Elise Hahn née Salomon

Location 
Trautenaustr. 6
District
Wilmersdorf
Stone was laid
29 April 2012
Born
07 February 1873 in Berlin
Deportation
on 25 August 1942 to Theresienstadt
Murdered
12 July 1943 in Theresienstadt

Elise Hahn wurde als Tochter von Hermann Salomon und Johanna, geb. Tietzner, am 7. Februar 1873 in Berlin geboren. Sie hatte zwei Geschwister, den Bruder Ernst und die Schwester Ella.<br />
<br />
Ihr Ehemann war Justizrat Rudolf Hahn (geb. am 25. September 1860, gest. am 10. September 1932), mit dem sie drei Töchter hatte, die alle in Berlin geboren wurden: Edith, geb. am 23. Januar 1895, Gertrud, geb. am 22. August 1897 und Ilse, geb. am 3. Juli 1902. Die beiden jüngeren Töchter starben in Israel. Die älteste Tochter Edith war Religionslehrerin und heiratete 1920 den bekannten jüdischen Religionsphilosophen Franz Rosenzweig. Dieser starb bereits 1929. 1939 emigrierte sie auf dem letzten Schiff mit jüdischen Emigranten nach Palästina. Edith Rosenzweig heiratete 1941 Max Scheinmann in Palästina. Sie starb 1979 in Israel.<br />
<br />
Bis 1939 wohnte Elise Hahn vermutlich in Lichterfelde, Luisenstraße 86. Es ist anzunehmen, dass sie, nachdem ihre Kinder geflohen waren, in die Pension am Nikolsburger Platz 3 (heute Trautenaustr, 6) umzog, denn 1940 ist sie im Adressbuch nicht mehr zu finden.<br />
<br />
Hedwig Ems, geb. Frank, (geb. 10.Januar 1869 in Halle) erinnert sich an Elise Hahn, mit der sie zeitweilig in Berlin die Unterkunft geteilt hat. Sie selbst wurde am 23. Oktober 1942 in das zur „Sammelstelle“ umfunktionierte jüdische Altersheim in der Großen Hamburger Straße verbracht und am 28.10.1942 vom Anhalter Bahnhof aus nach Theresienstadt deportiert, wo sie auch Elise Hahn wiedertraf. Hedwig Ems blieb nach der „Befreiung“ von Theresienstadt am 7./.8. Mai 1945 noch bis zum 17. August 1945 - als die Tschechen die vollständige Räumung des Ghettos anordneten - in Theresienstadt. Mit anderen Überlebenden fuhr sie zurück nach Berlin und lebte dort bis zu ihrem Tod am 5.6.1958.<br />
<br />
Aus den Erinnerungen von Hedwig Ems, geb. Frank [Rechtschreibung angepasst]:<br />
»...Im Juli 1939 wurde meinen Pensionsinhabern mitgeteilt, dass sie die zwei Wohnungen sofort räumen müssten, weil Abteilungen der Nazi da untergebracht werden sollten. Mit vieler Mühe wurde eine andere Wohnung gefunden. Kaum waren wir einen Monat darin, als sich genau dasselbe abspielte und wir wieder umziehen mussten. Dann hatten wir allerdings ein Jahr Ruhe, danach war es dasselbe. Vorher war schon verlangt worden, dass einzeln wohnende Menschen, wenn die Größe des Raumes es gestattete, es war ein Mindestmaß dafür bestimmt, eine zweite Person bei sich aufnehmen müssten, und so bekam ich Frau Elise Hahn (Schwiegermutter von Frau Rosenzweig) in mein Zimmer; eine feine, gebildete Dame, aber sehr nervös. Wir kamen aber gut miteinander aus, waren recht befreundet, und als wir wieder aus der Wohnung hinaus mussten, und Cohns keine große Wohnung fanden, um alle Pensionäre mitzunehmen, entschlossen Frau Hahn und ich uns, zusammen ein Zimmer zu suchen und uns allein zu beköstigen. <br />
Nach vieler Mühe hatten wir bei einer netten jüdischen Familie ein Zimmer mit Küchen-benutzung gefunden, das Zimmer reinigen lassen, sogar einen Kammerjäger dagehabt, Verdunklung anbringen lassen und was sonst noch dazu gehörte, als am Vormittag vor dem Tage, an dem wir umziehen wollten, uns mitgeteilt wurde, dass der Besitzer des Hauses keine Juden mehr in seinem Haus haben wollte. Obgleich ich mich gleich an Hans Gumpert [während des Nationalsozialismus »jüdischer Konsulent«; eigentlich Rechtsanwalt und Notar] wandte, konnte er auch nichts ausrichten, ebenso wenig wie die jüdische Gemeinde, die uns das Zimmer zugewiesen hatte, weil der Besitzer mit »Speer« in Verbindung stand und deshalb nichts zu machen war. Frau Hahn lag mit einer Nierenbeckenentzündung zu Bett. Ich