Gertrud Rosenow née Michaelis

Location 
Knaackstraße 34
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
20 March 2013
Born
30 January 1891 in Berlin
Deportation
on 03 March 1943 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Gertrud Michaelis wurde am 30. Januar 1891 in Berlin geboren. Sie war die Tochter des Schneidermeisters Gustav Michaelis und seiner Ehefrau Klara, geborene Willendorf. Gertrud hatte zumindest eine ältere Schwester, die 1889 in Berlin geborene Betty. Zum Zeitpunkt der Geburt von Gertrud wohnte die Familie in einer Wohnung in der Höchstestraße 38, nahe dem Volkspark Friedrichshain. Um die Jahrhundertwende zog die Familie in die Tresckowstraße 38 (die heutige Knaackstraße 34), nahe dem Wörther Platz (dem heutigen Kollwitzplatz) im Prenzlauer Berg. Über die Kindheit und Jugend von Gertrud Michaelis und ihrer Schwester haben sich keine Zeugnisse erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach der jüdischen Gemeinde Berlins an.<br />
<br />
Nach dem Schulabschluss arbeitete Gertruds Schwester Betty als Näherin in Berlin. Sie lernte den Schneider Willy Rosenow kennen, der in den frühen 1900er-Jahren aus seiner Geburtsstadt Stolp (dem heutigen Słupsk) in die Hauptstadt gezogen war, und heiratete ihn im Oktober 1906. Einige Jahre später, am 16. Februar 1910, heiratete Gertrud den Bruder von Willy, James Rosenow, der drei Jahre älter als Gertrud und in Berlin als Buchbinder beschäftigt war. Gertrud war gerade 19 Jahre alt geworden. Ein Jahr später kam das erste Kind des Ehepaares zur Welt. Sohn Kurt wurde am 1. März 1911 in Berlin geboren. Die kleine Familie wohnte vorerst in der Wohnung von Gertruds Eltern. 1913 bezogen sie eine eigene Wohnung in der Rykestraße 50, kurz darauf dann in die zweite Etage der Rykestraße 51. Hier kam im September 1915 das zweite Kind des Ehepaares, Tochter Ilse, zur Welt. 1916 zogen die Rosenows wieder in die Tresckowstraße 38. Dieses Mal aber in eine eigene Wohnung in dem Haus, in dem nach wie vor auch die Eltern von Gertrud lebten. Eine Nachbarwohnung bezogen Gertruds Schwester Betty und James’ Bruder Willy. Das Leben im Haus in der Tresckowstraße war in den letzten Kriegsjahren und der Zeit der Weimarer Republik sicher von den engen familiären Bindungen geprägt und so etwas wie ein Zentrum der Familienzweige Michaelis und Rosenow, zumindest bis die Ehe zwischen Willy und Betty 1922 geschieden wurde. Leider haben sich keine Quellen erhalten, die einen weiteren Einblick in das Leben von James und Gertrud Rosenow und ihren Familienangehörigen in der Zeit der Weimarer Republik geben könnten.<br />
<br />
Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen das Ehepaar Rosenow und ihre Kinder. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. 