Hermann Bagainski

Location 
Greifswalder Straße 202
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
07 August 2014
Born
08 May 1888 in Gnesen / Gniezno
Verhaftet
27 May 1942 to 28 May 1942 in Sachsenhausen
Murdered
28 May 1942 in Sachsenhausen

Hermann Hirsch Bagainski wurde am 8. Mai 1888 in der nordöstlich von Posen (Poznań) gelegenen Stadt Gnesen (dem heutigen polnischen Gniezno) geboren. Er war der Sohn des Eisenbahnangestellten Julius Bagainski und der Minne Bagainski. Über die Kindheit und Jugend von Hermann Bagainski haben sich kaum Informationen erhalten. Seine Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde der Stadt, der zum Zeitpunkt der Geburt von Hermann etwas mehr als 1400 Personen angehörten. Hermann besuchte die Volksschule in Gnesen und absolvierte anschließend eine kaufmännische Ausbildung. Vermutlich war er in der Zeit des Ersten Weltkriegs als Soldat eingesetzt, auch wenn sich keine Zeugnisse darüber erhalten haben. Im Jahr 1918 – Hermann war inzwischen 30 Jahre alt – heiratete er in erster Ehe die sieben Jahre jüngere Helene Ruschin. Sie war die Tochter des in Schokken (heute Skoki) ansässigen Kaufmanns Leiser Ruschin und dessen Ehefrau Dorothea Ruschin, geborene Pinkus. Nach der Hochzeit zog das Paar nach Berlin, wo Hermann Bagainski 1922 ein Büro als Rechts- und Steuerberater eröffnete. Die Rechtsberatung war nach damaligem Recht weniger reglementiert und stand auch kaufmännischen Berufszweigen offen. Erst 1935 wurde mit dem „Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung“ (dem späteren RBerG) die Berufsausübung mit dem Ziel eingeschränkt, die seit 1933 aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossenen jüdischen Rechtsanwälte daran zu hindern, in die nichtanwaltliche Beratung auszuweichen.<br />
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Seit 1919 lebte das Ehepaar Hermann und Helene Bagainski in Berlin in einer Wohnung in der Elsasser Straße 85 (der heutigen Torstraße) nahe dem Rosenthaler Platz im Prenzlauer Berg. Im November 1919 wurde ihre Tochter Margot geboren. 1921 und 1924 folgten ihre Söhne Julius und Arno. Ein Jahr nach der Geburt des jüngsten Sohnes zog die Familie in die Elisabethstraße 12 nahe dem Alexanderplatz und 1927 in eine größere Wohnung in der Lietzmannstraße 6 (ungefähr auf der Höhe der heutigen Berolinastraße). Es haben sich kaum Quellen erhalten, die einen Einblick in das Familienleben der Bagainskis im Berlin der Weimarer Republik geben könnten. Bekannt ist, dass die Familie Ende der 1920er-Jahre und Anfang der 1930er-Jahre mit zwei Schicksalsschlägen umgehen musste: Im Jahr 1929 wurde Hermann Bagainski infolge eines Beinleidens, das er sich während seiner Lehrzeit durch einen Unfall zugezogen hatte, das linke Bein bis zum Oberschenkel amputiert. Er musste sein Berliner Rechtsberatungsbüro aufgeben und konnte in der Folgezeit seine Familie nicht mehr durch eigene Berufstätigkeit unterhalten. Anfang der 1930er-Jahre war er Wohlfahrtsempfänger. Am 5. Juli 1930 verstarb außerdem Hermanns Ehefrau Helene. Zwei Jahre später, im April 1932, heiratete er in zweiter Ehe die aus Leesen (heute Leźno) stammende Margarete Schach, die in Berlin als Hauswirtschafterin arbeitete. Aus der zweiten Ehe sind die 1934 und 1937 geborenen Kinder Erna und Joachim Bagainski hervorgegangen.<br />
