die Eisenbahn-Direktion Danzig Regierungs -Baumeister Mirauer scheidet durch seine Versetzung nach Insterburg am 1. Oktober aus seinem Amt als solcher aus.... Mirauer, bisher in Danzig, als Vorstand (auftrw.) der Maschineninspektion nach Insterburg“ .Und das „Zentralblatt der Bauverwaltung“ weiß 1911: „Verliehen ist: Mirauer die Stelle des Vorstandes des Maschinenamts in Insterburg“. 1918 erfahren wir: „Versetzt [ist]... Mirauer, bisher in Insterburg, als Vorstand des Eisenbahn-Maschinenamts nach Nordhausen“. Mirauer ist jetzt Regierungs- und Baurat, wie uns wiederum die „Zeitschrift für Bauwesen“ mitteilt. Von Nordhausen wird er 1920 versetzt nach Paderborn als „Vorstand eines Werkstättenamtes bei der Eisenbahnhauptwerkstätte 1 Hbf daselbst“. Von dort ging es offenbar nach Münster in Westfalen, denn 1925 meldet „Die Bautechnik“, Mirauer sei von Münster als Mitglied zur Reichsbahndirektion in Oppeln versetzt worden. In Oppeln wohnt er in der Bismarckstraße 2 und ist bereits Reichsbahnoberrat. <br />
<br />
Mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 beeilten sich die Nationalsozialisten, jüdische Beamte zu entlassen. Ausnahmen waren allerdings Frontkämpfer und schon im August 1914 Verbeamtete. Beides traf auf Paul zu, er hatte 1916 sogar das Eiserne Kreuz Klasse II erhalten. Paul Mirauer verließ 1933 Oppeln, um noch zwei Jahre in Halle a.d.Saale zu sein. Mit der Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 14. November 1935 wurden schließlich alle jüdischen Beamten entlassen. Nicht alle bekamen ein Ruhegeld, und auch das wurde für Juden 1938 reduziert. <br />
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1936 kehrte Paul nach Berlin zurück. Er hatte das Haus seiner Eltern, beide inzwischen verstorben, zur Hälfte mit seiner verwitweten Schwester Rosa Cassel geerbt. Den Grünen Weg, der 1926 nach dem SPD-Politiker in Paul-Singer-Straße umbenannt worden war, hatten die Nationalsozialisten gleich 1933 in Brauner (!) Weg umgetauft, den ganzen Bezirk Friedrichhain in Horst-Wessel-Stadt. Pauls elterliche Wohnung wurde von Rosa mit ihrer Tochter Margot bewohnt, nach deren Heirat (vermutlich 1939) wohnte dort auch ihr Ehemann, der Musiker Fritz Buonaventura. Paul wohnte zur Untermiete, zunächst in Schöneberg und spätestens ab Mai 1939 in der Babelsberger Straße 6. <br />
<br />
Die Entlassung aus dem Staatsdienst war bei weitem nicht die einzige judenfeindliche Maßnahme. Eine Fülle von antisemitischen Verordnungen zielte darauf, nicht nur das Berufs- sondern auch das Alltagsleben von Juden unerträglich zu machen, um sie zur Auswanderung zu treiben. Andererseits wurde gerade Emigration durch andere Auflagen immer schwieriger gemacht, bis sie im Oktober 1941 ganz verboten wurde. Ohnehin war es nach Kriegsbeginn kaum noch möglich, Auswanderervisa zu bekommen. Die Nationalsozialisten wechselten zu einer anderen, viel perfideren Strategie: die Deportationen. <br />
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Der erste Deportationszug aus Berlin verließ den Bahnhof Grunewald am 18. Oktober 1941 mit dem Ghetto Lodz als Ziel. Pauls Schwester Rosa, deren Tochter Margot mit dem 1-jährigen Uri und Margots Ehemann gehörten zu den 1013 Insassen dieses Zuges. Über ihre Abholung schrieb nach dem Krieg Rosas Sohn Fritz Cassel mit Bitterkeit: „...als meine Mutter und meine Schwester mit meinem 1 Jahr alten Neffe im Oktober 1941 nach Polen verschleppt wurden, wurde in der gleichen Nacht das Grundstück Grüner Weg 36 [damals Brauner Weg], das 60 Jahre in Familienbesitz war, beschlagnahmt. Am kommenden Tag wurde die Einrichtung versteigert, die ehemaligen Mieter stürzten sich wie Geier auf jedes Stück. Dann kam der Herr welcher das Protokoll aufnahm: in der gut eingerichteten 5-Zi-Wohnung hätten sich Werte für 75 RM befunden, wurde von 2 Zeugen unterschrieben, und damit basta. Der nächste bitte.“<br />
