Dr. Leopold Bernhard

Location 
Weinmeisterstr. 9
District
Mitte
Stone was laid
11 May 2016
Born
29 January 1866 in Stöttera / Selegd (Ungarn)
Escape
Frankreich
Verhaftet
in Drancy
Deportation
on 02 March 1943 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Der Kinderarzt und Internist Dr. Leopold Bernhard war in Berlin langjährig als Schularzt tätig, bevor er aufgrund der rassistischen NS-Gesetzgebung erst aus dem Dienst gedrängt und dann ermordet wurde. Zu seiner Herkunft machte er in seiner Dissertation folgende Angaben: „Ich wurde am 29. Januar 1866 in Stetra, einem kleinem ungarischen Dörflein an der österreichischen Grenze geboren, kam von dort zunächst nach Eisenstadt, dem Geburtsort Hyrtls [Anatom, 1810–1894; Anm. d. Aut.].“ Sein Geburtsort Stetra oder Stöttera (ungarisch Zemenye-Selegd) gehörte bis 1920/1921 zu Ungarn, bevor er nach den Verträgen von St. Germain und Trianon Österreich zugesprochen wurde. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Leopold Bernhard haben sich keine weiteren Quellen erhalten. Seine Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit zur jüdischen Gemeinde des Burgenlandes. Nach seinem Schulabschluss studierte Leopold Bernhard Medizin in Erlangen und Berlin, erhielt am 25. März 1891 seine Approbation und promovierte 1892 in München mit einer Arbeit zur Schwangerschaftsdiagnostik mit dem Titel: „Untersuchung über Hämoglobingehalt und Blutkörperchenzahl in der letzten Zeit der Schwangerschaft und im Wochenbett“. Zwischen 1892 und 1894 war Leopold Bernhard Assistenzarzt im Kaiser- und-Kaiserin-Friedrich-Kinderkrankenhaus Berlin in der Reinickendorferstraße 61 im Wedding. Nach seiner Assistenzzeit ließ sich Leopold Bernhard als Kinderarzt mit einer Praxis in der Weinmeisterstraße 9 nieder, wo er mehr als 40 Jahre leben und praktizieren sollte. Seit 1918 trug er den Titel eines Sanitätsrats. Leopold Bernhard war außerdem Mitglied der Berliner und der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde (BDGfK und DGfK). Ab 1927 hatte er als Internist und Kinderarzt eine Stelle als städtischer Schularzt in Mitte inne. Leider haben sich keine weiteren Zeugnisse erhalten, die einen Einblick in das Leben des Arztes in Berlin während der Kaiserzeit und der Weimarer Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Leopold Bernhard. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Abgesehen von Boykottmaßnahmen, behördlichen Schikanen und Verhaftungsaktionen wurde die Schlinge für jüdische Ärzte durch eine Flut von Verordnungen und Gesetze schrittweise enger gezogen: So wurden mit insgesamt sieben Verordnungen von 1933 bis 1937 „nichtarischen“ Ärzten nach und nach die Kassenzulassungen entzogen; mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 waren sie vom öffentlichen Gesundheitswesen ausgeschlossen, mit der Verordnung vom 20. November 1933 durften sie keine ärztlichen Fortbildungskurse mehr besuchen und wurden vom ärztlichen Bereitschaftsdienst ausgeschlossen; ab dem Jahr 1936 durften sie nicht mehr mit „deutschstämmigen“ Ärzten zusammenarbeiten. Leopold Bernhard wurde 1933 aus dem städtischen Gesundheitswesen Berlins entlassen und verlor damit seine Stelle als Schularzt. Am 30. September 1938 wurde Leopold Bernhard wie allen jüdischen Ärzten und Ärztinnen mit der „Vierten Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ die Approbation entzogen. Nach den Pogromen vom Mai und November 1938 entschloss sich der Mediziner, das Land zu verlassen. Der 73-Jährige flüchtete 1939 nach Frankreich.

Nach der Besatzung Frankreichs durch die Wehrmacht im Mai und Juni 1940 wurde Leopold Bernhard Anfang der 1940er-Jahre an seinem Wohnort in der Avenue Victor-Hugo 6 in Paris verhaftet und im Sammellager Drancy interniert. Das Lager Drancy, das 20 Kilometer nordöstlich der französischen Hauptstadt lag, war zuerst Internierungslager. Nach der Wannseekonferenz 1942 wurde es zum Durchgangslager und für Frankreich zur Drehscheibe der Deportationen „nach Osten“. Leopold Bernhard wurde am 2. März 1943 aus Drancy in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet. Zum Zeitpunkt der Deportation war der Kinderarzt 76 Jahre alt.