1934 oder 1935 verlor Gertruds Ehemann seine Anstellung als Buchbinder. In der Folgezeit versuchte er wie sein Bruder Willy, als Schneider unter immer schwierigeren Bedingungen ein Auskommen zu finden. Nach den Pogromen im November 1938 mussten Gertrud und James und ihre mittlerweile erwachsenen Kinder Kurt und Ilse in Berlin Zwangsarbeit leisten. Falls die Familie in diesen Jahren konkrete Schritte zur Auswanderung unternommen hatte, so scheiterten diese. Im Jahr 1939 bekam Ilse Rosenow ein Kind, ihre Tochter Judis wurde am 27. April geboren. Das Leben in Berlin wurde für die Familienmitglieder zunehmend zum Überlebenskampf. Einer der vielen einschneidenden Maßnahmen, die sie trafen, war die Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“, mit der sie sich nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Stadt bewegen konnten.<br />
<br />
Der vollständigen Entrechtung folgte die Deportation: Am 24. Oktober 1941 wurde Gertruds Schwager Willy mit seiner Ehefrau Gertrude aus Berlin in das Ghetto Litzmannstadt (Łódź) deportiert. Gut ein Jahr später, am 6. November 1942, wurden ein weiterer Schwager, Georg Rosenow, und seine Ehefrau Auguste in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Gertrud Rosenow selbst wurde mit ihrer Familie – ihrem Ehemann James, ihren Kindern Kurt und Ilse, ihrer dreijährigen Enkelin Judis und ihrer Schwester Betty – im Zuge der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, Ende Februar in Berlin verhaftet und in eines der Berliner Sammellager verschleppt. Von dort wurden sie alle am 3. März 1943 mit dem „33. Osttransport“ in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort – vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft – ermordet. Gertrud Rosenow wurde 52 Jahre alt.<br />
<br />
Gertruds Schwager Louis Rosenow, dessen nichtjüdische Ehefrau sowie deren sechs Kinder (Irma *1912, Werner *1914, Herbert *1916, Gerda *1917, Kurt *1921 und Günther *1926) überlebten die NS-Verfolgung. Louis’ Sohn Herbert Rosenow war als Widerstandskämpfer zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, konnte sich aber 1944 nach einem Luftangriff aus dem Gefängnis Plötzensee befreien und überlebte bis zum Mai 1945 versteckt. Kurt Rosenow wurde als politischer Häftling im Mai 1945 von der sowjetischen Armee in Auschwitz-Birkenau befreit. Gertruds Schwager Willy Rosenow wurde im Mai 1942 mit seiner zweiten Frau aus Litzmannstadt in das Vernichtungslager Kulmhof (Chełmno) deportiert und dort ermordet. Ihr Schwager Georg wurde mit seiner Frau Auguste Rosenow, geborene Lachmann, am 6. Oktober 1944 aus Theresienstadt in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Gertrud Michaelis wurde am 30. Januar 1891 in Berlin geboren. Sie war die Tochter des Schneidermeisters Gustav Michaelis und seiner Ehefrau Klara, geborene Willendorf. Gertrud hatte zumindest eine ältere Schwester, die 1889 in Berlin geborene Betty. Zum Zeitpunkt der Geburt von Gertrud wohnte die Familie in einer Wohnung in der Höchstestraße 38, nahe dem Volkspark Friedrichshain. Um die Jahrhundertwende zog die Familie in die Tresckowstraße 38 (die heutige Knaackstraße 34), nahe dem Wörther Platz (dem heutigen Kollwitzplatz) im Prenzlauer Berg. Über die Kindheit und Jugend von Gertrud Michaelis und ihrer Schwester haben sich keine Zeugnisse erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach der jüdischen Gemeinde Berlins an.

