Fanny Lippfeld née Wollenberg

Location 
Sybelstraße 42
District
Charlottenburg
Stone was laid
28 April 2015
Born
25 March 1868 in Marienburg (Westpreußen) / Malbork
Deportation
on 03 October 1942 to Theresienstadt
Murdered
05 April 1945 in Theresienstadt

Geboren wurde Fanny Lippfeld am 25. März 1868 als Fanny Wollenberg im damals westpreußischen Marienburg (heute: Malbork / Polen). Sie scheint noch jung gewesen zu sein, als sie Isaac Lippfeld heiratete, der genauso wie sie – in der rassistischen Sprache der Nationalsozialisten – „Volljude“ war, also vier jüdische Großeltern hatte. Drei gemeinsame Kinder bekamen sie: den Sohn Max, (Geburtsdatum unbekannt), die Tochter Dora, geboren am 28. November 1889, und die Tochter Paula, geboren am 20. August 1898. Was Isaac Lippfeld beruflich gemacht hat, ist leider nicht mehr nachvollziehbar, aber es scheint der Familie finanziell gut gegangen zu sein. Vielleicht war das auch einer der Gründe, warum es die Familie Lippfeld nach Charlottenburg zog.<br />
Die selbstständige Großstadt Charlottenburg hatte sich mittlerweile zu einer der größten und reichsten Städte Deutschlands entwickelt, bis sie 1920 als siebter Verwaltungsbezirk dem Land Berlin eingemeindet wurde. Das jüdische Bürgertum mit seinen Künstlern, Wissenschaftlern, Geschäftsleuten hatte sich überwiegend in Charlottenburg und Wilmersdorf angesiedelt. 1910 lebten bereits mehr als 22 500 Juden in Charlottenburg, das waren acht Prozent der Gesamtbevölkerung.<br />
Seit 1921 lebte die Familie in Berlin-Charlottenburg. Sohn Max war während des Ersten Weltkriegs im Frühjahr 1918 in Frankreich gefallen. Am 22. November 1922 starb Fannys Mann Isaac.<br />
1937 zog Fanny Lippfeld in die Sybelstraße 42. Für 85 Reichsmark Miete bewohnte sie dort eine 3½-Zimmer-Wohnung im Gartenhaus. Eines ihrer Zimmer hatte sie für 40 Reichsmark an Carl Jaffe und dessen Frau vermietet, ein Hinterzimmer für 30 Reichsmark an Selma Lippschütz. Tochter Dora, mittlerweile verheiratet mit Ernst Reichenheim, wohnte mit ihrem Mann ein Haus weiter, in der Sybelstraße 43. Siehe http://www.berlin.de/ba-charlotten… />
Fanny Lippfelds unter Zwang handschriftlich verfasste „Vermögenserklärung“ vom 30. September 1942 erweckt jedenfalls den Eindruck, dass sie eine höchst korrekte Frau gewesen sein muss. Ihre Wohnungseinrichtung und Kleidung wurden penibel aufgelistet: 1 Standwanduhr 10 Reichsmark, 1 Sommerkleid 15 RM, 1 Regenmantel 20 RM. Bewertet wurde das gesamte Inventar mit 230 RM.<br />
Jedenfalls wurde sie eines Tages, vermutlich am 30. September 1942, aus ihrer Wohnung abgeholt und zunächst in ein Sammellager in die Jüdische Mädchenschule Auguststraße 14-17 gebracht. Zusammen mit den beiden Hausbewohnerinnen Marta Fabian und Jenny Neumann ist sie am 3. Oktober 1942 in einem mit 1 021 Menschen vollgestopften Zug, der als „3. großer Alterstransport“ bezeichnet wurde, vom Bahnhof Grunewald nach Theresienstadt verschleppt worden. Das Todesdatum von Fanny Lippfeld war der 5. April 1945 – gut einen Monat vor der Befreiung von Theresienstadt. Ob sie an einer Krankheit oder Altersschwäche starb, ob sie verhungerte oder umgebracht wurde, ist nicht bekannt.<br />
Fanny Lippfelds Tochter Dora Reichenheim wurde mit ihrem Mann am 9. Dezember 1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Am Leben blieb deren einzige Tochter Inge, die nach Kriegsende mit ihrem Mann Franz Hirschberg nach Windhoek in Südwest-Afrika auswanderte.<br />
Ebenfalls am Leben blieb Paula, Fanny Lippfelds jüngste Tochter. Nach einigen Jahren in Tel Aviv kehrte sie mit ihrem Mann Hugo Loewi nach Berlin zurück und stellte Anfang der 1950er Jahre Wiedergutmachungsansprüche.<br />
Zum Abschluss möchte ich ein Gedicht von Pavel Friedman vorlesen. Auch er gehörte zu den Opfern. Am 29. September 1944 wurde er nach Auschwitz deportiert und kam dort um. Als er das Gedicht „Der Schmetterling” am 4. Juni 1942 in Theresienstadt schrieb, soll er 17 Jahre alt gewesen sein. Seine schriftlichen Aufzeichnungen fand man nach dem Zweiten Weltkrieg zusammen mit Kinderzeichnungen in einem geheimen Versteck.<br />
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Geboren wurde Fanny Lippfeld am 25. März 1868 als Fanny Wollenberg im damals westpreußischen Marienburg (heute: Malbork / Polen). Sie scheint noch jung gewesen zu sein, als sie Isaac Lippfeld heiratete, der genauso wie sie – in der rassistischen Sprache der Nationalsozialisten – „Volljude“ war, also vier jüdische Großeltern hatte. Drei gemeinsame Kinder bekamen sie: den Sohn Max, (Geburtsdatum unbekannt), die Tochter Dora, geboren am 28. November 1889, und die Tochter Paula, geboren am 20. August 1898. Was Isaac Lippfeld beruflich gemacht hat, ist leider nicht mehr nachvollziehbar, aber es scheint der Familie finanziell gut gegangen zu sein. Vielleicht war das auch einer der Gründe, warum es die Familie Lippfeld nach Charlottenburg zog.
