Friedrich Werner

Location 
Greifswalder Str. 86
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
04 August 2011
Born
23 September 1897 in Berlin
Deportation
on 05 January 1944 to Auschwitz
Later deported
on 13 February 1945 to Gross-Rosen
Later deported
in February 1945 to Flossenbürg
Murdered
01 March 1945 in Flossenbürg

„Nun müssen wir das erste Mal Weihnachten getrennt verleben. Meine Gedanken u. Wünsche werden jedenfalls bei dir sein, ebenso zum Jahreswechsel. […] Halte dich gesund und sei weiter tapfer und tüchtig wie bisher. Bist du viel allein oder viel bei den Eltern? Bericht über alles, ich bin viel neugieriger als du denkst u. mache mir Gedanken […].“
[Auszug eines Schreibens Friedrich Werners an seine Ehefrau Anna, Auschwitz, 9. Dezember 1944. Der Brief ist das letzte erhaltene eigenhändige Lebenszeichen. Er durchlief wie alle Lagerpost die Zensur]

Friedrich Bruno Werner wurde am 23. September 1897 in Berlin geboren. Er war der einzige Sohn des Kaufmanns Bruno Werner und der Anna Werner, geborene Lissner. Über die Kindheit und Jugend von Friedrich Werner im Berlin der Kaiserzeit haben sich keine Informationen erhalten. Seine Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit der jüdischen Gemeinde der Stadt an. Zum Zeitpunkt der Geburt von Friedrich wohnten seine Eltern in der Potsdamerstraße 80 in Schöneberg gegenüber dem alten Botanischen Garten (heutiger Heinrich-von-Kleist-Park). Nach Abschluss der Oberschule und dem Abitur meldete sich Friedrich Werner zum Militärdienst und nahm im Ersten Weltkrieg als Soldat teil. Am 10. September 1918 wurde er wenige Wochen vor Kriegsende an der Front verwundet. Nach Ende des Krieges studierte Friedrich Werner an der Technischen Hochschule Berlin Maschinenbau und schloss das Studium 1922 als Diplom-Ingenieur ab. Nach dem Studium arbeitete er als Betriebsleiter im Karosseriebau und Sachverständiger für Kraftfahrzeugbau und Verkehrswesen. 1926/1927 zog er in die Friedenauer Bachestraße 3 und machte sich mit einem eigenen Ingenieurbüro selbstständig. Neben Aufträgen von Privatkundschaft erstellte er Gutachten für verschiedene Versicherungsgesellschaften und war als Sachverständiger bei Strafprozessen im Bereich von Verkehrsunfällen tätig. In diesem Bereich wurde er als Experte teils auch von Gerichten außerhalb Deutschlands zu Prozessen hinzugezogen. Am 17. April 1930 heiratete er die aus Haltenau (Trzemiętowo) stammende, damals 27-jährige Anna Wilhemine Winter. Trauzeugen waren Friedrichs Onkel Siegfried Lissner, der Bruder seiner Mutter, sowie Annas Bruder Ewald Winter, der als Bankbeamter in Berlin arbeitete. Zur Hochzeit kamen außerdem die Mütter der Brautleute, Marie Winter, geborene Hammer, und Anna Winter, die beide verwitwet in Berlin lebten. Das Ehepaar Werner sollte kinderlos bleiben.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Friedrich Werner und seine Familienangehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Ab 1933 war Friedrich Werner als Geschäftsführer seines Ingenieurbetriebs von Geschäftsinhaber von den antisemitischen Kampagnen und Ausschreitungen betroffen, die ihren sichtbarsten Ausdruck in Boykotten sowie den Pogromen im Mai und November 1938 in Berlin erfuhren. Anna schrieb später zur wirtschaftlichen Situation des Ehepaares in den 1930er-Jahren: „Mit Beginn des Jahres 1933 ging entsprechend der Ausweitung der Judenhetze die Auftragserteilung ständig zurück. Trotz der anerkannten fachlichen Qualitäten meines Mannes als Gutachter war es in Hinblick auf die allgemeine Situation gegenüber den Juden seinen Auftraggebern nicht mehr möglich, ihn in grösserem Umfang zu beschäftigen.“ Anna half, so gut sie konnte, sie übernahm alle Büroarbeiten des Betriebs und nahm dazu eine stundenweise Aushilfstätigkeit bei dem Pathologen Ludwig Pick (1868–1944 Ghetto Theresienstadt) an. 1939 musste Friedrich Werner sein Unternehmen jedoch aufgeben, da „nach der Verordnung zur Führung des Vornamens Israel eine Verdienstmöglichkeit für meinen Mann nicht mehr gegeben war.“ Noch 1933 war Friedrich Werner mit seiner Ehefrau in eine Wohnung in der Eginhardstraße 10 in Karlshost umgezogen, 1935 folgte ein Umzug in die Greifswalder Straße 89 im Prenzlauer Berg. Ab März 1939 wurde Friedrich Werner zu Zwangsarbeit herangezogen: zwischen März 1939 und Mai 1940 als Schlosser bei der Fahrzeugbaufirma Loberenz in der Liesenstraße in Mitte, zwischen Juni 1940 und Februar 1943 im Feinmaschinenbau bei der Firma Schubert in Reinickendorf und ab April 1943 bis zum 5. Januar 1944 im Eisenlager einer Firma Müller in der Treptower Elsenstraße 35. Im Herbst 1941 hatte er miterleben müssen, wie seine Mutter, die zuletzt in Berlin in einer Wohnung in der Motzstraße 19 gelebt hatte, deportiert wurde. Sie wurde am 1. September 1941 aus Berlin nach Theresienstadt verschleppt, wo die 74-Jährige die unmenschlichen Bedingungen im Ghetto nicht viel länger als einen Monat überlebte. Ihr Tod wurde durch Theresienstädter NS-Ärzte am 10. Oktober 1941 bescheinigt.