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Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Bagainski. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Hermann Bagainski hatte sich inzwischen von den Folgen seiner Operation erholt, erhielt aber keine Arbeitsgelegenheit mehr. In den nächsten Jahren war er ehrenamtlich in der jüdischen Taubstummenanstalt Berlin-Weißensee beschäftigt und erhielt dafür eine kleine Aufwandsentschädigung. 1935 zog die Familie in eine Wohnung in der Greifswalder Str. 202. Hermanns Söhne aus erster Ehe hatten bis dahin die Städtische Volksschule in der Georgenkirchstraße besucht. Unter dem Druck der Rassenpolitik, die im Bildungswesen mit einem Erlass von 1935 eine „möglichst vollständige Rassentrennung“ in Schulen vorsah, mussten sie die Volksschule verlassen. Sie besuchten ab Mitte der 1930er-Jahre noch für kurze Zeit die Jüdische Schule in der Rykestraße. Die Berufswünsche der Söhne als Automechaniker und Elektriker zerschlugen sich, da sie im nationalsozialistischen Deutschland trotz großer Bemühungen der Familie keine Lehrstelle fanden. Julius musste als Arbeiter am Zentralviehhof in Lichtenberg zum Einkommen der Familie beitragen. Arno begann eine Lehre als Koch bei der Zentralküche der Jüdischen Gemeinde in der Gormannstraße 3, gab diese aber im Herbst 1941 auf. Er war mehrere Male auf dem Arbeitsweg bedroht worden, nachdem man ihn mit „Judenstern“ auf der Kleidung gesehen hatte. Als einziges Familienmitglied gelang es Margot Sophie, inzwischen verheiratete Timendorfer, das Land zu verlassen. Sie war 1939 mit ihrem Ehemann nach Palästina ausgewandert. Ab Oktober 1941 mussten sowohl der 53-jährige Hermann Bagainski als auch seine Ehefrau und seine beiden Söhne Julius und Arno für in Berlin ansässige Unternehmen Zwangsarbeit leisten. Allein für Julius ist bekannt, um welche Firma es sich handelte, nämlich die „Lederwarenfabrik Gebr. Schlägel“ in der Lichtenberger Röderstraße 25 (der heutigen Karl-Lade-Straße). Julius lebte seit Februar 1941 als Untermieter von Clara Beer in der Uhlandstraße 47.<br />
<br />
Der Entrechtung folgte die Deportation: Julius Bagainski wurde im Oktober 1941 in das Ghetto Litzmannstadt (Łódź) deportiert, sein Vater im Mai 1942 in Berlin verhaftet. Margarete Bagainski berichtete später von der Inhaftierung: „Am 27. Mai 1942 abends gegen 8 Uhr erschienen in unserer Wohnung in der Greifswalder Straße 202 einige Polizeibeamte, die erklärten, dass sie meinen Mann abholen müssen. Als ich sie fragte, warum nur mein Mann und nicht die ganze Familie abgeholt würde, erhielt ich zur Antwort, eine Auskunft könne mir nicht gegeben werden, ich bekäme eine solche im Sammellager Levetzowstraße. Die Ursache dieser Festnahme wurde mir klar, als ich bald darauf hörte, dass am gleichen Abend 500 Männer, sämtliche Juden, in allen Bezirken Berlins aus ihrer Wohnung geholt wurden. Die Aktion erhielt den Namen ‚Lustgarten‘. Dort war nämlich in einem Holzhaus, welches im Rahmen der sogenannten Sowjetausstellung errichtet und zur Schau gestellt war, ein Brand ausgebrochen. Man beschuldigte 5 Juden, diesen Brand gelegt zu haben. Als Vergeltungsmaßnahme wurden nunmehr 500 Juden, darunter auch mein Mann, festgenommen.“<br />
<br />
Nach einer eigentlich nichtigen Auseinandersetzung um einen Übernachtungsbesuch war Hermann Bagainski vom Blockwart des Hauses, Herrn Riedel, für die Deportation gemeldet worden, die die Nationalsozialisten als willkürliche Vergeltungsmaßnahme nach dem Anschlag auf die NS-Propagandaausstellung „Das Sowjet-Paradies“ durch die Widerstandsgruppe um Herbert Baum durchführten. Nach seiner Verhaftung wurde Hermann Bagainski noch am Abend des 27. Mai 1942 nach Sachsenhausen deportiert und dort mit 250 anderen Geiseln am Morgen des 28. Mai 1942 im Konzentrationslager Sachsenhausen ermordet.<br />
