Dr. Albert Neuburger

Location 
Jenaer Str. 7
District
Wilmersdorf
Stone was laid
22 May 2012
Born
21 January 1867 in Bayreuth
Deportation
on 29 January 1943 to Theresienstadt
Murdered
05 March 1943 in Theresienstadt

Albert Neuburger kam am 21. Januar 1867 in Bayreuth als Kind von Abraham Neuburger (1814–1871) und Babette, geborene Grunthal, zur Welt. Über seinen familiären Hintergrund ist Näheres nicht bekannt. Verschiedene Umstände erlauben aber den Schluss, dass die Familie seit Generationen in Deutschland lebte, zu Wohlstand gelangt war, sich deutsch fühlte und zur bildungsorientierten sowie assimilationsbereiten Gruppe jüdischer Bürger gehörte. <br />
<br />
Nach einer klassischen Schullaufbahn studierte Albert Neuburger Chemie in München und Erlangen, wo er 1890 mit einer Arbeit über experimentelle Chemie zum Dr. phil. promoviert wurde. Wenig später zog er nach Berlin, wo er 1901 seine Frau Minna Hartmann heiratete. Beide ließen sich in der Französischen Friedrichstadtkirche taufen und verließen auch förmlich die jüdische Gemeinde. Die Gründe dafür sind nicht dokumentiert. Wie bei vielen anderen dürfte der Wunsch nach gänzlicher Assimilation und die Verhinderung von Diskriminierungen eine Rolle gespielt haben, denen Juden trotz ihres bildungs- und einkommensbürgerlichen Status weiterhin ausgesetzt waren. <br />
<br />
Beruflich war Albert Neuburger ab 1894 zunächst Redakteur der neugegründeten „Elektrochemischen Zeitschrift“, bald darauf bis zur Einstellung 1922 ihr alleiniger Herausgeber. Er begann gleichzeitig eine überaus erfolgreiche journalistische Karriere bei den Zeitungen des Ullstein-Verlages, wo er bald als „Star des naturwissenschaftlich-technischen Feuilletons“ galt. In verschiedenen aufwendigen Sammelwerken publizierte er zur Technikgeschichte und feierte den Fortschritt der Naturwissenschaften und Erfinder. Seine in hohen Auflagen erschienenen, immer wieder neu aufgelegten, teilweise nach dem Kriege nachgedruckten und auch in andere Sprachen übersetzten Bücher populärwissenschaftlichen Inhalts verfolgten das Ziel, über technisch-wissenschaftliche Zusammenhänge aufzuklären und den Begründern des Fortschritts Anerkennung zu verschaffen. Sein schriftstellerisches Werk kann hier nicht im Einzelnen dargestellt werden (ist aber nachzulesen in der unten genannten Quelle). Immerhin seien seine besonders erfolgreichen und unverändert lesenswerten Titel „Ergötzliche Wissenschaft“, „Die Technik des Altertums“ sowie „Echt oder Fälschung?“ genannt. Albert Neuburger war ein überaus gelehrter Mann, der komplizierte Zusammenhänge allgemeinverständlich darstellen konnte, ohne je den Unterhaltungswert seiner Schriften und das Lesevergnügen aus den Augen zu lassen. <br />
<br />
Die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 werden Albert Neuburger und seine Frau Minna gewiss als Bedrohung erlebt haben, doch hielten sie sich aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung und ihres Alters vermutlich nicht für unmittelbar gefährdet, konnten sich mit Sicherheit auch nicht vorstellen, was noch kommen würde. Über Versuche zur Emigration ist nichts bekannt. Es ist möglich, dass Albert Neuburger von den Bücherverbrennungen um den 10. Mai 1933 betroffen war; zwar sind seine Werke nicht auf den offiziellen Listen aufgeführt, aber überall wurden die Bibliotheken durchforstet und die Bücher bekannter Juden aussortiert. Jedenfalls wurde seine Tätigkeit für den Ullstein-Verlag schon Mitte 1933 beendet, denn der Verlag hatte sich schnell von seinen jüdischen Mitarbeitern zu trennen (Schriftleitergesetz). Diese beruflichen Veränderungen mögen der Grund für einen Umzug des Ehepaares aus ihrer Wohnung in der Neuen Winterfeldstraße in die Jenaer Straße 7 sein, die ihre letzte frei gewählte Wohnstätte werden sollte.<br />
<br />
Die Eheleute Neuburger waren allen Repressionen und Diskriminierungen, die jüdische Bürger in den Jahren insbesondere aufgrund der Nürnberger Gesetze und im Gefolge der sog. „Reichskristallnacht“ erfahren haben, ausgesetzt. Sie waren direkt von der „Judenvermögensabgabe“ betroffen; so hatte Albert Neuburger bis zum 15. August 1939 einen Betrag von 39 000 RM an das Wilmersdorfer Finanzamt zu zahlen, der wenig später noch um 5 Prozent erhöht wurde. Wie alle anderen Juden mussten sie ihre Wertgegenstände und den Schmuck abgeben; als wohlhabende Menschen werden sie viel verloren haben, aber wie hoch der Wert genau war, ist nicht bekannt. Obwohl einige ihrer nahen Familienmitglieder und Freunde die Emigration wagten, scheint das Ehepaar Neuburger diese Möglichkeit („aus unbegreiflichem Optimismus“, wie ein Schwager später sagte) nie in Betracht gezogen zu haben. <br />
<br />
Im Zuge der immer schärferen Verfolgung der Juden wurden die Neuburgers im Mai 1941 in eine kleine Wohnung in der Agricolastraße 1 zur Untermiete zwangsumgesiedelt; das Bayerische Viertel sollte nach dem Entschluss der Nazis „judenrein“ gemacht werden. Mit dem geringen ihnen verbliebenen Besitz lebten sie dort für mehr als 1 ½ Jahre und mussten beobachten, wie von der Sammelstelle in der benachbarten Synagoge Levetzowstraße die Transporte „in den Osten“ organisiert wurden. Als sie im Dezember 1942 um den Preis ihres letzten Vermögens einen „Heimeinkaufsvertrag“ für einen angeblichen Altenheimplatz mit lebenslänglicher Versorgung und Betreuung im Ghetto Theresienstadt unterzeichneten, glaubten sie möglicherweise der Propaganda und meinten, das gefürchtete Deportationsschicksal „in den Osten“ werde ihnen erspart bleiben. Diese letzte Hoffnung wurde bitter enttäuscht. Nachdem sie im Januar 1943 in 14-tägigem Abstand getrennt in Theresienstadt ankamen, haben sie die furchtbaren Verhältnisse dort nur kurze Zeit überlebt. Der 76-jährige Albert Neuburger starb am 5. März 1943; seine 67-jährige Frau Minna wurde mit Wirkung vom 31. März 1943 für tot erklärt.