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Paul Mirauer erhielt die Deportationsbenachrichtigung im nächsten Jahr, Anfang Oktober 1942. Er hatte bis dahin in der Babelsberger Straße 6 zur Untermiete bei Hermann Löwenstein gewohnt. Dieser hatte sich bereits im Dezember 1941 das Leben genommen, seine Frau Alice war im Mai 1942 untergetaucht. In der Wohnung blieben als Untermieter Paul Mirauer und Hugo Bendix. Letzterer wurde einen Monat vor Paul von der Gestapo „abgeholt“. Die obligate „Vermögenserklärung“, die der Deportation vorausging, füllte Paul Mirauer gewissenhaft aus. Er sei Reichsbahnoberrat a. D. und ehrenamtlicher Helfer bei der Jüdischen Kultusvereinigung ohne Entgelt. Wohl als solcher wurde er bei der späteren Deportation als „Ordner“ eingesetzt. Die Auflistung seiner noch verbliebenen Habe zeugt noch von besseren Tagen: er gibt u.a. an: eine Schreibmaschine (die er eigentlich laut Verordnung schon im Juni 1942 hätte abgeben müssen), ein Frack, ein Smoking, eine weiße Weste, ein Gehrock, ein Straßenanzug, eine Sportbekleidung, 5 Oberhemden, 3 Herrenhüte, 2 Paar Schuhe. Auch sein Vermögen rechnet er penibel ab: Von den ihm nach allen Sonderabgaben verbliebenen 3250 RM habe er die ihm erlaubten monatlichen 200 zum Lebensunterhalt abgezogen, die restlichen 3050 seien für den „Heimeinkauf“ an die Jüdische Kultusgemeinde gegangen, Saldo: 0.<br />
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Juden, die wie Paul in das „Altersghetto“ Theresienstadt deportiert werden sollten, nötigte man, sofern sie noch Geld hatten, einen Heimeinkaufsvertrag mit der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland zu schließen. Darin wurde ihnen lebenslange kostenfreie Unterbringung, Verpflegung und Krankenversorgung zugesagt – blanker Hohn in Anbetracht der tatsächlichen elenden Verhältnisse, die sie erwarteten. Verfügen konnte die Reichsvereinigung allerdings über Vermögenswerte, die sie auf diesem Weg erhielt, nicht, und sie fielen später dem Reichssicherheitssamt zu.<br />
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Der Betrag für den „Heimeinkauf“ wurde auf ein Lebensalter von 85 Jahren berechnet. Dieses Alter zu erreichen hatte der 68 Jahre alte Paul nicht den Hauch von einer Chance. Am 20. November 1942 wurde er nach Theresienstadt deportiert, schon 10 Tage später, am 1. Dezember 1942 starb er, offiziell am Durchbruch eines Darmgeschwürs. Die eigentlichen Ursachen für seinen Tod dürften in Hunger, Kälte und katastrophaler Hygiene während des „Transports“ und in seiner Unterkunft, das Gebäude B IV Zimmer 177, liegen.<br />
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Pauls Schwester Rosa Cassel starb am 20. Mai 1942 im Ghetto Lodz, letztlich auch an den nicht minder menschenunwürdigen Lebensbedingungen dort. Der kleine Uri war diesen Verhältnissen schon am 11. April erlegen, Margot, Pauls Nichte, überlebte lediglich bis 3. September. Ihr Mann, Fritz Buenaventura, wurde kurz danach, am 10. September 1942 von Lodz in das Vernichtungslager Kulmhof verschleppt und dort umgebracht. Von Pauls beiden Neffen überlebte nur Fritz Cassel, der mit seiner Frau Charlotte im April 1943 in die Illegalität gegangen war. Heinz Cassel dagegen wurde am 29. Oktober 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.<br />
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Hugo Bendix, Pauls Mit-Untermieter in der Babelsberger Straße 6, wurde am 19. Oktober 1942 nach Riga deportiert und dort auf Ankunft ermordet.<br />
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Max Paul Mirauer kam am 8. September 1874 in Berlin zur Welt. Seine Eltern, der Kaufmann Moritz Mirauer und Regina geb. Weil waren erst ein Jahr verheiratet. Sie waren 1873 nach Berlin gekommen und Moritz hatte ein Wohnhaus im Friedrichshainer Grünen Weg Nr. 39 gekauft (heute Singerstraße 36), in dem die junge Familie die Belletage, den 1. Stock, bewohnte. 1875 kam Pauls einzige Schwester Rosa hinzu.