musste dann den Tag herumlaufen und alles abbestellen, Möbelwagen, Tapezierer usw. Es war furchtbar. Es schreibt sich alles so einfach, aber es war es nicht. Aus unserem Zimmer mussten wir hinaus; weshalb, weiß ich selber nicht mehr, und wir wussten nicht wohin. Ein jeder, an den wir uns wandten, hatte Angst, uns aufzunehmen, und wir gingen ernsthaft mit dem Gedanken um, uns das Leben zu nehmen, als uns durch einen Verwandten von Frau Hahn noch zu guter Letzt eine Wohnung, resp. ein Zimmer genannt wurde, das wir mieten konnten, und dann, im Februar 1942, bei grimmiger Kälte, einzogen. Dabei erkältete sich Frau Hahn von Neuem, so dass sie sich gleich zu Bett legen musste. Unsere Wirte waren sehr wenig entgegenkommend. Zum Schluss war ich sogar mit ihnen befreundet, aber erst nachdem ich in einer sehr heftigen Auseinandersetzung Herrn Dr. meine Meinung gesagt und sein Benehmen »unmenschlich« genannt hatte. Er verlangte, daß ich das zurücknehme, was ich aber nicht getan habe. Es waren aber trotzdem sehr feine, gebildete Menschen, mit denen ich außerordentlich gut stand, besonders nachdem ich allein war. Kaum waren wir eingezogen, als Frau Hahn registriert wurde. Das war der Anfang von der Evakuierung. Da aber die Akten wohl verlegt waren, so hatte sich ihre Evakuierung bis zum August hingezogen. Da unsere Wirtin uns nur ungern in ihrer Küche sah, so haben wir, des lieben Friedens willen, mittags in einer Volksküche gegessen, und ich habe Frau Hahn das Essen mitgebracht, solange sie krank war. Da zu Hause aber die Pflege für mich zu anstrengend war – ich musste nachts so und so oft aufstehen – kam Frau Hahn dann in eine Klinik. Bei jedem Klingelzeichen erschreckte man und zitterte, denn immer fürchtete man die Gestapo oder jemand, der registrierte. Die Angst war, sowohl die letzte Zeit in Berlin als auch die ganze Zeit in Theresienstadt, die ständige Begleiterin, die uns nicht einen Moment verließ. Ich war noch verschont geblieben. In den ersten Tagen des August bekam dann Frau Hahn die Mitteilung, daß sie in den nächsten Tagen abgeholt würde, Ich blieb allein zurück. <br />
Eines Tages wurde auch ich registriert, aber da ich darauf vorbereitet war, regte es mich gar nicht auf. Ich wusste also, daß ich in der nächsten Zeit auch damit rechnen konnte, fortzukommen. Obgleich ich doch darauf vorbereitet war, bekam ich einen solchen Schreck, als ich eines Tages nach Hause kam und die Mitteilung vorfand, daß ich am 22. Oktober abgeholt werden würde, dass ich furchtbar zu zittern anfing. Darüber ärgere ich mich heute noch. Eine Dame (Christin), die mit uns auf derselben Etage wohnte, war hoch anständig zu mir und stellte mir ihr Telefon zur Verfügung (wir hatten doch längst keins mehr). Wir hatten einen Fahrer, der in Berlin nicht Bescheid wusste, und so kamen wir dreimal wieder an unserem Haus vorbei und erst am Abend, wo man uns schon seit Stunden erwartet hatte, in der Großen Hamburger Straße an, dem ehemaligen Altersheim, das jetzt ein Sammelplatz für die Menschen war, die nach Theresienstadt evakuiert werden sollten.<br />
Am Nachmittag des ersten Tages meines Dortseins kamen Frau Hahn und Paula Wertheim zu mir, die erfahren hatten, daß ich angekommen war. Ich erkundigte mich dann bei Frau Hahn nach Frau Wahrenberg und hörte, daß diese bereits mit einem Transport wieder von Theresienstadt fortgekommen sei. Ich traute meinen Ohren nicht, denn das hatte ich doch nicht geahnt, daß man von dort noch weiter verschickt werden könnte.“<br />
<br />
Elise Hahn wurde am 25. August 1942 mit dem sog. „49. Alterstransport“ mit 99 weiteren Menschen nach Theresienstadt deportiert und dort am 12.7.1943 ermordet<br />
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Elise Hahn wurde als Tochter von Hermann Salomon und Johanna, geb. Tietzner, am 7. Februar 1873 in Berlin geboren. Sie hatte zwei Geschwister, den Bruder Ernst und die Schwester Ella.