Die selbstständige Großstadt Charlottenburg hatte sich mittlerweile zu einer der größten und reichsten Städte Deutschlands entwickelt, bis sie 1920 als siebter Verwaltungsbezirk dem Land Berlin eingemeindet wurde. Das jüdische Bürgertum mit seinen Künstlern, Wissenschaftlern, Geschäftsleuten hatte sich überwiegend in Charlottenburg und Wilmersdorf angesiedelt. 1910 lebten bereits mehr als 22 500 Juden in Charlottenburg, das waren acht Prozent der Gesamtbevölkerung.
Seit 1921 lebte die Familie in Berlin-Charlottenburg. Sohn Max war während des Ersten Weltkriegs im Frühjahr 1918 in Frankreich gefallen. Am 22. November 1922 starb Fannys Mann Isaac.
1937 zog Fanny Lippfeld in die Sybelstraße 42. Für 85 Reichsmark Miete bewohnte sie dort eine 3½-Zimmer-Wohnung im Gartenhaus. Eines ihrer Zimmer hatte sie für 40 Reichsmark an Carl Jaffe und dessen Frau vermietet, ein Hinterzimmer für 30 Reichsmark an Selma Lippschütz. Tochter Dora, mittlerweile verheiratet mit Ernst Reichenheim, wohnte mit ihrem Mann ein Haus weiter, in der Sybelstraße 43. Siehe http://www.berlin.de/ba-charlotten…
Fanny Lippfelds unter Zwang handschriftlich verfasste „Vermögenserklärung“ vom 30. September 1942 erweckt jedenfalls den Eindruck, dass sie eine höchst korrekte Frau gewesen sein muss. Ihre Wohnungseinrichtung und Kleidung wurden penibel aufgelistet: 1 Standwanduhr 10 Reichsmark, 1 Sommerkleid 15 RM, 1 Regenmantel 20 RM. Bewertet wurde das gesamte Inventar mit 230 RM.
Jedenfalls wurde sie eines Tages, vermutlich am 30. September 1942, aus ihrer Wohnung abgeholt und zunächst in ein Sammellager in die Jüdische Mädchenschule Auguststraße 14-17 gebracht. Zusammen mit den beiden Hausbewohnerinnen Marta Fabian und Jenny Neumann ist sie am 3. Oktober 1942 in einem mit 1 021 Menschen vollgestopften Zug, der als „3. großer Alterstransport“ bezeichnet wurde, vom Bahnhof Grunewald nach Theresienstadt verschleppt worden. Das Todesdatum von Fanny Lippfeld war der 5. April 1945 – gut einen Monat vor der Befreiung von Theresienstadt. Ob sie an einer Krankheit oder Altersschwäche starb, ob sie verhungerte oder umgebracht wurde, ist nicht bekannt.
Fanny Lippfelds Tochter Dora Reichenheim wurde mit ihrem Mann am 9. Dezember 1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Am Leben blieb deren einzige Tochter Inge, die nach Kriegsende mit ihrem Mann Franz Hirschberg nach Windhoek in Südwest-Afrika auswanderte.
Ebenfalls am Leben blieb Paula, Fanny Lippfelds jüngste Tochter. Nach einigen Jahren in Tel Aviv kehrte sie mit ihrem Mann Hugo Loewi nach Berlin zurück und stellte Anfang der 1950er Jahre Wiedergutmachungsansprüche.
Zum Abschluss möchte ich ein Gedicht von Pavel Friedman vorlesen. Auch er gehörte zu den Opfern. Am 29. September 1944 wurde er nach Auschwitz deportiert und kam dort um. Als er das Gedicht „Der Schmetterling” am 4. Juni 1942 in Theresienstadt schrieb, soll er 17 Jahre alt gewesen sein. Seine schriftlichen Aufzeichnungen fand man nach dem Zweiten Weltkrieg zusammen mit Kinderzeichnungen in einem geheimen Versteck.