Baila Brandla Tabaksmann

Location 
Choriner Str. 1
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
May 2006
Born
29 March 1910 in Warszawa (Russisches Reich) / dt. Warschau
Deportation
on 09 December 1942 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Baila Brandla, auch Bella genannt, Tabaksmann wurde am 29. März 1910 in Warschau (Warszawa) im damaligen konstitutionellen Königreich Polen („Kongresspolen“) geboren. Sie war die Tochter des aus Warschau stammenden Kaufmanns Chaim Benjamin Tabaksmann (1873–1942) und seiner Frau Rifka, geb. Fraines, ebenfalls gebürtige Warschauerin. Baila Brandla hatte einen älteren Bruder, den 1905 geborenen Isaak Tabaksmann. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Baila Brandla Tabaksmann und ihrem Bruder haben sich keine weiteren Quellen erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde Warschaus, zu der um die Jahrhundertwende etwa ein Drittel der Bevölkerung der Stadt zählte. Spätestens in den 1920er- oder frühen 1930er-Jahren zog die Familie nach Berlin, wo ihr Vater Mitte der 1930er-Jahren kurzzeitig eine Tabakhandlung am Weinbergsweg 11 in der Nähe des Rosenthaler Platzes in Mitte betrieb. Baila Brandla Tabaksmann lernte in Berlin den Maßschneider Franz Ferdinand Kornguth kennen. Der gebürtige Berliner war am 21. Januar 1910 geboren worden. Am 12. März 1932 bekam das Paar einen Sohn, dem sie den Namen Helmut (auch Herbert genannt) gaben. Im Jahr 1934 folgte eine Tochter namens Annie.<br />
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Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Baila Brandla Tabaksmann und ihre Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden und Anfang der 1930er-Jahre hatte die sichtbare Brutalität in Form von Straßenkämpfen, Saalschlachten und SA-Aufmärschen in den Straßen massiv zugenommen. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mit Hilfe staatlicher Autorität; Erlasse und Sondergesetze drängten Baila Brandla Tabaksmann und ihre Familienangehörigen zunehmend in die Position von Rechtlosen.<br />
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Zur existentiellen Unsicherheit der Familienmitglieder trug bei, dass sie in den 1930er-Jahren auf der Grundlage der NS-Gesetzgebung für „staatenlos“ erklärt wurden – das betraf sowohl Baila Brandla Tabaksmann und ihre Eltern als auch ihre in Berlin geborenen Kinder. Franz Ferdinand Kornguth wurde ebenfalls – vermutlich auf der Grundlage der Herkunft seiner Eltern – die Staatsbürgerschaft entzogen. Am 18. Juni 1938 bekamen Franz Ferdinand und Baila Brandla ein weiteres Kind, eine Tochter, der sie den Namen Dina gaben. Im selben Jahr verließ Franz Ferdinand Kornguth Berlin – es ist möglich, dass er im Rahmen der „Polenaktion“ Ende Oktober 1938 an die polnische Grenze ins Sammellager Bentschen (Zbąszyń) deportiert wurde. Anfang der 1940er-Jahre befand er sich im Warschauer Ghetto. In der Lagerzeitung „Gazeta Zydowska“ findet sich am 2. November 1941 eine Suchanfrage des Judenrats, mit der Franz Ferdinand Kornguth, „ca. 30 Jahre alt, von Beruf Schneider, aus Berlin, bis letztes Jahr wohnhaft in Warschau bei Ul. Zamenhofa [Ludwika-Zamenhofa-Straße, in der heute das Denkmal des Warschauer Aufstands steht]“ aufgefordert wird, sich persönlich oder schriftlich bei der Abteilung für Registerangelegenheiten zu melden. Es handelt sich um die letzte dokumentierte Spur zu ihm. Laut Familienangaben wurde er 1943 im Warschauer Ghetto ermordet. In Berlin gelang es Baila Brandla Tabaksmann unterdessen, ihre beiden älteren Kinder, Annie und Helmut Tabaksmann, 1939 mit einem der sogenannten Kindertransporte nach Großbritannien in Sicherheit zu bringen. Mit ihrer Tochter Dina verblieb Baila Brandla in einer Wohnung in der Rückerstraße 6 in Mitte. Es ist nicht bekannt, ob sie Pläne verfolgte, aus Deutschland zu entkommen. Sollte sie konkrete Schritte unternommen haben, so scheiterten diese.<br />
<br />
Spätestens Anfang der 1940er-Jahre wurde das Leben für Mutter und Tochter in Berlin zum Existenzkampf. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnte sich Baila Brandla Tabaksmann mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Seit Anfang der 1940-Jahre wurde sie außerdem zu Zwangsarbeit herangezogen, zuletzt als Arbeiterin in der Einlegesohlenfabrik „Gu-Krau GmbH“ in der Tegeler Straße 6 im Wedding. Am 9. September 1941 bekam sie ein weiteres Kind, den Sohn Denny, nähere Angaben zum Vater sind nicht bekannt. Mit ihren Kindern zog Baila Brandla Tabaksmann in den 1940er-Jahren in ihre letzte Berliner Unterkunft. Sie nahm sich ein Zimmer zur Untermiete bei Abrahamsohn in der Hirtenstraße 18 in Mitte.<br />
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Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 hatte die Gestapo die Jüdische Gemeinde Berlin informiert, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Baila Brandla Tabaksmann erhielt den Deportationsbescheid im Winter 1942. Sie wurde zusammen mit ihren beiden Kindern im Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 interniert. Von dort wurde die 32-Jährige mit ihrer vierjährigen Tochter und ihrem einjährigen Sohn am 9. Dezember 1942 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort unmittelbar nach ihrer Ankunft am folgenden Tag ermordet.<br />
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Baila Brandlas Eltern waren bereits im Juli 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert worden. Von dort waren sie wenige Wochen später, am 19. September 1942, weiter in das Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort ermordet worden. Baila Brandlas Bruder Isaak und ihre Kinder Annie und Helmut überlebten im Exil in England und lebten später in den USA.

