Dr. Walter Nathan Hirsch

Location 
Tauentzienstr. 7
District
Schöneberg
Stone was laid
26 March 2014
Born
07 April 1896 in Schwetz (Westpreußen) / Świecie
Occupation
Rechtsanwalt und Notar
Deportation
on 24 October 1941 to Łódź / Litzmannstadt
Later deported
to Auschwitz
Murdered
1944 in Auschwitz

Walter Nathan Hirsch wurde am 7. April 1896 in Schwetz/Westpreußen geboren. Er hatte noch eine Schwester Anna und einen Bruder Herbert. Über seine Kindheit und Jugend ist nichts Näheres bekannt. Er meldete sich am 1. August 1914 freiwillig als Kriegsteilnehmer und nahm am Ersten Weltkrieg bis zu dessen Ende als Frontkämpfer teil. Wegen seiner Verdienste bei der Fliegerbekämpfung wurde er zum Offizier befördert und erhielt für seine Einsätze das Eiserne Kreuz I. und II. Klasse sowie das Kämpferehrenzeichen. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs studierte er Jura, promovierte zum Dr. iur. und arbeitete später erfolgreich als Notar und Rechtsanwalt. Seine Praxis betrieb er in der Behrenstraße 50-52. Er war seit 1925 verheiratet mit Käthe Seelig. Das Ehepaar bekam sechs Kinder: Manfred (* 14.6.1926), Marianne (* 4.6.1927), Ulrich Steffen (* 3.6.1929), Dieter Wolfgang (* 27.10.1931), Dorothea Maria (* 29.4.1935) und Alice (* 14.8.1937). Die Familie wohnte seit September 1925 in der Tauentzienstraße 7 in einer Sieben-Zimmerwohnung. Bis 1926 bestand die Wohnung aus fünf Zimmern, später wurden zwei Zimmer hinzugenommen. Die Wohnung befand sich im vierten Obergeschoss. Man beschäftigte eine Aufwartefrau für monatlich 75,-- RM. Die Mutter von Käthe Hirsch, Edith Seelig, geborene Karo, lebte seit dem 1. April 1909 in dem Haus. Ihr Mann, Dr. med. Alfred Seelig, der am 11. September 1868 in Schwedt geboren wurde, war 1936 verstorben. Das Haus in der Tauentzienstaße 7 gehörte nun zu gleichen Teilen ihr sowie ihrem Sohn, Dr. Walter Heinz Seelig, der in New York lebte, und ihrer Tochter Käthe Hirsch. Walter Nathan Hirsch gab seine Kanzlei in der Behrenstraße auf und betrieb ab etwa 1926 unter derselben Adresse im Gartenhaus seine gutgehende Notar- und Anwaltspraxis. Im April 1933 wurde ihm nochmals offiziell die Zulassung als Rechtsanwalt erteilt. 1935 aber erhielt er das Berufsverbot als Notar. Bis 1938 konnte er noch als Rechtsanwalt arbeiten, zuletzt durfte er aber nur noch als "Konsulent" tätig sein. 1938 wurde er für einige Zeit inhaftiert und in Sachsenhausen in "Schutzhaft" genommen. Die Familie Hirsch beschloss daher ihre Emigration in die USA. Als sich diese Hoffnung zerschlug, plante man eine Auswanderung nach Kuba. Mit Hilfe eines befreundeten Rechtsanwalts wurden alle dafür notwendigen Voraussetzungen geschaffen. Es fehlten lediglich noch die Visa für Kuba. Da die Auswanderung der Familie Hirsch bereits für den 1. Juli 1939 vorgesehen war, verkauften Edith Seelig, Dr. Walter Heinz Seelig und Käthe Hirsch das Haus in der Tauentzienstraße 7 am 17. Dezember 1938 für 327.000,-- RM an Frau Victoria von Dirksen. In dem Kaufvertrag wurde der Familie Hirsch und Edith Seelig explizit ein Wohnrecht bis zu ihrer Auswanderung eingeräumt, unter der Voraussetzung, dass das Wohnrecht mit der Auswanderung der Familie Hirsch am 31. Dezember 1939 erlöschen sollte. Sollte die Emigration nicht erfolgen, sollte ein Mietverhältnis geschlossen werden und