Elisabeth Rosenwasser née Levy

Location 
Thomasiusstraße 10
District
Moabit
Stone was laid
08 August 2014
Born
10 April 1889 in Berlin
Occupation
Inhaberin einer Schusterei
Forced Labour
Arbeiterin (Siemens Wernerwerk, Berlin-Charlottenburg)
Deportation
on 19 February 1943 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Elisabeth Levy wurde am 10. April 1889 in Berlin geboren. Ihr Vater, der Kaufmann Adolf Levy (1863–1925), stammte aus Bromberg (dem heutigen Bydgoszcz in Polen); die Familie ihrer Mutter Pauline Levy, geborene Tischler, (1865–1926) aus Breslau (Wrocław). In den 1880er-Jahren waren sie nach Berlin gekommen und hatten 1888 in der Hauptstadt geheiratet. Vor der Eheschließung lebte Adolf Levy in der Brunnenstraße 115 in Mitte; Pauline Tischler in der elterlichen Wohnung in der Rosenthaler Straße 61. Nach der Hochzeit nahmen sie sich eine gemeinsame Wohnung – zunächst in der Alten Schönhauser Straße 61 im Scheunenviertel. Elisabeth war das erste Kind des Ehepaares, in den Jahren 1890 und 1892 kamen ihre jüngeren Geschwister Margarete und Herbert in Berlin zur Welt. In dieser Zeit zog die Familie aus dem Scheunenviertel in eine neue Wohnung in der Saarbrücker Straße 16 im Kollwitzkiez des Prenzlauer Bergs. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Elisabeth Levy und ihren Geschwistern im Berlin der Kaiserzeit haben sich keine weiteren Zeugnisse erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde Berlins.

Es ist nicht bekannt, welche Schulen Elisabeth Levy in Berlin besuchte und welche Berufsausbildung sie erhielt. Mit 31 Jahren heiratete sie am 5. August 1920 den verwitweten Kaufmann Josef Rosenwasser (auch Yosef „Yossel“ Rozenwaser), der einige Jahre älter war. 1862 war er in Siedlce (damals Russisches Reich) geboren worden und hatte dort bereits wie später in Berlin eine Zigarettenfabrik geführt. Aus seiner ersten Ehe mit Frimmet Rosenwasser, geborene Grünpelz (1861–1915), waren mindestens zwei Kinder hervorgegangen: Max Mejer Rosenwasser (*1886) und Chana Rosenwasser (*1891). In den Jahren nach der Jahrhundertwende waren Josef und sein Sohn aktiv an der sozialistisch-zionistischen Bewegung in Siedlce beteiligt gewesen: Josef hatte mit anderen Zionisten eine Untergrundbibliothek geführt, die 1904 vom lokalen Gouverneur legalisiert worden war; sein Sohn Max Mejer engagierte sich in den lokalen Bewegungen der Ha-Tkhiya („Wiedergeburt“) und der sozialistisch-zionistischen Poale Zion („Arbeiter Zions“), die in Siedlce während der Russischen Revolution von 1905 den Widerstand der Aufständischen gegen die Zarentruppen mitorganisierte. In den Folgejahren siedelte die Familie nach Berlin über, wo Josef ab 1908/1909 eine Zigarettenfabrik in der Kaiserstraße 8 (heutige Jacobystraße) in Berlin-Mitte aufbaute. Im Juli 1914 starb seine Tochter Chana und im August 1915 seine erste Ehefrau Frimmet Rosenwasser. In den 1910er- und 1920er-Jahren führte Josef Rosenwasser zusammen mit seinem Sohn Max Mejer als gemeinschaftliche Inhaber Zigaretten- und Zigarrenfabriken an verschiedenen Standorten in Berlin. Kurz vor der Eheschließung mit Elisabeth eröffnete Josef außerdem eine Zigarrenhandlung mit einer Filiale in der Kaiserstraße 2. Ab 1921 lebt das Ehepaar in einer Wohnung in der Cauerstraße 19 in Charlottenburg, ab 1923 am Hindenburgdamm 61 in Lichterfelde und 1927 in der Ebersstraße 28 in Schöneberg. Es ist anzunehmen, dass Elisabeth in die geschäftlichen Aktivitäten ihres Mannes eingebunden war. 1926/1927 zogen sich Elisabeth und Josef Rosenwasser aus der Fabrikation und Herstellung von Tabakwaren zurück. In den Berliner Adressbücher ist Josef Rosenwasser im Jahr 1929 noch einmal mit der Berufsbezeichnung Schuhmacher verzeichnet, bevor er in den 1930er-Jahren als Rentier geführt wird. Elisabeth eröffnete Anfang der 1930er-Jahre eine Schuhreparatur und mechanische Beschlaganstalt in der Xantener Straße 9 in Wilmersdorf mit einem Angestellten, die sie bis mindestens 1934 führte.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Elisabeth Rosenwasser und ihre Familienangehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden und Anfang der 1930er-Jahre hatte die sichtbare Brutalität in Form von Straßenkämpfen, Saalschlachten und SA-Aufmärschen in den Straßen massiv zugenommen. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mit Hilfe staatlicher Autorität. Gesetze und Sondererlasse drängten Elisabeth Rosenwasser zunehmend in die Position einer Rechtlosen im eigenen Land. Mitte der 1930er-Jahre war sie gezwungen ihre Geschäftstätigkeit aufzugeben. Elisabeth und Josef zogen 1935 in eine Wohnung in der Thomasiusstraße 10 in Moabit, unweit von Josefs Sohn und dessen Ehefrau, die in der Thomasiusstraße 5 lebten. Am 30. Januar 1938 starb Josef Rosenwasser im Alter von 75 Jahren in Berlin. Im selben Jahr wurde im Oktober Elisabeths Stiefsohn im Rahmen der sogenannten „Polenaktion“ im Oktober 1938 aus Berlin nach Bentschen (Zbąszyń) deportiert. Für Elisabeth Rosenwasser war das Leben in Berlin spätestens zu diesem Zeitpunkt zum reinen Existenzkampf geworden. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnte sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Seit Ende der 1930er- / Anfang der 1940er-Jahre wurde sie zudem zu Zwangsarbeit herangezogen: Zuletzt als Arbeiterin im Wernerwerk R von „Siemens & Halske“ am Charlottenburger Ufer 17. Im November 1941 war Elisabeth gezwungen noch einmal umzuziehen. Sie musste die Wohnung in der Thomasiusstraße 10 aufgeben und zog zur Untermiete in ein Zimmer in der Dahlmannstraße 11 in Charlottenburg.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 hatte die Gestapo die Jüdische Gemeinde Berlins informiert, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Im Frühjahr 1943 erhielt Elisabeth Rosenwasser den Deportationsbescheid. Sie wurde im Januar 1943 im Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 interniert. Von dort aus wurde die 53-Jährige am 19. Februar 1943 mit dem „29. Osttransport“ in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort – vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft – ermordet.

Nur wenige ihrer direkten Angehörigen überlebten die NS-Verfolgung. Ihr Stiefsohn Max Mejer Rosenwasser wurde nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Polen verhaftet, im Ghetto Siedlce interniert und dort am 3. August 1942 erschossen. Dessen Ehefrau Ryfka Regina Rosenwasser, geborene Ritter, wurde am 5. September 1942 aus Berlin in das Ghetto Riga deportiert und dort ermordet. Elisabeths Schwester Margarete Levy, verheiratete Lewin, wurde am 3. Februar 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Ihr Bruder Herbert Levy überlebte die NS-Verfolgung und lebte nach dem Krieg in Frankreich.