Albert Neuburger kam am 21. Januar 1867 in Bayreuth als Kind von Abraham Neuburger (1814–1871) und Babette, geborene Grunthal, zur Welt. Über seinen familiären Hintergrund ist Näheres nicht bekannt. Verschiedene Umstände erlauben aber den Schluss, dass die Familie seit Generationen in Deutschland lebte, zu Wohlstand gelangt war, sich deutsch fühlte und zur bildungsorientierten sowie assimilationsbereiten Gruppe jüdischer Bürger gehörte.

Nach einer klassischen Schullaufbahn studierte Albert Neuburger Chemie in München und Erlangen, wo er 1890 mit einer Arbeit über experimentelle Chemie zum Dr. phil. promoviert wurde. Wenig später zog er nach Berlin, wo er 1901 seine Frau Minna Hartmann heiratete. Beide ließen sich in der Französischen Friedrichstadtkirche taufen und verließen auch förmlich die jüdische Gemeinde. Die Gründe dafür sind nicht dokumentiert. Wie bei vielen anderen dürfte der Wunsch nach gänzlicher Assimilation und die Verhinderung von Diskriminierungen eine Rolle gespielt haben, denen Juden trotz ihres bildungs- und einkommensbürgerlichen Status weiterhin ausgesetzt waren.