eine Miete in Höhe von 250,-- RM für die Familie Hirsch und 125,-- RM für Edith Seelig fällig werden. Man glaubte, es sei lediglich eine Frage der Zeit, bis sich die Wohnungsangelegenheit von selbst löste. Da sich der Plan für eine Emigration aber zerschlug und die Wohnung bereits wieder vermietet war, schrieb Walter Hirsch am 20. Oktober 1941 an die Jüdische Kultusvereinigung und bat um Rücknahme der Kündigung bzw. um Aufschub von zwei Monaten. Alternativ ersuchte er um Überlassung anderer notdürftig eingerichteter Räume. Er wies darauf hin, dass er als zugelassener Konsulent über Räume verfügen müsse, da mit seiner Arbeit ein erheblicher laufender Schriftwechsel mit Behörden, Gerichten und Klienten verbunden sei. Er machte auch auf seine Verdienste während des Ersten Weltkriegs aufmerksam. Im April 1933 sei er außerdem unter 35 ausgewählten Anwälten zur Weiterausübung seiner Praxis zugelassen worden und bis Ende 1935 auch als Notar tätig gewesen. Sein Brief schließt mit Anmerkungen zu seiner Unbescholtenheit und mit dem Hinweis, dass er Vater von sechs, zum Teil schulpflichtiger Kinder sei. Am 17. Februar 1941 bestätigte Walter Hirsch dem bereits nun in der Tauentzienstraße 7 wohnendem Günther Porth, dass er "unbeschränkter Eigentümer" von einigen Möbeln sei, die er den Hirschs bis zur endgültigen Aufgabe der Wohnung leihweise zur Verfügung stellen wollte. Diese Versicherung genügte Günther Porth aber nicht. Am 31. Oktober 1941 schrieb der Käufer an das Finanzamt West und bat um Freigabe eines Sofas, einer Gardine und einer Portiere, die er Walter Hirsch am 17. Februar 1941 abgekauft hatte. Am 20. Oktober 1941 füllte Dr. Walter Nathan Hirsch seine eigene Vermögenserklärung, die für seine Frau und alle seine Kinder aus. Sein Vermögen betrug – alle Konten zusammen genommen – noch 8.000,-- RM. 200,-- RM hatte er noch als Barschaft zu Hause deponiert. Aus seiner Konsulentenpraxis standen vermutlich noch Forderungen aus. Einen genauen Betrag machte er jedoch nicht geltend. Bevor er unterschrieb, machte er unter der Rubrik „Verschiedenes“ darauf aufmerksam, dass er Frontkämpfer gewesen sei, das Eiserne Kreuz I. und II. Klasse erhalten hatte, er als Konsulent verschiedene Vermögensverwaltungen wie für den Herrn Reichsminister betreute und sein Umzugsgut laut Genehmigung der Dienststelle in der Schweiz zum Weitertransport nach Kuba lagerte. Am 21. Oktober 1941 wurde ihm die am 3. Oktober 1941 ausgestellte Verfügung über die Einziehung seines gesamten Vermögens in der Levetzowstraße 7-8 zugestellt. <br />
Am 24. Oktober 1941 wurde die achtköpfige Familie Hirsch nach Litzmannstadt deportiert. Als erstes seiner Kinder starb dort Marianne am 22. Dezember 1942. Am 27. September 1943 folgte sein Sohn Manfred, seine Frau Käthe verstarb am 23. April 1944. Im Herbst 1944 wurden er und seine noch lebenden Kinder Alice, Dieter Wolfgang, Dorothea Maria und Ulrich Steffen noch nach Auschwitz verfrachtet. Dort ist die gesamte Familie vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet worden. <br />