Ihr Ehemann war Justizrat Rudolf Hahn (geb. am 25. September 1860, gest. am 10. September 1932), mit dem sie drei Töchter hatte, die alle in Berlin geboren wurden: Edith, geb. am 23. Januar 1895, Gertrud, geb. am 22. August 1897 und Ilse, geb. am 3. Juli 1902. Die beiden jüngeren Töchter starben in Israel. Die älteste Tochter Edith war Religionslehrerin und heiratete 1920 den bekannten jüdischen Religionsphilosophen Franz Rosenzweig. Dieser starb bereits 1929. 1939 emigrierte sie auf dem letzten Schiff mit jüdischen Emigranten nach Palästina. Edith Rosenzweig heiratete 1941 Max Scheinmann in Palästina. Sie starb 1979 in Israel.

Bis 1939 wohnte Elise Hahn vermutlich in Lichterfelde, Luisenstraße 86. Es ist anzunehmen, dass sie, nachdem ihre Kinder geflohen waren, in die Pension am Nikolsburger Platz 3 (heute Trautenaustr, 6) umzog, denn 1940 ist sie im Adressbuch nicht mehr zu finden.

Hedwig Ems, geb. Frank, (geb. 10.Januar 1869 in Halle) erinnert sich an Elise Hahn, mit der sie zeitweilig in Berlin die Unterkunft geteilt hat. Sie selbst wurde am 23. Oktober 1942 in das zur „Sammelstelle“ umfunktionierte jüdische Altersheim in der Großen Hamburger Straße verbracht und am 28.10.1942 vom Anhalter Bahnhof aus nach Theresienstadt deportiert, wo sie auch Elise Hahn wiedertraf. Hedwig Ems blieb nach der „Befreiung“ von Theresienstadt am 7./.8. Mai 1945 noch bis zum 17. August 1945 - als die Tschechen die vollständige Räumung des Ghettos anordneten - in Theresienstadt. Mit anderen Überlebenden fuhr sie zurück nach Berlin und lebte dort bis zu ihrem Tod am 5.6.1958.