Baila Brandla, auch Bella genannt, Tabaksmann wurde am 29. März 1910 in Warschau (Warszawa) im damaligen konstitutionellen Königreich Polen („Kongresspolen“) geboren. Sie war die Tochter des aus Warschau stammenden Kaufmanns Chaim Benjamin Tabaksmann (1873–1942) und seiner Frau Rifka, geb. Fraines, ebenfalls gebürtige Warschauerin. Baila Brandla hatte einen älteren Bruder, den 1905 geborenen Isaak Tabaksmann. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Baila Brandla Tabaksmann und ihrem Bruder haben sich keine weiteren Quellen erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde Warschaus, zu der um die Jahrhundertwende etwa ein Drittel der Bevölkerung der Stadt zählte. Spätestens in den 1920er- oder frühen 1930er-Jahren zog die Familie nach Berlin, wo ihr Vater Mitte der 1930er-Jahren kurzzeitig eine Tabakhandlung am Weinbergsweg 11 in der Nähe des Rosenthaler Platzes in Mitte betrieb. Baila Brandla Tabaksmann lernte in Berlin den Maßschneider Franz Ferdinand Kornguth kennen. Der gebürtige Berliner war am 21. Januar 1910 geboren worden. Am 12. März 1932 bekam das Paar einen Sohn, dem sie den Namen Helmut (auch Herbert genannt) gaben. Im Jahr 1934 folgte eine Tochter namens Annie.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Baila Brandla Tabaksmann und ihre Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden und Anfang der 1930er-Jahre hatte die sichtbare Brutalität in Form von Straßenkämpfen, Saalschlachten und SA-Aufmärschen in den Straßen massiv zugenommen. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mit Hilfe staatlicher Autorität; Erlasse und Sondergesetze drängten Baila Brandla Tabaksmann und ihre Familienangehörigen zunehmend in die Position von Rechtlosen.