Am 19. März 1942 schrieb der Konsulent Dr. Richard Marcuse an die Vermögensverwertungsstelle und teilte mit, dass er vorsorglich bei der Deutschen Bank ein Schrankfach gekündigt habe und er nun um Zustimmung dieser Aufkündigung bitte. Dr. Richard Marcuse war der Familie bereits bei der Ausarbeitung der Auswanderungs-angelegenheit nach Kuba und mehreren weiteren Beratungen behilflich gewesen. Am 9. April 1942, ein halbes Jahr nach der Deportation der Familie Hirsch, kündigte die Vermögensverwertungsstelle offiziell zum 30. April 1942 das Untermietverhältnis der Hirschs. Sofort kündigte die jetzige Hausbesitzern Frau von Dirksen bei der Vermögensverwertungsstelle einen Reparaturbedarf für die sieben Zimmer an. Das Finanzamt Schöneberg schrieb am 16. Juni 1942 an die Vermögensverwertungsstelle und bestätigte, dass das Vermögen von Walter Nathan Hirsch zusammen 83.685,-- RM betragen habe. Am 18. Juni 1942 gab auch die Deutsche Bank Auskunft über die Vermögensverhältnisse von Walter Nathan Hirsch. Demnach betrug das Vermögen 6.483,85 RM. Sie nahmen zur Kenntnis, dass das Vermögen zu Gunsten des Deutschen Reiches eingezogen wurde und überwiesen das Geld an die Oberfinanzkasse. Damit gab sich die Vermögensverwertungsstelle nicht zufrieden. Am 22. Juni 1942 wurde ein Stahlfach bei der Deutschen Bank gewaltsam geöffnet und ein Umschlag mit der Vollmacht an Käthe Hirsch vom 14. November 1938, verschiedene Fotokopien von Personalausweisen für eine Familie Apt, zwei pharmazeutische Druckschriften sowie der Ausweis über das Doktorexamen von Friedrich Apt entnommen und an den Beauftragten der Vermögensverwertungsstelle übergeben.Eine Inventartaxierung vom 11. Januar 1942 ergab einen Betrag in Höhe von 551,-- RM. Das Fernsprechrechnungsamt machte am 6. Februar 1942 eine Schuldsumme in Höhe von 46,84 RM geltend, wies aber darauf hin, dass bereits 14,60 RM davon erstattet worden sei. Die Reichsrechtsanwaltkammer machte die Vermögensverwertungsstelle darauf aufmerksam, dass bei ihr ein Guthaben in Höhe von 52,22 RM bestand. Der Verwalter des Hauses in der Tauentzienstraße 7 teilte am 18. April 1942 mit, dass die Wohnung Mitte Januar 1942 entsiegelt worden sei, die Räume von den Generalbaudinspektor vergeben, aber die Miete in Höhe von 245,-- RM seit Dezember 1941 nicht bezahlt worden sei. Die Bewag machte am 13. Februar 1942 eine Restschuld in Höhe von 1,10 RM geltend, die Berliner Gaswerke forderten am 10. März 1942 noch 4,87 RM. Der Rechtsanwalt und Notar Franz Kremer, der für Walter Nathan Hirsch mehrere Urkunden beglaubigt hatte, machte am 26. Mai 1942 seine Forderungen in Höhe von 109,50 RM geltend. Die Hausverwaltung forderte am 1. November 1942 insgesamt 1.449,08 RM für Schönheitsreparaturen in der Wohnung. Die Wohnung im vierten Obergeschoss wurde dabei mit neuen Tapeten versehen und die Bohlen des Parkettfußbodens ersetzt, neue Fensterbretter, Türen und Fenster eingesetzt und die Decken erneuert. Die Vermögensverwertungsstelle lehnte jedoch am 11. Januar 1943 eine Übernahme der Kosten mit Hinweis auf den Hauseigentümer ab. Es handele sich nicht um eine Schönheitsreparatur, sondern um einer komplette Instandsetzung, die der Hausbesitzer zu tragen habe. Der Hausverwalter ließ jedoch nicht locker. Er machte am 11. Januar 1943 darauf aufmerksam, dass „die laufenden Steuern … pünktlich bezahlt“ werden müssten und es „der Grundstückseigentümerin nicht zugemutet werden [könne], einen solch hohen Betrag solange vorzulegen.