Friedrich Werner war von den ersten Deportationen zunächst zurückgestellt, da er in einer sogenannten nichtprivilegierten Mischehe mit seiner nichtjüdischen Ehefrau lebte. Er wurde zwar im Rahmen der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, Ende Februar 1943 verhaftet und in der Rosenstraße festgehalten, doch die „arischen“ Ehefrauen der Festgenommenen erreichten die Freilassung der Männer. An dieser als Rosenstraßen-Protest bekannt gewordenen Demonstration besteiligte sich auch Friedrichs Frau Anna, die sich nicht von Polizei und SS-Gewalt abschrecken ließ. Anders als Partner in „privilegierten Mischehen“ war Friedrich Werner nicht vom Tragen des diskriminierenden „Judensterns“ ab September 1941 ausgenommen. Im Januar 1944 wurde er nach einer nichtigen Auseinandersetzung angezeigt und an seinem Arbeitsplatz verhaftet. Anna Werner schreibt später zu den Details: „Grund der Verhaftung war eine Denunziation eines Parteigenossen, der auf dem Grundstück des Arbeitgebers sich einen Luftschutzgraben gebaut hatte, den mein Mann häufig überquerte. Um nicht immer darüber springen zu müssen, hatte er eine Eisenplatte über den Graben gelegt. Daran hatte sich anscheinend eines Nachts dieser Parteigenosse den Kopf gestossen. Es kam am anderen Tage zu einer Auseinandersetzung. Die Folge war die Verhaftung.“ Ohne Verfahren wurde Friedrich Werner unter dem Vorwand des „Sternvergehens zum Zwecke der Tarnung, um Sabotage und Zersetzung zu treiben“ im Polizeigefängnis Alexanderplatz und anschließend in den Sammellagern in der Großen Hamburger Straße und Schulstraße festgehalten. Von dort wurde er im Juli 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo sein Eingang am 13. Juli 1944 mit der Häftlingsnummer 189436 im Stammlager registriert wurde und seine Ermordung durch Lagerarbeit vorgesehen war („Vernichtung durch Arbeit“). Im Rahmen der Todesmärsche aus Auschwitz im Frühjahr 1945 – das Lager wurde infolge des Heranrückens der Roten Armee geräumt – erreichte er am im Januar/Februar 1945 das Konzentrationslager Groß-Rosen, ein Nebenlager Sachsenhausens südwestlich von Breslau (Wrocław) und am 13. Februar 1945 das KZ Flossenbürg in Bayern, wo er die Häftlingsnummer 48829 zugeteilt bekam. Kurz vor Kriegsende am 1. März 1945 wurde Friedrich Werner dort ermordet. Seine Ehefrau überlebte die NS-Zeit und den Krieg in Berlin.