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Seine Ehefrau Margarete Bagainski erhielt am 3. Juni 1942 den Deportationsbescheid und wurde mit Arno, Erna und Joachim Bagainski mit einem Sondertransport, der ausschließlich für Angehörige der Erschossenen bestimmt war, am 5. Juni 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Margarete Bagainski berichtete später: „Am nächsten Morgen mussten sich alle Transportteilnehmer auf dem Hof der Kaserne versammeln. Dort wurde von dem SS-Kommandanten [Seidel] eine Liste vorgelesen, die die Namen unserer Männer […] enthielt. Zu dieser Liste gab der Kommandant bekannt die genannten Personen seien auf Befehl des Reichsführers Himmler wegen Teilnahme an Untergrundbewegungen erschossen worden“. Von den Familienmitgliedern von Hermann Bagainski überlebten seine Ehefrau Margarete mit den Kindern Erna und Joachim die NS-Verfolgung. Sie konnten sich im Februar 1945 aus dem Ghetto in einem Transport in die Schweiz retten („Zug in die Freiheit“). Hermanns Tochter Margot Sophie, verheiratete Timendorfer (später nannte sie sich Mirjam Timnah) überlebte mit ihrem Ehemann im Exil in Palästina. Hermanns Sohn Julius Bagainski war im Mai 1942 aus dem Ghetto Litzmannstadt weiter in das Vernichtungslager Kulmhof (Chełmno) deportiert und dort ermordet worden. Das Schicksal von Arno Bagainski ist nicht zweifelsfrei geklärt. Er hatte sich in Theresienstadt Anfang 1943 für ein Arbeitskommando gemeldet und kam vermutlich in das sogenannte Außenkommando Zossen (später „Wulkow“). Den Mitgliedern einiger Arbeitskommandos war versprochen worden, dass ihre im Ghetto zurückbleibenden Angehörigen während des Arbeitseinsatzes nicht weiter deportiert werden würden. Bei den Angehörigen des Außenkommando Wulkow, die zum Barackenbau eingesetzt waren, hielt sich die SS anders als bei anderen Kommandos daran. 1944 war Arno wegen Zigarettenbesitzes nach Berlin strafversetzt worden, wo er im Sammellager in der ehemaligen Pathologie des Jüdischen Krankenhauses in der Schulstraße im Berliner Wedding festgehalten wurde. Ende September 1944 schrieb er von hier einen Brief an seine Stiefmutter in Theresienstadt, die diesen nach Angaben der Familie erhielt. Es handelte sich um das letzte bekannte Lebenszeichen von Arno Bagainski.

Hermann Hirsch Bagainski wurde am 8. Mai 1888 in der nordöstlich von Posen (Poznań) gelegenen Stadt Gnesen (dem heutigen polnischen Gniezno) geboren. Er war der Sohn des Eisenbahnangestellten Julius Bagainski und der Minne Bagainski. Über die Kindheit und Jugend von Hermann Bagainski haben sich kaum Informationen erhalten. Seine Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde der Stadt, der zum Zeitpunkt der Geburt von Hermann etwas mehr als 1400 Personen angehörten. Hermann besuchte die Volksschule in Gnesen und absolvierte anschließend eine kaufmännische Ausbildung. Vermutlich war er in der Zeit des Ersten Weltkriegs als Soldat eingesetzt, auch wenn sich keine Zeugnisse darüber erhalten haben. Im Jahr 1918 – Hermann war inzwischen 30 Jahre alt – heiratete er in erster Ehe die sieben Jahre jüngere Helene Ruschin. Sie war die Tochter des in Schokken (heute Skoki) ansässigen Kaufmanns Leiser Ruschin und dessen Ehefrau Dorothea Ruschin, geborene Pinkus. Nach der Hochzeit zog das Paar nach Berlin, wo Hermann Bagainski 1922 ein Büro als Rechts- und Steuerberater eröffnete. Die Rechtsberatung war nach damaligem Recht weniger reglementiert und stand auch kaufmännischen Berufszweigen offen. Erst 1935 wurde mit dem „Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung“ (dem späteren RBerG) die Berufsausübung mit dem Ziel eingeschränkt, die seit 1933 aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossenen jüdischen Rechtsanwälte daran zu hindern, in die nichtanwaltliche Beratung auszuweichen.