Wir wissen nicht, ob Moritz Mirauer allein von seinen Mieteinkünften lebte – in dem Haus wohnten 14 Parteien – oder ob er noch ein Gewerbe betrieb. Jedenfalls konnte er seinem Sohn eine solide Ausbildung als Baumeister finanzieren. Und Paul machte Karriere. 1905, das einzige Jahr in dem er im Adressbuch Berlin eingetragen ist, war er bereits verbeamteter Regierungsbaumeister. Er war ledig und lebte mit seinen Eltern am Grünen Weg.

Als Beamter kam Paul viel herum, mit jeder Beförderung wurde er versetzt. 1909 war er Regierungsbauinspektor bei der Eisenbahndirektion in Danzig, mit der Adresse Pfefferstadt 75. 1910/11 war in der „Verkehrstechnische Woche und Eisenbahntechnische Zeitschrift“ zu lesen: „Der 2. Vertrauensmann für die Eisenbahn-Direktion Danzig Regierungs -Baumeister Mirauer scheidet durch seine Versetzung nach Insterburg am 1. Oktober aus seinem Amt als solcher aus.... Mirauer, bisher in Danzig, als Vorstand (auftrw.) der Maschineninspektion nach Insterburg“ .Und das „Zentralblatt der Bauverwaltung“ weiß 1911: „Verliehen ist: Mirauer die Stelle des Vorstandes des Maschinenamts in Insterburg“. 1918 erfahren wir: „Versetzt [ist]... Mirauer, bisher in Insterburg, als Vorstand des Eisenbahn-Maschinenamts nach Nordhausen“. Mirauer ist jetzt Regierungs- und Baurat, wie uns wiederum die „Zeitschrift für Bauwesen“ mitteilt. Von Nordhausen wird er 1920 versetzt nach Paderborn als „Vorstand eines Werkstättenamtes bei der Eisenbahnhauptwerkstätte 1 Hbf daselbst“. Von dort ging es offenbar nach Münster in Westfalen, denn 1925 meldet „Die Bautechnik“, Mirauer sei von Münster als Mitglied zur Reichsbahndirektion in Oppeln versetzt worden. In Oppeln wohnt er in der Bismarckstraße 2 und ist bereits Reichsbahnoberrat.

Mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 beeilten sich die Nationalsozialisten, jüdische Beamte zu entlassen. Ausnahmen waren allerdings Frontkämpfer und schon im August 1914 Verbeamtete. Beides traf auf Paul zu, er hatte 1916 sogar das Eiserne Kreuz Klasse II erhalten. Paul Mirauer verließ 1933 Oppeln, um noch zwei Jahre in Halle a.d.Saale zu sein. Mit der Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 14. November 1935 wurden schließlich alle jüdischen Beamten entlassen. Nicht alle bekamen ein Ruhegeld, und auch das wurde für Juden 1938 reduziert.

1936 kehrte Paul nach Berlin zurück. Er hatte das Haus seiner Eltern, beide inzwischen verstorben, zur Hälfte mit seiner verwitweten Schwester Rosa Cassel geerbt. Den Grünen Weg, der 1926 nach dem SPD-Politiker in Paul-Singer-Straße umbenannt worden war, hatten die Nationalsozialisten gleich 1933 in Brauner (!) Weg umgetauft, den ganzen Bezirk Friedrichhain in Horst-Wessel-Stadt. Pauls elterliche Wohnung wurde von Rosa mit ihrer Tochter Margot bewohnt, nach deren Heirat (vermutlich 1939) wohnte dort auch ihr Ehemann, der Musiker Fritz Buonaventura. Paul wohnte zur Untermiete, zunächst in Schöneberg und spätestens ab Mai 1939 in der Babelsberger Straße 6.

Die Entlassung aus dem Staatsdienst war bei weitem nicht die einzige judenfeindliche Maßnahme. Eine Fülle von antisemitischen Verordnungen zielte darauf, nicht nur das Berufs- sondern auch das Alltagsleben von Juden unerträglich zu machen, um sie zur Auswanderung zu treiben. Andererseits wurde gerade Emigration durch andere Auflagen immer schwieriger gemacht, bis sie im Oktober 1941 ganz verboten wurde. Ohnehin war es nach Kriegsbeginn kaum noch möglich, Auswanderervisa zu bekommen. Die Nationalsozialisten wechselten zu einer anderen, viel perfideren Strategie: die Deportationen.