“ Und auch die Miete wurde immer wieder von ihm angemahnt. Die Angelegenheit wurde einem Gericht zur Entscheidung vorgelegt. Dieses entschied am 12. August 1943 zu Ungunsten der Hausbesitzerin, indem es nur die Übernahme der Hälfte der Summe für die Schönheitsreparaturen empfahl. Prompt legte der Hausverwalter am 9. Januar 1944 gegen die Entscheidung Beschwerde ein. Er forderte weiterhin, dass die 1.449,08 RM noch vergütet wurden. Im Jahre 1944 wendeten sich verschiedene Konsulenten an die Vermögensverwertungsstelle und forderten für ihre Einziehungsaufträge eine Vergütung. Die Frage beschäftigte die zuständigen Stellen noch bis 1962. <br />
Am 28. Januar 1952 stellte der Schwager von Walter Hirsch einen Entschädigungsantrag. Er war der Bruder von Käthe Hirsch und empfand sich als alleiniger Erbe. Henry Walter (früher Walterheinz) Seelig, geboren am 12. November 1904 in Berlin, war im Juli 1933 über Paris in die USA ausgewandert und arbeitete dort als Rechtsanwalt. Am 24. Oktober 1956 wurden darüber Zweifel angemeldet, ob dem Erben ein weitergehendes Landesrecht zugebilligt würde. Er gehöre als Bruder nicht zu den anspruchsberechtigten Personen. Am 5. Februar 1952 erging der Bescheid. Es wurde eine Entschädigung in Höhe von 624,-- DM vereinbart. Am 1. November 1961 mahnte der Rechtsanwalt an, dass den sechs Kindern der Verfolgten keine Entschädigung zugestanden würde. Am 27. März 1969 erging der Beschluss, dass der Erbschein vom 16. September 1950 für kraftlos erklärt wurde. Es wurde am 17. Oktober 1968 ein Vergleich angeboten, den der Rechtsanwalt am 29. Dezember 1969 annahm. Ein weiterer Antrag auf Verlust des Deportationsgepäcks wurde am 24. Juli 1970 eingereicht. Darin wird eingeräumt, dass das Erbrecht noch ungeklärt war. Dazu wurde aber wiederum ein Erbschein benötigt. Dieser wurde schließlich am 2. August 1971 ausgegeben. Demnach waren Dr. Walter Nathan Hirschs Schwester Anna Zucker und sein Bruder Dr. Herbert Hirsch (verstorben am 6. Januar 1960) Erben. Am 7. Februar 1973 forderte der Rechtsanwalt für seinen Mandanten Henry Walter Seelig 4.200,-- DM. Am 25. November 1969 wurde ein Abtretungsvertrag zwischen Paula Hirsch als Vertreterin des Nachlasses von Dr. Herbert Hirsch und Frau Anna Zucker zu Gunsten von Henry Walter Seelig vereinbart. Ein neuer Erbschein wurde am 22. März 1972 ausgestellt. Danach war Henry W. Seelig zur Hälfte erbberechtigt und Anna Zucker und Dr. Herbert Hirsch zu je einem Viertel. <br />
Der Antrag auf Entschädigung an Leben vom 28. Januar 1952 wurde am 8. November 1965 abgelehnt. Der Antrag auf Entschädigung des Schadens an Freiheit vom 17. Juli 1962 wurde mit einer Entschädigungssumme in Höhe von 450,-- DM entschieden. Hinsichtlich des Antrags vom 28. Januar 1952 auf Entschädigung des Verlustes der kompletten Wohnungseinrichtung einer wertvollen Siebenzimmer-Wohnung und eines Anwalts- und Notariatsbüros sowie der Fluchtsteuer, der Judenabgabe und der Beschaffung von Auswanderungsvisen nach Kuba in Höhe von 3.000,-- $ sowie von Bankkonten und Wertpapieren wurden dem Antragsteller am 6. Dezember 1982 5.126,03,-- DM zugesprochen. In dem Verfahren um den Schaden im beruflichen Fortkommen vom 17. Juli 1962 wurden 15.824,36 DM gezahlt. Für den Antrag auf Entschädigung des Schadens im wirtschaftlichen Fortkommen vom 16. Juni 1959, bei dem es um Lebensversicherungen bei der ISAR Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft und der Victoria Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft ging, wurde schließlich am 17. April 1973 ein Vergleich in Höhe von 4.200,-- DM geschlossen.<br />