Seit 1919 lebte das Ehepaar Hermann und Helene Bagainski in Berlin in einer Wohnung in der Elsasser Straße 85 (der heutigen Torstraße) nahe dem Rosenthaler Platz im Prenzlauer Berg. Im November 1919 wurde ihre Tochter Margot geboren. 1921 und 1924 folgten ihre Söhne Julius und Arno. Ein Jahr nach der Geburt des jüngsten Sohnes zog die Familie in die Elisabethstraße 12 nahe dem Alexanderplatz und 1927 in eine größere Wohnung in der Lietzmannstraße 6 (ungefähr auf der Höhe der heutigen Berolinastraße). Es haben sich kaum Quellen erhalten, die einen Einblick in das Familienleben der Bagainskis im Berlin der Weimarer Republik geben könnten. Bekannt ist, dass die Familie Ende der 1920er-Jahre und Anfang der 1930er-Jahre mit zwei Schicksalsschlägen umgehen musste: Im Jahr 1929 wurde Hermann Bagainski infolge eines Beinleidens, das er sich während seiner Lehrzeit durch einen Unfall zugezogen hatte, das linke Bein bis zum Oberschenkel amputiert. Er musste sein Berliner Rechtsberatungsbüro aufgeben und konnte in der Folgezeit seine Familie nicht mehr durch eigene Berufstätigkeit unterhalten. Anfang der 1930er-Jahre war er Wohlfahrtsempfänger. Am 5. Juli 1930 verstarb außerdem Hermanns Ehefrau Helene. Zwei Jahre später, im April 1932, heiratete er in zweiter Ehe die aus Leesen (heute Leźno) stammende Margarete Schach, die in Berlin als Hauswirtschafterin arbeitete. Aus der zweiten Ehe sind die 1934 und 1937 geborenen Kinder Erna und Joachim Bagainski hervorgegangen.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Bagainski. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Hermann Bagainski hatte sich inzwischen von den Folgen seiner Operation erholt, erhielt aber keine Arbeitsgelegenheit mehr. In den nächsten Jahren war er ehrenamtlich in der jüdischen Taubstummenanstalt Berlin-Weißensee beschäftigt und erhielt dafür eine kleine Aufwandsentschädigung. 1935 zog die Familie in eine Wohnung in der Greifswalder Str. 202. Hermanns Söhne aus erster Ehe hatten bis dahin die Städtische Volksschule in der Georgenkirchstraße besucht. Unter dem Druck der Rassenpolitik, die im Bildungswesen mit einem Erlass von 1935 eine „möglichst vollständige Rassentrennung“ in Schulen vorsah, mussten sie die Volksschule verlassen. Sie besuchten ab Mitte der 1930er-Jahre noch für kurze Zeit die Jüdische Schule in der Rykestraße. Die Berufswünsche der Söhne als Automechaniker und Elektriker zerschlugen sich, da sie im nationalsozialistischen Deutschland trotz großer Bemühungen der Familie keine Lehrstelle fanden. Julius musste als Arbeiter am Zentralviehhof in Lichtenberg zum Einkommen der Familie beitragen. Arno begann eine Lehre als Koch bei der Zentralküche der Jüdischen Gemeinde in der Gormannstraße 3, gab diese aber im Herbst 1941 auf. Er war mehrere Male auf dem Arbeitsweg bedroht worden, nachdem man ihn mit „Judenstern“ auf der Kleidung gesehen hatte. Als einziges Familienmitglied gelang es Margot Sophie, inzwischen verheiratete Timendorfer, das Land zu verlassen. Sie war 1939 mit ihrem Ehemann nach Palästina ausgewandert. Ab Oktober 1941 mussten sowohl der 53-jährige Hermann Bagainski als auch seine Ehefrau und seine beiden Söhne Julius und Arno für in Berlin ansässige Unternehmen Zwangsarbeit leisten. Allein für Julius ist bekannt, um welche Firma es sich handelte, nämlich die „Lederwarenfabrik Gebr. Schlägel“ in der Lichtenberger Röderstraße 25 (der heutigen Karl-Lade-Straße). Julius lebte seit Februar 1941 als Untermieter von Clara Beer in der Uhlandstraße 47.