Der Kinderarzt und Internist Dr. Leopold Bernhard war in Berlin langjährig als Schularzt tätig, bevor er aufgrund der rassistischen NS-Gesetzgebung erst aus dem Dienst gedrängt und dann ermordet wurde. Zu seiner Herkunft machte er in seiner Dissertation folgende Angaben: „Ich wurde am 29. Januar 1866 in Stetra, einem kleinem ungarischen Dörflein an der österreichischen Grenze geboren, kam von dort zunächst nach Eisenstadt, dem Geburtsort Hyrtls [Anatom, 1810–1894; Anm. d. Aut.].“ Sein Geburtsort Stetra oder Stöttera (ungarisch Zemenye-Selegd) gehörte bis 1920/1921 zu Ungarn, bevor er nach den Verträgen von St. Germain und Trianon Österreich zugesprochen wurde. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Leopold Bernhard haben sich keine weiteren Quellen erhalten. Seine Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit zur jüdischen Gemeinde des Burgenlandes. Nach seinem Schulabschluss studierte Leopold Bernhard Medizin in Erlangen und Berlin, erhielt am 25. März 1891 seine Approbation und promovierte 1892 in München mit einer Arbeit zur Schwangerschaftsdiagnostik mit dem Titel: „Untersuchung über Hämoglobingehalt und Blutkörperchenzahl in der letzten Zeit der Schwangerschaft und im Wochenbett“. Zwischen 1892 und 1894 war Leopold Bernhard Assistenzarzt im Kaiser- und-Kaiserin-Friedrich-Kinderkrankenhaus Berlin in der Reinickendorferstraße 61 im Wedding. Nach seiner Assistenzzeit ließ sich Leopold Bernhard als Kinderarzt mit einer Praxis in der Weinmeisterstraße 9 nieder, wo er mehr als 40 Jahre leben und praktizieren sollte. Seit 1918 trug er den Titel eines Sanitätsrats. Leopold Bernhard war außerdem Mitglied der Berliner und der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde (BDGfK und DGfK). Ab 1927 hatte er als Internist und Kinderarzt eine Stelle als städtischer Schularzt in Mitte inne. Leider haben sich keine weiteren Zeugnisse erhalten, die einen Einblick in das Leben des Arztes in Berlin während der Kaiserzeit und der Weimarer Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Leopold Bernhard. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Abgesehen von Boykottmaßnahmen, behördlichen Schikanen und Verhaftungsaktionen wurde die Schlinge für jüdische Ärzte durch eine Flut von Verordnungen und Gesetze schrittweise enger gezogen: So wurden mit insgesamt sieben Verordnungen von 1933 bis 1937 „nichtarischen“ Ärzten nach und nach die Kassenzulassungen entzogen; mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 waren sie vom öffentlichen Gesundheitswesen ausgeschlossen, mit der Verordnung vom 20. November 1933 durften sie keine ärztlichen Fortbildungskurse mehr besuchen und wurden vom ärztlichen Bereitschaftsdienst ausgeschlossen; ab dem Jahr 1936 durften sie nicht mehr mit „deutschstämmigen“ Ärzten zusammenarbeiten. Leopold Bernhard wurde 1933 aus dem städtischen Gesundheitswesen Berlins entlassen und verlor damit seine Stelle als Schularzt. Am 30. September 1938 wurde Leopold Bernhard wie allen jüdischen Ärzten und Ärztinnen mit der „Vierten Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ die Approbation entzogen. Nach den Pogromen vom Juni und November 1938 entschloss sich der Mediziner, das Land zu verlassen. Der 73-Jährige flüchtete 1939 nach Frankreich.

Nach der Besatzung Frankreichs durch die Wehrmacht im Mai und Juni 1940 wurde Leopold Bernhard Anfang der 1940er-Jahre an seinem Wohnort in der Avenue Victor-Hugo 6 in Paris verhaftet und im Sammellager Drancy interniert. Das Lager Drancy, das 20 Kilometer nordöstlich der französischen Hauptstadt lag, war zuerst Internierungslager. Nach der Wannseekonferenz 1942 wurde es zum Durchgangslager und für Frankreich zur Drehscheibe der Deportationen „nach Osten“. Leopold Bernhard wurde am 2. März 1943 aus Drancy in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet. Zum Zeitpunkt der Deportation war der Kinderarzt 76 Jahre alt.