„Nun müssen wir das erste Mal Weihnachten getrennt verleben. Meine Gedanken u. Wünsche werden jedenfalls bei dir sein, ebenso zum Jahreswechsel. […] Halte dich gesund und sei weiter tapfer und tüchtig wie bisher. Bist du viel allein oder viel bei den Eltern? Bericht über alles, ich bin viel neugieriger als du denkst u. mache mir Gedanken […].“
[Auszug eines Schreibens Friedrich Werners an seine Ehefrau Anna, Auschwitz, 9. Dezember 1944. Der Brief ist das letzte erhaltene eigenhändige Lebenszeichen. Er durchlief wie alle Lagerpost die Zensur]

Friedrich Bruno Werner wurde am 23. September 1897 in Berlin geboren. Er war der einzige Sohn des Kaufmanns Bruno Werner und der Anna Werner, geborene Lissner. Über die Kindheit und Jugend von Friedrich Werner im Berlin der Kaiserzeit haben sich keine Informationen erhalten. Seine Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit der jüdischen Gemeinde der Stadt an. Zum Zeitpunkt der Geburt von Friedrich wohnten seine Eltern in der Potsdamerstraße 80 in Schöneberg gegenüber dem alten Botanischen Garten (heutiger Heinrich-von-Kleist-Park). Nach Abschluss der Oberschule und dem Abitur meldete sich Friedrich Werner zum Militärdienst und nahm im Ersten Weltkrieg als Soldat teil. Am 10. September 1918 wurde er wenige Wochen vor Kriegsende an der Front verwundet. Nach Ende des Krieges studierte Friedrich Werner an der Technischen Hochschule Berlin Maschinenbau und schloss das Studium 1922 als Diplom-Ingenieur ab. Nach dem Studium arbeitete er als Betriebsleiter im Karosseriebau und Sachverständiger für Kraftfahrzeugbau und Verkehrswesen. 1926/1927 zog er in die Friedenauer Bachestraße 3 und machte sich mit einem eigenen Ingenieurbüro selbstständig. Neben Aufträgen von Privatkundschaft erstellte er Gutachten für verschiedene Versicherungsgesellschaften und war als Sachverständiger bei Strafprozessen im Bereich von Verkehrsunfällen tätig. In diesem Bereich wurde er als Experte teils auch von Gerichten außerhalb Deutschlands zu Prozessen hinzugezogen. Am 17. April 1930 heiratete er die aus Haltenau (Trzemiętowo) stammende, damals 27-jährige Anna Wilhemine Winter. Trauzeugen waren Friedrichs Onkel Siegfried Lissner, der Bruder seiner Mutter, sowie Annas Bruder Ewald Winter, der als Bankbeamter in Berlin arbeitete. Zur Hochzeit kamen außerdem die Mütter der Brautleute, Marie Winter, geborene Hammer, und Anna Winter, die beide verwitwet in Berlin lebten. Das Ehepaar Werner sollte kinderlos bleiben.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Friedrich Werner und seine Familienangehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Ab 1933 war Friedrich Werner als Geschäftsführer seines Ingenieurbetriebs von Geschäftsinhaber von den antisemitischen Kampagnen und Ausschreitungen betroffen, die ihren sichtbarsten Ausdruck in Boykotten sowie den Pogromen im Juni und November 1938 in Berlin erfuhren. Anna schrieb später zur wirtschaftlichen Situation des Ehepaares in den 1930er-Jahren: „Mit Beginn des Jahres 1933 ging entsprechend der Ausweitung der Judenhetze die Auftragserteilung ständig zurück. Trotz der anerkannten fachlichen Qualitäten meines Mannes als Gutachter war es in Hinblick auf die allgemeine Situation gegenüber den Juden seinen Auftraggebern nicht mehr möglich, ihn in grösserem Umfang zu beschäftigen.“ Anna half, so gut sie konnte, sie übernahm alle Büroarbeiten des Betriebs und nahm dazu eine stundenweise Aushilfstätigkeit bei dem Pathologen Ludwig Pick (1868–1944 Ghetto Theresienstadt) an. 1939 musste Friedrich Werner sein Unternehmen jedoch aufgeben, da „nach der Verordnung zur Führung des Vornamens Israel eine Verdienstmöglichkeit für meinen Mann nicht mehr gegeben war.“ Noch 1933 war Friedrich Werner mit seiner Ehefrau in eine Wohnung in der Eginhardstraße 10 in Karlshost umgezogen, 1935 folgte ein Umzug in die Greifswalder Straße 89 im Prenzlauer Berg. Ab März 1939 wurde Friedrich Werner zu Zwangsarbeit herangezogen: zwischen März 1939 und Mai 1940 als Schlosser bei der Fahrzeugbaufirma Loberenz in der Liesenstraße in Mitte, zwischen Juni 1940 und Februar 1943 im Feinmaschinenbau bei der Firma Schubert in Reinickendorf und ab April 1943 bis zum 5. Januar 1944 im Eisenlager einer Firma Müller in der Treptower Elsenstraße 35. Im Herbst 1941 hatte er miterleben müssen, wie seine Mutter, die zuletzt in Berlin in einer Wohnung in der Motzstraße 19 gelebt hatte, deportiert wurde. Sie wurde am 1. September 1941 aus Berlin nach Theresienstadt verschleppt, wo die 74-Jährige die unmenschlichen Bedingungen im Ghetto nicht viel länger als einen Monat überlebte. Ihr Tod wurde durch Theresienstädter NS-Ärzte am 10. Oktober 1941 bescheinigt.