Nach dem Schulabschluss arbeitete Gertruds Schwester Betty als Näherin in Berlin. Sie lernte den Schneider Willy Rosenow kennen, der in den frühen 1900er-Jahren aus seiner Geburtsstadt Stolp (dem heutigen Słupsk) in die Hauptstadt gezogen war, und heiratete ihn im Oktober 1906. Einige Jahre später, am 16. Februar 1910, heiratete Gertrud den Bruder von Willy, James Rosenow, der drei Jahre älter als Gertrud und in Berlin als Buchbinder beschäftigt war. Gertrud war gerade 19 Jahre alt geworden. Ein Jahr später kam das erste Kind des Ehepaares zur Welt. Sohn Kurt wurde am 1. März 1911 in Berlin geboren. Die kleine Familie wohnte vorerst in der Wohnung von Gertruds Eltern. 1913 bezogen sie eine eigene Wohnung in der Rykestraße 50, kurz darauf dann in die zweite Etage der Rykestraße 51. Hier kam im September 1915 das zweite Kind des Ehepaares, Tochter Ilse, zur Welt. 1916 zogen die Rosenows wieder in die Tresckowstraße 38. Dieses Mal aber in eine eigene Wohnung in dem Haus, in dem nach wie vor auch die Eltern von Gertrud lebten. Eine Nachbarwohnung bezogen Gertruds Schwester Betty und James’ Bruder Willy. Das Leben im Haus in der Tresckowstraße war in den letzten Kriegsjahren und der Zeit der Weimarer Republik sicher von den engen familiären Bindungen geprägt und so etwas wie ein Zentrum der Familienzweige Michaelis und Rosenow, zumindest bis die Ehe zwischen Willy und Betty 1922 geschieden wurde. Leider haben sich keine Quellen erhalten, die einen weiteren Einblick in das Leben von James und Gertrud Rosenow und ihren Familienangehörigen in der Zeit der Weimarer Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen das Ehepaar Rosenow und ihre Kinder. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. 1934 oder 1935 verlor Gertruds Ehemann seine Anstellung als Buchbinder. In der Folgezeit versuchte er wie sein Bruder Willy, als Schneider unter immer schwierigeren Bedingungen ein Auskommen zu finden. Nach den Pogromen im November 1938 mussten Gertrud und James und ihre mittlerweile erwachsenen Kinder Kurt und Ilse in Berlin Zwangsarbeit leisten. Falls die Familie in diesen Jahren konkrete Schritte zur Auswanderung unternommen hatte, so scheiterten diese. Im Jahr 1939 bekam Ilse Rosenow ein Kind, ihre Tochter Judis wurde am 27. April geboren. Das Leben in Berlin wurde für die Familienmitglieder zunehmend zum Überlebenskampf. Einer der vielen einschneidenden Maßnahmen, die sie trafen, war die Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“, mit der sie sich nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Stadt bewegen konnten.

Der vollständigen Entrechtung folgte die Deportation: Am 24. Oktober 1941 wurde Gertruds Schwager Willy mit seiner Ehefrau Gertrude aus Berlin in das Ghetto Litzmannstadt (Łódź) deportiert. Gut ein Jahr später, am 6. November 1942, wurden ein weiterer Schwager, Georg Rosenow, und seine Ehefrau Auguste in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Gertrud Rosenow selbst wurde mit ihrer Familie – ihrem Ehemann James, ihren Kindern Kurt und Ilse, ihrer dreijährigen Enkelin Judis und ihrer Schwester Betty – im Zuge der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, Ende Februar in Berlin verhaftet und in eines der Berliner Sammellager verschleppt. Von dort wurden sie alle am 3. März 1943 mit dem „33. Osttransport“ in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort – vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft – ermordet. Gertrud Rosenow wurde 52 Jahre alt.

Gertruds Schwager Louis Rosenow, dessen nichtjüdische Ehefrau sowie deren sechs Kinder (Irma *1912, Werner *1914, Herbert *1916, Gerda *1917, Kurt *1921 und Günther *1926) überlebten die NS-Verfolgung. Louis’ Sohn Herbert Rosenow war als Widerstandskämpfer zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, konnte sich aber 1944 nach einem Luftangriff aus dem Gefängnis Plötzensee befreien und überlebte bis zum Mai 1945 versteckt. Kurt Rosenow wurde als politischer Häftling im Mai 1945 von der sowjetischen Armee in Auschwitz-Birkenau befreit. Gertruds Schwager Willy Rosenow wurde im Mai 1942 mit seiner zweiten Frau aus Litzmannstadt in das Vernichtungslager Kulmhof (Chełmno) deportiert und dort ermordet. Ihr Schwager Georg wurde mit seiner Frau Auguste Rosenow, geborene Lachmann, am 6. Oktober 1944 aus Theresienstadt in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.