Fanny Brenner

Location 
Perleberger Straße 33
District
Moabit
Stone was laid
25 April 2014
Born
17 July 1878 in Schwetz an der Weichsel / Świecie
Deportation
on 26 June 1942 to Theresienstadt
Murdered
13 January 1944 in Theresienstadt

Fanny Brenner wurde am 17. Juli 1878 in Schwetz an der Weichsel (dem heutigen Świecie in Polen) geboren. Die Stadt liegt im Schwetzer Land an der Einmündung der Schwarzwasser (Wda) in die Weichsel (Wisła) etwa 40 Kilometer nördlich von Bromberg (Bydgoszcz). Fanny Brenner war die Tochter von Nathan Salomon Brenner (1831–1911) und Johanna Brenner, geborene Bukofzer (1837–1924). Sie hatte mindestens vier Geschwister: Ihre älteren Brüder Hugo, Carl (Callmann) und Paul waren 1864, 1870 und 1872 in Schwetz zur Welt gekommen; ihre Schwester Gertrud wurde 1879 geboren. Leider haben sich keine Quellen erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie im Schwetz der Kaiserzeit geben könnten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde des Ortes, zu der zum Zeitpunkt von Fannys Geburt knapp 500 der rund 5500 Einwohner von Schwetz zählten.

Über die Ausbildung von Fanny Brenner haben sich keine Zeugnisse erhalten. Ihr Bruder Hugo studierte nach dem Abitur Medizin und promovierte 1889 an der Universität Königsberg (Kaliningrad) zum Thema von Frakturen mit der Arbeit „Beiträge zur Behandlung brandiger Brüche“. 1899 heiratete er in Stettin (Szczecin) und zog nach der Jahrhundertwende nach Berlin, wo auch sein Bruder Carl ab den 1910er-Jahren mit seiner Familie – Ehefrau Paula (*1884) und Sohn Walter (*1908) – lebte. Carl war Kaufmann und betrieb als Mitinhaber das Großhandelstextilgeschäft „Brenner & Nathan“ in der Poststraße 28 im Nikolaiviertel.

Nachdem Fannys Vater Nathan Brenner 1911 verstorben war, zog ihre Mutter Johanna nach Berlin und in den 1920er-Jahren kam auch Fannys Schwester Gertrud mit ihrem Ehemann Arthur Rosenberg und ihren Kindern Alice (*1911), Lutz (*1913) und Heinz (*1917) aus Frankfurt an der Oder in die Hauptstadt. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde Schwetz aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags polnisch und Anfang der 1920er-Jahre zogen auch Fanny Brenner und ihr Bruder Paul nach Berlin, wo sie sich eine gemeinsame Wohnung in der Perleberger Straße 35 in Moabit nahmen. Paul Brenner führte an der gleichen Adresse während der 1920er- und 1930er-Jahre ein Textilgeschäft für Kurz- und Wollwaren, während sich Fanny Brenner um den gemeinsamen Haushalt kümmerte. Leider haben sich keine weiteren Quellen erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familienmitglieder im Berlin der Weimarer Republik geben.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Fanny Brenner und ihre Verwandten. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Bildungs- und Berufsleben. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden und Anfang der 1930er-Jahre hatte die sichtbare Brutalität in Form von Straßenkämpfen, Saalschlachten und SA-Aufmärschen in den Straßen massiv zugenommen. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mit Hilfe staatlicher Autorität. Gesetze und Sondererlasse drängten Fanny Brenner zunehmend in die Position einer Rechtlosen. Seit 1933 waren ihre Brüder Paul und Carl außerdem als Geschäftsinhaber von den antisemitischen Kampagnen, Boykotten und Ausschreitungen betroffen, die ihren sichtbarsten Ausdruck in den Pogromen im Juni und November 1938 in Berlin erfuhren. Bereits im Jahr 1937 war Carl gezwungen worden, seine Textilgroßhandlung in der Poststraße an Nichtjuden weit unter Preis zu veräußern („Arisierung“). Ein Jahr darauf sah sich auch Paul Brenner nicht mehr in der Lage, das Geschäft in der Perleberger Straße weiterzuführen und er musste es aufgeben. 1937 gelang dem Sohn von Carl Brenner, Walter (*1908), die Ausreise in die USA, und auch seine Eltern bemühten sich in der Folge, wenn auch ohne Erfolg, die erhofften Ausreisepapiere zu erhalten. Ob auch Fanny und Paul Brenner Ende der 1930er-Jahre Pläne verfolgten, aus Deutschland zu fliehen, ist nicht bekannt. Sollten sie konkrete Schritte unternommen haben, so scheiterten diese. Im Februar 1939 waren Fanny und Paul Brenner gezwungen, ihre langjährige Wohnung in der Perleberger Straße 35 aufzugeben. Sie nahmen sich eine Wohnung in der Keibelstraße 4 unweit des Scheunenviertels, in der sie sich ein Zimmer teilten, da sie Untermieter aufnehmen mussten. Spätestens Ende der 1930er- / Anfang der 1940er-Jahre war das Leben für das Geschwisterpaar in Berlin zum Existenzkampf geworden. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 hatte die Gestapo die Jüdische Gemeinde Berlins informiert, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Die Geschwister Brenner erhielten den Deportationsbescheid im Sommer 1942. Sie mussten ihre Wohnung in der Keibelstraße verlassen und wurden im Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 interniert. Von dort wurden die 63-jährige Fanny Brenner und der 70-jährige Paul Brenner am 26. Juni 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Paul Brenner wurde wenige Wochen später, am 19. September 1942, aus Theresienstadt weiter in das Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort ermordet. Fanny Brenner hatte zu diesem Zeitpunkt noch weitere Verwandte im Ghetto: Ihr Bruder Carl Brenner und dessen Ehefrau Paula waren am 9. September 1942 aus Berlin nach Theresienstadt deportiert worden. Fanny Brenner musste auch den Tod ihres zweiten Bruders miterleben: Carl Brenner wurde am 3. Oktober 1942 in Theresienstadt ermordet – entweder infolge direkter oder indirekter Gewalteinwirkung mittels planvoller Mangelernährung, versagter Medikamente, Kälte und körperlichen Misshandlungen. Sie selbst überlebte die Peinigungen und Misshandlungen im Ghetto anderthalb Jahre, bevor sie am 13. Januar 1944 in Theresienstadt ermordet wurde.

Die meisten ihrer Familienangehörigen überlebten die NS-Verfolgung nicht: Ihre Schwägerin Paula Brenner wurde am 15. Juli 1944 aus Theresienstadt weiter in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet. Ihr Bruder Hugo Brenner nahm sich in verzweifelter Situation gemeinsam mit seiner Ehefrau Bertha Brenner, geborene Lewin, am 19. Januar 1942 in seiner Wohnung in der Thomasiusstraße 5 mit Schlafmitteln das Leben. Gertrud Rosenberg lebte zuletzt mit ihrer Tochter Alice in Berlin, nachdem ihr Ehemann Arthur 1937 gestorben war und ihre beiden Söhne Heinz und Lutz Ende der 1930er-Jahre aus Deutschland fliehen konnten. Am 9. Dezember 1942 wurden Gertrud und Alice Rosenberg in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet. Fannys Neffen Walter Brenner sowie Lutz und Heinz Rosenberg überlebten die NS-Verfolgung im Exil.