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Julius Bagainski wurde im Oktober 1941 in das Ghetto Litzmannstadt (Łódź) deportiert, sein Vater im Mai 1942 in Berlin verhaftet. Margarete Bagainski berichtete später von der Inhaftierung: „Am 27. Mai 1942 abends gegen 8 Uhr erschienen in unserer Wohnung in der Greifswalder Straße 202 einige Polizeibeamte, die erklärten, dass sie meinen Mann abholen müssen. Als ich sie fragte, warum nur mein Mann und nicht die ganze Familie abgeholt würde, erhielt ich zur Antwort, eine Auskunft könne mir nicht gegeben werden, ich bekäme eine solche im Sammellager Levetzowstraße. Die Ursache dieser Festnahme wurde mir klar, als ich bald darauf hörte, dass am gleichen Abend 500 Männer, sämtliche Juden, in allen Bezirken Berlins aus ihrer Wohnung geholt wurden. Die Aktion erhielt den Namen ‚Lustgarten‘. Dort war nämlich in einem Holzhaus, welches im Rahmen der sogenannten Sowjetausstellung errichtet und zur Schau gestellt war, ein Brand ausgebrochen. Man beschuldigte 5 Juden, diesen Brand gelegt zu haben. Als Vergeltungsmaßnahme wurden nunmehr 500 Juden, darunter auch mein Mann, festgenommen.“

Nach einer eigentlich nichtigen Auseinandersetzung um einen Übernachtungsbesuch war Hermann Bagainski vom Blockwart des Hauses, Herrn Riedel, für die Deportation gemeldet worden, die die Nationalsozialisten als willkürliche Vergeltungsmaßnahme nach dem Anschlag auf die NS-Propagandaausstellung „Das Sowjet-Paradies“ durch die Widerstandsgruppe um Herbert Baum durchführten. Nach seiner Verhaftung wurde Hermann Bagainski noch am Abend des 27. Mai 1942 nach Sachsenhausen deportiert und dort mit 250 anderen Geiseln am Morgen des 28. Mai 1942 im Konzentrationslager Sachsenhausen ermordet.

Seine Ehefrau Margarete Bagainski erhielt am 3. Juni 1942 den Deportationsbescheid und wurde mit Arno, Erna und Joachim Bagainski mit einem Sondertransport, der ausschließlich für Angehörige der Erschossenen bestimmt war, am 5. Juni 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Margarete Bagainski berichtete später: „Am nächsten Morgen mussten sich alle Transportteilnehmer auf dem Hof der Kaserne versammeln. Dort wurde von dem SS-Kommandanten [Seidel] eine Liste vorgelesen, die die Namen unserer Männer […] enthielt. Zu dieser Liste gab der Kommandant bekannt die genannten Personen seien auf Befehl des Reichsführers Himmler wegen Teilnahme an Untergrundbewegungen erschossen worden“. Von den Familienmitgliedern von Hermann Bagainski überlebten seine Ehefrau Margarete mit den Kindern Erna und Joachim die NS-Verfolgung. Sie konnten sich im Februar 1945 aus dem Ghetto in einem Transport in die Schweiz retten („Zug in die Freiheit“). Hermanns Tochter Margot Sophie, verheiratete Timendorfer (später nannte sie sich Mirjam Timnah) überlebte mit ihrem Ehemann im Exil in Palästina. Hermanns Sohn Julius Bagainski war im Mai 1942 aus dem Ghetto Litzmannstadt weiter in das Vernichtungslager Kulmhof (Chełmno) deportiert und dort ermordet worden. Das Schicksal von Arno Bagainski ist nicht zweifelsfrei geklärt. Er hatte sich in Theresienstadt Anfang 1943 für ein Arbeitskommando gemeldet und kam vermutlich in das sogenannte Außenkommando Zossen (später „Wulkow“). Den Mitgliedern einiger Arbeitskommandos war versprochen worden, dass ihre im Ghetto zurückbleibenden Angehörigen während des Arbeitseinsatzes nicht weiter deportiert werden würden. Bei den Angehörigen des Außenkommando Wulkow, die zum Barackenbau eingesetzt waren, hielt sich die SS anders als bei anderen Kommandos daran. 1944 war Arno wegen Zigarettenbesitzes nach Berlin strafversetzt worden, wo er im Sammellager in der ehemaligen Pathologie des Jüdischen Krankenhauses in der Schulstraße im Berliner Wedding festgehalten wurde. Ende September 1944 schrieb er von hier einen Brief an seine Stiefmutter in Theresienstadt, die diesen nach Angaben der Familie erhielt. Es handelte sich um das letzte bekannte Lebenszeichen von Arno Bagainski.