Henriette Hirschfeld née Gutfeld

Location 
Dahlmannstraße 5
District
Charlottenburg
Stone was laid
24 March 2014
Born
09 June 1868 in Oschin / Osiny
Deportation
on 21 September 1942 to Theresienstadt
Murdered
15 January 1944 in Theresienstadt

Henriette Hirschfeld wurde am 9. Juni 1868 in Oschin (Osiny) im damaligen Westpreußen als Tochter des Bäckers und Gastwirts Ascher Gutfeld geboren. Als ihr Vater 1876 im Alter von nur 40 Jahren starb, wusste die Mutter nicht, wie sie in dem Dörfchen ihre fünf kleinen Kinder ernähren sollte. Sie entschloss sich deshalb nach Berlin zu ziehen, wo sie den Unterhalt für sich und ihre Kinder vor allem durch Näharbeiten einigermaßen sichern konnte.<br />
<br />
Henriette absolvierte eine jüdische Mädchenschule und verliebte sich in den Lehrer Robert Hirschfeld, den sie am 6. Juli 1892 heiratete. 1893 und 1895 wurden die Töchter Erna und Lucia geboren, 1909 der Sohn Hans Hermann. Ehemann Robert war in den folgenden Jahren trotz starker Sehbehinderung und Erblindung in vielen Funktionen tätig, so als Schulreferent der Berliner Jüdischen Gemeinde und als Präsident des Allgemeinen Deutschen Blindenverbandes.<br />
<br />
Er starb nach schwerer Krankheit, während der er von seiner Frau aufopferungsvoll gepflegt wurde, am 4. November 1937.<br />
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Besonders verehrt als engster Freund der Familie wurde der berühmte Rabbi Leo Baeck (1853-1956), von 1933 bis 1943 Präsident der „Reichsvertretung der deutschen Juden“ und nach 1945 Präsident der „Weltunion für progressives Judentum“. Auch Hermann Falkenberg, Gründer der liberalen Synagoge in der Berliner Schönhauser Allee 162, und der Rabbi Ludwig Rosenthal waren gern gesehen.<br />
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Von 1911 bis 1933 wohnte die Familie in der Joachimstaler Straße und zog dann in eine kleinere Wohnung in der Dahlmannstraße 5. Im September 1942 musste sich Henriette im ehemaligen Altenheim in der Großen Hamburger Straße melden, welches als Sammelpunkt für die Deportationen<br />
<br />
ins KZ Theresienstadt missbraucht wurde. Nach wenigen Tagen ist auch Henriette mit dem Zug abtransportiert worden.<br />
<br />
Als ihr Sohn Hans Hermann mit seiner schwangeren Frau Inge im Juni 1943 ebenfalls nach Theresienstadt deportiert wurde und dort seine Mutter wiedersah, war er erschüttert:<br />
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Die 75jährige war dünn und abgezehrt. Mit ungefähr zehn Frauen vegetierte sie in einem Zimmer von ca. 20 Quadratmetern, möbliert mit Etagenbetten. Da sie nicht mehr arbeiten konnte, erhielt sie nur eine Hungerration. Auch Inges Frühgeburt von zwei Mädchen am 30. August 1943 war für sie kein Grund zur Freude, denn die Zwillinge starben kurz nach der Geburt.<br />
<br />
Am 15. Januar 1944 setzte der Tod ihrem Hungerleben ein Ende. Ihr Sohn begleitete ihren Leichnam zu einer kleinen Kapelle, wo ein Rabbi ein paar Worte und ein Gebet sprach. Sie wurde, wie alle Gestorbenen in Theresienstadt, eingeäschert, die Asche zunächst in Pappkästen aufbewahrt und dann kurz vor Kriegsende in die Eger gestreut.<br />
<br />
Henriette Hirschfeld war eine bescheidene, fleißige Frau. Sie sorgte rührend für ihren Mann<br />
<br />
und ihre drei Kinder und tat zeitlebens keiner Fliege etwas zu Leide. Aber sie war Jüdin und deshalb ist sie von den Nazis umgebracht worden. Über ihr Leben und Sterben berichtet die „Life Story“ ihres Sohnes Hans Hermann Hirschfeld.<br />
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An die Tochter Erna Leonhard (1893-1943) und den Enkel Leonor (1923-1943) erinnern Stolpersteine im Berliner Eichkamp.

