Dr. Hilde Davidsohn

Location 
Wilhelmsaue 136
District
Wilmersdorf
Stone was laid
29 November 2005
Born
06 August 1911 in Breslau (Schlesien) / Wrocław
Occupation
Ärztin
Forced Labour
Maschinenarbeiterin (Friedrich Butzke Metallschraubenfabrik)
Deportation
on 03 March 1943 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Hilde Davidsohn verbrachte ihre Kindheit in Breslau, der Hauptstadt der Provinz Schlesien (heute Wrocław/Polen). Sie kam dort am 6. August 1911 als Tochter des Rechtsanwalts Dr. (Franz) Sally Davidsohn (1874–1942) und der Herta Davidsohn, geb. Jacoby (1889–1975) auf die Welt. Ihr Vater stammte aus Inowrazlaw in der Provinz Posen , ihre Mutter aus Insterburg in Ostpreußen . Die Eltern hatten 1910 in Berlin geheiratet. Hilde Davidsohn hatte eine jüngere Schwester, Ursula, die am 24. Juni 1914 in Breslau geboren wurde. Die Familie wohnte lange Zeit in der Hohenzollernstraße – nach den alten Postkarten eine Straße mit repräsentativen bürgerlichen Mietshäusern. Die Kanzlei des Vaters lag am Ring 14, dem Zentrum der Stadt.

Im Jahr 1924 zog die Familie nach Berlin. Der Vater arbeitete weiterhin als Rechtsanwalt und Notar, seine Kanzlei befand sich in der Prinzenstraße. Im Berliner Adressbuch nannte er sich „Franz Sally“. Eltern und Töchter wohnten in einer großzügigen Wohnung in der Helmstedter Straße 9 im Bezirk Wilmersdorf. Hilde Davidsohn besuchte die Cecilienschule am Nikolsburger Platz, damals eine Höhere Mädchenschule.

1930 ließen sich die Eltern von Hilde Davidsohn scheiden. Ihre Mutter heiratete den Arzt Dr. Erich Klopstock. 1931 wurde Hilde Davidsohns Halbbruder Thomas Klopstock geboren, der von Geburt an behindert war und ab 1937 in einem Schweizer Heim leben sollte.

1933 zog der Vater in die Wilhelmsaue 136, im Berliner Adressbuch wird er nun als Rechtsanwalt a.D. notiert. In/mit der Familie lebte und arbeitete seit dem Frühjahr 1919 die Köchin und wohl auch Haushälterin Emma Achner. Sie war aus Schlesien mit nach Berlin gekommen und blieb nach der Scheidung bei Sally Davidsohn.

Hilde Davidsohn begann nach dem Abitur ein Medizinstudium an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität. 1936 bestand sie die ärztliche Prüfung. Da sie als Jüdin in Deutschland nicht promovieren konnte, ging sie in die Schweiz und promovierte 1937 in Bern. Ihre Dissertation behandelte ein Thema aus der Augenheilkunde.

Hilde Davidsohn, nun Dr. med., kehrte nach Berlin zurück. In den kommenden Jahren arbeitete sie am Jüdischen Krankenhaus in der Iranischen Straße. Sie begann als medizinische Praktikantin und wurde danach „Medizinische Hospitantin“, so etwas wie eine Assistenzärztin. Beides war unbesoldet, aber als Hospitantin hatte sie „freie Station“, konnte wenigstens im Krankenhaus umsonst wohnen und essen. Am 1. April 1940 bestand die junge Ärztin auch die staatliche Prüfung als Krankenpflegerin und damit die Erlaubnis, als Krankenschwester zu arbeiten. Ein Vierteljahr später zog sie (wieder) zu ihrem Vater in die Wilhelmsaue 136.

1942 musste die Köchin Emma Achner gehen, als „Arierin“ durfte sie nicht in einem jüdischen Haushalt arbeiten – aber sie betreute Vater und Tochter weiter bis zu deren Deportation.

Sally Davidsohn wurde am 11. August 1942 nach Theresienstadt deportiert. Hilde Davidsohn wurde in die Zwangsarbeit gepresst und musste als Maschinenarbeiterin bei der Friedrich Butzke Metallschraubenfabrik in der Brandenburgstraße 75 arbeiten.   

Am 3. März 1943 wurde Hilde Davidsohn mit dem „33. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Sie hatte bis zuletzt im Haus Wilhelmsaue 136 gewohnt.

Ihr Vater wurde am 16. Mai 1944 von Theresienstadt nach Auschwitz verschleppt und in dem Vernichtungslager ermordet. Ihre Mutter Herta Klopstock hatte mit ihrem zweiten Ehemann Berlin bereits im November 1935 verlassen und war nach zwei Jahren in Palästina 1937 über Frankreich in die USA gegangen. Ihr Ehemann Erich Klopstock starb 1953 in New York, sie selbst starb 1975 in den USA. Die Schwester Ursula, verheiratete Beer, überlebte in Großbritannien. – Die Köchin Emma Achner wohnte Mitte der 1950er-Jahre, dem Zeitpunkt ihrer Aussage über das Leben der Familie Davidsohn, in der Wilhelmsaue 136.