Aus den Erinnerungen von Hedwig Ems, geb. Frank [Rechtschreibung angepasst]:
»...Im Juli 1939 wurde meinen Pensionsinhabern mitgeteilt, dass sie die zwei Wohnungen sofort räumen müssten, weil Abteilungen der Nazi da untergebracht werden sollten. Mit vieler Mühe wurde eine andere Wohnung gefunden. Kaum waren wir einen Monat darin, als sich genau dasselbe abspielte und wir wieder umziehen mussten. Dann hatten wir allerdings ein Jahr Ruhe, danach war es dasselbe. Vorher war schon verlangt worden, dass einzeln wohnende Menschen, wenn die Größe des Raumes es gestattete, es war ein Mindestmaß dafür bestimmt, eine zweite Person bei sich aufnehmen müssten, und so bekam ich Frau Elise Hahn (Schwiegermutter von Frau Rosenzweig) in mein Zimmer; eine feine, gebildete Dame, aber sehr nervös. Wir kamen aber gut miteinander aus, waren recht befreundet, und als wir wieder aus der Wohnung hinaus mussten, und Cohns keine große Wohnung fanden, um alle Pensionäre mitzunehmen, entschlossen Frau Hahn und ich uns, zusammen ein Zimmer zu suchen und uns allein zu beköstigen.
Nach vieler Mühe hatten wir bei einer netten jüdischen Familie ein Zimmer mit Küchen-benutzung gefunden, das Zimmer reinigen lassen, sogar einen Kammerjäger dagehabt, Verdunklung anbringen lassen und was sonst noch dazu gehörte, als am Vormittag vor dem Tage, an dem wir umziehen wollten, uns mitgeteilt wurde, dass der Besitzer des Hauses keine Juden mehr in seinem Haus haben wollte. Obgleich ich mich gleich an Hans Gumpert [während des Nationalsozialismus »jüdischer Konsulent«; eigentlich Rechtsanwalt und Notar] wandte, konnte er auch nichts ausrichten, ebenso wenig wie die jüdische Gemeinde, die uns das Zimmer zugewiesen hatte, weil der Besitzer mit »Speer« in Verbindung stand und deshalb nichts zu machen war. Frau Hahn lag mit einer Nierenbeckenentzündung zu Bett. Ich musste dann den Tag herumlaufen und alles abbestellen, Möbelwagen, Tapezierer usw. Es war furchtbar. Es schreibt sich alles so einfach, aber es war es nicht. Aus unserem Zimmer mussten wir hinaus; weshalb, weiß ich selber nicht mehr, und wir wussten nicht wohin. Ein jeder, an den wir uns wandten, hatte Angst, uns aufzunehmen, und wir gingen ernsthaft mit dem Gedanken um, uns das Leben zu nehmen, als uns durch einen Verwandten von Frau Hahn noch zu guter Letzt eine Wohnung, resp. ein Zimmer genannt wurde, das wir mieten konnten, und dann, im Februar 1942, bei grimmiger Kälte, einzogen. Dabei erkältete sich Frau Hahn von Neuem, so dass sie sich gleich zu Bett legen musste. Unsere Wirte waren sehr wenig entgegenkommend. Zum Schluss war ich sogar mit ihnen befreundet, aber erst nachdem ich in einer sehr heftigen Auseinandersetzung Herrn Dr. meine Meinung gesagt und sein Benehmen »unmenschlich« genannt hatte. Er verlangte, daß ich das zurücknehme, was ich aber nicht getan habe. Es waren aber trotzdem sehr feine, gebildete Menschen, mit denen ich außerordentlich gut stand, besonders nachdem ich allein war. Kaum waren wir eingezogen, als Frau Hahn registriert wurde. Das war der Anfang von der Evakuierung. Da aber die Akten wohl verlegt waren, so hatte sich ihre Evakuierung bis zum August hingezogen. Da unsere Wirtin uns nur ungern in ihrer Küche sah, so haben wir, des lieben Friedens willen, mittags in einer Volksküche gegessen, und ich habe Frau Hahn das Essen mitgebracht, solange sie krank war. Da zu Hause aber die Pflege für mich zu anstrengend war – ich musste nachts so und so oft aufstehen – kam Frau Hahn dann in eine Klinik. Bei jedem Klingelzeichen erschreckte man und zitterte, denn immer fürchtete man die Gestapo oder jemand, der registrierte. Die Angst war, sowohl die letzte Zeit in Berlin als auch die ganze Zeit in Theresienstadt, die ständige Begleiterin, die uns nicht einen Moment verließ. Ich war noch verschont geblieben. In den ersten Tagen des August bekam dann Frau Hahn die Mitteilung, daß sie in den nächsten Tagen abgeholt würde, Ich blieb allein zurück.
Eines Tages wurde auch ich registriert, aber da ich darauf vorbereitet war, regte es mich gar nicht auf. Ich wusste also, daß ich in der nächsten Zeit auch damit rechnen konnte, fortzukommen. Obgleich ich doch darauf vorbereitet war, bekam ich einen solchen Schreck, als ich eines Tages nach Hause kam und die Mitteilung vorfand, daß ich am 22. Oktober abgeholt werden würde, dass ich furchtbar zu zittern anfing. Darüber ärgere ich mich heute noch. Eine Dame (Christin), die mit uns auf derselben Etage wohnte, war hoch anständig zu mir und stellte mir ihr Telefon zur Verfügung (wir hatten doch längst keins mehr). Wir hatten einen Fahrer, der in Berlin nicht Bescheid wusste, und so kamen wir dreimal wieder an unserem Haus vorbei und erst am Abend, wo man uns schon seit Stunden erwartet hatte, in der Großen Hamburger Straße an, dem ehemaligen Altersheim, das jetzt ein Sammelplatz für die Menschen war, die nach Theresienstadt evakuiert werden sollten.
Am Nachmittag des ersten Tages meines Dortseins kamen Frau Hahn und Paula Wertheim zu mir, die erfahren hatten, daß ich angekommen war. Ich erkundigte mich dann bei Frau Hahn nach Frau Wahrenberg und hörte, daß diese bereits mit einem Transport wieder von Theresienstadt fortgekommen sei. Ich traute meinen Ohren nicht, denn das hatte ich doch nicht geahnt, daß man von dort noch weiter verschickt werden könnte.“

Elise Hahn wurde am 25. August 1942 mit dem sog. „49. Alterstransport“ mit 99 weiteren Menschen nach Theresienstadt deportiert und dort am 12.7.1943 ermordet