Für alle sechs Kinder - die Eltern hatten auch für ihre Kinder Lebensversicherungen abgeschlossen - wurden vergleichbare Entschädigungsanträge von Henry Walter Seelig gestellt. Dabei wurde immer wieder angemerkt, dass er als nicht unmittelbar Erbberechtigter und Erbe zweiter Ordnung keinen Anspruch auf Entschädigung habe. <br />
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Walter Nathan Hirsch wurde am 7. April 1896 in Schwetz/Westpreußen geboren. Er hatte noch eine Schwester Anna und einen Bruder Herbert. Über seine Kindheit und Jugend ist nichts Näheres bekannt. Er meldete sich am 1. August 1914 freiwillig als Kriegsteilnehmer und nahm am Ersten Weltkrieg bis zu dessen Ende als Frontkämpfer teil. Wegen seiner Verdienste bei der Fliegerbekämpfung wurde er zum Offizier befördert und erhielt für seine Einsätze das Eiserne Kreuz I. und II. Klasse sowie das Kämpferehrenzeichen. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs studierte er Jura, promovierte zum Dr. iur. und arbeitete später erfolgreich als Notar und Rechtsanwalt. Seine Praxis betrieb er in der Behrenstraße 50-52. Er war seit 1925 verheiratet mit Käthe Seelig. Das Ehepaar bekam sechs Kinder: Manfred (* 14.6.1926), Marianne (* 4.6.1927), Ulrich Steffen (* 3.6.1929), Dieter Wolfgang (* 27.10.1931), Dorothea Maria (* 29.4.1935) und Alice (* 14.8.1937). Die Familie wohnte seit September 1925 in der Tauentzienstraße 7 in einer Sieben-Zimmerwohnung. Bis 1926 bestand die Wohnung aus fünf Zimmern, später wurden zwei Zimmer hinzugenommen. Die Wohnung befand sich im vierten Obergeschoss. Man beschäftigte eine Aufwartefrau für monatlich 75,-- RM. Die Mutter von Käthe Hirsch, Edith Seelig, geborene Karo, lebte seit dem 1. April 1909 in dem Haus. Ihr Mann, Dr. med. Alfred Seelig, der am 11. September 1868 in Schwedt geboren wurde, war 1936 verstorben. Das Haus in der Tauentzienstaße 7 gehörte nun zu gleichen Teilen ihr sowie ihrem Sohn, Dr. Walter Heinz Seelig, der in New York lebte, und ihrer Tochter Käthe Hirsch. Walter Nathan Hirsch gab seine Kanzlei in der Behrenstraße auf und betrieb ab etwa 1926 unter derselben Adresse im Gartenhaus seine gutgehende Notar- und Anwaltspraxis. Im April 1933 wurde ihm nochmals offiziell die Zulassung als Rechtsanwalt erteilt. 1935 aber erhielt er das Berufsverbot als Notar. Bis 1938 konnte er noch als Rechtsanwalt arbeiten, zuletzt durfte er aber nur noch als "Konsulent" tätig sein. 1938 wurde er für einige Zeit inhaftiert und in Sachsenhausen in "Schutzhaft" genommen. Die Familie Hirsch beschloss daher ihre Emigration in die USA. Als sich diese Hoffnung zerschlug, plante man eine Auswanderung nach Kuba. Mit Hilfe eines befreundeten Rechtsanwalts wurden alle dafür notwendigen Voraussetzungen geschaffen. Es fehlten lediglich noch die Visa für Kuba. Da die Auswanderung der Familie Hirsch bereits für den 1. Juli 1939 vorgesehen war, verkauften Edith Seelig, Dr. Walter Heinz Seelig und Käthe Hirsch das Haus in der Tauentzienstraße 7 am 17. Dezember 1938 für 327.000,-- RM an Frau Victoria von Dirksen. In dem Kaufvertrag wurde der Familie Hirsch und Edith