Henriette Hirschfeld wurde am 9. Juni 1868 in Oschin (Osiny) im damaligen Westpreußen als Tochter des Bäckers und Gastwirts Ascher Gutfeld geboren. Als ihr Vater 1876 im Alter von nur 40 Jahren starb, wusste die Mutter nicht, wie sie in dem Dörfchen ihre fünf kleinen Kinder ernähren sollte. Sie entschloss sich deshalb nach Berlin zu ziehen, wo sie den Unterhalt für sich und ihre Kinder vor allem durch Näharbeiten einigermaßen sichern konnte.

Henriette absolvierte eine jüdische Mädchenschule und verliebte sich in den Lehrer Robert Hirschfeld, den sie am 6. Juli 1892 heiratete. 1893 und 1895 wurden die Töchter Erna und Lucia geboren, 1909 der Sohn Hans Hermann. Ehemann Robert war in den folgenden Jahren trotz starker Sehbehinderung und Erblindung in vielen Funktionen tätig, so als Schulreferent der Berliner Jüdischen Gemeinde und als Präsident des Allgemeinen Deutschen Blindenverbandes.

Er starb nach schwerer Krankheit, während der er von seiner Frau aufopferungsvoll gepflegt wurde, am 4. November 1937.

Besonders verehrt als engster Freund der Familie wurde der berühmte Rabbi Leo Baeck (1853-1956), von 1933 bis 1943 Präsident der „Reichsvertretung der deutschen Juden“ und nach 1945 Präsident der „Weltunion für progressives Judentum“. Auch Hermann Falkenberg, Gründer der liberalen Synagoge in der Berliner Schönhauser Allee 162, und der Rabbi Ludwig Rosenthal waren gern gesehen.

Von 1911 bis 1933 wohnte die Familie in der Joachimstaler Straße und zog dann in eine kleinere Wohnung in der Dahlmannstraße 5. Im September 1942 musste sich Henriette im ehemaligen Altenheim in der Großen Hamburger Straße melden, welches als Sammelpunkt für die Deportationen

ins KZ Theresienstadt missbraucht wurde. Nach wenigen Tagen ist auch Henriette mit dem Zug abtransportiert worden.

Als ihr Sohn Hans Hermann mit seiner schwangeren Frau Inge im Juni 1943 ebenfalls nach Theresienstadt deportiert wurde und dort seine Mutter wiedersah, war er erschüttert:

Die 75jährige war dünn und abgezehrt. Mit ungefähr zehn Frauen vegetierte sie in einem Zimmer von ca. 20 Quadratmetern, möbliert mit Etagenbetten. Da sie nicht mehr arbeiten konnte, erhielt sie nur eine Hungerration. Auch Inges Frühgeburt von zwei Mädchen am 30. August 1943 war für sie kein Grund zur Freude, denn die Zwillinge starben kurz nach der Geburt.

Am 15. Januar 1944 setzte der Tod ihrem Hungerleben ein Ende. Ihr Sohn begleitete ihren Leichnam zu einer kleinen Kapelle, wo ein Rabbi ein paar Worte und ein Gebet sprach. Sie wurde, wie alle Gestorbenen in Theresienstadt, eingeäschert, die Asche zunächst in Pappkästen aufbewahrt und dann kurz vor Kriegsende in die Eger gestreut.

Henriette Hirschfeld war eine bescheidene, fleißige Frau. Sie sorgte rührend für ihren Mann

und ihre drei Kinder und tat zeitlebens keiner Fliege etwas zu Leide. Aber sie war Jüdin und deshalb ist sie von den Nazis umgebracht worden. Über ihr Leben und Sterben berichtet die „Life Story“ ihres Sohnes Hans Hermann Hirschfeld.

An die Tochter Erna Leonhard (1893-1943) und den Enkel Leonor (1923-1943) erinnern Stolpersteine im Berliner Eichkamp.