Zur existentiellen Unsicherheit der Familienmitglieder trug bei, dass sie in den 1930er-Jahren auf der Grundlage der NS-Gesetzgebung für „staatenlos“ erklärt wurden – das betraf sowohl Baila Brandla Tabaksmann und ihre Eltern als auch ihre in Berlin geborenen Kinder. Franz Ferdinand Kornguth wurde ebenfalls – vermutlich auf der Grundlage der Herkunft seiner Eltern – die Staatsbürgerschaft entzogen. Am 18. Juni 1938 bekamen Franz Ferdinand und Baila Brandla ein weiteres Kind, eine Tochter, der sie den Namen Dina gaben. Im selben Jahr verließ Franz Ferdinand Kornguth Berlin – es ist möglich, dass er im Rahmen der „Polenaktion“ Ende Oktober 1938 an die polnische Grenze ins Sammellager Bentschen (Zbąszyń) deportiert wurde. Anfang der 1940er-Jahre befand er sich im Warschauer Ghetto. In der Lagerzeitung „Gazeta Zydowska“ findet sich am 2. November 1941 eine Suchanfrage des Judenrats, mit der Franz Ferdinand Kornguth, „ca. 30 Jahre alt, von Beruf Schneider, aus Berlin, bis letztes Jahr wohnhaft in Warschau bei Ul. Zamenhofa [Ludwika-Zamenhofa-Straße, in der heute das Denkmal des Warschauer Aufstands steht]“ aufgefordert wird, sich persönlich oder schriftlich bei der Abteilung für Registerangelegenheiten zu melden. Es handelt sich um die letzte dokumentierte Spur zu ihm. Laut Familienangaben wurde er 1943 im Warschauer Ghetto ermordet. In Berlin gelang es Baila Brandla Tabaksmann unterdessen, ihre beiden älteren Kinder, Annie und Helmut Tabaksmann, 1939 mit einem der sogenannten Kindertransporte nach Großbritannien in Sicherheit zu bringen. Mit ihrer Tochter Dina verblieb Baila Brandla in einer Wohnung in der Rückerstraße 6 in Mitte. Es ist nicht bekannt, ob sie Pläne verfolgte, aus Deutschland zu entkommen. Sollte sie konkrete Schritte unternommen haben, so scheiterten diese.

Spätestens Anfang der 1940er-Jahre wurde das Leben für Mutter und Tochter in Berlin zum Existenzkampf. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnte sich Baila Brandla Tabaksmann mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Seit Anfang der 1940-Jahre wurde sie außerdem zu Zwangsarbeit herangezogen, zuletzt als Arbeiterin in der Einlegesohlenfabrik „Gu-Krau GmbH“ in der Tegeler Straße 6 im Wedding. Am 9. September 1941 bekam sie ein weiteres Kind, den Sohn Denny, nähere Angaben zum Vater sind nicht bekannt. Mit ihren Kindern zog Baila Brandla Tabaksmann in den 1940er-Jahren in ihre letzte Berliner Unterkunft. Sie nahm sich ein Zimmer zur Untermiete bei Abrahamsohn in der Hirtenstraße 18 in Mitte.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 hatte die Gestapo die Jüdische Gemeinde Berlin informiert, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Baila Brandla Tabaksmann erhielt den Deportationsbescheid im Winter 1942. Sie wurde zusammen mit ihren beiden Kindern im Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 interniert. Von dort wurde die 32-Jährige mit ihrer vierjährigen Tochter und ihrem einjährigen Sohn am 9. Dezember 1942 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort unmittelbar nach ihrer Ankunft am folgenden Tag ermordet.

Baila Brandlas Eltern waren bereits im Juli 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert worden. Von dort waren sie wenige Wochen später, am 19. September 1942, weiter in das Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort ermordet worden. Baila Brandlas Bruder Isaak und ihre Kinder Annie und Helmut überlebten im Exil in England und lebten später in den USA.