Seelig explizit ein Wohnrecht bis zu ihrer Auswanderung eingeräumt, unter der Voraussetzung, dass das Wohnrecht mit der Auswanderung der Familie Hirsch am 31. Dezember 1939 erlöschen sollte. Sollte die Emigration nicht erfolgen, sollte ein Mietverhältnis geschlossen werden und eine Miete in Höhe von 250,-- RM für die Familie Hirsch und 125,-- RM für Edith Seelig fällig werden. Man glaubte, es sei lediglich eine Frage der Zeit, bis sich die Wohnungsangelegenheit von selbst löste. Da sich der Plan für eine Emigration aber zerschlug und die Wohnung bereits wieder vermietet war, schrieb Walter Hirsch am 20. Oktober 1941 an die Jüdische Kultusvereinigung und bat um Rücknahme der Kündigung bzw. um Aufschub von zwei Monaten. Alternativ ersuchte er um Überlassung anderer notdürftig eingerichteter Räume. Er wies darauf hin, dass er als zugelassener Konsulent über Räume verfügen müsse, da mit seiner Arbeit ein erheblicher laufender Schriftwechsel mit Behörden, Gerichten und Klienten verbunden sei. Er machte auch auf seine Verdienste während des Ersten Weltkriegs aufmerksam. Im April 1933 sei er außerdem unter 35 ausgewählten Anwälten zur Weiterausübung seiner Praxis zugelassen worden und bis Ende 1935 auch als Notar tätig gewesen. Sein Brief schließt mit Anmerkungen zu seiner Unbescholtenheit und mit dem Hinweis, dass er Vater von sechs, zum Teil schulpflichtiger Kinder sei. Am 17. Februar 1941 bestätigte Walter Hirsch dem bereits nun in der Tauentzienstraße 7 wohnendem Günther Porth, dass er "unbeschränkter Eigentümer" von einigen Möbeln sei, die er den Hirschs bis zur endgültigen Aufgabe der Wohnung leihweise zur Verfügung stellen wollte. Diese Versicherung genügte Günther Porth aber nicht. Am 31. Oktober 1941 schrieb der Käufer an das Finanzamt West und bat um Freigabe eines Sofas, einer Gardine und einer Portiere, die er Walter Hirsch am 17. Februar 1941 abgekauft hatte. Am 20. Oktober 1941 füllte Dr. Walter Nathan Hirsch seine eigene Vermögenserklärung, die für seine Frau und alle seine Kinder aus. Sein Vermögen betrug – alle Konten zusammen genommen – noch 8.000,-- RM. 200,-- RM hatte er noch als Barschaft zu Hause deponiert. Aus seiner Konsulentenpraxis standen vermutlich noch Forderungen aus. Einen genauen Betrag machte er jedoch nicht geltend. Bevor er unterschrieb, machte er unter der Rubrik „Verschiedenes“ darauf aufmerksam, dass er Frontkämpfer gewesen sei, das Eiserne Kreuz I. und II. Klasse erhalten hatte, er als Konsulent verschiedene Vermögensverwaltungen wie für den Herrn Reichsminister betreute und sein Umzugsgut laut Genehmigung der Dienststelle in der Schweiz zum Weitertransport nach Kuba lagerte. Am 21. Oktober 1941 wurde ihm die am 3. Oktober 1941 ausgestellte Verfügung über die Einziehung seines gesamten Vermögens in der Levetzowstraße 7-8 zugestellt.
Am 24. Oktober 1941 wurde die achtköpfige Familie Hirsch nach Litzmannstadt deportiert. Als erstes seiner Kinder starb dort Marianne am 22. Dezember 1942. Am 27. September 1943 folgte sein Sohn Manfred, seine Frau Käthe verstarb am 23. April 1944. Im Herbst 1944 wurden er und seine noch lebenden Kinder Alice, Dieter Wolfgang, Dorothea Maria und Ulrich Steffen noch nach Auschwitz verfrachtet. Dort ist die gesamte Familie vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet worden.