Friedrich Werner war von den ersten Deportationen zunächst zurückgestellt, da er in einer sogenannten nichtprivilegierten Mischehe mit seiner nichtjüdischen Ehefrau lebte. Er wurde zwar im Rahmen der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, Ende Februar 1943 verhaftet und in der Rosenstraße festgehalten, doch die „arischen“ Ehefrauen der Festgenommenen erreichten die Freilassung der Männer. An dieser als Rosenstraßen-Protest bekannt gewordenen Demonstration besteiligte sich auch Friedrichs Frau Anna, die sich nicht von Polizei und SS-Gewalt abschrecken ließ. Anders als Partner in „privilegierten Mischehen“ war Friedrich Werner nicht vom Tragen des diskriminierenden „Judensterns“ ab September 1941 ausgenommen. Im Januar 1944 wurde er nach einer nichtigen Auseinandersetzung angezeigt und an seinem Arbeitsplatz verhaftet. Anna Werner schreibt später zu den Details: „Grund der Verhaftung war eine Denunziation eines Parteigenossen, der auf dem Grundstück des Arbeitgebers sich einen Luftschutzgraben gebaut hatte, den mein Mann häufig überquerte. Um nicht immer darüber springen zu müssen, hatte er eine Eisenplatte über den Graben gelegt. Daran hatte sich anscheinend eines Nachts dieser Parteigenosse den Kopf gestossen. Es kam am anderen Tage zu einer Auseinandersetzung. Die Folge war die Verhaftung.“ Ohne Verfahren wurde Friedrich Werner unter dem Vorwand des „Sternvergehens zum Zwecke der Tarnung, um Sabotage und Zersetzung zu treiben“ im Polizeigefängnis Alexanderplatz und anschließend in den Sammellagern in der Großen Hamburger Straße und Schulstraße festgehalten. Von dort wurde er im Juli 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo sein Eingang am 13. Juli 1944 mit der Häftlingsnummer 189436 im Stammlager registriert wurde und seine Ermordung durch Lagerarbeit vorgesehen war („Vernichtung durch Arbeit“). Im Rahmen der Todesmärsche aus Auschwitz im Frühjahr 1945 – das Lager wurde infolge des Heranrückens der Roten Armee geräumt – erreichte er am im Januar/Februar 1945 das Konzentrationslager Groß-Rosen, ein Nebenlager Sachsenhausens südwestlich von Breslau (Wrocław) und am 13. Februar 1945 das KZ Flossenbürg in Bayern, wo er die Häftlingsnummer 48829 zugeteilt bekam. Kurz vor Kriegsende am 1. März 1945 wurde Friedrich Werner dort ermordet. Seine Ehefrau überlebte die NS-Zeit und den Krieg in Berlin.