Beruflich war Albert Neuburger ab 1894 zunächst Redakteur der neugegründeten „Elektrochemischen Zeitschrift“, bald darauf bis zur Einstellung 1922 ihr alleiniger Herausgeber. Er begann gleichzeitig eine überaus erfolgreiche journalistische Karriere bei den Zeitungen des Ullstein-Verlages, wo er bald als „Star des naturwissenschaftlich-technischen Feuilletons“ galt. In verschiedenen aufwendigen Sammelwerken publizierte er zur Technikgeschichte und feierte den Fortschritt der Naturwissenschaften und Erfinder. Seine in hohen Auflagen erschienenen, immer wieder neu aufgelegten, teilweise nach dem Kriege nachgedruckten und auch in andere Sprachen übersetzten Bücher populärwissenschaftlichen Inhalts verfolgten das Ziel, über technisch-wissenschaftliche Zusammenhänge aufzuklären und den Begründern des Fortschritts Anerkennung zu verschaffen. Sein schriftstellerisches Werk kann hier nicht im Einzelnen dargestellt werden (ist aber nachzulesen in der unten genannten Quelle). Immerhin seien seine besonders erfolgreichen und unverändert lesenswerten Titel „Ergötzliche Wissenschaft“, „Die Technik des Altertums“ sowie „Echt oder Fälschung?“ genannt. Albert Neuburger war ein überaus gelehrter Mann, der komplizierte Zusammenhänge allgemeinverständlich darstellen konnte, ohne je den Unterhaltungswert seiner Schriften und das Lesevergnügen aus den Augen zu lassen.

Die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 werden Albert Neuburger und seine Frau Minna gewiss als Bedrohung erlebt haben, doch hielten sie sich aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung und ihres Alters vermutlich nicht für unmittelbar gefährdet, konnten sich mit Sicherheit auch nicht vorstellen, was noch kommen würde. Über Versuche zur Emigration ist nichts bekannt. Es ist möglich, dass Albert Neuburger von den Bücherverbrennungen um den 10. Mai 1933 betroffen war; zwar sind seine Werke nicht auf den offiziellen Listen aufgeführt, aber überall wurden die Bibliotheken durchforstet und die Bücher bekannter Juden aussortiert. Jedenfalls wurde seine Tätigkeit für den Ullstein-Verlag schon Mitte 1933 beendet, denn der Verlag hatte sich schnell von seinen jüdischen Mitarbeitern zu trennen (Schriftleitergesetz). Diese beruflichen Veränderungen mögen der Grund für einen Umzug des Ehepaares aus ihrer Wohnung in der Neuen Winterfeldstraße in die Jenaer Straße 7 sein, die ihre letzte frei gewählte Wohnstätte werden sollte.

Die Eheleute Neuburger waren allen Repressionen und Diskriminierungen, die jüdische Bürger in den Jahren insbesondere aufgrund der Nürnberger Gesetze und im Gefolge der sog. „Reichskristallnacht“ erfahren haben, ausgesetzt. Sie waren direkt von der „Judenvermögensabgabe“ betroffen; so hatte Albert Neuburger bis zum 15. August 1939 einen Betrag von 39 000 RM an das Wilmersdorfer Finanzamt zu zahlen, der wenig später noch um 5 Prozent erhöht wurde. Wie alle anderen Juden mussten sie ihre Wertgegenstände und den Schmuck abgeben; als wohlhabende Menschen werden sie viel verloren haben, aber wie hoch der Wert genau war, ist nicht bekannt. Obwohl einige ihrer nahen Familienmitglieder und Freunde die Emigration wagten, scheint das Ehepaar Neuburger diese Möglichkeit („aus unbegreiflichem Optimismus“, wie ein Schwager später sagte) nie in Betracht gezogen zu haben.

Im Zuge der immer schärferen Verfolgung der Juden wurden die Neuburgers im Mai 1941 in eine kleine Wohnung in der Agricolastraße 1 zur Untermiete zwangsumgesiedelt; das Bayerische Viertel sollte nach dem Entschluss der Nazis „judenrein“ gemacht werden. Mit dem geringen ihnen verbliebenen Besitz lebten sie dort für mehr als 1 ½ Jahre und mussten beobachten, wie von der Sammelstelle in der benachbarten Synagoge Levetzowstraße die Transporte „in den Osten“ organisiert wurden. Als sie im Dezember 1942 um den Preis ihres letzten Vermögens einen „Heimeinkaufsvertrag“ für einen angeblichen Altenheimplatz mit lebenslänglicher Versorgung und Betreuung im Ghetto Theresienstadt unterzeichneten, glaubten sie möglicherweise der Propaganda und meinten, das gefürchtete Deportationsschicksal „in den Osten“ werde ihnen erspart bleiben. Diese letzte Hoffnung wurde bitter enttäuscht. Nachdem sie im Januar 1943 in 14-tägigem Abstand getrennt in Theresienstadt ankamen, haben sie die furchtbaren Verhältnisse dort nur kurze Zeit überlebt. Der 76-jährige Albert Neuburger starb am 5. März 1943; seine 67-jährige Frau Minna wurde mit Wirkung vom 31. März 1943 für tot erklärt.