Am 19. März 1942 schrieb der Konsulent Dr. Richard Marcuse an die Vermögensverwertungsstelle und teilte mit, dass er vorsorglich bei der Deutschen Bank ein Schrankfach gekündigt habe und er nun um Zustimmung dieser Aufkündigung bitte. Dr. Richard Marcuse war der Familie bereits bei der Ausarbeitung der Auswanderungs-angelegenheit nach Kuba und mehreren weiteren Beratungen behilflich gewesen. Am 9. April 1942, ein halbes Jahr nach der Deportation der Familie Hirsch, kündigte die Vermögensverwertungsstelle offiziell zum 30. April 1942 das Untermietverhältnis der Hirschs. Sofort kündigte die jetzige Hausbesitzern Frau von Dirksen bei der Vermögensverwertungsstelle einen Reparaturbedarf für die sieben Zimmer an. Das Finanzamt Schöneberg schrieb am 16. Juni 1942 an die Vermögensverwertungsstelle und bestätigte, dass das Vermögen von Walter Nathan Hirsch zusammen 83.685,-- RM betragen habe. Am 18. Juni 1942 gab auch die Deutsche Bank Auskunft über die Vermögensverhältnisse von Walter Nathan Hirsch. Demnach betrug das Vermögen 6.483,85 RM. Sie nahmen zur Kenntnis, dass das Vermögen zu Gunsten des Deutschen Reiches eingezogen wurde und überwiesen das Geld an die Oberfinanzkasse. Damit gab sich die Vermögensverwertungsstelle nicht zufrieden. Am 22. Juni 1942 wurde ein Stahlfach bei der Deutschen Bank gewaltsam geöffnet und ein Umschlag mit der Vollmacht an Käthe Hirsch vom 14. November 1938, verschiedene Fotokopien von Personalausweisen für eine Familie Apt, zwei pharmazeutische Druckschriften sowie der Ausweis über das Doktorexamen von Friedrich Apt entnommen und an den Beauftragten der Vermögensverwertungsstelle übergeben.Eine Inventartaxierung vom 11. Januar 1942 ergab einen Betrag in Höhe von 551,-- RM. Das Fernsprechrechnungsamt machte am 6. Februar 1942 eine Schuldsumme in Höhe von 46,84 RM geltend, wies aber darauf hin, dass bereits 14,60 RM davon erstattet worden sei. Die Reichsrechtsanwaltkammer machte die Vermögensverwertungsstelle darauf aufmerksam, dass bei ihr ein Guthaben in Höhe von 52,22 RM bestand. Der Verwalter des Hauses in der Tauentzienstraße 7 teilte am 18. April 1942 mit, dass die Wohnung Mitte Januar 1942 entsiegelt worden sei, die Räume von den Generalbaudinspektor vergeben, aber die Miete in Höhe von 245,-- RM seit Dezember 1941 nicht bezahlt worden sei. Die Bewag machte am 13. Februar 1942 eine Restschuld in Höhe von 1,10 RM geltend, die Berliner Gaswerke forderten am 10. März 1942 noch 4,87 RM. Der Rechtsanwalt und Notar Franz Kremer, der für Walter Nathan Hirsch mehrere Urkunden beglaubigt hatte, machte am 26. Mai 1942 seine Forderungen in Höhe von 109,50 RM geltend. Die Hausverwaltung forderte am 1. November 1942 insgesamt 1.449,08 RM für Schönheitsreparaturen in der Wohnung. Die Wohnung im vierten Obergeschoss wurde dabei mit neuen Tapeten versehen und die Bohlen des Parkettfußbodens ersetzt, neue Fensterbretter, Türen und Fenster eingesetzt und die Decken erneuert. Die Vermögensverwertungsstelle lehnte jedoch am 11. Januar 1943 eine Übernahme der Kosten mit Hinweis auf den Hauseigentümer ab. Es handele sich nicht um eine Schönheitsreparatur, sondern um einer komplette Instandsetzung, die der Hausbesitzer zu tragen habe. Der Hausverwalter ließ jedoch nicht locker. Er machte am 11. Januar 1943 darauf aufmerksam, dass „die laufenden Steuern … pünktlich bezahlt“ werden müssten und es „der Grundstückseigentümerin nicht zugemutet werden [könne], einen solch hohen Betrag solange vorzulegen.“ Und auch die Miete wurde immer wieder von ihm angemahnt. Die Angelegenheit wurde einem Gericht zur Entscheidung vorgelegt. Dieses entschied am 12. August 1943 zu Ungunsten der Hausbesitzerin, indem es nur die Übernahme der Hälfte der Summe für die Schönheitsreparaturen empfahl. Prompt legte der Hausverwalter am 9. Januar 1944 gegen die Entscheidung Beschwerde ein. Er forderte weiterhin, dass die 1.449,08 RM noch vergütet wurden. Im Jahre 1944 wendeten sich verschiedene Konsulenten an die Vermögensverwertungsstelle und forderten für ihre Einziehungsaufträge eine Vergütung. Die Frage beschäftigte die zuständigen Stellen noch bis 1962.
