John Sieg

Location 
Jonasstraße 5
District
Neukölln
Stone was laid
08 November 2011
Born
03 February 1903 in Detroit (USA)
Occupation
Journalist,Reichsbahngehilfe
Dead
15 October 1942 in Berlin

Erinnerung an John Sieg. Reichsbahngehilfe und Widerstandkämpfer<br />
<br />
John Sieg kam am 3. Februar 1903 unter dem Namen Johann Sieg als einziges Kind deutscher katholischer Einwanderer in der amerikanischen Industriestadt Detroit (Michigan) zur Welt. Nach dem Tod des Vaters lebte er von 1912 bis 1924 zum ersten Mal in Deutschland. Im westpreußischen Schlochau ging er zur Schule und begann eine Lehrerausbildung. 1920 wurde er in Schneidemühl eingebürgert, reiste aber anschließend noch einmal in die Vereinigten Staaten. Dort arbeitete er in Automobilfabriken und nahm ein Studium am Detroit City College auf.<br />
<br />
Begleitet bei dem Aufenthalt in Nordamerika war er von Sophie Wloszczynski, die ihm sozialistisches Gedankengut nahe brachte und seine kulturellen Interessen schärfte. In Berlin-Reinickendorf heirateten sie, nachdem Sophie und John Sieg im Februar 1928 wieder nach Deutschland zurückgekehrt waren. Mit bescheidenem Erfolg betätigte er sich als Übersetzer und Autor: „Südliche Wanderungen“ hieß die beste Arbeit, eine in der Zeitschrift „Die Tat“ veröffentlichte Novelle über eine Trampfahrt und Rassismus in den Vereinigten Staaten. Auch das „Berliner Tageblatt“ und die „Rote Fahne“ druckten einzelne seiner Texte. Daher war es für ihn nur folgerichtig, 1929 der Kommunistischen Partei Deutschlands beizutreten.<br />
<br />
Bald nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten vom 30. Januar 1933 setzte die Verfolgung der Kommunisten ein. Von März bis Juni 1933 verhörten Berliner SA-Leute den Schriftsteller John Sieg in der Hedemannstraße und hielten ihn danach in der Strafanstalt Plötzensee fest. Seit Sommer 1933 war er arbeitslos, dann auf Baustellen in Charlottenburg beschäftigt.<br />
<br />
Bald nach dem Umzug in die Neuköllner Jonasstraße 5 a nahm er an Untergrundtätigkeit in einem Kreis um Herbert Grasse und Otto Grabowski teil, die in der Nähe wohnten. Seine wichtigste Aufgabe war es, Verbindungen zwischen einzelnen illegalen kommunistischen Betriebszellen in Industrie und Verkehrswesen zu schaffen.<br />
<br />
Durch Vermittlung eines katholischen Weggefährten kam John Sieg zur Reichsbahn. Am 22. März 1937 erhielt er eine Anstellung als Aushilfsarbeiter in der Güterabfertigung des Stettiner Bahnhofs von Berlin.<br />
<br />
Als seit dem Herbst 1939 die ersten Reichsbahnbeamten in den Krieg nach Polen abgeordnet waren, nahm John Sieg zwischen Juli 1940 und Januar 1941 an einer Ausbildung im Telegrafen-, Stellwerks- und Aufsichtsdienst auf dem Bahnhof Berlin-Lichtenberg teil.<br />
<br />
Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 schrieb er mit seinen „21 Seiten“ eine Analyse der internationalen Lage. Mit Grasse und Grabowski gab er seit Mitte 1941 die mittels Wachsmatrizen in etwa fünfzig bis einhundert Exemplaren vervielfältigte illegale Zeitung „Die innere Front – Kampfblatt für ein neues freies Deutschland“ heraus. Er sorgte auch für die Verteilung des Blattes. Zur gleichen Zeit wurde der Text „Offener Brief an die Ostfront – an einen Polizeihauptmann“ geschrieben, der die Gräueltaten der deutschen Besatzung in der Sowjetunion anprangerte.<br />
<br />
Gegenüber Freunden hatte John Sieg schon im Februar 1942 erklärt, er persönlich sei im Falle seiner Festnahme zum Selbstmord entschlossen, denn er fürchtete die Folter. Nur ein halbes Jahr später traf es ihn: Am 11. Oktober 1942, einem Sonntag, wurde er bei Dienstantritt frühmorgens um 5.45 Uhr auf dem Bahnhof Berlin-Tempelhof festgenommen.<br />
<br />
John Sieg wurde von Tempelhof in die Gestapozentrale an der Prinz-Albrecht-Straße 8 eingeliefert. Von der Folter blieb er nicht verschont. Vier Tage später hat er sich in seiner Zelle erhängt. Nicht einmal vierzig Jahre alt ist er geworden; nur fünf Jahre lang war er Eisenbahner gewesen.