Der erste Deportationszug aus Berlin verließ den Bahnhof Grunewald am 18. Oktober 1941 mit dem Ghetto Lodz als Ziel. Pauls Schwester Rosa, deren Tochter Margot mit dem 1-jährigen Uri und Margots Ehemann gehörten zu den 1013 Insassen dieses Zuges. Über ihre Abholung schrieb nach dem Krieg Rosas Sohn Fritz Cassel mit Bitterkeit: „...als meine Mutter und meine Schwester mit meinem 1 Jahr alten Neffe im Oktober 1941 nach Polen verschleppt wurden, wurde in der gleichen Nacht das Grundstück Grüner Weg 36 [damals Brauner Weg], das 60 Jahre in Familienbesitz war, beschlagnahmt. Am kommenden Tag wurde die Einrichtung versteigert, die ehemaligen Mieter stürzten sich wie Geier auf jedes Stück. Dann kam der Herr welcher das Protokoll aufnahm: in der gut eingerichteten 5-Zi-Wohnung hätten sich Werte für 75 RM befunden, wurde von 2 Zeugen unterschrieben, und damit basta. Der nächste bitte.“

Paul Mirauer erhielt die Deportationsbenachrichtigung im nächsten Jahr, Anfang Oktober 1942. Er hatte bis dahin in der Babelsberger Straße 6 zur Untermiete bei Hermann Löwenstein gewohnt. Dieser hatte sich bereits im Dezember 1941 das Leben genommen, seine Frau Alice war im Mai 1942 untergetaucht. In der Wohnung blieben als Untermieter Paul Mirauer und Hugo Bendix. Letzterer wurde einen Monat vor Paul von der Gestapo „abgeholt“. Die obligate „Vermögenserklärung“, die der Deportation vorausging, füllte Paul Mirauer gewissenhaft aus. Er sei Reichsbahnoberrat a. D. und ehrenamtlicher Helfer bei der Jüdischen Kultusvereinigung ohne Entgelt. Wohl als solcher wurde er bei der späteren Deportation als „Ordner“ eingesetzt. Die Auflistung seiner noch verbliebenen Habe zeugt noch von besseren Tagen: er gibt u.a. an: eine Schreibmaschine (die er eigentlich laut Verordnung schon im Juni 1942 hätte abgeben müssen), ein Frack, ein Smoking, eine weiße Weste, ein Gehrock, ein Straßenanzug, eine Sportbekleidung, 5 Oberhemden, 3 Herrenhüte, 2 Paar Schuhe. Auch sein Vermögen rechnet er penibel ab: Von den ihm nach allen Sonderabgaben verbliebenen 3250 RM habe er die ihm erlaubten monatlichen 200 zum Lebensunterhalt abgezogen, die restlichen 3050 seien für den „Heimeinkauf“ an die Jüdische Kultusgemeinde gegangen, Saldo: 0.

Juden, die wie Paul in das „Altersghetto“ Theresienstadt deportiert werden sollten, nötigte man, sofern sie noch Geld hatten, einen Heimeinkaufsvertrag mit der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland zu schließen. Darin wurde ihnen lebenslange kostenfreie Unterbringung, Verpflegung und Krankenversorgung zugesagt – blanker Hohn in Anbetracht der tatsächlichen elenden Verhältnisse, die sie erwarteten. Verfügen konnte die Reichsvereinigung allerdings über Vermögenswerte, die sie auf diesem Weg erhielt, nicht, und sie fielen später dem Reichssicherheitssamt zu.

Der Betrag für den „Heimeinkauf“ wurde auf ein Lebensalter von 85 Jahren berechnet. Dieses Alter zu erreichen hatte der 68 Jahre alte Paul nicht den Hauch von einer Chance. Am 20. November 1942 wurde er nach Theresienstadt deportiert, schon 10 Tage später, am 1. Dezember 1942 starb er, offiziell am Durchbruch eines Darmgeschwürs. Die eigentlichen Ursachen für seinen Tod dürften in Hunger, Kälte und katastrophaler Hygiene während des „Transports“ und in seiner Unterkunft, das Gebäude B IV Zimmer 177, liegen.

Pauls Schwester Rosa Cassel starb am 20. Mai 1942 im Ghetto Lodz, letztlich auch an den nicht minder menschenunwürdigen Lebensbedingungen dort. Der kleine Uri war diesen Verhältnissen schon am 11. April erlegen, Margot, Pauls Nichte, überlebte lediglich bis 3. September. Ihr Mann, Fritz Buenaventura, wurde kurz danach, am 10. September 1942 von Lodz in das Vernichtungslager Kulmhof verschleppt und dort umgebracht. Von Pauls beiden Neffen überlebte nur Fritz Cassel, der mit seiner Frau Charlotte im April 1943 in die Illegalität gegangen war. Heinz Cassel dagegen wurde am 29. Oktober 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Hugo Bendix, Pauls Mit-Untermieter in der Babelsberger Straße 6, wurde am 19. Oktober 1942 nach Riga deportiert und dort auf Ankunft ermordet.