Am 28. Januar 1952 stellte der Schwager von Walter Hirsch einen Entschädigungsantrag. Er war der Bruder von Käthe Hirsch und empfand sich als alleiniger Erbe. Henry Walter (früher Walterheinz) Seelig, geboren am 12. November 1904 in Berlin, war im Juli 1933 über Paris in die USA ausgewandert und arbeitete dort als Rechtsanwalt. Am 24. Oktober 1956 wurden darüber Zweifel angemeldet, ob dem Erben ein weitergehendes Landesrecht zugebilligt würde. Er gehöre als Bruder nicht zu den anspruchsberechtigten Personen. Am 5. Februar 1952 erging der Bescheid. Es wurde eine Entschädigung in Höhe von 624,-- DM vereinbart. Am 1. November 1961 mahnte der Rechtsanwalt an, dass den sechs Kindern der Verfolgten keine Entschädigung zugestanden würde. Am 27. März 1969 erging der Beschluss, dass der Erbschein vom 16. September 1950 für kraftlos erklärt wurde. Es wurde am 17. Oktober 1968 ein Vergleich angeboten, den der Rechtsanwalt am 29. Dezember 1969 annahm. Ein weiterer Antrag auf Verlust des Deportationsgepäcks wurde am 24. Juli 1970 eingereicht. Darin wird eingeräumt, dass das Erbrecht noch ungeklärt war. Dazu wurde aber wiederum ein Erbschein benötigt. Dieser wurde schließlich am 2. August 1971 ausgegeben. Demnach waren Dr. Walter Nathan Hirschs Schwester Anna Zucker und sein Bruder Dr. Herbert Hirsch (verstorben am 6. Januar 1960) Erben. Am 7. Februar 1973 forderte der Rechtsanwalt für seinen Mandanten Henry Walter Seelig 4.200,-- DM. Am 25. November 1969 wurde ein Abtretungsvertrag zwischen Paula Hirsch als Vertreterin des Nachlasses von Dr. Herbert Hirsch und Frau Anna Zucker zu Gunsten von Henry Walter Seelig vereinbart. Ein neuer Erbschein wurde am 22. März 1972 ausgestellt. Danach war Henry W. Seelig zur Hälfte erbberechtigt und Anna Zucker und Dr. Herbert Hirsch zu je einem Viertel.
Der Antrag auf Entschädigung an Leben vom 28. Januar 1952 wurde am 8. November 1965 abgelehnt. Der Antrag auf Entschädigung des Schadens an Freiheit vom 17. Juli 1962 wurde mit einer Entschädigungssumme in Höhe von 450,-- DM entschieden. Hinsichtlich des Antrags vom 28. Januar 1952 auf Entschädigung des Verlustes der kompletten Wohnungseinrichtung einer wertvollen Siebenzimmer-Wohnung und eines Anwalts- und Notariatsbüros sowie der Fluchtsteuer, der Judenabgabe und der Beschaffung von Auswanderungsvisen nach Kuba in Höhe von 3.000,-- $ sowie von Bankkonten und Wertpapieren wurden dem Antragsteller am 6. Dezember 1982 5.126,03,-- DM zugesprochen. In dem Verfahren um den Schaden im beruflichen Fortkommen vom 17. Juli 1962 wurden 15.824,36 DM gezahlt. Für den Antrag auf Entschädigung des Schadens im wirtschaftlichen Fortkommen vom 16. Juni 1959, bei dem es um Lebensversicherungen bei der ISAR Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft und der Victoria Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft ging, wurde schließlich am 17. April 1973 ein Vergleich in Höhe von 4.200,-- DM geschlossen.
Für alle sechs Kinder - die Eltern hatten auch für ihre Kinder Lebensversicherungen abgeschlossen - wurden vergleichbare Entschädigungsanträge von Henry Walter Seelig gestellt. Dabei wurde immer wieder angemerkt, dass er als nicht unmittelbar Erbberechtigter und Erbe zweiter Ordnung keinen Anspruch auf Entschädigung habe.