Erinnerung an John Sieg. Reichsbahngehilfe und Widerstandkämpfer

John Sieg kam am 3. Februar 1903 unter dem Namen Johann Sieg als einziges Kind deutscher katholischer Einwanderer in der amerikanischen Industriestadt Detroit (Michigan) zur Welt. Nach dem Tod des Vaters lebte er von 1912 bis 1924 zum ersten Mal in Deutschland. Im westpreußischen Schlochau ging er zur Schule und begann eine Lehrerausbildung. 1920 wurde er in Schneidemühl eingebürgert, reiste aber anschließend noch einmal in die Vereinigten Staaten. Dort arbeitete er in Automobilfabriken und nahm ein Studium am Detroit City College auf.

Begleitet bei dem Aufenthalt in Nordamerika war er von Sophie Wloszczynski, die ihm sozialistisches Gedankengut nahe brachte und seine kulturellen Interessen schärfte. In Berlin-Reinickendorf heirateten sie, nachdem Sophie und John Sieg im Februar 1928 wieder nach Deutschland zurückgekehrt waren. Mit bescheidenem Erfolg betätigte er sich als Übersetzer und Autor: „Südliche Wanderungen“ hieß die beste Arbeit, eine in der Zeitschrift „Die Tat“ veröffentlichte Novelle über eine Trampfahrt und Rassismus in den Vereinigten Staaten. Auch das „Berliner Tageblatt“ und die „Rote Fahne“ druckten einzelne seiner Texte. Daher war es für ihn nur folgerichtig, 1929 der Kommunistischen Partei Deutschlands beizutreten.

Bald nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten vom 30. Januar 1933 setzte die Verfolgung der Kommunisten ein. Von März bis Juni 1933 verhörten Berliner SA-Leute den Schriftsteller John Sieg in der Hedemannstraße und hielten ihn danach in der Strafanstalt Plötzensee fest. Seit Sommer 1933 war er arbeitslos, dann auf Baustellen in Charlottenburg beschäftigt.

Bald nach dem Umzug in die Neuköllner Jonasstraße 5 a nahm er an Untergrundtätigkeit in einem Kreis um Herbert Grasse und Otto Grabowski teil, die in der Nähe wohnten. Seine wichtigste Aufgabe war es, Verbindungen zwischen einzelnen illegalen kommunistischen Betriebszellen in Industrie und Verkehrswesen zu schaffen.

Durch Vermittlung eines katholischen Weggefährten kam John Sieg zur Reichsbahn. Am 22. März 1937 erhielt er eine Anstellung als Aushilfsarbeiter in der Güterabfertigung des Stettiner Bahnhofs von Berlin.

Als seit dem Herbst 1939 die ersten Reichsbahnbeamten in den Krieg nach Polen abgeordnet waren, nahm John Sieg zwischen Juli 1940 und Januar 1941 an einer Ausbildung im Telegrafen-, Stellwerks- und Aufsichtsdienst auf dem Bahnhof Berlin-Lichtenberg teil.

Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 schrieb er mit seinen „21 Seiten“ eine Analyse der internationalen Lage. Mit Grasse und Grabowski gab er seit Mitte 1941 die mittels Wachsmatrizen in etwa fünfzig bis einhundert Exemplaren vervielfältigte illegale Zeitung „Die innere Front – Kampfblatt für ein neues freies Deutschland“ heraus. Er sorgte auch für die Verteilung des Blattes. Zur gleichen Zeit wurde der Text „Offener Brief an die Ostfront – an einen Polizeihauptmann“ geschrieben, der die Gräueltaten der deutschen Besatzung in der Sowjetunion anprangerte.

Gegenüber Freunden hatte John Sieg schon im Februar 1942 erklärt, er persönlich sei im Falle seiner Festnahme zum Selbstmord entschlossen, denn er fürchtete die Folter. Nur ein halbes Jahr später traf es ihn: Am 11. Oktober 1942, einem Sonntag, wurde er bei Dienstantritt frühmorgens um 5.45 Uhr auf dem Bahnhof Berlin-Tempelhof festgenommen.

John Sieg wurde von Tempelhof in die Gestapozentrale an der Prinz-Albrecht-Straße 8 eingeliefert. Von der Folter blieb er nicht verschont. Vier Tage später hat er sich in seiner Zelle erhängt. Nicht einmal vierzig Jahre alt ist er geworden; nur fünf Jahre lang war er Eisenbahner gewesen.